
Die Freie Universität hatte – wie jedes Jahr – zum Girls’Day eingeladen und rund 470 Schülerinnen kamen. Am 3. April waren sie Forscherinnen für einen Tag. Das Workshopangebot zahlreicher Fachbereiche und Einrichtungen bot ihnen Einblicke in Wissenschaft und Forschung. Reporterin für einen Tag war die Schülerin Maryam Talibi. Als Teilnehmerin berichtet sie in diesem Beitrag vom Girls’Day am Fachbereich Physik.
Am 3. April 2025 beteiligte sich die Freie Universität wieder am bundesweiten Girls’Day. Das Programm umfasste mehr als 45 Workshops für Schülerinnen der Klassen 5 bis 10, überwiegend in den mathematisch-naturwissenschaftlichen Fachbereichen (FB) und Einrichtungen. Mit von der Partie waren der FB Biologie, Chemie, Pharmazie, der FB Geowissenschaften, der FB Mathematik und Informatik, der FB Physik, der FB Wirtschaftswissenschaft, die Zentraleinrichtungen Botanischer Garten und Botanisches Museum und FUB-IT sowie das Zuse-Institut Berlin (ZIB). Engagierte Ansprechpersonen, darunter viele Frauen- und Gleichstellungsbeauftragte, koordinierten das Programm in den beteiligten Bereichen. Auf zentraler Ebene hielten das Team geschlechter*gerecht und die MINToring-Koordination die Fäden in der Hand und leisteten Unterstützung sowohl bei der Vorbereitung als auch bei der Durchführung vor Ort.
„Wir haben die Labore geöffnet, wir haben die Arbeitsgruppen geöffnet“, mit diesen Worten begrüßte Vizepräsidentin Petra Knaus, Professorin für Biochemie, per Videobotschaft die Teilnehmerinnen am Morgen. Viele engagierte Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler stünden bereit, um alle Fragen zu beantworten, die in den Köpfen der Schülerinnen „permanent kursieren“. Deshalb, so forderte die Vizepräsidentin auf: „Stellt Fragen, seid neugierig!“
Und dann ging’s los mit den Workshops, zum Beispiel mit einem „Einstieg ins Programmieren“ am FB Mathematik und Informatik. Wirtschaftswissenschaftlerinnen zeigten, „Wie ökonomische Entscheidungen unser Leben beeinflussen“, der FB Geowissenschaften bot „Meteorologie zum Anfassen“ im Workshop „Wetter, Klima und Sandstürme“. Pflanzen per App zu bestimmen lernten die Mädchen im Biologie-Workshop „Was blüht denn da?“.
Einblicke in aktuelle Forschungsthemen gaben auch die Workshops am FB Physik. „Quantum Computing“ war einer davon. Neugier und Interesse waren die einzigen Voraussetzungen für die Teilnahme, Vorkenntnisse in Quantenmechanik oder im Programmieren waren nicht notwendig.
Die Schülerin Maryam Talibi hat an diesem Workshop teilgenommen und ihre Eindrücke vom diesjährigen Girls’Day in dem nachfolgenden Text zusammengefasst.
„Physik ist nicht männlich. Mathematik ist nicht elitär. Wissenschaft ist menschlich.“
Maryam Talibi, Girls’Day-Teilnehmerin 2025
Mein Name ist Maryam, ich bin 17 Jahre alt, komme aus Afghanistan und gehe in die 10. Klasse. Ich träume davon, eines Tages Wissenschaftlerin zu werden – ein Ziel, das für ein Mädchen in meinem Herkunftsland kaum denkbar war. Doch am 3. April 2025, am Girls’Day an der Freien Universität Berlin, fühlte sich dieser Traum zum ersten Mal ganz nah an.

Der Girls’Day richtete sich an Schülerinnen von der 5. bis zur 10. Klasse – und schickte ein starkes Zeichen: MINT ist auch weiblich. Ich hatte die Ehre, am Workshop Quantum Computing im Fachbereich Physik teilzunehmen, einer faszinierenden Welt zwischen Realität und Theorie. Schon der Einstieg war mitreißend: Nach einer Einführungsvorlesung begann unser Workshop mit einem interaktiven Kahoot-Quiz – eine kreative Art, physikalisches Wissen spielerisch zu testen. Wir beschäftigten uns mit den großen Fragen der Quantenwelt: Was macht einen Quantencomputer aus? Wie funktioniert Superposition? Und was hat Schrödingers Katze eigentlich wirklich mit all dem zu tun? Wir lernten durch Denkspiele, Puzzles, Teamaufgaben und Karten, die komplexe Theorien in greifbare Konzepte verwandelten. Für jede gelöste Aufgabe erhielten wir ein Puzzle-Stück – erst durch Zusammenarbeit und Logik ergab sich das vollständige Bild. Und genau das war sinnbildlich für den ganzen Tag: Wenn wir Mädchen die Chance bekommen, unser Potenzial zu entfalten, dann entsteht etwas Großes.
Besonders beeindruckt haben mich die Wissenschaftler*innen, die den Workshop geleitet haben. Ihre Leidenschaft, ihre Offenheit und der Respekt, mit dem sie uns begegneten, haben mich tief inspiriert. Sie haben mir gezeigt, dass es nicht darum geht, ‚perfekt‘ zu sein: sondern neugierig, mutig und bereit, Fragen zu stellen.
Jahrhundertelang galt die Vorstellung, dass Physik, Mathematik oder Ingenieurwesen nur für Männer oder privilegierte Eliten bestimmt seien. Doch dieser Tag hat das Gegenteil bewiesen.
Ich komme aus einer Welt, in der junge Frauen oft nicht die Möglichkeit haben, sich wissenschaftlich zu entfalten. Und trotzdem saß ich an diesem Tag an einem der besten Physikinstitute Deutschlands – umgeben von anderen Mädchen, die dieselbe Neugier und Begeisterung teilten wie ich. Das war mehr als ein Workshop. Es war ein Versprechen: Wir gehören hierher – nicht nur als Mädchen, sondern auch als junge Menschen mit anderen Geschichten, Sprachen, Wurzeln.
Ich wünsche mir, dass mehr Mädchen diese Erfahrung machen können und dass sie erfahren dürfen, dass ihr Platz in der Wissenschaft nicht erkämpft werden muss, sondern ihnen genauso zusteht. Der Girls’Day hat mir Mut gemacht. Und wer weiß – vielleicht bin ich eines Tages nicht nur Teilnehmerin, sondern Mentorin, Wissenschaftlerin, Vorbild. Ich bin bereit.
Dass der Girls’Day für die Teilnehmerinnen nur ein erster Schritt sein möge, dem weitere folgen, darauf setzt auch Vizepräsidentin Petra Knaus: „Das ist der Anfang einer großen Karriere, hoffentlich“. Ihre Videobotschaft sendete sie aus dem Hahn-Meitner-Bau und knüpfte so die Verbindung zu großen Wissenschaftlerinnen – von Lise Meitner über Marie Curie zu Emmanuelle Charpentier. Knaus betonte zudem die Bedeutung der Wissenschaft für gesamtgesellschaftliche und technische Entwicklungen. Dafür brauche es – gerade in der heutigen Zeit – kluge Köpfe mit Verantwortungsbewusstsein. Folgerichtig ermunterte sie die Schülerinnen dazu, „mutig zu sein, verantwortungsvoll zu sein, aber auch groß zu denken“.
Über den Girls’Day berichtet auch das Online-Magazin campus.leben in einer großen Reportage: Vom Klassenzimmer in den Hörsaal: Der Girls’Day und Boys’Day an der Freien Universität Berlin.