Wenn „Wolfram“ keine Antwort kennt, haben Sie vor allem falsch gefragt

wolfram_icon1 Angeblich suchen ja nur BibliothekarInnen gern – alle anderen wollen lieber gleich was finden. So oder so ähnlich ist vermutlich auch die Motivation von Stephan Wolfram zu erklären, eine neuartige Suchmaschine fürs Internet zu entwickeln, die nicht nur schnöde Referenzierungen zu Dokumenten auf verteilten Servern liefert, sondern gleich handfeste Antworten.

Stephan Wolfram, ein britischer Überflieger, der mit 20 Jahren in theoretischer Physik promovierte und danach mit spektakulären Veröffentlichungen auf sich aufmerksam machte, hat in den 1980er Jahren das Software-Paket Mathematica entwickelt, mit dem seither Forscher weltweit Gleichungen lösen oder Banker Kursprognosen erstellen (ob hier ggf. Zusammenhänge mit der aktuellen Wirtschaftskrise zu sehen sind, muss an dieser Stelle offen bzw. anderen Verschwörungstheorien überlassen bleiben).

Von dieser geballten Logik profitiert jedenfalls auch seine experimentelle Suchmaschinenentwicklung namens „Wolfram Alpha“. Die schon als vermeintlicher Google-Killer apostrophierte Anwendung – das zeigen schon wenige Testrecherchen – muss aber mit „sinnvollen“ Fragen gefüttert werden, damit der mathematisch-naturwissenschaftlich ausgerichtete „Wolfram“ brauchbare Lösungen bieten kann.

So kann man zwar zu vielem, was „rechenhaft“ ist, sich also in Zahlen ausdrücken lässt, erstaunliche Antworten bekommen (Bevölkerung von Buenos Aires, aktuelle relative Luftfeuchtigkeit, Zusammensetzung von Carbon-Stahl …), bleibt aber unverstanden, wenn Namen oder sachliche Zusammenhänge gefragt sind (Suche nach „Horkheimer“: … „Meinten Sie ‚Herkimer‘?“). Die Suche nach „World War I“ fördert immerhin die Daten von Beginn und Ende des Weltkriegs zu Tage (und die beteiligten „Protagonisten“ … „Archduke Ferdinand[!], … Woodrow Wilson, … Kaiser Wilhelm“). Zu „Dancing Queen“ fallen Wolfram „ABBA“, die schwedischen Komponisten, das Release-Date und die höchste Chart-Position ein – zu Led Zeppelin nichts mehr, außer „Music Performers“. 😉

Das semantische Web lässt also noch auf sich warten (Nova Spivack, amerikanischer Suchmaschinenguru, erklärt in einem Interview mit SPIEGEL-Online auch warum). Und: Die Datenbasis von „Wolfram“ ist gegenüber der derjenigen der führenden Suchmaschinen-Konkurrenz viel zu klein; der Fokus der Inhalte liegt nahezu ausschließlich im anglo-amerikanischen Bereich.

Damit die Webrecherche semantisch werden kann, braucht es vielleicht doch BibliothekarInnen. Denn die haben schon immer gewußt, dass für eine scharfsinnige Suche gute Metadaten erforderlich sind. Daran krankt aber auch das (Mit-mach-2.0-) Web.

Eben, wer sucht schon gern … !?

P.S. Dank an „Pit“ für den schönen Link auf https://www.searchengine-compr.com/ und die Inspiration für dieses Posting …

Die Maschine mit dem „Bing“

Seit letzter Woche online, gibt es schon jede Menge Echo auf die neue Suchmaschine, mit der Microsoft endlich gegen Google punkten will. Nachdem der letzte Anlauf („Live Search“) eher als Rohrkrepierer betrachtet werden muss, erhält „Bing“ durchaus positive Resonanz, so dass sich die geschätzten 100 Mio. EURO, die Microsoft angeblich in die Vermarktung des neuen Online-Dienstes pumpt, vielleicht als gute Investition erweisen.

Wer allerdings nach „Bing“ „googelt“ 😉 und zum ersten Treffer unter Bing.com wechselt, wird enttäuscht werden; hier erwartet einen nur die alte „Live Search“-Technologie in neuem Gewande (wie hieß es dazu unlängst humorlos in INETBIB: „Gesehen, gelacht, geloescht … „).

Interessanter und womöglich gar zukunftsweisend wird es dagegen beim US-amerikanischen „the real Bing“ (dazu am besten https://www.bing.com/?mkt=en-us direkt ansteuern!). Links neben den Suchergebnissen präsentiert „Bing“ kontextsensitive Begriffe, um die Recherche weiter zu konkretisieren; auch eine Suchhistorie wird vorgehalten. Seine echten Stärken zeigt „Bing“ aber bei der Aufbereitung von Fotos und Videos. So startet z.B. eine Kurzfassung eines Videoclips, sobald der/die Anwender/in mit der Maus über die Voranzeigen der gefundenen Dokumente scrollt.

Ob sich Platzhirsch „Google“ jetzt warm anziehen muss? Für Yahoo (als bisheriger – weit abgeschlagener – Verfolger) dürfte es jedenfalls schon eng werden, berichtet u.a. „Futurezone“ von ORF.at (vgl. https://futurezone.orf.at/stories/1604059/).