Migration und Flucht

Ein Blog des Lateinamerika-Intituts der Freien Universität Berlin

Filmkritik/ -analyse: „Mexiko: Den Weg verloren“

Geschrieben von: Aleksandra Stojanoska und Mariana Dopfer

Warum verschwinden so viele Migrant*innen in Mexiko und was steckt dahinter?

Jedes Jahr verschwinden tausende von Migrant*innen, hauptsächlich aus Zentralamerika in Mexiko. Keiner weiß, wo sie sind oder wie und wieso sie spurlos verschwunden sind. Die Familien dieser verschwundenen Migrant*innen müssen über Tage, Monate und Jahre mit der Angst und Ungewissheit leben, ihre Kinder, Ehepartner*innen oder Eltern nie wieder sehen zu können oder zu erfahren was mit ihnen geschehen ist. Die schlechte finanzielle Lage der Hinterbliebenen verhindert nicht nur, dass sie sich auf die Suche nach den Verschwundenen machen können, sondern auch dass sie Detektiv*innen oder Organisationen engagieren können.

Mexiko: Den Weg verloren“ ist eine französische Dokumentation von Alex Gohari und Léo Mattei aus dem Jahr 2017, die das Verschwinden von Migrant*innen in Mexiko behandelt. Der Autor sowie der Regisseur waren auch bei weiteren Dokumentationen rund um den Themenbereich Migration und Mexiko beteiligt, wie beispielsweise bei „Mexiko: ‘La Bestia’“.

In der 50-minütigen Dokumentation „Mexiko: Den Weg verloren“ begleiten wir Ruben Figueroa auf seiner Suche nach Migrant*innen, die auf der Migrationsroute in die USA, meist in Mexiko, verschwanden. Er war selbst als Migrant in den USA und setzt sich nun als Aktivist und in Zusammenarbeit mit dem Movimiento Migrante Mesoamericano (MMM)für Migrant*innen einDer Fokus liegt dabei auf Menschen aus Mittelamerika, die aufgrund von wirtschaftlichen Gründen und Kriminalität ihre Heimat verlassen mussten. Unsere Hauptfigur, die zugleich eine Erzähler-Rolle einnimmt, startet seine Suche in Mittelamerika und fragt in Parks, Dörfern und Städte nach, ob es Fälle von verschwundenen Migrant*innen gibt und versucht auch durch die Medien, wie dem Radio, so viele Menschen wie möglich zu erreichen. Dies führt ihn zu den Familien der Migrant*innen, die ihm die verschiedenen Fälle schildern und welche infolgedessen von Ruben dokumentiert werden. In Absprache mit den Familien und deren letzten Informationen macht sich der Aktivist auf die Suche nach den verschwundenen Familienmitgliedern.

In dem Film werden verschiedenste Fälle und Lebensgeschichten von Verschwundenen näher beleuchtet und was während dem Versuch in die USA zu kommen, mit ihnen geschah. Teilweise endet die Suche schon sehr schnell, da alle Hinweise ins nichts oder schlimmer in die Wüste und/oder den Tod führen. Im Folgenden sollen zwei Migrationsgeschichten näher betrachtet werden. Der erste Fall handelt von Jacqueline, einer Frau aus Honduras, die von ihrer Mutter gesucht wird.  Der zweite gibt Einblicke über das Verschwinden von Carlos auch aus Honduras, der im Gegensatz zu Jacqueline nach seiner Familie suchen lässt. Beide Migrant*innen schafften es jedoch nicht in die USA und verblieben, ohne Kontakt zu ihren Familien, in Mexiko. Ein zentrales Motiv stellt dabei unter anderen Scham dar.

Ruben Figueroa macht sich auf die Suche nach Jacqueline, eine Honduranerin, die sich vor dreizehn Jahren auf dem Weg nach Mexiko machte und dabei spurlos verschwand. Er erfährt, dass sie sich zuletzt in Frontera Comalapa, ein Ort in Chiapas, der für seine Bars und Bordelle bekannt ist, befand. Seine Ermittlungen führen ihn zum Dorf Teopisca, in dem Jacqueline unter den Namen „La Chiquis” in einer Kneipe arbeitete. Dort erzählen ihm die Bewohner*innen, dass sie mit einem gewalttätigen Mann namens „El Güero“ zusammen ist. Die Spuren führen Ruben weiter zu einem Ort namens Villaflores. 

Die Dokumentation steigt direkt in die Handlung ein. Durch die Gespräche mit Ruben Figueroa, der Aktivist und Teil des Movimiento Migrante Mesoamericano ist, wird die Handlung und der Kontext erklärt. Die Szenen werden aus der Sicht von Ruben gezeigt, der Gespräche mit den hinterbliebenen Angehörigen führt. Dadurch wirkt die Dokumentation authentisch, da die einzelnen Szenen auch in Echtzeit gezeigt werden. Die Authentizität der Dokumentation wird auch dadurch bestärkt, dass Ruben selbst in die USA ausgewandert ist. Er hat selbst die Gefahren und Schwierigkeiten der Auswanderung erlebt und kann sich deshalb in die Migrant*innen hineinversetzen und versteht auch die Sorge der Hinterbliebenen.

Der Film zeigt verschiedene Beispiele über das Vorgehen von Ruben bei der Suche nach verschwundenen Migrant*innen. In einem besucht Ruben ein abgelegenes Dörfchen um eine Mutter zu besuchen, die von ihrer Tochter Jacqueline seit über 13 Jahren nichts mehr gehört hat. Ruben und die Mutter sitzen sich gegenüber und er hört ihr aufmerksam zu. Während des Gesprächs filmt die Kamera unterschiedliche Blickwinkel. Zwischendurch zoomt sie heraus und zeigt eine Ganzkörperaufnahme von den Beteiligten im Gespräch, sowie Nahaufnahmen der Mutter. Dadurch erkennt der/die Betrachter/-in die Sorge, die sich im Gesicht der Mutter widerspiegelt. Die Körpersprache der Mutter zeigt auch, dass sie sehr angespannt ist, da sie sehr unruhig auf ihrem Stuhl sitzt. Die Szenen werden zwischendurch durch eine melancholische und traurige Hintergrundmusik begleitet, die nochmals das traurige Schicksal, die Sorgen und den Schmerz der Angehörigen unterstreicht.

Vielen jungen Menschen bleibt nichts übrig, als in die USA zu fliehen, da ihr Land von Perspektivlosigkeit sowie Gewalt gekennzeichnet ist. Besonders Frauen werden Opfer von Menschenhandel und Prostitution: „Die meisten vermissten Frauen verschwinden im Süden von Mexiko. Oft werden sie in die Prostitution verschleppt“ (Gohari, Mattei 2017: 09:38- 09:44). Die Täter*innen, die dahinterstecken sind meistens kriminelle Banden. Sie entführen Migrant*innen und rekrutieren sie als Drogenkuriere, Zwangsarbeiter*innen oder zwingen sie zur Prostitution. Die mexikanischen Behörden wissen von diesen Fällen, unternehmen jedoch nichts dagegen. Ein weiteres Problem ist, dass diese Gewaltverbrechen in Mexiko nicht angezeigt und auch nicht aufgeklärt werden (s. Plate 2021: o.S.): „[…] nur 15 Prozent aller angezeigten Fälle werden gelöst. Es gibt zu wenig Personal, vor allem Fachleute von Forensikern bis zu Analytikern. Es gibt kaum Koordination zwischen Polizei und Ermittlungsbehörden sowie zwischen lokaler und staatlicher Ebene“ (Plate 2021: o.S.). Immer wieder sehen wir Polizei, die Ruben beispielsweise begleitet. Dies wirkt als würden sie ihm Geleitschutz geben. Aber welche Rolle spielen sie bei der Suche von Verschwundenen? Gibt es eine Zusammenarbeit? Oder sind die Beamten vielmehr Teil des Problems als Helfer*innen? Dies alles wird in der Dokumentation kaum deutlich.

Ruben betont, dass es ihm wichtig ist, die Migrant*innen zu verstehen. Er verbringt deshalb viel Zeit in den Herbergen, die sich durch die Migrationsrouten erstrecken: „Ich verbringe Zeit in den Herbergen, will verstehen, was auf der Fluchtroute los ist. Ich lebe sie, spüre sie, spreche mit den Migranten. Ich will verstehen warum sie verschwinden, wohin sie verschwinden, wer dahintersteckt“ (Gohari, Mattei 2017: 14:16 – 14:30). Es ist wichtig eine Vertrauensbasis aufzubauen. Ruben macht dies, anhand seiner eigenen Erfahrung und indem er sich in die Migrant*innen hineinversetzt und ihnen zuhört. Dadurch gewinnt er ihr Vertrauen und erhält „Insiderwissen“ (wie z.B. welche Route die bessere ist, wo es gefährlich ist etc.), die ihm bei seiner Suche weiterhelfen.

Nach drei Monaten macht Ruben die vermisste Jacqueline ausfindig und verabredet sich mit ihr in einem Park im Dorf „la Revolución“. Ruben erklärt ihr, dass ihre Mutter sie vermisst und sich Sorgen um sie macht. Die Kamera zeigt eine Nahaufnahme von Jacquelines Gesicht, in der sich die Traurigkeit abzeichnet. Jacqueline erklärt, dass ihre Papiere während der Reise geklaut wurden und dass sie mit einem Mann zusammen war, der sie misshandelt hat. Wir sehen und spüren deutlich, dass ihr das Gespräch unangenehm ist. Jacqueline ist nur ein Beispiel von tausenden Frauen, die auf der Migrationsroute  Opfer von Gewalt werden. Die Gewalt, die die Migrant*innen erleiden müssen, bezieht sich jedoch nicht nur auf den physischen Akt, sondern reicht noch viel weiter: „Man nimmt ihnen ihre Identität. Man löscht ihre Erinnerungen aus. Man unterbindet den Kontakt zu ihren Familien” (Gohari, Mattei 2017: 28:08-28:15). Als Ruben ihr vorschlägt ihre Mutter anzurufen, weigert sie sich aus Scham mit ihr zu sprechen. Ruben zwingt sie nicht und lässt ihr Zeit. Er erklärt ihrer Mutter, dass Jacqueline eine Menge durchmachen musste und noch nicht bereit ist zu sprechen. Trotzdem setzt er sich für ein mögliches Gespräch zwischen den beiden ein. In der Hoffnung, dass Jacqueline eines Tages bereit ist, sich ihrer Angst und Scham zu stellen. Besonders Frauen und Kinder haben es auf den Migrationsrouten schwer, da sie „leichte Beute“ sind und Opfer von kriminellen Banden werden. Ihnen werden die Papiere und damit ihre Identität genommen. Dadurch sind sie in der jeweiligen Ortschaft gefangen und haben Schwierigkeiten eine Arbeit zu finden. Zusätzlich wird der Kontakt zu ihrer Familie unterbunden. Aber auch aus Scham, dass sie gescheitert sind, brechen sie den Kontakt zu ihrer Familie ab, wie es bei Jacqueline der Fall ist.

Beim nächsten Beispiel sieht das Szenario der Suche ganz anders aus, denn nicht die Familie eines verschwundenen Migranten, sondern dieser selbst sucht seine Familie und bittet mit diesem Ziel Ruben um Hilfe. Dabei handelt es sich um Carlos, der auch aus Honduras kommt und wie so viele aus finanziellen Gründen und Perspektivlosigkeit seine Heimat sowie seine Familie verlässt. Auch er kommt nie in den USA an und verbleibt in Mexiko. Denn Carlos wurde ausgeraubt, sein Handy geklaut und er konnte deswegen keinen Kontakt zu seiner Familie im weit entfernten Honduras aufbauen (vgl. Hernández 2017: o.S.). 

Erst 10 Jahre später wird er seine Mutter wieder in die Arme schließen können. Nach 10 Jahren ohne Kontakt. 10 Jahre in der seine Familie in Ungewissheit geblieben ist, was mit ihm geschehen ist, ob er tot oder doch noch lebendig ist. Als Ruben Carlos Mutter Doris findet, zeigt er ihr eine Videobotschaft ihres Sohnes. Dies stellt ein Moment der Erleichterung dar, eine Befreiung von den Zweifeln und Sorgen der langen Jahre. Es ist eine sehr emotionale Szene, in der Doris, jedoch besonders Carlos Geschwister von Emotionen überrollt werden.

Aber trotzdem erschwert die prekäre finanzielle Lage ein Wiedersehen der Familie. Dies ist nicht nur für diese Familie, sondern für die meisten aus mittelamerikanischen Ländern, wie Guatemala, El Salvador oder beispielsweise Honduras der Fall. Ein weiterer Faktor, der die Reise und das damit verbundene Wiedersehen erschwert, ist die immerwährende Gefahr, die von der Migrationsroute ausgeht und die besonders für alleinreisende Mütter zum Hindernis wird.

Aufgrund dessen organisiert Movimiento Migrante Mesoamericanojedes Jahr eine Karawane nach Mexiko, um verschwundene Migrant*innen gemeinsam zu suchen sowie treffen zu können. Diese nennt sich „Caravana de Madres de Migrantes Desaparecidos” und ist seit 15 Jahren eine Initiative der Bewegung, der sich meist Mütter, aber auch weitere Familienmitglieder anschließen um ihr gemeinsames Ziel, nach den Verschwundenen zu suchen, verfolgen und dabei eine typische Migrationsroute über Mexiko bereisen.

Marta Sanchez Soler ist Mitgründerin des Movimiento Migrante Mesoamericanound das Gesicht der Bewegung. Sie schreibt, dass die Ziele der Bewegung darin bestehen, für die Rechte von Arbeiter*innen sowie Migrant*innen zu kämpfen, die gleichzeitig Opfer und Leidtragende des Neoliberalismus sind. Die Bewegung organisiert jedoch nicht nur die Karawane, sondern setzt sich auf vielfältige Weise für die Rechte von Migrant*innen, besonders in den Amerikas, aber auch weltweit ein. Dabei wird das System des Neoliberalismus, der Nationalstaaten und das Denken in nationalen und territorialen Grenzen angeprangert und die Ausbeutung der Bodenschätze sowie Arbeitskräfte besonders in Ländern des globalen Südens kritisiert, welche das grundlegende Problem und somit den Auslöser für Migrationsströme darstellt. Sie möchten eine öffentliche Wahrnehmung für die genannten Probleme, die beispielsweise durch die Karawane, die nicht nur einen Suchtrupp sondern gleichzeitig ein Demonstrationszug darstellt, generieren. (Vgl. Movimiento Migrante Mesoamericano o.J. : o.S.)

Die Bewegung besteht aus einer Vielzahl von Menschen und Organisationen. Dies wird auch in der Dokumentation deutlich. In dieser sehen wir innerhalb der Karawane viele Banner, Aufschriften auf T-Shirts und Plakate, die darauf hinweisen, dass diese auch in Kooperation mit anderen Organisationen gestaltet wird. Eine dieser beteiligten stellt COFAMIDE, Comité de Familiares de Migrantes Fallecidos y Desaparecidos de El Salvador, dar.

Die Karawane und die mitarbeitenden Organisationen machen es Familien möglich auf die Suche nach verschwundenen Familienmitgliedern zu gehen. Nicht nur, da es durch die große Menschenmasse um einiges sicherer ist, sondern auch aufgrund von finanzieller Unterstützung. Zudem erregt sie viel Aufmerksamkeit und die erwünschte öffentliche Wahrnehmung. Der Film zeigt nicht nur wie die Familienmitglieder durch die Straßen Mexikos ziehen, sondern auch ihre Aktivitäten während der Reise. Die Suchenden sind bewaffnet mit vergrößerten und laminierten Fotografien, die an öffentlichen Orten ausgestellt werden. Dazu berichten sie über die Vermissten, ihre Erfahrungen, ihren Schmerz. Eine Mutter stellt klar, dass ihr Sohn kein Verbrecher ist. (Vgl. Gohari, Mattei 2017:  42:20-42:32) Dies ist ein typisches Bild, das von Migrant*innen, besonders aus einer US-amerikanischen Perspektive gezeichnet wird. Des Weiteren bekommen wir einen Einblick, an welchen Orten typischerweise gesucht wird. Eine Anlaufstelle sind Gefängnisse, in denen häufig Migrant*innen aus verschiedensten Gründen festgehalten werden.

Wie schon deutlich wurde gibt es mehrere Vorgehensweisen und Strategien auf der Suche nach Verschwundenen. Möglichkeiten bestehen durch Befragungen, Radiodurchsagen, aber auch durch Initiativen der Familien oder der Verschwundenen selbst. Auch das gemeinsame Suchen in der Karawane ist eine davon.

Insgesamt wird deutlich, dass es viele Probleme bei diesen Prozessen gibt. Eines, welches im Film sichtbar wird ist, dass die Fotografien der Verschwundenen bei der Suche nicht mehr aktuell sind. Dies hat zur Folge, dass die Personen hinter den Fotos von Befragten teilweise nicht wiedererkannt werden. Außerdem werden, wie am Beispiel von Jacqueline deutlich wird, Namen abgelegt und stattdessen andere verwendet oder die Verschwundenen sind unter Spitznamen bekannt. Diese Faktoren erschweren die Suche immens. Meist berichten die Hinterbliebenen von einem letzten Lebenszeichen, welches viele Jahre zurückliegt. Dementsprechend sind die Information veraltet sowie lückenhaft. Außerdem gibt es eine Vielzahl an Fällen von Verschwundenen und das damit verknüpfte Problem der Finanzierung der Suche, nicht nur aus familiärer, sondern auch aus der Perspektive von Hilfsorganisationen, da diese auf Spenden angewiesen sind.

Auffällig ist außerdem, dass in der Dokumentation häufig ruhige Landschafts-, Stadt oder Dorfbilder gezeigt werden. Dadurch strahlt die Dokumentation eine gewisse Ruhe aus und wirkt angesichts der gewalttätigen Umstände, in denen sich die Migrant*innen befinden weniger bedrohlich. Ein Beispiel dafür ist die Szene zu „La Bestia”. Dieser Güterzug ist die einzige Möglichkeit und Hoffnung vieler Migrant*innen in die USA zu gelangen. Die grünen und idyllischen Szenen, die der Film in diesem Kontext zeigt, trügen, da es oft zu Unfällen kommt bei denen Migrant*innen unter die Räder der Bestie gelangen und dadurch Extremitäten oder sogar ihr Leben verlieren.

Des Weiteren werden  Szenen in der Dokumentation gekürzt sowie angepasst und dadurch ihre „Authentizität” in Frage gestellt. Dies wird besonders am Beispiel des Wiedertreffens von Carlos und seiner Mutter deutlich. Im ungeschnittenen Video (s. Hernández 2017: o.S.) ist die Umarmung beim Wiedersehen zwischen den beiden viel länger als in der Dokumentation dargestellt. Auch Rubens Suchreisen  werden in Zeitraffung gezeigt. Es ist natürlich klar, dass ein Film von 50 Minuten nicht jede Einzelheit darstellen kann, jedoch gehen dadurch viele wesentliche Informationen verloren, was wiederum zu einem verfälschten Bild der Komplexität von Migrationsprozessen führen kann. In unseren Augen wäre es sinnvoller gewesen, dass die Dokumentation nur einen Fall, dafür jedoch ausführlicher behandelt und geschildert hätte.

Ein weiterer Kritikpunkt am Film ist, dass die vielschichtigen Gründe, wieso die Migrant*innen verschwinden kaum erläutert werden. Nur anhand der Sekundärliteratur sowie weiterer Recherche wurden diese Gründe und Prozesse deutlich. Hauptsächlich stecken kriminelle Banden oder sogar die Regierung dahinter. Viele dieser gesuchten Menschen werden ausgeraubt und getötet. Die Leichen können anhand der fehlenden Dokumente nicht identifiziert werden oder werden in Massengräber deponiert. Oftmals brechen die Gesuchten den Kontakt zu ihrer Familie freiwillig ab, aus Scham, dass sie an ihrem Ziel gescheitert sind. Ein weiterer Punkt ist, dass die Migrationspolitik im Film nicht angesprochen wird. Dadurch bleiben viele Fragen offen. Die im Film gezeigten Polizisten wirken auch nicht seriös, da sie bei Fragen, die Ruben stellt oftmals stottern, lange brauchen bis sie eine Antwort finden oder gar keine Auskunft geben können. Auch stellt sich die Frage, ob Polizist*innen und Einwohner*innen auch so freundlich und hilfsbereit gegenüber Ruben wären, wäre das Kamerateam nicht dabei gewesen.

Quellen:

Gohari, Alex und Mattei, Léo (2017): Mexiko: Den Weg Verloren. Verfügbar unter: https://www.arte.tv/de/videos/090255-000-A/mexiko-den-weg-verloren/

Hernández, Israel (2017): Doris López se reencuentra con su hijo Carlos Roberto tras diez años de ausencia. Verfügbar unter: https://movimientomigrantemesoamericano.org/2017/12/12/doris-lopez-se-reencuentra-con-su-hijo-carlos-roberto-tras-diez-anos-de-ausencia/ (abgerufen am 29.07.21)

Movimiento Migrante Mesoamericano (o.J.): Movimiento Migrante MesoamericanoCaravana de Madres de Migrantes Desaparecidos. Verfügbar unter: https://movimientomigrantemesoamericano.org/acerca-de/ (abgerufen am 29.07.2021)

Plate, Markus (2021): Das seltsame Verschwinden zehntausender Menschen. Verfügbar unter: https://www.deutschlandfunk.de/migranten-in-mexiko-das-seltsame-verschwinden-zehntausender.724.de.html?dram:article_id=495161 (abgerufen am 26.07.2021)

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Der Beitrag wurde am Samstag, den 31. Juli 2021 um 21:46 Uhr von Mariana Dopfer veröffentlicht und wurde unter 2021, Allgemein, Filmkritik, Migration nach und in den Amerikas abgelegt. Sie können die Kommentare zu diesem Eintrag durch den RSS 2.0 Feed verfolgen. Sie können einen Kommentar schreiben, oder einen Trackback auf Ihrer Seite einrichten.

Eine Reaktion zu “Filmkritik/ -analyse: „Mexiko: Den Weg verloren“”

  1. Tanja

    Es gibt ein Song von
    Olliso der heißt LaBestia
    Dieser Song handelt genau davon!
    Ist auf Spotify, iMusic und YouTube zu finden.

    https://youtube.com/@olliso2448

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