„Lars“

Ein Beitrag von Sophie S.

Der Mikroartikel bezieht sich auf eine Musikstunde in einer dritten Klasse an einer musikalisch orientierten Grundschule. Die Klasse ist im Vergleich zu den anderen Klassen der Schule sehr klein. Sie besteht nur aus 20 Schülerinnen und Schülern, wobei in dieser Stunde zwei Kinder aus gesundheitlichen Gründen nicht anwesend waren. In den vorhergehenden Stunden haben die Schülerinnen und Schüler die Laute erforscht, welche sie mit ihrem eigenen Körper erzeugen können wie z.B. Klatschen, Stampfen, Pfeifen und viele mehr. Außerdem haben sich Frau X. und die Schülerinnen und Schüler mit dem Kinderlied „Musik den ganzen Tag“ auseinandergesetzt, es gemeinsam gehört und auch schon gesungen. Diese Stunde soll in der Aula stattfinden, wobei es wieder um die bereits zuvor behandelten Inhalte gehen soll. Bereits vor der Unterrichtsstunde wurde ich vorgewarnt, dass in dieser Klasse auch ein Schüler sei, welcher durch besonders störendes, geradezu unkontrolliertes Verhalten auffiele, die anderen Schülerinnen und Schüler aber einen Weg gefunden hätten, damit umzugehen, was als interessant und bewundernswert anmoderiert wurde. Direkt zu Beginn der Unterrichtsstunde fällt auf, dass die Lehrerin eine sehr gute Beziehung zu der Klasse hat. Sie begrüßt die Kinder freundlich und wird offensichtlich bereits freudig erwartet. Direkt zu Beginn der Stunde macht sie deutlich, was sie heute mit den Schülerinnen und Schülern vorhat und was ihr dabei wichtig ist. Sie möchte mit den Kindern in die Aula gehen und dort den Musikunterricht stattfinden lassen. Hierbei ist es ihr wichtig, dass die Schüler sich auf dem Weg zur Aula leise verhalten, die Schuhe vor der Aula in eine Reihe stellen und in der Aula drei Stuhlreihen gegenüber vom Flügel hintereinander aufbauen.
Während sie ihr Vorhaben der Klasse vorstellt, kommt der verhaltensoriginelle Schüler, im Weiteren Lars genannt (Name geändert), ungefragt nach vorn und beginnt hinter Frau X. wild auf der Tafel zu kritzeln. Frau X. weist ihn bestimmt aber freundlich darauf hin, dass sie das jetzt gerade nicht möchte und sich wünscht, dass er sich wieder auf seinen Platz setzt. Als er dies ignoriert, nimmt sie ihn sanft bei der Schulter und sagt, dass sie sich gern auf ihn verlassen möchte, wenn die Klasse in die Aula geht und dass sie weiß, dass er sich jetzt schon viel besser benehmen kann als in den Jahren zuvor und darauf sehr stolz ist. Wenn er sich jetzt wieder benehmen würde, wäre sie sehr froh darüber. Daraufhin setzt sich Lars und ist halbwegs ruhig. Obwohl die Klasse aus sehr jungen Kindern besteht, ist es bemerkenswert, wie gut sie sich trotz des teilweise sehr unangemessenen und störenden Verhaltens von Lars konzentrieren können, indem sie seine Anwandlungen ausblenden.
Anschließend gehen Frau X. und die Klasse zur Aula. Als alle Kinder in den selbst gebildeten Stuhlreihen sitzen lobt Frau X. die Kinder ausgiebig, weil das zur Aula laufen, Schuhe hinstellen und Stuhlreihen bilden sehr gut funktioniert hat. Nun singt sie mit den Kindern „Musik den ganzen Tag“ und begleitet die Schülerinnen und Schüler dabei auf dem Flügel. Bei Wortmeldungen der Schülerinnen und Schüler, geht sie sehr interessiert und auf Augenhöhe mit ihnen ins Gespräch und bringt den Kindern ihre Wertschätzung entgegen. Sie zeigt, dass es ihr wichtig ist, was die Kinder sagen möchten und dass sie es gut mit ihnen meint, auch mit dem verhaltensoriginellen Schüler, der begeistert mitsingt. Als er plötzlich anfängt zu Kippeln und ein anders Kind zu bedrängen, verspielt sich Frau X. absichtlich kurz auf dem Flügel, um seine Aufmerksamkeit zu erlagen und ihm einen verwarnenden Blick zuzuwerfen, ohne das Lied und damit den Unterricht unterbrechen zu müssen. Lars versteht und kippelt nur noch ein bisschen. Anschließend bildet sie mit den Schülerinnen und Schülern einen Kreis, wobei im vorgegebenen Takt Laute mit dem Körper gebildet werden. Alle Kinder werden aktiviert und bekommen den nötigen Freiraum, um eigene Ideen einzubringen. Lars macht manchmal etwas anderes als die Klasse, dies wird aber toleriert, da er zumindest aktiv teilnimmt und nicht stört. Zuletzt lobt Frau X. nochmals die Klasse und bedankt sich für die schöne Musikstunde. Die Kinder sind fröhlich und gehen beschwingt in die Pause.

Meine Einsichten und Folgerungen

Durch die von Frau X. gewählte Unterrichtsgestaltung und Form gelang ihr eine Aktivierung aller Schülerinnen und Schüler der Klasse. Durch die verschiedenen Aktivitäten konnten unterschiedliche Vorlieben der Kinder getroffen werden, wodurch der Unterricht allen Kindern Spaß gemacht hat. Durch die wertschätzende Beziehung zwischen der Klasse und Frau X. gelang auch die Bewältigung schwierigerer Anforderungen, da die Kinder sich Mühe gegeben haben und Frau X. klar und deutlich artikuliert hat, was ihr wichtig ist und was die Kinder tun sollen. Dadurch kommt auch ein ungestörter Unterrichtsfluss zu Stande. Außerdem hat sie auch den verhaltensoriginellen Schüler gut in den Unterricht einbinden können und eine geeignete Art und Weise gefunden, mit seinem Fehlverhalten umzugehen, indem sie ihm und der gesamten Klasse das Gefühl vermittelt, dass sie ihnen vertraut und es gut mit ihnen meint, was insgesamt zu einer sehr angenehmen Atmosphäre geführt hat.

Meine Anschlussfragen

  • Wie gelingt die Etablierung einer in diesem Maße wertschätzenden Beziehung zwischen Schülerinnen und Schülern und der Lehrkraft?
  • Wie findet man die richtige Umgangsform mit verhaltensoriginellen Schülerinnen und Schülern?
  • Wie kann man (gleichzeitig) mehrere Aktivitätsformen in den Unterricht einbringen, um alle Schülerinnen und Schüler individuell nach ihrem Lerntyp zu fördern?
  • Wie gelingt die Kontrolle der Klasse bei Aktivitäten, bei denen es sehr belebt in der Klasse werden kann? (Kontrolle im Sinne von: Beschäftigen sich die Schülerinnen und Schüler tatsächlich mit der Aufgabe oder machen sie etwas anderes?)

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