Der „Orient“ als „Raum“ – vorher/nachher

In einer der ersten Sitzung (1.11.2020, siehe Blog-Beitrag) im Rahmen meiner EinS@FU-Lernwerkstatt „Araber und der Orient in Hollywood“ hatte ich die Studierenden gefragt, was sie mit „dem Orient“ verbinden (und zum Zweiten welche Araber sie kennen). Die Umfrage erfolgte mit Mentimeter und die Ergebnisse sahen wie folgt aus:

Nachdem wir uns über sechs Sitzungen hinweg in zwei Fallskizze zu einen mit scheinbar oder hinterfragbar „orientalischen“ Merkmalen von Aussehen und Kostüm in Filmen wie Turbane, Haremshosen, schwarz umrandete Augen, Verschleierung, Gold, (…) und zum anderen mit stereotypen „orientalischen“ Räumen und Architekturen in Filmen wie Wüstenlandschaften, Oasen, Sanddünen, Zwiebeltürmen, opulenten Gärten, Mosaiken, Teppichen, (…) beschäftigt hatten, habe ich zum Ende der Lernwerkstatt (10.1.2021) die Frage nach dem „Orient“ spezifiziert und erneut zur Bildung einer Wortwolke zur Debatte gestellt; das Ergebnis:

Interessant ist einerseits eine deutliche Erhöhung der Dateneingabe (14 bei der ersten Wortwolke, 26 bei der zweiten) und andererseits eine Ausdifferenzierung hin zu Begriffen, die möglicherweise von einem kritischen Bewusstsein dafür, was zum Beispiel mit Blick auf „den Orient“ als „Raum“ in Filmen und Serien repräsentiert wird und was abwesend bleibt und wie Filme und Serien auf Emotionen wirken, Interesse hervorrufen, belehren, Vorstellungen in Frage stellen usw.

Insofern sehe ich nach Abschluss der Lernwerkstatt bei den Studierenden das Potenzial, Analysekategorien und Begrifflichkeiten zu kennen, um die Repräsentation von ‚Arabern‘, ‚Arabisch‘ und dem ‚Orient‘ in Filmen und Serien beschreiben und diskutieren zu können sowie geeignete Ressourcen dafür ermitteln zu können.

Hypothesen und Lernfragen zu den „Ostlingen“ in Herr der Ringe

Weitere Erfahrungen im problembasierten Lernen (PBL)

Wie ich im letzten Beitrag schrieb, habe ich die sieben Sprünge des problembasierten Lernens (PBL) in drei Sitzungen aufgeteilt.

Präsentation erstellt mit Pitch

Nachdem die Studierenden in der letzten Sitzung zunächst Begriffe hinterfragt und diskutiert haben und erste Hypothesen aufgestellt haben und Wissenslücken ausgemacht haben, hatten sie zur Sitzung am vergangenen Montag die Aufgabe, sich neues Wissen anzueigenen, sich Antworten auf ihre eigenen Lernfragen zu erarbeiten und ihre Rechercheschritte und die verwendeten Quellen zu dokumentieren. Die Ergebnisse dieser Recherchen tauschten die Studierenden dann wiederum in ihren Gruppen aus:

Präsentation erstellt mit Pitch

Bevor es aber zu dieser ausgiebigen Gruppenarbeit kam, sollten die Studierenden im Plenum den jeweils anderen beiden Gruppen ihre hauptsächlichen Hypothesen, Lernfragen und erste Quellen präsentieren.

Präsentation erstellt mit Pitch

Folgende Hypothesen wurden u.a. formuliert (in unbestimmter Reihenfolge):

  • Schwarz und Weiß oder dunkel und Licht dienen als Markierung von Böse und Gut.
  • Die filmische Darstellung und die literarische Vorlage korrespondieren nicht.
  • Der Eindruck, dass die Darstellung „arabisch“ wirke, ist gefärbt von Sehgewohnheiten und ggf. von Sozialisierung. 
  • Ein Film wie Herr der Ringe hat keinen dokumentarischen Anspruch, also geht es nicht um eine „authentische“ Darstellung.
  • Die Aufmachung der Ostlinge ist überhaupt nicht „arabisch“.
  • Selbst im Fantasy-Bereich refklektieren die Darstellungen von Figuren kulturelle Codes. 
  • Es gibt einen Kanon von Symbolen und Darstellungen, die als „orientalisch“ wahrgenommen werden.
  • In Filmen wird Kulturelles verkürzt zu einem gemeinhin erkennbaren Symbol; es geht darum, dass der Zuschauer eine bestimmte Assoziation hat und für solche Assoziationen haben sich bestimmte Symbole (Schleier, fliegende Teppiche, Kajal, ein bestimmter Akzent, …) als besonders erfolgreich herausgestellt. 
  • Typische oder symbolhaft verkürzende Darstellungsweisen von Kultur in Filmen sind immer negativ. 
  • Darstellungsweisen im Film müssen nicht kulturell „authentisch“ sein, um vom Zuschauer als zu einer bestimmten Kultur gehörend angesehen zu werden; denn auch das Bild des Zuschauers ist u. U. „verkürzt“ oder durch Vorurteile geprägt oder dadurch, dass die Kultur selbst noch nie erlebt wurde, sondern nur aus den Medien bekannt ist.
  • Die Verteilung der Rollen von Gut und Böse wird deutlich in Ost und West unterteilt, was eventuell durch die Nachkriegszeit/Kalter Krieg bzw. die Zeit der Entstehung von HdR beeinflusst wird.
  • Die „Ostlinge“ werden von den Filmemachern mit stereotypischen „arabischen“ Merkmalen versehen, obwohl es sich um einen Fantasy-Film handelt.
  • Die visuelle Darstellung der Armee unterstützt die Assoziation mit dem Bösen/ Barbarischen.
  • Darstellung der Ostlinge als die Bösen passt in das Weltbild der meisten Leute unserer Gesellschaft -> Identifikation des Westens mit dem Guten, des Orients mit dem Bösen.
  • Durch Vorurteile geprägtes Weltbild wird in Medien präsentiert, gefördert, gestützt (Nachrichtenerstattung, Filme, Social Media).

Als Lernfragen oder Wissenslücken wurde u.a. Folgendes genannt:

  • Was bedeutet der Begriff „Orient“ und welche begriffliche Wandlung hat er durchlaufen?
  • Was hat „Orient“ mit „Orientalismus“ zu zun?
  • Welche Darstellungsweisen werden gemeinhin als „arabisch“ wahrgenommen? Was sind die Merkmale dieser „arabisch“ wirkenden Personen? Gibt es eine „typisch“ arabische Darstellungsweise? 
  • Gibt es Darstellungen von „klassisch arabischer“ Kampftracht? Wenn ja, wie sieht diese aus und wie verhält sich diese zur Darstellung der Ostlinge? Lässt sich hier nachvollziehen, warum man die Darstellung als „arabisch“ ansehen könnte? Oder ist die Darstellung nicht viel eher schwammig „orientalisch“ anmutend aber gar nicht spezifisch „arabisch“?
  • Was ist Selbst- und Fremdwahrnehmung?
  • Was ist Othering?
  • Hat sich die Symbolhaftigkeit mancher „typisch orientalischer“ Darstellungsweisen über die Jahrzehnte geändert? Für heute noch das als „orientalisch“ wahrgenommen, was beispielsweise 1940 als „orientalisch“ empfunden wurde?
  • Wie verhalten sich „Film“ und „Authentizität“ zueinander?
  • Wie verhalten sich „Film“ und „kulturelle Codes“?
  • Welche Beispiele aus anderen Filmen finden sich, wo Personen „arabisch“ oder Orte/Dinge „orientalisch“ wirken?
  • Was ist ein Stereotyp?
  • Was ist ein Klischee?
  • Welche Rolle spielen die Medien bei der Vermittlung von Kultur aber auch von Stereotypen?

Diese Beispiele zeigen, dass die Gedanken der Studierenden in viele verschiedene Richtungen gehen, die alle mit dem Thema der Lernwerkstatt „Araber und Orient in Hollywood“ zu tun haben, sich aber auch in wissenschaftlich-kritischer Weise darüber hinwegbewegen und zu übergreifenden Themen wie Filme als Medium für die Kommunikation von Ideologien, Traditionen, Mythologien, politischer Agenda usw. gelangen.

Für die dritte und letzte Sitzung im Rahmen der Beschäftigung mit Fallskizze 1 haben die Studierenden sodann die Aufgabe, die Ergebnisse ihrer Gruppen- und Einzelarbeit abschließend zu präsentieren:

Präsentation erstellt mit Pitch

Ich bin gespannt, in welcher Form die Studierende ihre Ergebnisse präsentieren werden.

Anschließend wird es in der kommenden Sitzung die Möglichkeit geben, dass die Studierenden die Arbeit an Fallskizze 1 für sich evaluieren; außerdem werde ich eine anonyme Umfrage erstellen, in der die Studierenden mir gegenüber noch einmal Rückmeldung zum problembasierten Lernen geben können.

Gedanken zur zweiten PBL-Sitzung und zu den bisherigen Ergebnissen

Dadurch, dass sowohl ich meine als auch die Studierenden ihre Arbeit an Fallskizze 1 in Blackboard in Wikis dokumentieren, ist die Entwicklung des Lernens und die Wissensaneignung gut nachzuvollziehen. Ich denke, dass es auch für die Studierenden in EinS@FU ungewohnt ist, sich das Lernen derart bewusst zu machen und sogar schriftlich festzuhalten. Bestenfalls führt eine solche Dokumentation natürlich zum Reflektieren über die eigenen Lernprozesse.

Die Hypothesen und Lernfragen zeigen für mich aber auch, dass die Methode des problembasierten Lernens trotz aller Unsicherheiten sowohl auf meiner Seite als auch auf Seiten der Studierenden inspirierend und aktivierend wirkt. Die Studierenden sind durch die Beschäftigung mit Einzelbegriffen und selbst aufgestellten Thesen sowie durch die Recherche für eigene Lernfragen und Wissenslücken selbstständig zu denjenigen Punkten gekommen, die ich als Qualifikationsziele für die Lernwerkstatt formuliert hatte:

  • Die Studierenden erkennen ‚Film‘ (gemeint sind auch Serien, ggf. Musikvideos und Videogames) nicht nur als Quelle der Geschichts- und Kulturwissenschaften sondern allgemein als Form des kulturellen Diskurses;
  • sie kennen Analysekategorien und Begrifflichkeiten, um die Repräsentation von ‚Arabern‘, ‚Arabisch‘ und dem ‚Orient‘ in Filmen und Serien zu beschreiben und zu diskutieren und können geeignete Ressourcen ermitteln;
  • sie können reflektieren, was in Filmen und Serien repräsentiert wird und was abwesend bleibt;
  • sie können Filme und Serien als Medium für die Kommunikation von Ideologien, Traditionen, Mythologien, politischer Agenda, usw. analysieren;
  • sie haben ein Verständnis dafür, wie Filme und Serien auf Emotionen wirken, Interesse hervorrufen, belehren, Vorstellungen in Frage stellen usw.

Die Erkenntnis, das die Studierenden selbstständig zu diesen Qualifikationszielen gelangten, werde ich in der letzten Sitzung vor der Winterpause explizit formulieren, wenn ich die wichtigsten Punkte aus der ersten Fallskizze zusammenfasse und mit weiteren Beispielen aus Film und Fernsehen unterfüttere.

Problembasiertes Lernen (PBL) – erste Erfahrungen

Laut Studien- und Prüfungsordnung des Einführungs- und Orientierungsstudiums EinS@FU soll bei der Lehrveranstaltungsform „Lernwerkstatt“ zunächst ein Problem im Vordergrund, für das die Studierenden weitgehend selbstständig eine Lösung finden sollen. Hier lernen sie, ein Thema oder eine Frage zu analysieren, geeignete Informationsquellen zu finden und zu nutzen und schließlich Lösungen zu vergleichen, auszuwählen und umzusetzen.

Meinem Verständnis nach klingt diese Beschreibung der Lehr- und Lernform „Lernwerkstatt“ nach Problembasiertem Lernen (PBL). Beim PBL steht ein „Problem“ im Vordergrund und die Studierenden erarbeiten sich selbstständig eine Lösung – ohne bereits über fachspezifisches Wissen zu verfügen.

„The learning results from the process of working towards the understanding of a resolution of a problem. The problem is encountered first in the learning process.“

H.S. Barrows, R. Tamblyn: Problem-Based Learning: An Approach to Medical Education. New York: Springer, 1980, 1.

Die Studierenden entscheiden selbst, welches Wissen für die Lösung des Problems einschlägig ist und welche Wege sie dafür beschreiten können. Diese Lernmethode erfordert im hohen Maße produktives Denken.

Was macht PBL aus?

Präsentation erstellt mit Pitch

Barrows (1996) definiert sechs spezifische Charakteristika:

1. Learning is student-centred.

2. Learning occurs in small student groups.

3. Teachers are facilitators or guides.

4. Problems form the original focus and stimulus for learning.

5. Problems are a vehicle for the development of clinical problem-solving skills.

6. New information is acquired through self-directed learning.

Problem-based learning in medicine and beyond: A brief overview. In L. Wilkerson & H. Gilselaers (eds.), Bringing problem-based learning to higher education: Theory and practice. San Franscisco, CA: Jossey-Bass Inc.

Damit ist PBL eine dezidiert teilnehmerorientierte Methode; die Studierenden stehen im Mittelpunkt und handeln selbstverantwortlich während ich als Dozentin den Lernprozess begleite, aber nicht das Zentrum der Aufmerksamkeit bilde. Sich in die Rolle eines Beobachters und Tutors, der bei Gelegenheit mit Rat zur Seite steht, zu versetzen, ist eine Herausforderung – meiner Erfahrung als Studierende und als Lehrende nach ist eine Fixierung auf die Dozierenden (nicht nur in der Arabistik sondern vielleicht allgemein in der Lehre) eher an der Tagesordnung.

Dozentenorientierte Lehrveranstaltung
Kleingruppe – tutorzentriert
Problembasiertes Lernen – teilnehmerzentriert

Lernziele

Mit problembasiertem Lernen verknüpfen sich drei grundlegende Lernziele:

  1. Studierende machen sich neues Wissen selbststädig zu eigen;
  2. Studierende lernen wie man lernt und können diese Erkenntnisse später auf andere Lernszenarien übertragen;
  3. Studierende lernen, selbstständig Probleme zu analysieren und Lösungen zu reflektieren.

Beim problembasierten Lernen geht es darum, Wissen nicht nur zu konsumieren sondern auch kritisch zu reflektieren.

VM
Schlüsselqualifikationen nach Weber, Agnes: Problem-Based Learning – Ansatz zur Verknüpfung von Theorie und Praxis, in: Fachzeitschrift zu Theorie und Praxis der Aus- und Weiterbildung von Lehrerinnen und Lehrern: Beiträge zur Lehrerbildung 23 (1), 2004.

Anpassung der Sieben-Sprung-Methode der Universität Maastricht

Bei der Gestaltung der einzelnen Sitzungen meiner Lernwerkstatt diente mit die Sieben-Sprung-Methode der Universität Maastricht als Grundlage, im Folgenden nach Weber, Agnes: Problem-Based Learning, Bern, 2007; mit Ergänzungen durch Slemeyer, Andreas: Problemorientiertes Lernen für eine Einzelveranstaltung – ein Fallbeispiel aus dem Ingenieurbereich. Neues Handbuch Hochschullehre.Berlin, Stuttgart. 59. Ergänzungslieferung, Mai 2013:

Phase 1: Erstes Gruppentreffen
Sprung 1:
Begriffe klären
Text sorgfältig lesen und alle unklaren Begriffe klären. Dazu gegebenenfalls Fachbücher, Skripte oder elektronische Ressourcen verwenden.
Sprung 2:
Problem bestimmen
Die wichtigsten Kernthemen und Teilprobleme auflisten und ordnen.
Sprung 3:
Problem analysieren
Brainstorming, Einbringen von Vorwissen, Assoziationen. Bildung von Hypothesen. Alle Aussagen und Ideen protokollieren. Noch keine Diskussion!
Sprung 4:
Erklärungen ordnen
Diskutieren und Strukturieren der Hypothesen.
Auswahl treffen und Prioritäten setzen.
Sprung 5:
Lernziele formulieren
Wissenslücken erfassen. Lernfragen formulieren.
Rechercheaufträge an die Gruppenmitglieder verteilen. Kommunikationswege und Termin für Sprung 7 vereinbaren.
Phase 2: Selbststudium
Sprung 6:
Individuelle Erarbeitung der Antworten zu allen Lernfragen („neues“ Wissen) mit Aufbereitung und Dokumentation unter Nennung der verwendeten Quellen.
Phase 3: Zweites Gruppentreffen
Sprung 7:
Informationen austauschen
Ergebnisse in eigenen Worten präsentieren. Lösungsvorschläge diskutieren, evtl. korrigieren. Fragen einbringen und klären. Ergebnisbericht zusammenstellen und präsentieren.
(Sprung 8:)
Evaluation
Gruppenprozess offen analysieren. Effizienz des Lernverhaltens (auch des eigenen!) prüfen. Ergebnisse in einem Protokoll festhalten.

Auf dieser Grundlage entwickelte ich die Idee, mit den Studierenden in unterschiedlichen Kleingruppenzusammensetzungen (drei Gruppen à 5 Studierenden jeweils) zwei Runden problembasierten Lernens mit zwei unterschiedlichen Fallskizzen zu durchlaufen. (Zu den Fallskizzen später mehr.)

Präsentation erstellt mit Pitch

Dies hat nicht nur den Vorteil, dass die Studierenden über das Semester in der Kleingruppenarbeit nicht immer mit denselben fünf Studierenden in einer Gruppen sind, sondern bietet auch die Möglichkeit, beim zweiten Durchlauf gegebenenfalls Änderungen in den eigenen Prozessen in der Gruppen- und Individualarbeit zu vollziehen und so das eigenen Lernverhalten noch einmal zu evaluieren.

Daher streckte ich die sieben Sprünge – plus Evaluation, also eigentlich acht Sprünge – auf drei Sitzungen und konzipierte die Sitzungen selbst jeweils mit einem Anteil Gruppenarbeit und einem Anteil des Austauschs im Plenum zwischen den drei Gruppen und mit mir:

Präsentation erstellt mit Pitch

In der ersten Session sollten also die Sprünge 1 bis 5 des problembasierten Lernens getätigt werden. Nach einer kurzen Einführung in PBL warf ich die Studierenden quasi ins kalte Wasser, indem ich sie zufällig Gruppen zuordnete, ihnen im Blackboard die Sieben-Sprung-Methode der Universität Maastricht als Handreichung zur Verfügung stellte und sie anhand der ersten Fallskizze zunächst 15 Minuten lang Begriffe sammeln und über diese diskutieren ließ.

Präsentation erstellt mit Pitch

Fallskizze: Arabisches in Herr der Ringe?

Die Fallskizze für diese erste und die folgenden beiden Sitzungen lautet wie folgt:

Präsentation erstellt mit Pitch

In der ersten Diskussionsrunde im Plenum warfen die Studierenden unter anderem folgende Begriffe ein, die sich teilweise auch schon aus der Betrachtung des Szenenausschnitts der Großaufnahme eines Ostling-Kriegers generierten:

Ostlinge – Osten – fremd – schwarz – dunkel – grausam – böse – arabisch – Klischee – westlich – stereotypisch – Kostüm – Wüste – Kajal – Verschleierung – Farbe – geografische Lage – Mordor – Burka – literarische Vorlage – filmische Darstellung – Gruppe – Individuum – Armee – Kämpfer – Pharaonen – …

Wie es auch mir selbst ging, als ich PBL zum ersten Mal in einem Workshop kennenlernte, gingen auch die Studierenden schon früh in die Formulierung von Kernthemen und Problemstellungen über.

In der zweiten Kleingruppensession in dieser Sitzung sollten die Studierenden dann Hypothesen zu dieser Fallskizze bilden und erste Wissenslücken ausmachen und gegebenenfalls Rechercheaufgaben untereinander verteilen.

Präsentation erstellt mit Pitch

Für die Gruppenarbeit hatte ich die Studierenden in Blackboard bereits entsprechend der Zuteilung in den Breakout-Sessions in Cisco WebEx Meetings bereits in Arbeitsgruppen eingeteilt, sodass sie auch die Möglichkeit hatten, ihre Gruppenarbeit zum Beispiel im Wiki zu dokumentieren.

Die Ergebnisse dieser Gruppenarbeit besprechen wir erst in der kommenden Sitzung, sodass die Studierenden noch Zeit haben, sich auch außerhalb der Sitzung miteinander abzusprechen.

Präsentation erstellt mit Pitch

Erster Eindruck

Dadurch, dass problembasiertes Lernen von Studierenden ein hohes Maß an Eigenverantwortlichkeiten, Selbstständigkeit und Selbstreflektion verlangt, scheint sich bei den Studierenden zunächst eine gewisse Unsicherheit und Verwirrung ergeben zu haben. Mein Eindruck aus der Diskussion im Plenum und der Dokumentation im öffentlichen Wiki in Blackboard war aber, dass dies durchaus eine produktive Unsicherheit war.

Eine erste Umfrage, bei der aber bisher erst die Hälfte der Studierende teilnahm, ergab, dass ein Teil der Studierenden die erste Sitzung mit PBL durchaus gut fanden und ein anderer Teil noch nicht genau weiß, was er von PBL und den Fallskizzen halten soll.

Erstellt mit Mentimeter

Auch für mich als Dozentin ergibt sich eine gewisse Unsicherheit, nämlich in der Hinsicht, als dass ich mich zurückhalte, Input zu geben und Wissen einfach konsumierbar zur Verfügung zu stellen. Dies ist eine ungewohnte Rolle, die ein Unbehagen mit sich bringt, nämlich in der Hinsicht, dass es es sich seltsam anfühlt, selbst nicht wirklich viel des eigenen Wissens darzustellen. Ich frage mich ehrlicherweise, ob ich in dieser Rolle des Begleiters studentischer Lernprozesse meiner „Lehrverpflichtung“ tatsächlich nachkomme.

Allerdings denke ich mir auch:

Wenn ich mit meiner Lehrveranstaltung einen Raum schaffe, in dem sich Studierende Kompetenzen erwerben, mit Hilfe derer sie in ihrem Studium und auch im Arbeitsleben persönliche und professionelle Erfolge erleben, dann sehe ich darin den „Sinn“ von Lehre erfüllt.

Ich verstehe „gute Lehre“ nicht so, dass es zwischen den Studierenden und mir als Dozentin lediglich ein Wissensgefälle gibt, das dadurch am besten auszugleichen ist, dass ich von oberhalb des Wissenswasserfalls nur genug Fachinhalte runterfließen lassen muss – am besten durch Frontalunterricht und mühsames Durchpflügen von Sekundärliteratur.

Ist es nicht vielmehr so, dass Lehre dann ihren Zweck erfüllt, wenn Studierende lernen, wie sie zu Wissen – egal welcher Art – kommen?

World-Café-artige Diskussionsrunden zur Einstimmung

In der zweiten Sitzung der EinS@FU-Lernwerkstatt „Araber und Orient in Hollywood“ wollte ich mich mit den Studierenden auf einige der Begrifflichkeiten und Fragestellungen, die uns in der Lehrveranstaltung immer wieder begegnen werden, einstimmen.

  • Was ist „der Orient“?
  • Wo ist „der Orient“?
  • Wer ist „Orientale“? 
  • Was ist „orientalisch“?
  • Wer ist „Araber“?
  • Wer ist „Muslim“?
  • Wo sind die Schnittmengen?
  • Und warum habe ich diese Begriffe in Anführungszeichen gesetzt?

Dazu hatte ich mir überlegt, die Studierenden per Breakout-Sessions in Cisco WebEx Meetings in zufällige Teilgruppen einzuteilen und sie ca. 20 Minuten lang über diese Fragen und Begriffe diskutieren zu lassen.

Im Prinzip entsprach das Diskussionsformat durchaus der Kommunikationsform eines „World-Cafés“ – nur ohne Tischgastgeber.

VM

Nach 20 Minuten sollten wir uns wieder im Hauptraum einfinden und würden die Fragen in großer Runde kurz besprechen. Ich überließ es den Studierenden, untereinander in den Gruppen jeweils auszumachen, wer wie die Diskussionspunkte mitnotiert und wie diese dann in der Hauptdiskussion vorgestellt werden (ob es etwa eine Person allein macht und sich mehrere abwechseln).

Präsentation erstellt mit Pitch

Dies funktionierte tatsächlich ausgesprochen gut. Die Beiträge waren schlüssig und reichhaltig, teilweise sogar schon mit Quellen fundiert.

Allerdings stellte ich fest, dass ich mein nächsten Mal definitiv mehr als 10 Minuten Zeit für die Diskussion in großer Runde lassen würde, da sich, wenn die Studierenden die Beiträge der anderen Gruppen hören, durchaus noch neue Ideen und Gedanken ergeben. Die Diskussion in Teilgruppen, in die ich mich als Gastgeber des Meetings nur geschaltet hätte, wenn die Studierenden die Hilferuf-Funktion genutzt hätten, schien mir gut als Katalysator für weiter ausschweifende oder tiefer gehende Diskussionen dann in der großen Gruppe zu funktionieren. Wir hatten gar nicht so viel Zeit, alle Begriffe und Punkte anzusprechen, die die Studierenden aufwarfen.

Präsentation erstellt mit Pitch

Die Idee war, die Studierenden für das Problematisieren von Begriffen wie „Orient“, „Naher Osten“, „Nordafrika“, „arabische Welt“, „arabischsprachige Welt“, „Middle East“, „Orientale“, „Araber“, „exotisch“, „orientalisch“, „islamisch“, und so weiter, zu sensibilisieren. Aus meiner Perspektive ist dies gelungen, auch wenn ich noch einen Weg finden muss, die Ergebnisse der Diskussion sichtbarer zu machen. Zwar habe ich mir reichlich Notizen gemacht und werde versuchen, die Diskussionspunkte aufzubereiten und in Blackboard zur Verfügung zu stellen; aber ich werde mir überlegen, ob ich die Studierenden nicht mit dem Whiteboard in Cisco WebEx Meetings experimentieren lasse oder ob es sinnvoll sein kann, ein Wiki oder einen Faden im Diskussionsforum zu eröffnen oder schlicht ein Dokument in Word online oder ein Etherpad eröffnen zu lassen.

Die Pause kurz nach 15 Uhr (wir hatten 14 Uhr begonnen) tat dann auch gut – sie könnte vermutlich sogar etwas länger gehen.

Erste Kurzclips

In der zweiten Diskussionsrunde sollten sich die Studierenden dann in Teilgruppen einen von drei Kurzclips anschauen und dazu wiederum diskutieren. Es handelte sich um:

  • eine Szene aus The Thief of Baghdad (1940), in der der böse Zauberer Jaffar (gespielt von Conrad Veidt) einen Zauber ausübt;
  • den Trailer zu Prince of Persia (2010);
  • Szenen aus The Big Bang Theory, Staffel 2, Episode 11, und Staffel 9, Episoden 3 und 14.
Conrad Veidt als Jaffar in The Thief of Baghdad (1940)
Filmplakat von Prince of Persia – The Sands of Time (2011)

What it is is a cacophonous assault of eucalyptus, bayberry, cinnamon and vanilla. It’s as if my head were trapped in the pajamas of a sultan.

Sheldon Cooper, The Big Bang Theory, Staffel 2, Episode 11

Aufgrund der Zeitknappheit überließ ich es wiederum den Studierenden, sich in den Teilgruppen jeweils zu entscheiden, welchen Clip sie sich anschauen und diskutieren.

(Ursprünglich hatte ich geplant, zu den Gruppen jeweils dazuzutreten und sie mit dem Schauen und Diskutieren des einen oder anderen Clips zu beauftragen. Eine Idee, die mir erst zu spät kam, war, dass ich über die Broadcast-Funktion in den Teilgruppen diese auch einzeln ansprechen kann und auch so die Clips hätte verteilen können. Nun ja, beim nächsten Mal!)

Präsentation erstellt mit Pitch

Folgende Leitfragen waren gegeben:

  • Was an diesen Szenen ist diskussionswürdig im Kontext unserer Lernwerkstatt?
  • Wie geht Ihr damit um?
  • Braucht Ihr weitere Informationen, um diese Szenen besser einordnen zu können?
  • Wenn ja, welche und wo könntet Ihr diese Informationen finden?

Auch wenn die Zeit knapp war, kamen in den 5 Minuten, die uns für ein gemeinsames Besprechen dieser Clips blieben, exzellente Gedanken zur Sprache, etwa hinsichtlich der Besetzung in diesen Filmen (Stichwort „whitewashing“) oder bezüglich der Adaption von Klischees für Humor in einer Sitcom wie The Big Bang Theory. Interessant war natürlich, dass Conrad Veidt, der in The Thief of Baghdad (1940) den bösen Zauberer Jaffar spielt, ja ein deutscher Schauspieler war, dessen „exotischer“ Akzent im Englischen zur Zeit der Veröffentlichung des Filmes zweifelsohne eine gewisse Wirkung erzielt haben muss. Und bei Prince of Persia (2011) stellte sich die Frage, wie viel „Freiheit“ man sich beim Casting für einen Film, der zwar eine gänzlich fiktive Geschichte erzählt, aber trotzdem auf kulturelle Codes zurückgreift, erlauben kann.

Zwar konnten wir an dieser Stelle die Diskussion nicht vertiefen; aber sie bildete dennoch eine gute Einstimmung auf die kommenden Sitzungen, in denen es eben um Fragen der Darstellung und Wahrnehmung von Arabern und „dem Orient“ in Filmen und Serien gehen wird.

Einander in Diskussionen kennenlernen

Die Diskussion in Teilgruppen hat sich in dieser zweiten Sitzung für mich als sinnvoll erwiesen, wobei ich für ein abschließendes Urteil noch die Rückmeldung der Studierenden in der kommenden Sitzung abwarte. Ich denke, solche World-Café-artigen Diskussionsrunden – wenn auch ohne Tischgastgeber – können auch eine gute Möglichkeit bieten, dass die Studierenden, die sich aktuell eben nicht leibhaftig auf dem Campus kennenlernen können, einander mindestens in vertrauteren, kleinen Kreisen im virtuellen Raum begegnen können – gerade auch ohne dass ich als Lehrende mich in die Teilgruppenräume „dazuschleiche“.

Ich werde es so handhaben, dass ich es explizit vorher ankündige, sollte eine Teilgruppenarbeit meine zeitweilige Anwesenheit erfordern. An sich finde ich aber, dass man den Studierenden gerade im virtuellen Raum auch die Gelegenheit geben sollte, „unter sich“ zu sein.

Ein deutliches Ja zu Pausen während synchroner Online-Sessions

Im letzten Beitrag kündigte ich ja an, dass ich Rückmeldung dazu geben werde, was die Studierenden in meiner EinS@FU-Lernwerkstatt davon halten, wenn wir nach ca. 45 Minuten eine virtuelle Pause einlegen – um sich Kaffee, Tee oder einen Snack zu holen.

In der heutigen Sitzung gab es eine überwältigen Zustimmung hinsichtlich kurzer Pausen von 5 bis 7 Minuten. Also werde ich dies definitiv beibehalten für die kommenden Sitzungen, wenn diese absehbar länger als 60 Minuten dauern.

Präsentation erstellt mit Pitch

Positive Rückmeldung zu interaktiven Präsentationen

Ich hatte in der ersten Sitzung der EinS@FU-Lernwerkstatt die Möglichkeit der interaktiven Präsentationen von Mentimeter genutzt – inklusive Hinweisen zur DSGVO-konformen Verwendung solcher Tools.

In der zweiten Sitzung habe ich mir noch einmal Rückmeldung zur Verwendung solcher interaktiven Präsentationen geholt. Zwar gab es nur zwei Wortmeldungen dazu, aber diese beiden waren sehr positiv; von den anderen 12 Studierenden gab es zumindest keinen Widerspruch.

Ich denke, dass sich insbesondere die Möglichkeit der Wortwolkenbildung gut für das Aktivieren in Online-Sessions eigenen kann – insbesondere auch, um in ein Thema einzuführen und überhaupt erst einmal die Gedanken in Gang zu bringen.

Ich werde sicher die Möglichkeit der Multiple-Choice-Umfrage noch einmal nutzen, um den Kenntnisstand zu EinS@FU und der studienrelevanten Infrastruktur abzufragen. Vielleicht haben ja Mitte Dezember mehr Studierende die Studien- und Prüfungsordnung gelesen? (Ich habe dies nicht zur Aufgabe im Sinne der aktiven Teilnahme gemacht, werde aber sehr wahrscheinlich in der letzten Sitzung vor den akademischen Ferien noch einmal eine Art internaktiven „Wissenstest“ dazu machen.

Pausen in Online-Session und interaktive Präsentationen

Rückblick auf die erste Online-Sitzung einer Lernwerkstatt im Rahmen von EinS@FU

Mein letzter Beitrag liegt schon einige Monate zurück; das neue Semester hat bereits begonnen und aus dem Sommersemester bekannte Herausforderungen der digitalen Lehre begegnen mir nun in anderem und teilweise neuem Gewand.

Neben einem Lektürekurs zu Dichtung aus Syrien um 2011 im dritten Studienjahr des Bachelorstudienganges Geschichte und Kultur des Vorderen Orients, Schwerpunkt Arabistik, unterrichte ich in diesem Wintersemester 2020/21 auch eine Lernwerkstatt mit dem Titel „Araber und der Orient in Hollywood“ im Rahmen des Einführungs- und Orientierungsstudiums EinS@FU.

In diesem Beitrag schaue ich zunächst nur kurz zurück auf die erste Sitzung, die wiederum im virtuellen Raum stattfand, und auf eine erhellende Erfahrung in Sachen Pausen und das Arbeiten mit Teilgruppen in Online-Sessions.

In den kommenden Beiträgen werde ich vor allem über die Idee des problembasierten Lernens (pbL), an der ich mich in dieser Lernwerkstatt zusammen mit den Studierenden versuche, sinnieren – laut Studien- und Prüfungsordnung soll bei der Lehrveranstaltungsform „Lernwerkstatt“ zunächst ein Problem im Vordergrund, für das die Studierenden weitgehend selbstständig eine Lösung finden sollen. Hier lernen sie, ein Thema oder eine Frage zu analysieren, geeignete Informationsquellen zu finden und zu nutzen und schließlich Lösungen zu vergleichen, auszuwählen und umzusetzen.

Die Lehrveranstaltungsform „Lernwerkstatt“ schreit fast schon nach problembasiertem Lernen (pbL).

VM

Aber hierzu in einem anderen Beitrag mehr.

EinS@FU – was ist das?

Zunächst kurz zu diesem Einführungs- und Orientierungsstudium, wofür ich gern von der Website des Studienganges zitiere:

Das Einführungs- und Orientierungsstudium EinS@FU richtet sich an Studienanfänger*innen, die einen Überblick über mögliche Studienfächer gewinnen wollen, sich für mehr als nur ein Studienfach interessieren oder herausfinden möchten, ob ein bestimmtes Studienfach zu ihnen passt.

Im Rahmen von EinS@FU ist es möglich, Seminare aus mehr als 40 Studiengängen der Freien Universität Berlin zu besuchen. Zusätzlich werden die Studierenden bei EinS@FU mit einem speziell auf ihre Bedürfnisse zugeschnittenen Lehrangebot und einem umfangreichen Mentoringprogrammbegleitet. Im Lauf des einjährigen Studiums setzen sich die Studierenden von EinS@FU mit ihren eigenen Vorstellungen, Fähigkeiten und Zielen auseinander, um am Ende eine informierte und motivierte Entscheidung für ein Studienfach zu treffen.

Website von EinS@FU

Anders als bei den Lehrveranstaltungen, die ich sonst in den Bachelor- und Masterstudiengängen der Arabistik unterrichte, treffe ich in der Lernwerkstatt also auf Studierende, die parallel zu meiner Veranstaltung noch in zahlreiche andere Fächer und Fachkulturen reinschnuppern. Es geht für mich also nicht darum, die Grundlagen der Arabistik zu vermitteln oder eine Einführung in die arabische Literatur zu geben; die Lernwerkstatt gehört zusammen mit einer Ringvorlesung zum Modul „Fachliche Orientierung Geistes- und Kulturwissenschaften“, das Kernthemen der an EinS@FU beteiligten geistes- und kulturwissenschaftlichen Fächer, z. B. unter Überschriften wie „Identität“, „Text“, „Schrift“, „Sprache“, „Materialität“, „Welt“ behandelt. Nach Absolvierung des Modul sind sich die Studierenden die Relevanz der Fragestellungen und Methoden geistes- und kulturwissenschaftlicher Fächer bewusst und sie können mit einer Aufgabenstellung aus einem der beteiligten Fächer umgehen und dazu Informationen zur Lösung ermitteln und diese Lösung auch methodisch umsetzen – sowohl allein als auch im Team.

Soweit die Theorie 😉

„Araber und Orient in Hollywood“ als Lernwerkstatt

Mitlesende werden sich vielleicht erinnern, dass ich bereits im Sommersemester 2020 ein Seminar mit dem Titel „Araber und Orient in Hollywood“ unterrichtete. Die Erfahrungen aus diesem fast gänzlich asynchron verwirklichten Seminar haben zur Weiterentwicklung des Themenkomplexes und dessen Adaption für eine Lernwerkstatt beigetragen. Der Kommentar zur Lernwerkstatt „Araber und Orient in Hollywood“ lautet wie folgt:

Araber und der Orient kommen seit Anbeginn der Filmgeschichte in diversen Formen in US-amerikanischen und europäischen Filmen und Serien vor, seien es der Dschinn aus Tausendundeiner Nacht in Disney’s „Aladdin“ (1992, 2019), die historische Figur Faisal I. in „Lawrence von Arabien“ (1962), die ‚Libyer‘ in „Zurück in die Zukunft“ (1985), Abu Dhabi in „Sex and the City 2“ (2010), das Kairo der ägyptischen Revolution in der Serie „The Night Manager“ (2016) oder der Fall des Bethnal-Green-Trios in „Kalifat“ (2020). Was und wer wird in Filmen und Serien als ‚arabisch‘ oder ‚orientalisch‘ wahrgenommen und mittels welcher visuellen oder auditiven Elemente wird diese Wahrnehmung erzeugt? Schwarzumrandete Augen, Turbane, Bärte, Schleier, Haremshosen, exotische Akzente, fliegende Teppiche, Gebetsrufe, Wüsten, Oasen, Minarette, Kamele, Pferde, Bombengürtel? Was ist überhaupt ‚arabisch‘ oder ‚orientalisch‘? Wo ist ‚der Orient‘ und was dieser mit ‚dem Islam‘ zu tun? Diesen und anderen Fragen gehen wir in der Lernwerkstatt nach. Wir lernen das Medium ‚Film‘ nicht nur als Quelle der Geschichts- und Kulturwissenschaften sondern allgemein als Form des kulturellen Diskurses kennen; dabei erarbeiten wir uns Begriffe, um Repräsentationen (und Nicht-Repräsentation) von ‚Arabern‘, ‚Arabisch‘ und ‚Orient‘ zu beschreiben und zu hinterfragen; wir diskutieren Filme und Serien, wie wir sie geradezu alltäglich konsumieren, als Medium für die Kommunikation von Identitäten, Ideologien, Traditionen, Mythologien, politischer Agenda, Emotionen, und Interessen.

Kommentar im Vorlesungsverzeichnis.

Die Themen sind also ähnlich wie im Semester zuvor; die Arten des Lehrens und Lernens aber sind andere.

Präsentation erstellt mit Pitch

Vorstellungsrunde im virtuellen Raum – alternative Fragen

Natürlich wollte ich in der ersten Sitzung meine Studierende zunächst kennenlernen. Meiner Erfahrung nach können Vorstellungsrunden aber ziemlich dröge sein, wenn man einfach nur nach dem Namen fragt, warum sich die Studierenden nun für ein Fach oder einen Kurs entschieden haben. Ich entschied mich also, den üblichen Fragenkanon etwas aufzufrischen und bat die Studierenden, sich nicht nur mit ihren Namen vorzustellen, sondern fragte sie auch, wie ich sie anreden darf, welchen Film oder welche Serie sie zuletzt gesehen haben und was sie gerade nervt.

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Meiner Wahrnehmung nach erzielten diese Fragen durchaus Wirkung, denn so stellten wir alle miteinander fest, dass uns das Blackboard gerade ziemlich nervt (es wurde anscheinend just am ersten Tag der Vorlesungszeit auf ein neues responsives Design umgestellt …)

Selbst bei einer vergleichsweise kleinen Teilnehmendenzahl von 15 dauert so eine Vorstellungsrunde natürlich ihre Zeit und nachdem ich eine eigentlich kurze aber meinem Gefühl nach doch zu lange Einführung in die Struktur der Lernwerkstatt und den Aufbau des Blackboardkurses gab, schien mir eine Pause angemessen.

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Breakoutsessions für Pausen

Eine gute Gelegenheit, in Cisco WebEx Meetings die neue Funktion der Breakout-Sessions zu testen. Und so teilte ich die Studierenden flott in mehrere kleine Gruppen ein, erklärte, was wie in diesen Breakout-Sessions von technischer Seite her passiert und dass wir uns in ein paar Minuten wieder im Hauptraum sehen.

Nach fast 45 Minuten Vorstellunsrunde und Einführung in den Blackboardkurs empfand ich selbst diese Pause als wohltuend, aber ich werde in der kommenden Sitzung bei den Studierenden erfragen, wie sie diese Pause empfanden. Als Lehrperson bin ich bei Live-Sessions meist angespannt – durchaus im konstruktiven Sinne. Aber diese Anspannung über mehr als 45 Minuten oder eine Stunde zu halten führt meiner Erfahrung nach zu Ermüdung – nicht nur bei mir, sondern auch bei den Teilnehmenden. Lehre und Lernen im virtuellen Raum sollte meiner Meinung nach ebensowenig monoton sein wie Lehre und Lernen auf dem Campus. Warum also nicht zwischendurch eine Pause einlegen und diese bewusst als Zäsur nutzen, um zu einem neuen Thema überzugehen?

Im Falle der ersten Sitzung dieser Lernwerkstatt ging es um den Übergang zwischen Organisatorischem und Inhaltlichem. Ich hatte mir überlegt, nicht mit einem Frontalvortrag in diese Lernwerkstatt einzusteigen, sondern erst einmal zu erfragen, was den Studierenden so bei Stichwörtern wie „Orient“ und „Araber“ einfällt und welche Filme oder Serien sie kennen, die im Orient spielen oder in denen Araber vorkommen.

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Hierzu fiel mir ein Tool ein, dass ich im vergangenen Sommersemester im Kurs „Studierende online motivieren und begleiten“ des SUPPORT für die Lehre kennenlernte: Mentimeter – eine Möglichkeit, interaktive Präsentationen zum Beispiel mit Wortwolken oder Polls.

Aktivierung von Teilnehmenden durch interaktive Präsentationen mit Mentimeter

Ich werde auf die Arbeit mit Mentimeter noch eingehen, nachdem ich mir in der kommenden Sitzung Rückmeldung von Studierenden geholt habe. Mir schien es aber eine gute Gelegenheit, nach der Vorstellungsrunde und Besprechung von Organisatorischem ein wenig in die Inhalte der Lernwerkstatt einzuführen. Im Folgenden schlicht die Ergebnisse der drei Fragen:

Besonders die interkativen Wortwolken finde ich ziemlich spannend und denke, dass dieser auch zur weiteren Anregung von Diskussionen genutzt werden können.

Die nächste Sitzung

Die kommende Sitzung wird zunächst eine Überleitung zum Thema „Orient und Araber – wo, was und wer?“ bilden, bevor wir Ende November in die Gruppenarbeit im Sinne des problembasierten Lernens einsteigen. Ich habe mir überlegt, die Sitzung diskussionslastig aufzubauen – und zwar in Teilgruppen. Ich erhoffe mir von der Arbeit in Breakoutsessions, dass sich die Studierenden im virtuellen Raum kennenlernen und miteinander kollaborieren lernen – etwas, was in Präsenz auf dem Campus in einem Lehrraum möglicherweise einfacher (vielleicht weil einfach „gewöhnlich“?) zu bewerkstelligen wäre. In kommunikationswissenschaftlicher Terminologie könnte die Form dieser Diskussionsgruppen als „World-Café“ bezeichnet werden (allerdings abgewandelt in der Hinsicht, dass es keine Tischgastgeber geben wird). Folgende Fragen sollen in der ersten Runde diskutiert werden:

  • Was ist „der Orient“?
  • Wo ist „der Orient“?
  • Wer ist „Orientale“?
  • Was ist „orientalisch“?
  • Wer ist „Araber“?
  • Wer ist „Muslim“?
  • Wo sind die Schnittmengen?
  • Und warum habe ich diese Begriffe in Anführungszeichen gesetzt?

Anschließend werden wir die Diskussionspunkte in großer Runde kurz umreißen.

Nach einer Pause von 5 bis 10 Minuten – sofern die Studierenden damit einverstanden sind – schauen sich die Studierenden wiederum in Teilgruppen (in anderer Konstellation) jeweils drei kurze Clips aus Filmen und Serien an und sollen überlegen, was diese mit dem Thema der Lernwerkstatt zu tun haben könnten: Kommen hier „Orientalen“ vor? Wird etwas über „den Orient“ gesagt? Wie wird „der Orient“ dargestellt? Und so weiter. Es handelt sich um

  • eine Szene aus The Thief of Baghdad (1940), in der der böse Zauberer Jaffar (gespielt von Conrad Veidt) einen Zauber ausübt;
  • den Trailer zu Prince of Persia (2010);
  • Szenen aus The Big Bang Theory, Staffel 2, Episode 11, und Staffel 9, Episoden 3 und 14.
Conrad Veidt als Jaffar in The Thief of Baghdad (1940)
Filmplakat von Prince of Persia – The Sands of Time (2011)

What it is is a cacophonous assault of eucalyptus, bayberry, cinnamon and vanilla. It’s as if my head were trapped in the pajamas of a sultan.

Sheldon Cooper, The Big Bang Theory, Staffel 2, Episode 11

Was an diesen Szenen ist diskussionswürdig im Kontext unserer Lernwerkstatt? Wie gehen die Studierenden damit um? Brauchen sie weitere Informationen, um diese Szenen besser einordnen zu können? Wenn ja, welche und wo könnten sie diese Informationen finden?

Wir diskutieren diese Punkte dann erneut kurz in der ganzen Gruppe. 

Diese Sitzung bietet insgesamt einen Vorgeschmack auf die kommenden Sitzungen, in denen wir uns auf Grundlage des problembasierten Lernens Darstellungen aus Filmen und Serien nähern werden, die auf den ersten Blick vielleicht gar nicht so viel mit unserem Lernwerkstattsthema zu tun haben 😉

Studierende online motivieren und begleiten – Gedanken zu einem Webinar

Nachdem ich gut in das kreative Sommersemester 2020 gestartet bin, wollte ich mich intensiver damit beschäftigen, wie im virtuellen Raum eine positive Lernatmosphäre gestaltet werden kann und wie Studierende auch in asynchronen Lehr- und Lernformaten aktiviert und begleitet werden können. Hierzu besuchte ich ein Webinar, das vom SUPPORT für die Lehre der Freien Universität angeboten wurde, zum Thema ‚Studierende online motivieren und begleiten‘.

Die Frage, die sich mir hier natürlich zunächst stellte, war, was überhaupt aus der On-Campus-Lehre in den virtuellen Raum übertragbar ist. Dabei stellte ich für mich fest, dass ich Live-Sitzungen zwar durchaus in ähnlicher Weise für Austausch und Diskussion nutzte, aber dass ich diesen Live-Sitzungen viel mehr ‚Sinn‘ geben wollte.

Ich wollte nicht einfach jede Woche eine synchrone Sitzung durchführen, in der ich Impulsvorträge gebe und wir dann in der Runde mit den Studierenden zum Austausch über Texte übergehen, die zuvor durchzuarbeiten waren. Überhaupt ist das eine Form des Lehrens, die mir selbst gar nicht so zusagt. Natürlich sehe ich den Nutzen im mündlichen Austausch über Primär- oder Sekundärtexte; und ich halte dies sogar für einen Kernaspekt des Studiums. Dies aber eins-zu-eins in den virtuellen Raum übertragen zu wollen, halte ich für eine Verschwendung des Potenzials, das Lehre und Lernen im virtuellen Raum bietet.

Das Potenzial des Lehrens und Lernens im virtuellen Raum sollte nicht verschwendet werden, indem man auf Biegen und Brechen versucht, das übliche oder ’normale‘ Präsenzstudium auf dem Campus einer Universität durch wöchentliche 90-minütige Live-Sitzungen zu übertragen.

Meine Meinung

Also versuchte ich, den synchronen Live-Sitzungen jeweils einen ‚Sinn‘ zu geben, und – zugegeben – bei manchen Lehrveranstaltungen empfand ich es als überhaupt nicht notwenig, eine Live-Session zu durchzuführen, wie ich es sonst in einem Unterrichtsraum tun würde. Dies war schlichtweg nicht der Ansatz, den ich in diesem Semester verfolgte – wie ich überhaupt meinen Unterricht selten so gestalte, dass ich wie ein Theaterschauspieler auf einer Bühne etwas präsentiere und die Studierenden nur zuschauen und konsumieren. Ich sehe Studierende nicht als bloße Konsumenten.

Studierende sind für mich nicht bloße Konsumierende, denen man Inhalte präsentiert als wäre man ein Schauspieler auf einer Theaterbühne.

Meine Meinung

Ich finde, Studierende sollten die Möglichkeit haben, ihr Studium mitzugestalten, das heißt in Lehrveranstaltungen nicht nur ‚aktiv‘ Arbeitsaufträge vollführen, um im Campus Management die aktive Teilnahme bestätigt zu bekommen und später die Modulprüfung erfolgreich zu absolvieren; nein, es bedeutet, die Lehrveranstaltung mit ihnen zu designen, sich auf die Studierenden einzulassen und mit der Erfahrung, die man als Lehrender hat, Kurse zu schaffen, die verschiedene Denkansätze eröffnen und kritisches Reflektieren ermöglichen, ohne auf eine bestimmte ‚Wahrheit‘ oder eine Reihe von Fakten hinzuarbeiten.

Aus diesem Grund tat ich mich mit den Methoden, die uns im Webinar ‚Studierende online motivieren und begleiten‘ geboten wurden, schwer, auch weil sie vor allem auf das Motivieren in synchronen Live-Sitzungen abzielten. Ich empfand meine eigenen Live-Sitzungen aber als purposeful genug, auch weil ich eher zu wenige als zu viele angesetzt hatte – jeweils mit konkreten Arbeitsaufträgen verbunden und eingebettet in den Ablauf der jeweiligen Lehrveranstaltung. Dies war vor allem in der sprachpraktischen Übung ‚Übersetzen aus dem Arabischen und ins Arabische‘ im Masterstudiengang Arabistik der Fall, wo die Live-Sessions jeweils dazu dienten, die Übersetzungen zu diskutieren. Die Frage der Motivation stellte sich aus meiner Perspektive hier gar nicht; Tools wie Mentimeter konnte ich hier nicht anwenden.

In andere Kursen, zum Beispiel im Seminar ‚Araber und Orient in Hollywood‘ im Bachelorstudiengang ‚Geschichte und Kultur des Vorderen Orients, Schwerpunkt Arabistik‘, waren eher sprechstundenartige Live-Sitzungen nötig; der Austausch fand intensiv und ausführlich in schriftlicher Form im Diskussionsforum in Blackboard statt. Auch hier stellte sich die Frage der Motivation nicht.

Dennoch denke ich, dass Tools wie Mentimeter oder Pingo eine gute Möglichkeit sein könne, überhaupt eine Session – egal ob on-campus oder online – abwechslungsreicher zu gestalten. Gerade bei Einführungskursen kann ich mir gut vorstellen, dass das Erstellen einer Word-Cloud mit hilfe von Mentimeter praktisch sein kann, um Vorwissen zu sammeln. Ich denke, dass ich dies einmal im nächsten Semester testen werde.

Sessions kleinteilig zu designen, hilft dabei, sich den Mehrwert von Formen der aktiven Teilnahme für die Studierenden zu vergegenwärtigen.

Meine Meinung

Abgesehen davon kann es durchaus sinnvoll sein, eine Session kleinteilig zu sezieren und zu designen – fast schon wie ein Drehbuch, wobei natürlich Spielraum für Spontaneität gelassen werden sollte. Sich mehr Gedanken über den Ablauf einer einzelnen Session zu machen, hilft aber auch, den Sitzungen und ihren Einzelteilen einen Sinn zu geben, etwa was das Erlangen von Kompetenzen oder das Vermitteln von Inhalten angeht.

Meiner Meinung nach muss es einem als Lehrender gelingen, den Studierenden den Mehrwert in Formen der aktiven Teilnahme, Aufgaben oder überhaupt in der Teilnahme an Live-Sitzungen zu vermitteln. Wenn einem dieser Mehrwert selbst nicht klar ist, sollte man überlegen, ob bestimmte Arten des Lehrens oder bestimmten Aufgaben überhaupt sinnvoll sind oder ob sie nur dazu dienen, dass man für sich selbst behaupten kann, man würde ‚lehren‘.

Ich für meinen Teil werde mich in Zukunft noch intensiver damit beschäftigen, wie ich Studierenden in meinen Kursen begreifbar machen kann, was ‚Studieren‘ überhaupt bedeutet und was aus den verschiedenen Aufgaben für sich mitnehmen. Das sind durchaus ’simple‘ Erkenntnisse wie dass es eine schier unschätzbare Kompetenz ist, ein Thema in einem eng abgesteckten Rahmen von 3000 oder 6000 Wörtern reflektiert zu betrachten und überzeugend zu argumentieren; ähnlich verhält es sich mit Wissens- oder Zeitmanagement.


I-Search-Paper – eine Schreibaufgabe ‚mit Biss‘?

Inspiriert vom Online-Workshop „Digitale Schreibaufgaben ‚mit Biss‘ zur Strukturierung meiner Online-Lehre“ von SUPPORT für die Lehre habe ich mir Gedanken darüber gemacht, ob es nicht gut wäre, wenn Studierende im Bachelorstudium einmal schriftlich ihre Recherchepraktiken zu einem Thema reflektieren würden und dabei gleichzeitig auch Formen des wissenschaftlichen Schreibens üben könnten.

Meine Überlegungen rühren daher, dass ich immer wieder merke, dass für Studierende vor allem das Recherchieren und Lesen von Quellen und Herausarbeiten von Informationen und Strukturieren dieser Informationen für die eigene Argumentation eine Herausforderung bildet. Aber ohne angemessene Recherche lässt sich keine schriftliche Prüfungsleistung à la Hausarbeit erfolgreich bewerkstelligen. Lesen und das Verarbeiten des Gelesenen bilden die Grundlage jeglicher schriftlichen Auseinandersetzung in wissenschaftlicher Form. Dabei geht es gleichermaßen um das Lesen von Primär- wie Sekundärquellen – und im Falle meines Seminars Araber und der Orient in Hollywood geht es sogar nicht nur um blanke Literatur, die gelesen wird, sondern auch um Filme, die gesehen werden. Dennoch gelten für Filme als zu bearbeitendes oder zu Rate zu ziehendes Material für eine schriftliche Studienarbeit dieselben Regeln: Ich komme nicht umher, tatsächlich Filme zu schauen, tatsächlich Texte zu lesen, um eine Hausarbeit in diesem Seminar erfolgreich schreiben zu können.

Recherchieren bedeutet Selektieren

Recherchieren bedeutet nicht nur, genau die Texte zu lesen, die ich dann tatsächlich für eine Hausarbeit brauche. Wenn ich für eine 10-seitige Hausarbeit am Ende vielleicht 10 Quellen verwertet habe, so habe ich weit mehr als nur diese 10 Quellen gelesen. Ich habe selektiert, vielleicht aus doppelt oder dreifach so vielen Quellen wie ich letztlich in der Arbeit verwende. Nicht alles erweist sich als zuträglich zu dem Thema, das ich in dem jeweiligen Moment bearbeiten will. Trotzdem ist das ‚Scannen‘ solcher dann ‚Ausschussware‘ ein Prozess, der das Reflektieren und Evaluieren von Quellen trainiert; er gehört zum wissenschaftlichen Arbeiten dazu.

Meines Erachtens kann dieser Prozess des Recherchieren noch mehr in den Mittelpunkt gerückt werden, wenn es darum geht, Studierende in das wissenschaftliche Arbeiten einzuführen. Denn das Schreiben steht eigentlich nicht am Anfang einer Hausarbeit. Oftmals nimmt die Recherche sogar mehr Zeit in Anspruch als das tatsächliche Schreiben – auch deswegen, weil Recherchieren ja selbst auch Formen des Schreibens beinhaltet, nämlich das Exzerpieren und gegebenenfalls das Zusammenfassen sowie das Herausarbeiten von Zitaten.

Die folgende Flow-Chart verdeutlicht diesen Prozess:

Aber wie kann dieser Prozess des Recherchierens auch schriftlich fassbar gemacht werden?

Meine Idee ist, Studierende ein I-Search-Paper schreiben zu lassen.

Die Geschichte der eigenen Recherche erzählen

Die Idee eines I-Search-Papers (Macrorie, 1998) ist es, die Neugier an einem Thema in den Vordergrund zu stellen und Studierende die Geschichte ihrer eigenen Recherche erzählen und damit reflektieren zu lassen.

Als Genre macht sich ein I-Search-Paper Formen von Metakognition zu Nutze: Studierende schenken den verschiedenen Schritten des Rechercheprozesses Aufmerksamkeit und formulieren diese schriftlich aus und reflektieren so über die Wichtigkeit dieser verschiedenen Schritte von der Themenfindung bis hin zum Entdecken und Verwerfen von Quellen.

Bestenfalls erfüllt ein I-Search-Paper damit einen doppelten Zweck:

  1. Es schafft ein Bewusstsein über den Rechercheprozess und
  2. es gibt Möglichkeit, Schreiben in einem weniger formellen Rahmen als den einer Hausarbeit zu üben.

Ein Charakteristikum eines I-Search-Papers ist es, das Interesse des Lesers für das eigene Thema zu wecken. Dabei wird die Ich-Perspektive akzentuiert – etwas, was sonst im wissenschaftlichen Schreiben kaum einen Platz hat. Dabei kann autorenzentriertes Schreiben durchaus bestimmte Blockaden lösen.

Schreiben, um Wissen zu schaffen

Manchmal berichten Studierende davon, dass sie das Gefühl haben, Hausarbeiten so schreiben zu müssen, dass es den Dozierenden ‚gefällt‘, damit sie die besten Noten bekommen. Dies führt zu allerhand Blockaden im Schreiben: Man übersieht interessante Ansätze, weil man nur darauf fokussiert ist, genau diejenigen Argumente zu finden, die Dozierende selbst verwendet haben oder aber die sie überzeugen werden.

Ich persönlich will aber gar keine Hausarbeiten lesen, in denen meine eigenen Meinungen über Themenstellungen und meine eigenen Antworten auf Fragestellungen nacherzählt werden. Ich muss nicht mit meinen Studierenden einer Meinung zu einem Hausarbeitsthema sein; mir muss nicht mal das Thema gefallen, geschweige denn die Antwort auf die Fragestellung. Was stimmig sein muss, ist die Argumentation – und nur daran messe ich erfolgreiche Hausarbeiten:

Ist die Fragestellung klar abgesteckt und ist der Weg zur Beantwortung dieser Fragestellung schlüssig argumentiert.

Und sollte es keine Antwort auf eine Fragstellung geben können: Wird deutlich gemacht, warum es im Rahmen dieser oder jener Hausarbeit keine abschließende Antwort auf eine Frage geben kann.

Nicht mehr und nicht weniger.

Ich bin der Meinung, dass ich gegenüber den Studierenden noch deutlicher machen kann, dass es beim wissenschaftlichen Schreiben tatsächlich darum geht Wissen zu schaffen. Und Wissen wird eben erst zu Wissen, wenn es kommuniziert wird und sich an anderem Wissen spiegelt – quasi in einen Diskurs tritt.

Ein I-Search-Paper verfolgt hier eher die Strategie der Selbsterkenntnis: Bestenfalls profitieren Studierende davon, sich ihre eigenen Rechercheprozesse bewusst zu machen und diese vielleicht auch zu evaluieren und für die nächste Hausarbeit oder gar die Abschlussarbeit gegebenenfalls anzupassen. Aber auch für mich als Dozierende kann das Lesen von studentischen I-Search-Papers erhellend sein: Bestenfalls erfahre ich etwas über die Recherchefähigkeiten der Studierenden und kann den Unterricht entsprechend gestalten. Insgesamt stelle ich mir den Prozess eines I-Search-Papers wie folgt vor:

Die Flow-Chart ist nicht wirklich ausgereift.

Konkrete Schreibaufgabe: Themenfindung

Im Rahmen des Online-Workshop „Digitale Schreibaufgaben ‚mit Biss‘ zur Strukturierung meiner Online-Lehre“ von SUPPORT für die Lehre entwarf ich die folgende, eher einfache Schreibaufgabe, die lediglich der Themenfindung dient:

Formulieren Sie drei potenzielle Themen für ein I-Search-Paper. Ein Thema kann eine Aussage oder eine Frage sein, sollte aber nicht länger als ein Satz sein.

Wichtig ist, dass ein Thema Sie interessiert. Sollten Sie aktuell damit nicht weiterkommen, können Sie ein paar Strategien anwenden, um Themen zu generieren; zum Beispiel können Sie (a) Triggerphrasen nutzen wie: Ich wollte schon immer etwas zu diesem Film/dieser Serie herausfinden … ODER Ich wollte schon immer wissen, wie … ODER Ich bin auf diesen Film/diese Serie/diese Szene gestoßen und frage mich … (b) Sie können eine Bestandsaufnahme der Bücher machen, die Sie schon immer mal gern lesen wollten oder von Artikeln, die Sie in den vergangenen Wochen gelesen haben und die Sie interessieren. (c) Sie können eine Prioritätenliste anfertigen von Themen/Fragen/Gegenständen, die Ihnen besonders wichtig sind oder für die Sie sich interessieren und können diese Prioritäten dann mit den Seminarthemen vergleichen.

Machen Sie ein Brainstorming über so viele mögliche Themen, die Sie interessieren, bevor Sie sich entscheiden.

Ob dies eine Schreibaufgabe ‚mit Biss‘ ist, weiß ich allerdings nicht 🙂

Ich bin mir noch unschlüssig, ob ich den Studierenden im Seminar Araber und der Orient in Hollywood die Option geben werde, ein I-Search-Paper als Prüfungsleistung zu verfassen, denn eigentlich habe ich bisher nicht konsequent auf dieses Genre hingearbeitet. Nichtsdestotrotz halte ich die Form des I-Search-Papers für eine gute Möglichkeit, Studierende früh in das reflektierte Schreiben einzuführen, ohne Sie gleich mit den Formalia und Argumentationsstrategien einer wissenschaftlichen Hausarbeit zu konfrontieren. Ein I-Search-Paper kann einen Übergang zur zum wissenschaftlichen Schreiben bilden, da es einen seiner Hauptprozesse – nämlich das Recherchieren – explizit zum Thema macht und gleichzeitig ähnliche Strukturierungs- und Organisationsformen von Wissen und Erkenntnissen gebraucht.


Macrorie, K. (1998).  The I-Search Paper: Revised Edition of Searching Writing.  Portsmouth, NH: Heinemann-Boynton/Cook.

Expertengruppen und Oberthemen für Forendiskussion

Eine Forendiskussion in Blackboard mit mehr als 10 Teilnehmenden wird schnell unübersichtlich und es fällt schwer, Denkansätze, Termini, Diskussionspunkte so herauszuarbeiten, dass man noch halbwegs auf einem dann schon sehr breiten Pfad der Lernziele bleibt.

In meinem Kurs Araber und Orient in Hollywood sind aktuell knapp 40 Teilnehmende – an Live-Diskussionsrunden mit allen ist da nicht zu denken! Im Forum zeigt sich, dass die Teilnehmenden sehr viele spannende Ideen zu einzelnen, in den ersten Wochen eher brainstorming-artig herausgegriffenen Ideen haben und diese auch gern schriftlich diskutieren. Aktuell ist knapp die Hälfte der Teilnehmenden im Forum in der Diskussion aktiv. Aber schon nur mit diesen 20 Teilnehmenden entstand im Forum ein komplexes Netz an diskussionswürdigen Statements, das kaum zu rezipieren ist.

Die Rechnung ist da ganz einfach:

Nehmen wir an, ich lege als Dozentin 5 Themen im Diskussionsforum an – die selbstverständlich nicht sonderlich fern voneinander stehen, etwa ein Thema zu filmischen Adaptionen von 1001 Nacht und ein Thema zu Darstellungen von Dschinn – und schreibe je einen Intialbeitrag – also 5 Intialbeiträge insgesamt.

Selbst wenn nur 5 Teilnehmende lediglich auf meine Initialbeiträge antworten, so entstehen schon 25 Beiträge, die zu lesen und zu rezipieren wären. Wenn die Teilnehmenden dann auch noch untereinander antworten, potenziert sich das ganze weiter. Es wird schnell unübersichtlich; weder die Studierenden noch ich als Dozentin können auf Beiträge wirklich eingehen. Studierende berichteten in den ersten Experten-Live-Sessions, dass sie teilweise auch einfach nur gern mehr recherchieren, bevor Sie auf Beiträge im Forum antworten, dass während solche Recherchephasen aber schon so viele Beiträge mehr im Forum entstehen, dass man mit dem Sichten und Antworten einfach nicht hinterherkommt.

Wöchentliche Oberthemen

Meine Idee ist daher, die kommenden Wochen jeweils unter ein Oberthema zu stellen, um die Diskussion in gewissen Bahnen zu halten, trotzdem aber die Verbindungspunkte zum eigentlichen Seminarthema (Darstellung von ‚Arabern‘ und ‚dem Orient‘ in Filmen) präsent zu machen und übergreifende Begriffe (z. B. ‚Stereotyp‘, ‚racebending‘, ‚immersionsstiftend‘) herauszuarbeiten.

Im Folgenden die Oberthemen:

Woche vom 18.5. bis zum 24.5. Der Orient und Tricktechnik im Film
Woche vom 25.5. bis zum 31.5. Adaptionen literarischer Quellen
Woche vom 1.6. bis zum 7.6. historische Araber
Woche vom 8.6. bis zum 14.6. Araber als Bösewichte
Woche vom 15.6. bis zum 21.6. orientalisierende/arabisierende Architektur und Landschaft
Woche vom 22.6. bis zum 28.6. orientalisierendes/arabisierendes Kostüm- und Make-up-Design
Woche vom 29.6. bis zum 5.7. arabische Sprache

Expertengruppen

Den Oberthemen sind jeweils Gruppen von fünf bis sechs Studierenden zugeordnet, die sich zusammen (oder einzeln) eigenständig Expertise zu dem jeweiligen Thema erarbeiten. Die Idee hier ist schlicht, dass die jeweiligen Studierenden, z. B. der Expertengruppe ‚historische Araber‘, mehr gesehen und gelesen haben als die anderen Teilnehmenden; dementsprechend können Sie in der Diskussion der jeweiligen Oberthemenwochen Input geben, zu Diskussion anregen, Ideen eröffnen und so weiter.

 

 

 

 

 

 

Wiki oder Blog statt Diskussionsforum?

Ich erhoffe mir, dass die Diskussion mit so vielen Teilnehmern mit Hilfe der Oberthemen und Diskussionsgruppen (a) übersichtlicher und (b) gerichteter wird. Zwar erweist sich das brainstorming-artige Diskutieren zumindest fürs erste Sondieren von Ideen, Gedankengängen und Ansatzpunkten als dienlich; eine Dauerlösung ist es für mich aber nicht, zumindest nicht mit mehr als 10 Teilnehmenden.

Ich überlege noch, die Oberthemen eher in Blogform verhandeln zu lassen, einfach weil Blogs ggf. übersichtlicher sind und das Abonnieren besser funktioniert als im Blackboard-Diskussionsforen, wo ich die Möglichkeit des Abonnierens von Einzelfäden noch nicht gefunden habe. Oder vielleicht ist doch ein Wiki besser?

Hier mache ich mir noch Gedanken …


Notiz: Bestennfalls sollte in der Forenbeschreibung auch klargestellt werden, welches Features des Blackboard-Diskussionsforums nutzbar sind über das Semester; z. B. habe ich die Möglichkeit zum Löschen von Beiträgen ausgestellt – schlichtweg weil die Forenbeteiligung zur aktiven Teilnahme gehört und wenn User Beiträge löschen, einfach nicht mehr nachzuvollziehen ist, wer was wie viel schrieb. Änderungen sind aber möglich.