Open Access in der Praxis

Monatsspecial „Open Access“ (Teil 2/3)

Stellen Sie sich eine Welt vor, in denen die Forschungsergebnisse aller Wissenschaftler/innen aus allen Ländern und Institutionen frei online zugänglich sind. Unabhängig davon, ob Sie als Student in der Bibliothek für eine Hausarbeit recherchieren oder als Wissenschaftlerin von zuhause die Arbeiten Ihrer Kolleg/innen nachvollziehen möchten: jeder Zeitschriftenartikel ist nur einen Klick entfernt. Klingt utopisch? Die Idee von Open Access zielt darauf, genau diese Welt in die Realität umzusetzen.

Was bedeutet Open Access für Leser/innen?

Für Leser/innen von wissenschaftlicher Literatur bietet Open Access ausschließlich Vorteile: Sobald Sie einen für die eigene Arbeit relevanten Forschungsbeitrag identifiziert haben, können Sie ihn sofort online aufrufen und lesen. Wenn Sie Kolleg/innen und Kommiliton/innen einen Artikel empfehlen möchten, können Sie sicher sein, dass diesen die gleichen offenen Zugangsmodalitäten zur Verfügung stehen. Publikationslisten können vollständig mit den zitierten Volltexten verlinkt werden.

Was bedeutet Open Access für wissenschaftliche Autor/innen?

Wenn Sie Ihre eigenen Forschungsergebnisse Open Access publizieren, können Sie von einer Reihe an Vorteilen profitieren: Ihre Forschung ist international frei zugänglich und kann ohne finanzielle oder technische Hürden von allen Ihren wissenschaftlichen Kolleg/innen rezipiert und zitiert werden. Ob Ihre Forschung wahrgenommen wird, hängt also nicht mehr vom Standort und Bibliotheksbudget anderer Wissenschaftler/innen ab. Viele Studien deuten darauf hin, dass Open-Access-Publikationen häufiger zitiert werden als Closed-Access-Veröffentlichungen. Da die meisten Open-Access-Publikationen mit sehr liberalen Lizenzen operieren, steht Ihnen eine unkomplizierte Wiederveröffentlichung an anderen Orten und Nachnutzung frei, z.B. im Rahmen von Lehrveranstaltungen und Lernmaterialien.

Wie finde ich ein passendes Open-Access-Journal?OAlogo

Wenn Sie als Wissenschaftler/in Ihre Publikationen im Sinne von Open Access Gold sofort mit der Erstpublikation frei zugänglich machen möchten, sollten Sie sich zunächst einen Überblick verschaffen, welche Zeitschriften in Ihrer Disziplin als Open-Access-Publikationen zur Verfügung stehen. Einen guten Einstieg bieten hier die fächerspezifischen Informationen auf open-access.net. Auch das Directory of Open Access Journals ist ein guter Ausgangspunkt, um passende Zeitschriften zu identifizieren.

Open-Access-Journals unterscheiden sich in ihrer Qualität und in ihren Qualitätssicherungsprozessen nicht von anderen Zeitschriften. Viele schon lange bestehende Zeitschriften haben in den letzten Jahren auf Open Access umgestellt, ohne an ihren Herausgeber- oder Gutachtergremien etwas zu verändern. Es kann also gut sein, dass Ihnen bereits vertraute Zeitschriften mittlerweile die Beiträge frei zugänglich publizieren. Aber auch bei Open-Access-Zeitschriften mit jüngerem Gründungsdatum gibt es keinen prinzipiellen Grund für Qualitätsbedenken: Auch hier gibt es gute und schlechte, renommierte und unbekannte Publikationen, genauso wie es in der Landschaft gedruckter Zeitschriften der Fall war. Falls Sie sich unsicher sind, ob das von Ihnen ausgewählte Journal grundlegenden Qualitätsstandards entspricht, hilft ein kurzer Faktencheck mit Think-Check-Submit. Auch die Open-Access-Expert/innen an Ihrer Institution helfen Ihnen bei diesen Fragen gerne weiter.

Wenn Sie ein Journal ausgewählt haben, sollten Sie überprüfen, welches Finanzierungsmodell dieses verwendet. Wenn es sich um ein Open-Access-Modell mit institutioneller Grundfinanzierung handelt, können Sie Ihren Artikel einfach wie gewohnt einreichen – Ihnen und Ihrer Institution entstehen keine weiteren Kosten. Falls das ausgewählte Journal mit Artikelgebühren (APCs) arbeitet, sollten Sie vor der Einreichung sicherstellen, dass diese Kosten von Ihrer Institution übernommen werden können (an der FU Berlin über den Publikationsfonds) oder, falls Sie in einem Drittmittel-finanzierten Projekt arbeiten, dass das Projektbudget eine entsprechende Finanzierung unterstützt. Als erste Orientierungshilfe können Sie davon ausgehen, dass APCs bis zu einer Höhe von 2000€ pro Artikel übernommen werden können (dies ist die von der DFG festgelegte Fördergrenze). Wenn Sie das Finanzierungsmodell eines Journals nicht herausfinden können und die Notwendigkeit von APCs nicht deutlich und mit klaren Kostenstrukturen explizit gemacht wird, sollten Sie die Einreichung überdenken – gute Open-Access-Journals arbeiten mit transparenten Kostenmodellen. Auch hier beraten Sie die Open-Access-Spezialisten an Ihrer Einrichtung gerne.

Open-Access-Journals an der Freien Universität Berlin

  • Am Center für Digitale Systeme werden mehr als 30 Open-Access-Zeitschriften veröffentlicht. Allen FU-Angehörigen steht dieser Publikationsservice zur Verfügung, wenn Sie eine bestehende Zeitschrift in Open Access überführen oder eine neue Open-Access-Zeitschrift gründen möchten.
  • CeDiS engagiert sich im Rahmen des DFG-Projekts OJS-de.net für den Ausbau und die Verbreitung der Publikationssoftware Open Journal Systems (OJS), mit der weltweit ca. 10.000 Open-Access-Zeitschriften betrieben werden.

Die Alternative: Der Grüne Weg geht (fast) immer

Open Access ist noch nicht in allen wissenschaftlichen Disziplinen gleichermaßen etabliert. Auch wenn Wissenschaftler/innen von ihren Einrichtungen zunehmend dazu ermuntert und in Einzelfällen auch bereits verpflichtet werden, ihre Forschungsergebnisse Open Access zu publizieren, ist dies nicht immer mit einer Erstveröffentlichung im Sinne von Gold Open Access möglich. Wenn Sie Ihre Arbeit frei zugänglich machen möchten, auch wenn Sie kein geeignetes Open-Access-Fachjournal finden, steht Ihnen der Grüne Weg des Open Access offen, also die Zweitveröffentlichung in einem Repositorium oder Dokumentenserver.

Repositorien und Dokumentenserver

Die Zweitveröffentlichung im Sinne des Grünen Open Access erfolgt in der Regel nicht über eine Zeitschrift, sondern über ein institutionelles oder fachliches Repositorium. Institutionelle Repositorien finden sich mittlerweile an allen größeren Forschungseinrichtungen. Die FU Berlin betreibt seit 2008 den Dokumentenserver. Dieser kann auch für Erstveröffentlichungen genutzt werden. Zur digitalen Publikation von Dissertationen steht Ihnen der Dissertationsserver zur Verfügung.

Neben institutionellen Repositorien gibt es eine Reihe von fachspezifischen Repositorien, auf denen die Veröffentlichungen einer einzelnen Disziplin gesammelt und zur Verfügung gestellt werden. Eine Übersicht von Fachrepositorien finden Sie auf den fächerspezifischen Informationsseiten von open-access.net. Auch die Fachreferent/innen Ihrer Bibliothek können Ihnen weiterhelfen. Eine Übersicht und Bewertung aller deutschsprachigen Repositorien bietet das Open Access Repository Ranking, einen internationalen Überblick bietet OpenDOAR. Die Zweitpublikation über ein Repositorium  steht Ihnen übrigens nicht nur für aktuelle Publikationen zur Verfügung – es lohnt sich, auch Ihre Publikationen der Vergangenheit auf eine Zweitveröffentlichungsoption zu prüfen und sie einem breiteren (Fach-) Publikum zugänglich zu machen. Die Redaktion des Dokumentenservers unterstützt und berät Sie bei der Aufnahme und Veröffentlichung Ihrer aktuellen und vergangenen Publikationen.

Das Recht zur Zweitveröffentlichung

Das Urheberrecht in Deutschland spricht Wissenschaftler/innen in den meisten Fällen ein Zweitveröffentlichungsrecht zu, dass Sie dazu berechtigt – unabhängig von den Konditionen des jeweiligen Verlags – in einer Closed-Access-Zeitschrift veröffentlichte Artikel nach Ablauf einer Embargo-Frist über anderen Veröffentlichungswege erneut zu publizieren. Viele Verlage nehmen diese Option mittlerweile in ihre Autorenverträge auf und bieten den Wissenschaftler/innen Freiheiten, die über das rechtliche Mindestmaß hinausgehen, und z.B. kürzere Embargozeiten gestatten oder es Autor/innen erlauben, die vom Verlag veröffentlichte und entsprechend lektorierte und gesetzte Fassung erneut zu publizieren. Um zu erfahren, welche Konditionen ein Verlag anbietet, hilft Ihnen SHERPA/RoMEO. Hier können Sie recherchieren, welche Rechte Ihnen welcher Verlag einräumt. Auch der Service dissemin kann Ihnen dabei helfen, Ihre Publikationsliste rasch auf die Möglichkeit zur Zweitveröffentlichung zu überprüfen. Auch hier beraten Sie die Expert/innen vor Ort gerne; an der FU Berlin das Redaktionsteams des Dokumentenservers.

 

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