Stadtkultur Moskau

Die Exkursion

STOA – Utopie einer Garage

Es ist 10.05 Uhr. Wir verlassen pünktlich wie nie zuvor unser Hotel und brechen diesmal nicht mit der Metro, sondern mit der Monorail-Bahn auf. In ungewohnt langsamem Tempo, und sehr leise genießen wir –vorbei am Telecentr – eine neue Perspektive auf diese riesige Stadt. Mit der Moskauer Metro geht es dann tief in den Süden der Metropole. An der Station Anino steigen wir nach 60 Minuten Fahrt aus der U-Bahn und erblicken unsere heutige Guide, Tatjana Ėfrussi. Die junge Architekturhistorikerin berichtet uns nicht nur von den theoretischen Hintergründen und der Entstehung der STOA (Stancija techničeskogo obsluživanija avtomobilej), sondern lädt uns zu einem kleinen Abenteuerrundgang auf das Gelände ein. Voller Enthusiasmus erklärt sie uns die wichtigen Merkmale des Gebäudes und erläutert die Entstehungsgeschichte.

 

STOA im Juni 2015.

STOA im Juni 2015.

Der Architekt der STOA, Leonid Pavlov, der sich in den 1960er Jahren der neo-modernistischen Architektur verschrieb, wurde von seinen Kritikern als Vertreter einer antihumanistischen Architektur bezeichnet. Neben der STOA entwarf Pavlov u.a. auch das Lenin Museum in Gorki.

Wir erfahren, dass das riesige, graue Gebäude, dem wir gegenüber stehen, als Service-Zentrum und Verkaufsfläche für Fahrzeuge der Automarke LADA dienen sollte. Anfang der 1970er Jahre begannen die Bauarbeiten an dem Gebäudekomplex. Es wurde jedoch nie vollkommen fertig gestellt, genauso wie die Vorstellung – ein LADA für jede/n SowjetbürgerIn – eine Utopie bleiben sollte. Heute gehört die STOA einem Oligarchen und das Gebäude bleibt weitestgehend seinem Schicksal überlassen – zu groß zum Rekonstruieren und zu teuer, um es abzureißen.

Die Rampe, die zur Ausstellungshalle führt.

Die Rampe, die zur Ausstellungshalle führt.

Auf der obersten Etage, die nur über eine weiteläufige Rampe zu erreichen ist, befand sich eine große Ausstellungshalle für Automobile. Jede/r BürgerIn sollte dort nicht nur die Möglichkeit erhalten, die verschiedenen Modelle zu begutachten, sondern auch die Farben und die Ausstattung für sein Fahrzeug zu wählen. Entwürfe des Architekten lassen die Innenausstattung mit Fliesen aus Marmor, Treppenaufgängen und Wandgestaltung nur noch erahnen. Neben einer Ausstellungshalle und Werkstätten verfügt die STOA über eine direkte Anbindung an die Autobahn.

Außenansicht:Treppe

Außenansicht:Treppe

Die von L. Pavlov entworfene STOA ist nicht nur eines der letzten Bauwerke, welches wir im Rahmen unserer Exkursion besuchen sollten, sondern wohl auch das Gebäude, welches die unterschiedlichsten Assoziationen und Gefühle bei uns hervorrufen sollte. Von „die Konstruktion der Rampe erinnert an Guggenheim“ bis zu „die (heutige) beklemmende Dunkelheit und der schlechte Zustand der Station erinnern mich an einen Horrorfilm“.-

Von Maria Dziobek und Nóra Szabó

 

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Der Beitrag wurde am Samstag, den 6. Juni 2015 um 23:18 Uhr von Nóra Szabó veröffentlicht und wurde unter Allgemein abgelegt. Sie können die Kommentare zu diesem Eintrag durch den RSS 2.0 Feed verfolgen. Sie können einen Kommentar schreiben, oder einen Trackback auf Ihrer Seite einrichten.

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