Zombies in der Bibliothek

Auch australische Bibliothekare scheinen Halloween gut leiden zu können. So hat das Komitee des South Australian Library & Information Network (SALIN) für 2011 die Veröffentlichung eines Kalenders bekanntgegeben, der Horror- bzw. Splatterfans das Herz sicherlich höher schlagen lässt. Hier dürfen Bibliothekare ganz ungezwungen ihre dämonische Seite ausleben – ob beim hilfreichen Gang ins Magazin, bei der Literaturrecherche an der Auskunft oder beim entspannten Verbuchen von Medien an der Leihstelle :shock: … (Gesehen bei LISNews)

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Lang lebe das „Buch 1.0“

Der Tod des herkömmlichen Buches wurde schon mehrmals vorhergesagt. In den USA nehmen die E-Book-Verkäufe rasant zu. Nun erscheinen auch in Deutschland Lesegeräte und elektronische Bücher zu erschwinglicheren Preisen. Und während in Amsterdam gerade über die „Bibliothek ohne Bücher“ nachgedacht wird, lässt die entsprechende Gegenbewegung nicht lange auf sich warten. So bricht Welt-Feuilletonist Peter Praschl heute in seiner Glosse „He, du! Raus aus meinem Buch!“ eine Lanze für das gute, alte gedruckte „Buch 1.0“. Skurriler muten da diverse Videos an, die schon seit längerer Zeit in der internationalen BiblioBlogosphäre zirkulieren. Neben Lane Smiths „It’s a Book“ wird u. a. in folgendem spanischsprachigen Youtube-Video (mit deutschen Untertiteln) mit Schmunzeln das Digitale Zeitalter aufs Korn genommen:

Danke für die Anregung an Luisa Kegel aus der Bereichsbibliothek Chemie!

Literaturnobelpreis an Mario Vargas Llosa

Der Nobelpreis für Literatur geht dieses Jahr an Mario Vargas Llosa, wie am Donnerstag das Nobelpreis-Komitee in Stockholm bekannt gab. Der Peruaner erhalte die Auszeichnung „für seine Kartografien von Machtstrukturen und seine bissigen Bilder von Widerstand, Revolte und Niederlage des Individuums“, so die offizielle Begründung.

Vargas Llosa, Spross einer großbürgerlichen Familie, studierte in den 1950er Jahren Jura und Literatur in Lima. Als Student engagierte er sich im Untergrund für die verbotene und verfolgte Kommunistische Partei und übersiedelte von 1958 bis 1974 nach Europa, wo er als Übersetzer und Redakteur arbeitete, eine Dissertation zum Werk García Márquez‘ fertigstellte und an der Londoner Universität den Lehrstuhl für lateinamerikanische Literatur inne hatte.

Der Peruaner etablierte sich als einer der großen Romanciers der spanischsprachigen Welt. Seine Werke sind von persönlichen Erlebnissen und Ereignissen geprägt, erinnern Kritiker an Faulkner oder Flaubert. Auch machte er sich als Kritiker und Essayist einen Namen und profilierte sich als politischer Denker. So engagierte sich Vargas Llosa gegen die Militärdiktatur in seinem Heimatland und kandidierte 1990 erfolglos für die peruanische Präsidentschaft an. 1996 wurde dem Kosmopoliten der Friedenspreis des Deutschen Buchhandels zuteil.

Werke von Mario Vargas Llosa im FU-Katalog

Britische Buchmacher hatten vor der Vergabe ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen dem Kenianer Ngũgĩ wa Thiong’o und dem US-Amerikaner Cormac McCarthy vorausgesagt. Der Sieg eines deutschsprachigen Autors galt nach den vergangenen Auszeichnungen an Günter Grass (1999), Elfriede Jelinek (2004) und Herta Müller (2009) als unwahrscheinlich. Einzig der Österreicher Peter Handke hatte sich bei den Wettanbietern im Mittelfeld platzieren können.

Die „Nobelpreis-Woche“ ist mit Vargas Llosas Sieg noch nicht beendet. Nachdem die Gewinner für die Sparten Medizin/Physiologie, Physik, Chemie und Literatur feststehen, wird am Freitag der Friedensnobelpreisträger bekannt gegeben. Hoffnungen auf die Auszeichnungen können sich 237 Kandidaten machen – so viele wie nie zuvor. Unter den Nominierten sind u. a. der chinesische Oppositionelle Liu Xiaobo, die afghanische Menschenrechtlerin Sima Samar, die Internet-Begründer Larry Roberts, Vint Cerf und Tim Berners-Lee sowie die russische Menschenrechtsorganisation Memorial, der in Norwegen ansässige Radiosender Democratic Voice of Burma oder die Internationale Raumstation ISS. Am 11. Oktober wird der Nobelpreis für Wirtschaft vergeben.

Die Preisübergabe an die Laureaten erfolgt alljährlich am 10. Dezember, dem Todestag Alfred Nobels.

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Lustigster Buchtitel kommt aus Island

Zum dritten Mal wurde auf der Frankfurter Buchmesse der „kurioseste Buchtitel des Jahres“ gekürt. Bei der Wahl setzte sich „Zehn Tipps, das Morden zu beenden und den Abwasch zu beginnen“ des isländischen Autors Hallgrímur Helgason durch. Der Titel war vom deutschen Verlag wortgetreu aus dem Isländischen übernommen worden.

Der schwarzhumorige Roman stellt einen New Yorker Auftragskiller in den Mittelpunkt, der nach einem Zwischenfall die Identität eines Fernsehpredigers annimmt und unfreiwillig mit einer Island-Reise konfrontiert wird. Im Finale setzte sich das Buch gegen folgende fünf Titel durch:

– „Nichtamtlicher Leitfaden zur Bewältigung von Projekten und zur Abweisung diesbezüglicher Irrtümer Oder: Regeln für Hans-Peter“ von Frank Buddrus
– „Texas als Texttitel: Ein Rabiatkomödienroman“ von Max Höfler
– „An dem Tag, als ich meine Friseuse küsste, sind viele Vögel gestorben“ von Josef Kleindienst
– „Der Tod auf der Schippe Oder was Archäologen sonst so finden“ von Angelika Franz
– „Die Frau, die allein ein ganzer Tisch war“ von Tor Åge Bringsværd

Der Wettbewerb wird jährlich von Schotts Sammelsurium und dem Branchenblatt BuchMarkt ausgeschrieben und geht auf den britischen „Diagram Prize for Oddest Title of the Year“ zurück, der schon seit 1978 existiert. Die Juroren von der Insel kürten zuletzt „Crocheting Adventures with Hyperbolic Planes“ von Daina Taimina zu ihrem Sieger, was man mit „Häkel-Abenteuer mit hyperbolischen Flächen“ übersetzen kann.

Bibliotheksmotiv gewinnt Deutschen Preis für Wissenschaftsfotografie

Um die Tragweite von Wissenschaft und Forschung der Öffentlichkeit zu demonstrieren, veranstaltet die Zeitschrift Bild der Wissenschaft seit 2006 einen Fotowettbewerb. Dieses Jahr hatte in der Sparte „Einzelfoto“ der Stuttgarter Klaus Mellenthin die Nase vorn. Als Motiv wählte der Fotograf die Räumlichkeiten der Philologischen Bibliothek, die von Norman Foster entworfen wurde. „Die Speicherung und Vermittlung von Wissen wurden hier äußerst kreativ und anspruchsvoll umgesetzt“ so die Jury, der der Fotograf Wolfgang Volz vorstand. Hier geht es zum Schnappschuss.

Link des Monats Oktober 2010: Die Frauen von Ravensbrück – Das Videoarchiv

25 Jahre lang interviewte die deutsche Filmemacherin und Autorin Loretta Walz Überlebende des KZ Ravensbrück, das als größtes Frauenkonzentrationslager im deutschen Reich gilt. Ein Teil des gesammelten Videomaterials steht seit kurzer Zeit kostenfrei im Online-Videoarchiv Die Frauen von Ravensbrück zur Verfügung – unser Link des Monats Oktober. Mehr als fünfzig Protagonisten aus Europa mit unterschiedlichen biografischen Hintergründen geben hier Einblick in ihre Lebensgeschichten.

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Deutscher Buchpreis an Melinda Nadj Abonji

Nachdem in den Vorjahren Deutsche und Österreicher triumphierten geht 2010 der Deutsche Buchpreis erstmals in die Schweiz – Melinda Nadj Abonji wurde für Tauben fliegen auf ausgezeichnet. Die Tochter serbisch-ungarischer Gastarbeiter wurde in der Vojvodina geboren. Sie zog mit viereinhalb Jahren in die Schweiz, studierte in Zürich und machte sich neben dem Schreiben auch als Musikerin und Performance-Künstlerin einen Namen.

Abonjis zweiter Roman ist autobiografischen Ursprungs und stellt die junge Ildiko in den Mittelpunkt, die mit ihrer Familie aus der Vojvodina in die Schweiz emigriert. Dort erarbeiten sich die Eltern ein Café. Obwohl die Familie nicht aneckt und nicht auffällt, bleiben sie „die Jugos“ in der neuen Heimat. Die Sehnsucht nach dem Balkan wird durch die Jugoslawienkriege getrübt. Das Buch gebe laut Jurybegründung das vertiefte Bild eines gegenwärtigen Europa im Aufbruch, das mit seiner Vergangenheit noch lang nicht abgeschlossen hat.

Melinda Nadj Abonji setzte sich im Finale gegen Jan Faktor (Georgs Sorgen um die Vergangenheit oder im Reich des heiligen Hodensack-Bimbams von Prag), Thomas Lehr (September. Fata Morgana), Doron Rabinovici (Andernorts), den diesjährigen Ingeborg-Bachmann-Preisträger Peter Wawerzinek (Rabenliebe) und Judith Zander (Dinge, die wir heute sagten) durch. Am 14. November hat die 42-jährige Autorin auch die Möglichkeit auf dem Literaturfestival BuchBasel mit dem seit 2008 vergebenen Schweizer Buchpreis ausgezeichnet zu werden. Ob sich die Schweizer Jury von der Preisverleihung in Deutschland beeindrucken lässt? Kostenfreie Leseproben aller Romane bietet die E-Book-Plattform libreka! an. Alle Titel sind auch im Bestand der Philologischen Bibliothek zu finden.

Der Deutsche Buchpreis wird seit 2005 vom Börsenverein des Deutschen Buchhandels am Vorabend der Frankfurter Buchmesse verliehen. Die Auszeichnung gilt als deutsche Antwort auf den französischen Prix Goncourt oder den britischen Booker Prize und ist mit 25.000 Euro dotiert. Im letzten Jahr hatte die deutsche Autorin Kathrin Schmidt (Du stirbst nicht) triumphiert.

Internationales Literaturfestival in der Hauptstadt

Mit dem internationalen literaturfestival berlin (ilb) beginnt ab Mittwoch, den 15. September, ein Mammutprogramm um zeitgenössische Prosa und Lyrik aus aller Welt. Bis zum 25. September sind in Berlin über 230 Veranstaltungen angesagt, an denen 270 Autoren aus 65 Ländern teilnehmen sollen. Hauptveranstaltungsort ist das Haus der Kulturen der Welt.

Das Festival, das zum zehnten Mal von der Peter-Weiss-Stiftung für Kunst und Politik e. V. und den Berliner Festspielen veranstaltet wird, teilt sich in verschiedene Sparten (s. offizielles Festivalprogramm). Im Programm „Literaturen der Welt“ treten international so bekannten Autoren wie der preisgekrönte irische Krimischriftsteller Ken Bruen, der Somalier Nuruddin Farah, der US-Amerikaner Joshua Ferris (Wir waren unsterblich), der Spanier Juan Goytisolo, der chinesische Regimekritiker Liao Yiwu oder Alberto Manguel (Die Bibliothek bei Nacht) in Erscheinung. Eine eigene Sparte widmet sich dem Austausch mit osteuropäischer Literatur, die 2010 im Fokus steht. Eine weitere Sparte ist für aktueller Kinder- und Jugendliteratur vorgesehen. Ausländische Autoren tragen ihre Texte auszugsweise in ihrer Muttersprache vor. Anschließend lesen Schauspieler die deutsche Übersetzung. Dolmetscher ermöglichen den Austausch zwischen Autor und Publikum.

Ergänzt wird das Angebot um szenische Lesungen, politische Diskussionen, Konzerte, Ausstellungen sowie Filmvorführungen. Am 21. September steht außerdem ein Weltrekordversuch an – zum Internationalen Tag des Friedens soll unter dem Motto „authors for peace“ (www.authorsforpeace.com) live eine 24-stündige Online-Lesung abgehalten werden, bei der Autoren aus aller Welt ihre Solidarität mit den Opfern des Krieges bekunden.

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Bibliotheken vs. Naturgewalten

Was für verheerende Zerstörungen Erdbeben verursachen können, ist aktuell in einer Diaschau der University of Christchurch zu sehen (via LISNews). Das Beben, das vor wenigen Tagen die neuseeländische Südinsel erschütterte und mehrere Menschen verletzte, machte auch nicht vor der Universitätsbibliothek bzw. dem gesamten Campus halt.

Noch erschreckender visualisiert werden die Kräfte von Erdbeben durch ein Video, das Mitte August von den Leiterinnen der haitianischen Nationalbibliothek auf der Konferenz des Internationalen Verbands der bibliothekarischen Vereine und Institutionen (kurz IFLA) in Stockholm präsentiert wurde. Es enthält Mitschnitte der Sicherheitskameras vom Beben am 12. Januar 2010, durch das schätzungsweise zwischen 250.000 und 300.000 Menschen ums Leben kamen.

Deutscher Buchpreis 2010: Shortlist veröffentlicht

Wie bereits vor einigen Wochen im BiblioBlog angekündigt, ist heute die Shortlist für den Deutschen Buchpreis bekannt gegeben worden. Die Jury um Ulrich Greiner (Die Zeit) und Burkhard Müller (Süddeutsche Zeitung) stand vor der nicht leichten Aufgabe, sich von 14 der 20 vorausgewählten Titel zu trennen.

Folgende sechs Romane haben die Chance zum Auftakt der Frankfurter Buchmesse am 4. Oktober 2010 ausgezeichnet zu werden:

– Jan Faktor: Georgs Sorgen um die Vergangenheit oder im Reich des heiligen Hodensack-Bimbams von Prag
– Thomas Lehr: September. Fata Morgana
– Melinda Nadj Abonji: Tauben fliegen auf
– Doron Rabinovici: Andernorts
– Peter Wawerzinek: Rabenliebe
– Judith Zander: Dinge, die wir heute sagten

Auf Wawerzinek und Zander wurde man vor einigen Monaten bei der Vergabe des Ingeborg-Bachmann-Preises aufmerksam. Ersterer, gewann den Wettbewerb mit der Aufarbeitung seines Lebens als DDR-Waise, während bei Zanders Debütroman die Rückkehr einer Tochter in die vorpommersche Provinz in den Mittelpunkt rückt.

Ebenfalls die Rückkehr als Thema hat sich die Schweizer Künstlerin Melinda Nadj Abonji ausgesucht. In Tauben fliegen auf schildert sie die Besuche einer serbischen Familie in ihrem Heimatdorf, die vor Jahren in die Schweiz übergesiedelt ist. Thomas Lehr rückt in September. Fata Morgana die Schicksale zweier Frauen in den Blickpunkt, die bei Terroranschlägen in New York und Bagdad ums Leben gekommen sind. Doron Rabinovici blickt in Andernorts auf die Geheimnisse einer jüdischen Familie, während man bei Jan Faktors Entwicklungsroman mit dem etwas seltsamen Titel vom Ich-Erzähler ins Prag der 1960er Jahre begleitet wird.

Die Bücher von Faktor, Rabinovici und Wawerzinek sind im Bestand der Philologischen Bibliothek zu finden. Kostenfreie Leseproben aller Romane bietet die E-Book-Plattform libreka! an.