Prüfungsangst? So bekommst du sie in den Griff!

Nur noch ein paar Wochen bis zum Ende des Wintersemesters – die Prüfungszeit naht! Für manche ist das kein Problem, für andere der reinste Horror. ? Die Freie Universität lässt ihre Studierenden nicht allein mit der Prüfungsangst: Es gibt regelmäßig Vorträge und Workshops zu diesem Thema, zum Beispiel von Michael Cugialy. Der promovierte Psychologe arbeitet bei der Studienberatung und psychologischen Beratung der Freien Universität. Bei seinem Vortrag „Fit für die Prüfung“ haben wir für dich zugehört und mitgeschrieben. Er hat eine ganze Reihe praktischer Tipps, die dir auch schon bei den Abi-Prüfungen helfen können.

Wie äußert sich die Prüfungsangst bei dir? Herzschlag, Schwitzen, Zittern, schneller Atem, Schockstarre, unruhige Beine? Diese Symptome der Angst sichern dein Überleben: Angst muss unangenehm sein, damit wir in gefährlichen Situationen flüchten oder solche Situationen von vornherein meiden. Damit die Flucht gelingt, wird Angst meist auch von einer erhöhten Aufmerksamkeit begleitet. Heute muss sich aber kaum noch jemand vor Säbelzahntigern in Sicherheit bringen. Und wenn wir aus Prüfungssituationen flüchten oder diese ganz vermeiden, bringt uns das leider nicht weiter. Ist ja eigentlich klar – trotzdem agiert die Angst noch im Hintergrund!

Wer Angst vor einer Prüfung hat, neigt dazu, alles zu vermeiden, was mit dieser Prüfung zusammenhängt – also auch das Lernen!

Let’s face it: „Wir vermeiden negative Empfindungen und Anstrengung“, sagt Michael Cugialy. Und Lernen ist anstrengend! Leider sind wir manchmal erstaunlich kreativ bei der Vermeidung von unangenehmen Dingen. Schlimmstenfalls beginnt hier ein Teufelskreis: Wir vermeiden das Lernen, weil wir unbewusst Angst vor der Prüfung haben. Und dann haben wir noch mehr Angst, weil wir nicht gelernt haben.

Foto: Pexels.com

Natürlich gibt es eine effektive Gegenstrategie: „Wer wenig vermeidet, hat mehr Kontrollgefühl“, sagt der Psychologe. Effiziente Vorbereitung sei der beste Weg, die Kontrolle zu behalten. Dafür hat Michael Cugialy gleich mehrere Tipps:

  1. Informationen darüber sammeln, was in der Prüfung verlangt wird
    • Gibt es Prüfungsprotokolle oder alte Klausuren aus den letzten Semestern? Dafür wendest du dich am besten an die Fachschaften.
    • Wie viel musst du wissen? Ist die gesamte „Prüfungsliteratur“ relevant? Denn eigentlich gilt: Die Vorlesung ist der Leitfaden. Was dort vorkam, ist der Professorin oder dem Professor wichtig.
  2. Den eigenen Lernstand feststellen
    • Wie viel weiß ich? Diese Frage solltest du dir brutal ehrlich beantworten.
  3. Die Zeit bis zum Prüfungstermin planen
    • Wie viel Zeit habe ich? Was muss ich in dieser Zeit erledigen?
  4. Die Arbeitsbedingungen zum Lernen festlegen
    • Welche Hilfe brauche ich?
    • Kann ich an einem bestimmten Ort besonders gut lernen?
    • Was lenkt mich ab? (Smartphone!?)

Der Experte rät zur Askese: Lernen ohne Handy und Internetzugang, am besten auswärts und nicht zu Hause im Schlafzimmer. Die vielen Phasen des Selbstbetrugs kennt er aus seinen Beratungen: Wecker auf 7 Uhr gestellt, aufgestanden um 8 Uhr. Danach erst mal einkaufen, frühstücken und aufräumen, Mails checken. Dann ist schon wieder Zeit zum Mittagessen. 14.15 Uhr: Nichts gemacht! Schlechtes Gewissen: Der Tag hat nichts gebracht. Nachricht von einem Freund: Wollen wir uns treffen? Ja! Und ab auf die Piste…

„Das kann Tage und Wochen so gehen“, sagt Psychologe. Neben diesem Verhaltensmuster spricht noch ein weiterer Grund für den Weg in die Bibliothek: das Prinzip des sozialen Vergleichs. Wenn du lernen musst und gleichzeitig andere in deiner WG kochen, Filme gucken und Spaß haben, dann fällt der soziale Vergleich negativ für dich aus: Menschen, mit denen du dich vergleichst, geht es besser. Das macht schlechte Laune. In der Bibliothek hingegen findest du Gleichgesinnte. Dann bist du gleich motivierter! Dennoch schränkt Michael Cugialy ein: „Der beste Lernort ist eine höchst individuelle Angelegenheit. Was für dich funktioniert, solltest du beibehalten.“

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Der Psychologe rät auch dazu, die Zeit für Hobbys während der Prüfungsvorbereitung nicht zu reduzieren, sondern zum Ausgleich zu nutzen. „Wenn andere erzählen, sie hätten drei Nächte durchgelernt, ist das a) nicht immer die Wahrheit oder b) nicht unbedingt effektiv.“

Für eine effektive Prüfungsvorbereitung empfiehlt er drei Schritte:
1) Verstehen 2) Lernen 3) Performen.
Verstehen ist die Voraussetzung dafür, dass Gelerntes in der Prüfung auch angewendet werden kann. Dabei hilft es, sich Fragen zu stellen und Widersprüche klären – zum Beispiel in Lerngruppen. Vor dem Lernen solltest du das Lernmaterial beschränken und „lernbar“ machen – zum Beispiel mithilfe eines Karteikartensystems. Zum Lernen solltest du verschiedene Zugänge nutzen: Lesen, Schreiben, Sprechen, Zeichnen – so behältst du die Inhalte besser. Zwischendurch gilt es, den Lernfortschritt zu überprüfen. Auch dafür sind Karteikarten mit Vor- und Rückseiten nützlich. Dabei solltest du aber mindestens so streng zu dir sein wie Günther Jauch bei „Wer wird Millionär“.

„Den dritten Schritt – Performance – lassen viele aus Zeitmangel weg“, berichtet Michael Cugialy. Aber gerade dieser Schritt sorgt später für Sicherheit in der Prüfungssituation. Für mündliche Prüfungen solltest du unbedingt das mündliche Vortragen des Lernstoffs trainieren, für eine schriftliche Prüfung eine Probeklausur schreiben. „Ein Schauspieler geht ja auch nicht auf eine Premierenbühne, wenn er nur das Stück gelesen hat“, sagt der Experte.

Vielleicht hast du dich selbst schon mal dabei ertappt? Auch bestimmte Gedanken und Einstellungen können deine Nervosität steigern – zum Beispiel diese:

Wenn ich die Prüfung nicht schaffe, bin ich ein Versager.
Ich darf keine Fehler machen.
Ich muss eine gute Note schreiben.
Der Stoff ist nicht zu schaffen.
Der Prüfer oder die Prüferin mag mich nicht und bewertet willkürlich.
Leute, die viel klüger sind als ich, sind durchgefallen.
Ich bin total nervös, also werde ich die Prüfung versemmeln.

Aber Nervosität ist in Ordnung, denn sie ist ein Zeichen dafür, dass du die Prüfung ernst nimmst! Außerdem fördert sie sogar deine Leistungsfähigkeit. Du solltest sie also auf gar keinen Fall mit Beruhigungsmitteln bekämpfen. Auch bei mündlichen Prüfungen kannst du den Prüferinnen und Prüfern gegenüber ruhig zugeben, dass du nervös bist. Sehr wahrscheinlich ist ihnen das völlig egal, weil sie es ständig erleben. Michael Cugialy hat noch eine Handvoll weiterer Tipps gegen die Prüfungsangst:

  • Entspannungsverfahren (rechtzeitig) lernen und einüben, zum Beispiel mit Audiodateien der Techniker Krankenkasse
  • beim Sport regelmäßig Energie herauslassen
  • in Gedanken gnädig zu sich selbst sein
  • Fehler erlauben statt Perfektionismus
  • Zuversicht statt Pessimismus
  • Entlastung statt Druck

Hat man dann in einer mündlichen Prüfung tatsächlich mal einen Blackout, ist das auch noch nicht der Untergang. Der Psychologe schlägt Soforthilfen vor:

  • dem Prüfer sagen, wo man hängt – denn auch in einer Prüfung muss man nicht alles wissen!
  • sich das Thema bildlich vorstellen
  • auf eine Alternativhandlung zurückgreifen: erst mal die Nase putzen!

Wenn dir das nicht reicht, bietet die Studienberatung noch mehr zum Thema:

Also, ab jetzt: Keine Angst – du kannst das schaffen!

Bild oben: Ethan Haddox / Unsplash / CC0 Lizenz

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