Inequalitics

Promotionskolleg "Steuer- und Sozialpolitik bei wachsender Ungleichheit"

Offshore-Vermögen – Was gibt’s Neues?

Entwicklung der Offshore-Finanzvermögen angesichts wachsender internationaler Transparenz

von Hannes Fauser (FU Berlin) und Sarah Godar (HWR Berlin)

Vielleicht wenig überraschend, gestaltete sich das Jahrzehnt nach der Finanzkrise steuerpolitisch turbulent. Seit die G20 den sogenannten Steueroasen 2009 den Kampf ansagten, hat sich vor allem bei der Bekämpfung von Steuerhinterziehung einiges getan und die internationalen Kooperationsbemühungen wurden deutlich verstärkt. Nachdem die USA 2010 mit FATCA vorgelegt hatten, beauftragten die G20 2013 die OECD mit der Entwicklung des Common Reporting Standards zur Implementierung eines internationalen automatischen Informationsaustauschs. Seit den 51 Erstunterzeichnern im Jahr 2014 hat eine wachsende Zahl von Staaten das Rahmenabkommen zum automatischen Informationsaustausch und die Etablierung des gemeinsamen Standards unterschrieben. Wer letztendlich mit wem Informationen austauschen wird, ist zwar noch offen. Dennoch kann das Abkommen bereits als steuerpolitischer Erdrutsch gewertet werden, da implizit das Scheitern des bisherigen steuerlichen Informationsaustauschs auf Ersuchen anerkannt wird und neue Wege internationaler Kooperation beschritten werden. Der automatische Informationsaustausch sollte Steuerhinterziehung für Privatpersonen in Zukunft erschweren. Weiterhin besteht jedoch die Gefahr, dass Schlupflöcher oder unkooperative Staaten die Wirksamkeit untergraben.

So haben beispielsweise Johannesen und Zucman (2014) festgestellt, dass die G20 Initiative von 2009, bei der Steueroasen gedrängt wurden mindestens 12 bilateral Abkommen zum Informationsaustausch zu schließen, eher zu einer Umschichtung der Bankeinlagen zwischen mehr und weniger kooperativen Steueroasen geführt hatte. Einen signifikanten Effekt auf das Volumen der Offshore-Bankeinlagen insgesamt konnten sie zumindest bis 2011 nicht feststellen.

Hauptziel der Studie im Auftrag der Grünen / Europäische Freie Allianz im Europäischen Parlament war es daher, mit den aktuellsten Daten die Offshore-Finanzvermögen zu schätzen, um zu analysieren, ob seit den neueren internationalen Initiativen bereits Veränderungen im Vergleich zu den Vorjahren sichtbar werden.

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Atlas der Einkommensungleichheit

Eine unsichtbare Mauer trennt das Land

Im vergangenen Jahr wurde zum 25. Mal der Fall der Berliner Mauer gefeiert. Eine spektakuläre Installation aus illuminierten Ballons ließ die Betonmauer noch einmal für ein paar Stunden auferstehen. Trotz der beeindruckenden Bilder waren am Ende wohl dennoch alle froh, als das trennende Monument im Nachthimmel verschwand. Doch eine Mauer ist geblieben: die unsichtbare Mauer zwischen den Einkommen in Ost- und Westdeutschland.

Foto: Soeren Stache/dpa

Foto: Soeren Stache/dpa

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Du bist doch nur neidisch!

Einkommensvergleich und subjektive Lebenszufriedenheit

Es gibt wohl keinen charakteristischeren Ausspruch über die normative Debatte zum richtigen Ausmaß von Ungleichheit einer Gesellschaft. Ökonomische Ungleichheit prägt alle Volkswirtschaften. Egal ob auf lokaler, nationaler oder internationaler Ebene, überall lassen sich Einkommensunterschiede zwischen Einzelpersonen oder Haushalten feststellen. Und so birgt der Gegensatz zwischen Armen und Reichen den Stoff für verschiedenste Diskussionen: einerseits über den Wert eigener Anstrengungen und Fähigkeiten, und andererseits über das angemessene Ausmaß an Umverteilung, etwa durch Steuern und Abgaben. Spätestens mit den Arbeiten von Thomas Piketty (zusammengetragen in seinem Werk „Das Kapital im 21. Jahrhundert“) wird auch in der öffentlichen Debatte wahrgenommen, dass die Volkswirtschaftslehre hierzu einen entscheiden Beitrag leisten kann. So steht zwar weiterhin die Frage nach den Ursachen von Ungleichheiten (eine unvollständige Auswahl: das Wirtschaftssystem, Unterschiede in der Leistungsfähigkeit und Leistungsbereitschaft, Diskriminierung oder Chancengerechtigkeit,…) und den daraus resultierenden Politikempfehlungen im Fokus. Doch die Frage nach einem akzeptablen Niveau von materieller Ungleichheit kann nur hinreichend beantwortet werden, wenn auch die individuellen Auswirkungen von materieller Ungleichheit wissenschaftlich erfasst und beschrieben werden. Der Rückgriff auf das theoretische Nutzenkonzept hilft uns Ökonomen hierbei, unterschiedliche Situationen hinsichtlich ihrer Vorteilhaftigkeit für Einzelpersonen zu bewerten. Maßstab ist hierbei der Nutzen einer Person. Bezogen auf materielle Ungleichheit gilt es also zu klären, welche Auswirkung unterschiedlich hohe Ungleichheitsniveaus auf das Nutzenniveau von Menschen haben. Mit der empirischen Lebenszufriedenheitsforschung steht jedoch inzwischen ein Instrumentarium zur praktischen Messung des individuellen Wohlbefindens zur Verfügung. Obgleich mit Einschränkungen, ermöglicht dieser relativ neue Forschungsbereich, Rückschlüsse über die Vor- und Nachteile unterschiedlicher Umstände, wie beispielweise unterschiedliche Niveaus von Einkommensungleichheit (ein kritischer Literaturüberblick findet sich bei Clark, Frijters und Shields, 2008).

Vergleiche (auch) als Ursache von Unzufriedenheit?

Vergleiche (auch) als Ursache von Unzufriedenheit?

Die subjektive Lebenszufriedenheit wird in erster Linie in großen, oft jährlich wiederholten, Haushaltsumfragen erhoben. Dabei beantworten die TeilnehmerInnen eine oder mehrere Fragen zu Den ganzen Beitrag lesen »

Aufholen bei der Bildung

Die Integration von Migranten macht Fortschritte: Die Nachkommen der italienischen Gastarbeiter holen bei der Schulbildung auf.*

Wenn es in der öffentlichen Diskussion um die Integration von Ausländern geht, ist oft von Missständen die Rede – von Parallelgesellschaften, in denen Schulabbrecher mit mangelhaften Deutschkenntnissen und ohne Aussichten auf einen vernünftigen Job ihr Dasein fristen. Repräsentativ sind solche Zustände nicht: Was den schulischen Erfolg angeht, nähern sich Migranten in Deutschland zunehmend den Einheimischen an. Das zeigen Timm Bönke und Guido Neidhöfer von der Freien Universität Berlin am Beispiel der Italiener in einer von der Hans-Böckler-Stiftung geförderten Studie.

In der Regel, so die Ökonomen, würden Querschnittsdaten herangezogen, um den Stand der Integration zu beurteilen – was zu ernüchternden Ergebnissen führe. Entsprechenden Studien zufolge sind insbesondere Gastarbeiter und ihre Nachfahren deutlich schlechter qualifiziert als der Rest der Bevölkerung. Zu den Gruppen mit den größten Problemen gehören demnach die Italiener. Bönke und Neidhöfer halten solche statistischen Momentaufnahmen allerdings für nur begrenzt aussagekräftig. Für ein fundiertes Urteil wäre es nach ihrer Einschätzung nötig, die langfristige Entwicklung zu betrachten.

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Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm

Über Chancengleichheit und Aufstiegschancen in Deutschland

Es ist wahrlich nichts Neues, dass über das deutsche Bildungssystem eifrig debattiert wird. Neuerdings ist das Thema insbesondere dank der neuesten OECD-Studie „Education at a Glance“ vom September 2014 wieder stark in den Medien vertreten und verschiedene Aspekte des Berichts wurden unter anderem von Zeitungen jeglichen Couleurs aufgegriffen (Zeit, Süddeutsche, FAZ, Spiegel, Bild um nur die ersten Google News Einträge zu benennen). Und während manche jubeln wie der Deutsche Philologenverband, da ja Deutschlands Bildungssystem vor allem wegen der hohen Bildungsbeteiligung und niedrigen Jugendarbeitslosigkeit „besser als sein Ruf“ sei, ärgern sich andere wie die Trierer Wirtschaftskammern, weil die OECD mal wieder der akademischen Laufbahn einen deutlich höheren Stellenwert gibt als der dualen Ausbildung. Abseits von diesen Standpunkten, die es sicherlich auch Wert sind, diskutiert zu werden, sollte man sein Augenmerk bei Berichten, die das Bildungssystem betreffen, stets besonders auf eine Frage richten: Was sagen uns diese Ergebnisse über die Chancengleichheit aus?

Abbildung 1: Schulbesuch in Deutschland (2008 – 2012)Abbildung 1: Schulbesuch in Deutschland (2008 - 2012). Quelle: Eigene Auswertung mit Daten des Statistischen Bundesamts.
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