Forschungspraktikum in Sydney

Ich habe als „Visiting Junior Research Fellow“ drei Monate an einer australischen Universität in einem bioinformatischen Forschungsinstitut gearbeitet.

Begonnen hat die ganze Geschichte witzigerweise damit, dass ich dem Berliner Winter entfliehen wollte. Stattdessen die Sommerzeit in Australien genießen zu können war eine Traumvorstellung für mich. Um es schonmal vorwegzunehmen, am Ende habe ich den Winter und Schnee vermisst (irgendwo hier ist sicher eine philosophische Lektion darüber, dass das Gras auf der anderen Seite nicht immer grüner ist ;)).

Diese Motivation hat mich aber in ein wildes Abenteuer gestürzt, über das ich glücklicher nicht hätte sein können. Nach acht stressigen Monaten bestehend aus unzähligen Bewerbungen, nachts um drei Uhr aufwachen, um meine Emails zu checken, Finanzpläne aufstellen, Geld ansparen, 50 Seiten Kleingedrucktes von Versicherungen lesen, aber auch ganz viel Vorfreude, ging es dann endlich los!

Bevor ich in Sydney für mein Praktikum angekommen bin, hatte ich die Chance, drei Wochen als Tourist durch Australien zu reisen. Darauf werde ich jetzt nicht weiter eingehen, würde aber jedem, der nach Australien geht und die Möglichkeit dazu hat, dies ebenfalls empfehlen, die Natur ist unglaublich vielfältig und wirklich wunderschön.

In Sydney wurde ich am ersten Tag von meinem Betreuer empfangen, in mein Projekt eingeführt und über den Campus geführt. Dies war der nächste „Starstruck-Moment“ für mich, eine Uni mit tatsächlich vielen modernen und schönen Gebäuden! Dies lässt sich auf eine allgemein andere Universitätskultur in Australien zurückführen. Universitäten haben dort verglichen mit Deutschland deutlich mehr mit Prestige zu tun und sie präsentieren sich auch dementsprechend. Das macht Spaß, bis man die Rechnung über die verrückt hohen (und nicht rechtfertigbaren) Studiengebühren bekommt (glücklicherweise musste ich als Forscher diese nicht bezahlen, da ich keine Vorlesungen hatte). Im Universitätskontext ist mir auch eine deutlich flachere Hierarchie für Studierende aufgefallen. Ich habe mich deutlich mehr wertgeschätzt und gesehen gefühlt, verglichen mit Arbeitsgruppen in Deutschland, in denen ich gearbeitet habe (wobei dies natürlich auch daran liegen könnte, dass ich einen super Betreuer hatte).

Außerdem besonders ist die offene und freundliche Art eigentlich alle Australier, denen ich begegnet bin. Es war sehr einfach, Anschluss zu finden. Es war allerdings auch nicht alles angenehm und schön. Drei Monate im Ausland ist eine gute Zeit, um über eine Kultur und den Alltag in einem Land zu lernen, es ist aber auch zu kurz, um sich richtig einzurichten und damit wohl und zu Hause zu fühlen. Jeder Tag ist aufs Neue anstrengend, gewohnte Routinen gibt es nicht, alles entdeckt man neu. Man bezahlt für die tolle Erlebnisse auf jeden Fall mit einem Mangel an Komfort.

Tipps für andere Praktikant/inn/en

Vorbereitung

Je früher man anfängt, desto besser ist es natürlich immer. Aber die Deadlines für beispielsweise einen Direktaustausch sind wirklich verrückt, wer weiß denn bitte schon 1,5 Jahre zuvor, dass er/sie einen Auslandsaufenthalt machen möchte. Durch ein selbstorganisiertes Praktikum war der Organisationsaufwand für mich zwar deutlisch höher, dafür reichten aber auch schon 6-9 Monate Vorlaufszeit. Außerdem konnte ich den Aufenthalt viel persönlicher nach meinen Wunschvorstellungen gestalten.

Beantragung Visum

Muss man online beantragen, ging bei mir echt schnell, was wahrscheinlich am deutschen Reisepass liegt. Für bis zu drei Monate ist ein Touristenvisum kostenlos, bei längerer Bleibe sind es etwa 200€.

Praktikumssuche

Besonders in Australien schwierig, bei Firmen und Startups hatte ich gar kein Glück und die meisten Arbeitsgruppen an Universitäten nehmen nur Praktikanten für Forschungsprojekte mit Dauer von sechs Monaten oder mehr (aufgrund eines anderen Universitätssystems, welches keine kürzeren Praktika vorsieht). Ich habe geschätzt bestimmt über 15 Bewerbungen insgesamt geschrieben, vermutlich eher Richtung 20. Ich denke es ist durchaus möglich, einen Praktikumsplatz in Australien zu bekommen, aber man muss bereit sein, die Arbeit in die Suche zu investieren. (Es kommt natürlich auch stark auf die Brache an, ich kann in diesem Fall nur für den Biologie/Chemie/Pharmazie-Sektor sprechen.)

Wohnungssuche

Nochmals sehr schwierig, Sydney hat weltweit mit die höchsten Lebenserhaltungskosten. Ich habe die App „Flatmates“ genutzt, dort sind viele WG-Zimmer gelistet. Miete wird in Sydney pro Woche bezahlt, planen sollte man mit 1000€ pro Monat, ich lag teilweise etwas drüber oder etwas drunter. Das Niedrigste, was ich für ein privates Zimmer in einer WG gesehen habe, war etwa 700€ pro Monat und das war dann meistens recht weit vom Stadtzentrum entfernt. Dies sind aber nur meine Erfahrungen, mit etwas Glück findet man vielleicht auch etwas Billigeres.

Versicherung

Ich habe die Versicherung von DAAD genutzt, dort wurde ein Paket aus allen notwendigen Versicherungen angeboten, für etwa 40€ pro Monat. Gebraucht habe ich die Versicherung glücklicherweise nicht.

Telefon-/Internetanschluss

Ich hatte eine Internetflat über MobiMatter (eSIM-Anbieter), das hat gut funktioniert. Es gibt verschiedene Netzanbieter in Australien, in meiner Erfahrung war OPTUS am besten.

Bank/Kontoeröffnung

Ich habe kein Konto in Australien eröffnet, Überweisungen habe ich mit Wise getätigt und eigentlich alles andere mit Visa bezahlt (bei der DKB ist es recht einfach eine Debitkarte zu bekommen, mit der man ohne zusätzliche Kosten in ausländischen Währungen bezahlen kann, die Karte ist fantastisch).

Sonstiges

Neben der Miete sollte man auch mit anderen höheren Kosten rechnen, Lebensmittel sind etwa 30% teurer als in Deutschland, die Preise für ein Gym beginnen beispielsweise bei etwa 45€ pro Monat (wird auch pro Woche berechnet, 25 AUD ist das billigste, was ich gefunden habe) und die Bahn hat mich pro Monat etwa 100€ gekostet. (Die Bahn in Sydney ist super, aber es gibt kein Monatsticket, man zahlt pro Fahrt. In allen größeren australischen Städten gibt es eine eigene Bahnkarte, auf die Geld geladen und mit der für die Fahrt bezahlt werden kann, was als Tourist super nervig ist. In Sydney kann man aber auch per Kreditkarte bezahlen.) Wenn man nicht unbedingt nach Sydney möchte, würde ich eine andere Stadt vorziehen, da die Mieten dort nicht ganz so verrückt sind. Melbourne hat mir beispielsweise auch sehr gut gefallen. Sydney hat tolle Strände, aber das Wetter ist ziemlich überbewertet, es regnet echt häufig.

In dem Tipps-Teil war ich deutlich negativer/strenger als im Bericht, dass aber nur, weil ich nicht möchte, dass jemand mit falschen Vorstellungen in ein Praktikum in Australien geht oder schlecht vorbereitet ist. Ich hatte eine fantastische Zeit und all die Arbeit hat sich abermals gelohnt. Ich konnte unzählige großartige Erinnerungen sammeln und denke, dass ich durch den ganzen Prozess auch persönlich viel gewachsen bin. Australien ist echt teuer (besonders Sydney) aber auch unglaublich schön! Wer zeitlich und finanziell zusätzliche Kapazitäten hat, dem würde ich auf jeden Fall auch etwas Tourismus in Australien empfehlen, die Natur ist wirklich wunderschön. Das Great Barrier Reef, Uluru und die 12 Apostel an der Great Ocean Road haben mir am besten gefallen (but then again, Reisen in Australien ist sehr teuer…).

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