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Der aktuelle Fall (7/2010)

Nach dem Lissabon-Urteil hat das Bundesverfassungsgericht am 26. August 2010 erneut Stellung zum Europarecht bezogen.
Ein Arbeitnehmer klagte auf unbefristete Einstellung, da § 14 Abs. 3 S. 4 Teilzeit- und Befristungsgesetz nach dem Mangold-Urteils des EuGH europarechtswidrig sei. Die Arbeitsgerichte gaben der Klage statt.
Das Unternehmen machte nun vor dem Bundesverfassungsgericht geltend, dass der EuGH seine Kompetenzen überschritten hatte (s. dazu auch den Artikel von Roman Herzog „Stoppt den EuGH“).
Das Bundesverfassungsgericht sieht keinen Grundgesetzverstoß. Es verweist auf sein Lissabon-Urteil, nach dem die Ultra-vires-Kontrolle von Handlungen der europäischen Organe und Einrichtungen durch das Bundesverfassungsgericht nur europarechtsfreundlich ausgeübt werde. Sie komme deshalb nur in Betracht, wenn ein Kompetenzverstoß der europäischen Organe und Einrichtungen hinreichend qualifiziert sei. Dies setze voraus, dass das Handeln der Unionsgewalt offensichtlich kompetenzwidrig ist und der angegriffene Akt im Kompetenzgefüge zwischen Mitgliedstaaten und Europäischer Union zu einer strukturell bedeutsamen Verschiebung zulasten der Mitgliedstaaten führe. Mit der Herleitung eines allgemeinen Grundsatzes des Verbots der Altersdiskriminierung sei aber weder eine neue Kompetenz für die Europäische Union begründet noch eine bestehende Kompetenz ausgedehnt worden.
In einem Sondervotum des Richters Landau wird hingegen ausgeführt, dass die Senatsmehrheit die Anforderungen an die Feststellung eines Ultra-vires-Handelns der Gemeinschafts- und Unionsorgane durch das Bundesverfassungsgericht überspanne. Sie verlasse den dem Lissabon-Urteil zugrunde liegenden Konsens, indem sie nicht nur einen „ersichtlichen“, sondern einen „hinreichend qualifizierten“ Kompetenzverstoß fordere. Dieser müsse nicht nur offensichtlich sein, sondern zudem zu einer strukturell bedeutsamen Verschiebung im Kompetenzgefüge zwischen Mitgliedstaaten und supranationaler Organisation führen. Damit verkenne die Senatsmehrheit, dass jede Ausübung von Hoheitsgewalt nach dem Lissabon-Urteil demokratisch legitimiert sein müsse.

Was haltet Ihr davon?

Der Beitrag wurde am Dienstag, den 7. September 2010 um 14:22 Uhr von Dominik Steiger veröffentlicht und wurde unter Allgemein abgelegt. Sie können die Kommentare zu diesem Eintrag durch den RSS 2.0 Feed verfolgen. Sie können einen Kommentar schreiben, oder einen Trackback auf Ihrer Seite einrichten.

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