Nederlands

Beobachtungen zur niederländischen Sprache

Wer „Teksel“ sagt, muss auch „Brüksel“ sagen

Tegel ist ein Stadtteil von Berlin, aber der Name steht natürlich längst für viele hauptsächlich für den dortigen Flughafen. Viele kennen und lieben ihn – für kurze Wege und zuverlässiges Gepäckchaos – so sehr, dass sie kürzlich bei einem Referendum gegen seine Schließung gestimmt haben. Besonders Kundige nennen den Flughafen weltmännisch „der Teh-Iks-Ell“, nach seinem offiziellen Kürzel TXL in der Luftfahrt. (Wem das noch nicht kompliziert genug ist: In Berlin ist „der TXL“ auch der Bus auf der Linie mit genau dieser Bezeichnung, der zum Flughafen fährt.)

Was hat das mit dem Niederländischen zu tun? Wahrscheinlich wenig, aber einfach gestrickte Gehirne wie meines ergänzen die drei Buchstaben gerne zu einem vollständigen Wort. Das klingt dann so: Texel. Wie die Insel.

Das Problem dabei ist: Die Insel wird ganz geläufig Tessel ausgesprochen. Warum, das weiß sogar Wikipedia: „De uitspraak Tessel komt door een klankwet, waarbij ooit het consonantcluster ks, dat nog steeds in de oorspronkelijk Friese spelling van Texel als x gebruikt wordt, in het Nederlands tot s gereduceerd werd.“

Texel Airport. (JePe, CC-BY-SA 3.0)

Warum Friesisch? Texel liegt zwar nicht in der Provinz Fryslân, aber das historische Einflussgebiet des Friesischen geht weit über die heutige Region Friesland hinaus. Auch darüber weiß Wikipedia einiges.

Auch im Deutschen ist das [ks] noch erhalten. Wir sagen wechseln und erwachsen, auf Niederländisch wisselen und volwassen. Demselben Prozess ist das [ks] im Städtenamen Brüssel zum Opfer gefallen, in der französischen Schreibweise Bruxelles sieht man es noch (und bei Franzosen, die über Brüssel sprechen, hört man es auch weiterhin, hier dazu mehr).

Das X ist sowieso ein merkwürdiger Buchstabe. Nicht nur weil er im Deutschen wie im Niederländischen so selten ist. Sondern auch weil er sozusagen das Gegenteil von einem Digraphen ist. Ein Digraph ist eine Kombination zweier Buchstaben für einen Laut, etwa <ng> für [ŋ] in lang. Das X ist dagegen ein einziger Buchstabe, der für die Kombination von zwei Lauten steht, nämlich [ks]. (Gibt es dafür eigentlich einen Fachbegriff? Wer sich mit Graphematik auskennt – bitte melden!) Im Deutschen kennen wir mit dem <sch> für [ʃ] sogar einen Trigraphen – im Niederländischen nicht, siehe Schiphol oder Terschelling, zwei Inseln weiter von Texel.

Weil das X also so seltsam und auch so zeldzaam ist, wird es gerne zum Auffüllen von Flughafencodes wie bei TXL oder SXF benutzt. TGL war schon besetzt für den Flughafen der Insel Tagula in Papua-Neuguinea. Und der Flugplatz auf Texel brauchte TXL nicht, weil er so einen Code gar nicht besitzt. Auf den Graspisten könnten die großen Maschinen aus Schiphol noch nicht einmal taxiën.

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Der Beitrag wurde am Montag, den 27. November 2017 um 12:57 Uhr von Philipp Krämer veröffentlicht und wurde unter Aussprache, Rechtschreibung, Sprachvergleich abgelegt. Sie können die Kommentare zu diesem Eintrag durch den RSS 2.0 Feed verfolgen. Kommentare und Pings sind derzeit nicht erlaubt.

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