Gliederung
A. Die Grundfreiheiten als einheitliches Konzept
I. Die fünf europäischen Grundfreiheiten
II. Die Verwirklichung des Binnenmarkts als Ziel
III. Adressaten der Grundfreiheiten
B. Kongruente Dogmatik der Grundfreiheiten
I. Kein vorrangiges Primär- oder Sekundärrecht
C. Die Warenverkehrsfreiheit als zentrale Grundfreiheit
III. Beeinträchtigung – Von Dassonville über Keck zum Drei-Stufen-Test
A. Die Grundfreiheiten als einheitliches Konzept
I. Die fünf europäischen Grundfreiheiten
Die Verträge unterscheiden seit jeher fünf Grundfreiheiten:
- die Warenverkehrsfreiheit (Art. 28 ff. AEUV)
- die Arbeitnehmerfreizügigkeit (Art. 45 ff. AEUV)
- die Niederlassungsfreiheit (Art. 49 ff. AEUV)
- die Dienstleistungsfreiheit (Art. 56 ff. AEUV)
- die Kapitalverkehrsfreiheit (Art. 63 ff. AEUV).
Die Arbeitnehmerfreizügigkeit, die Niederlassungsfreiheit und die Dienstleistungsfreiheit beziehen sich dabei auf die Freizügigkeit bestimmter Personen, sie werden daher unter dem Begriff der Personenverkehrsfreiheiten zusammengefasst. Alle Grundfreiheiten sind unmittelbar anwendbar,[1] es bedarf keines mitgliedstaatlichen Umsetzungsakts.
Hinweis: Daneben tritt das allgemeine Freizügigkeitsrecht (Art. 21 AEUV), das an die Unionsbürgerschaft anknüpft und insofern auch bei nicht wirtschaftlich geprägten Sachverhalten jedem Unionsbürger und jeder Unionsbürgerin das Recht gibt, sich im gesamten Unionsgebiet frei zu bewegen und aufzuhalten. Es ist gegenüber den Grundfreiheiten subsidiär. Einschränkungen der Möglichkeit zur Wohnsitznahme in einem anderen EU-Mitgliedstaat, die zur Aufnahme eines Arbeitsverhältnisses erfolgt, richten sich mithin allein nach Art. 45 AEUV (Arbeitnehmerfreizügigkeit).
II. Die Verwirklichung des Binnenmarkts als Ziel
Die Gewähr der Grundfreiheiten zielt auf die Förderung des ökonomischen Wohlstands in Europa durch eine Verwirklichung des Binnenmarkts,[2] also eines Raums ohne Binnengrenzen, in dem der freie Verkehr von Waren, Personen, Dienstleistungen und Kapital gewährleistet ist (Art. 26 Abs. 2 AEUV). Dazu schützen sie die maßgeblichen wirtschaftlichen Tätigkeiten vor übermäßigen Restriktionen. Insbesondere den Mitgliedstaaten ist es grundsätzlich untersagt, Personen oder Waren wegen ihrer Herkunft aus einem anderen EU-Mitgliedstaat schlechter zu behandeln oder den grenzüberschreitenden Wirtschaftsverkehr anderweitig zu beschränken (sog. negative Integration). Durch ihren Charakter als subjektive Rechte versetzen die Grundfreiheiten einzelne Unionsbürger:innen (auch „Marktbürger“)[3] und Unternehmen in die Lage, der Verwirklichung des Binnenmarkts zur Durchsetzung zu verhelfen, indem Binnenmarkthindernisse gerichtlich beseitigt werden. Diese Zielsetzung muss bei der Anwendung der Grundfreiheiten stets bedacht werden.
III. Adressaten der Grundfreiheiten
Weiterführender Literaturhinweis
1. Die Mitgliedstaaten
In erster Linie adressieren die Grundfreiheiten die Mitgliedstaaten in all ihren Untergliederungen. Aus historischer Warte betrachtet sind die Grundfreiheiten die Antwort auf protektionistische, also die heimische Wirtschaft bevorzugende Maßnahmen der Nationalstaaten. Welcher Handlungsform sich die Mitgliedstaaten bedienen, in welcher Rechtsform die mitgliedstaatlichen Träger hoheitlicher Gewalt organisiert sind und ob sie öffentlich-rechtlich oder privatrechtlich handeln, ist dabei unerheblich.[4] Verstößt eine mitgliedstaatliche Norm gegen eine Grundfreiheit, ist diese – nach den in Einheit 2 dargestellten Grundsätzen über den Anwendungsvorrang des Unionsrechts – unanwendbar.
Zur Vertiefung: Die Mitgliedstaaten haben nicht bloß Beeinträchtigungen zu unterlassen, sondern sind mitunter auch positiv verpflichtet, Maßnahmen zum Schutz von Grundfreiheiten gegen die Beeinträchtigung durch Private zu ergreifen. In diesem Zusammenhang entschied der EuGH etwa, dass Frankreich verpflichtet war, regelmäßige Fahrbahnblockaden durch Bauern zur Verhinderung von Importen zu unterbinden.[5]
2. Die Europäische Union
Darüber hinaus ist auch die Union an die Grundfreiheiten gebunden,[6] insbesondere soweit sie den Binnenmarkt harmonisierendes Sekundärrecht erlässt. Allein die Reichweite dieser Bindung ist umstritten.[7]
Fallbeispiel
Art. 3 der Entsenderichtlinie 96/71/EG legt fest, dass Arbeitnehmern, die in einem anderen Mitgliedstaat Dienstleistungen erbringen, die dortigen Mindestarbeitsschutzbestimmungen gewährleistet sein müssen. So muss grundsätzlich der dortige Mindestlohn gezahlt werden. Polen sieht darin eine übermäßige Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit gemäß Art. 56 UAbs. 1 AEUV. Die setzt voraus, dass die EU überhaupt an die Grundfreiheiten gebunden ist. Dagegen lässt sich einwenden, dass die EU nach der Konzeption der Verträge nicht bloß die Grundfreiheiten „vollziehen“, sondern auch durch Erlass von Sekundärrecht wirtschaftsgestaltende Maßnahmen erlassen soll. Für eine Bindung spricht indes, dass der Vertragswortlaut keinen Anhaltspunkt bietet, dass nur die Mitgliedstaaten, nicht aber die EU an die Bestimmungen zu den Grundfreiheiten gebunden sind. Letztlich ist – mit dem EuGH[8] – von einer grundsätzlichen Bindung der EU an die Grundfreiheiten auszugehen. Die Vorgabe bestimmter Mindestarbeitsbedingungen stellt eine Beschränkung dar. Diese könnte aber gerechtfertigt sein. Bei der vorzunehmenden Prüfung ist zu bedenken, dass unionsweit einheitliche Regelungen des Unionsgesetzgebers regelmäßig weniger wettbewerbsverzerrende Effekte haben als mitgliedstaatliche Regelungen.[9] Zudem billigt der EuGH dem Unionsgesetzgeber einen weiten Beurteilungsspielraum zu und prüft allein, ob die Maßnahme zur Verfolgung des angestrebten Ziels „offensichtlich ungeeignet“ ist.[10]
3. Private
Die Frage, ob die Grundfreiheiten auch Private bindet (sog. Horizontalwirkung oder Drittwirkung) und somit ihre Privatautonomie einschränkt, ist differenziert zu beantworten. Zuvörderst richten sich die Grundfreiheiten an die Mitgliedstaaten und die EU. Allerdings nahmen und nehmen vermehrt auch private Akteure Funktionen wahr, die einen ähnlich weitreichenden Einfluss auf die Lebens- und Wirtschaftsbedingungen von Unionsbürger:innen haben. Eine solche „funktionale Äquivalenz“ zur hoheitlichen Gestaltungsmacht, die eine Erweiterung der Grundfreiheitenbindung rechtfertigt, wurde in der Rechtsprechung insbesondere für sog. intermediäre Gewalten im Bereich der Personenverkehrsfreiheiten angenommen,[11] etwa Gewerkschaften und Sportverbände[12]. (Nur) Für die Arbeitnehmerfreizügigkeit reicht die Rechtsprechung des EuGH zur Horizontalwirkung noch deutlich weiter. Hier wurde auch der „einfache“ Arbeitgeber in einem individuellen Arbeitsverhältnis als Verpflichteter eingeordnet.[13] Diese Besonderheit rechtfertigt sich daraus, dass Arbeitsverhältnisse typischerweise durch ein Über-Unterordnungsverhältnis und damit ein Machtgefälle geprägt sind.[14] Vergleichsweise zurückhaltend ist die Rechtsprechung des EuGH demgegenüber für die Warenverkehrsfreiheit. Auch hier lässt sich aber die Tendenz erkennen, „intermediäre Gewalten“ in den Kreis der Verpflichteten aufzunehmen. In diesem Sinne wurde für die private Normungs- und Zertifizierungsorganisation „Deutsche Vereinigung des Gas‑ und Wasserfaches e.V. (DVGW)“ eine Bindung anerkannt.[15] Für die von dieser Stelle zertifizierten Produkte hatte der deutsche Verordnungsgeber eine Vermutung aufgestellt, dass sie dem deutschen Recht entsprechen – was faktisch dazu führte, dass nicht von der DVGW zertifizierte Produkte kaum Absatzchancen auf dem deutschen Markt hatten.[16]
B. Kongruente Dogmatik der Grundfreiheiten
Weiterführende Literaturhinweise
Cremer, Die Grundfreiheiten des Europäischen Unionsrechts, JURA 2015, 39 ff.
Lorenzen, Grundlagen des Europarechts (Teil II): Europäische Grundfreiheiten, JURA 2021, 607 ff.
Ruffert/Grischek/Schramm, Europarecht im Examen – Die Grundfreiheiten, JuS 2021, 407 ff.
Obwohl der Normtext der Grundfreiheiten deutliche Unterschiede aufweist und offenkundig stets die Unterschiede bei der Behandlung von Waren und Personen Berücksichtigung finden müssen[17], hat sich in der Rechtsprechung des EuGH eine weitgehend einheitliche Dogmatik herausgebildet. Es lässt sich von einer „Konvergenz“[18], „Parallelität“[19] oder einer „gemeinsame[n] Struktur“[20] der Grundfreiheiten sprechen. Für das Verständnis ist es hilfreich, sich zunächst die übergeordneten Strukturen bewusst zu machen. Dies ermöglicht es, einen Großteil der Sachverhalte ohne umfangreiche Detailkenntnisse souverän zu bearbeiten. Anschließend wird auf die prüfungsrelevanten Besonderheiten der einzelnen Grundfreiheiten eingegangen (C. und D.).
I. Kein vorrangiges Primär- oder Sekundärrecht
Bevor es zur Prüfung eines Verstoßes gegen eine Grundfreiheit kommt, muss zunächst ermittelt werden, ob nicht eine Vorschrift des unionalen Sekundärrechts existiert, die den Sachverhalt abschließend regelt. Hintergrund ist die Kompetenzverteilung innerhalb der Verträge, nach der die nähere Ausgestaltung des Binnenmarkts dem Unionsgesetzgeber zugewiesen ist.[21] Sollte das Sekundärrecht einen Sachverhalt nur teilweise regeln, finden die Grundfreiheiten in den verbleibenden „Lücken“ Anwendung.
Zur Vertiefung: Besteht eine Sonderregelung des Primärrechts (etwa Art. 38 AEUV für Agrarprodukte und Art. 346 AEUV für Waffen und Kriegsmaterial) ist die Anwendung der Grundfreiheiten ebenfalls ausgeschlossen. Dies dürfte in Klausuren kaum einmal relevant werden.
II. Schutzbereich
1. Sachlicher Schutzbereich
Die Grundfreiheiten als Wirtschaftsfreiheiten schützen nur besondere, binnenmarktrelevante Verhaltensweisen. Ob die besonderen Voraussetzungen der jeweiligen Grundfreiheit (Warenverkehr, Erbringung einer abhängigen Arbeit oder selbstständigen Dienstleistung, Niederlassung, Zahlungsverkehr, Kapital) vorliegen, muss mittels der unten näher dargestellten Definitionen ermittelt werden. Die Schutzbereiche sind nach einem autonomen unionalen Begriffsverständnis auszulegen, der in der deutschen Rechtsordnung verwandte Begriff des Arbeitnehmers (vgl. § 611a Abs. 1 S. 1 BGB) darf also nicht ohne weiteres auch für die Konturierung der Arbeitnehmerfreizügigkeit gemäß Art. 45 Abs. 1 AEUV zugrunde gelegt werden.
Abgrenzungsschwierigkeiten zwischen den Grundfreiheiten sind grundsätzlich durch die Identifizierung des Schwerpunkts der betroffenen Verhaltensweise aufzulösen. Dabei sind – soweit es sich um eine Vorabentscheidungsverfahren handelt – Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen. Werbemaßnahmen können etwa aus Sicht des Herstellers eines Produkts einen Annex zu seiner Warenverkehrsfreiheit darstellen, für eine Werbeagentur hingegen eine selbstständige Dienstleistung.[22]
2. Persönlicher Schutzbereich
Die Personenverkehrsfreiheiten schützen die wirtschaftliche Freizügigkeit (nur) der Unionsbürger:inneni.S.d. Art. 20 AEUV, also aller Staatsangehörigen eines Mitgliedstaates. Dies ergibt sich für die Arbeitnehmerfreizügigkeit (Art. 45 Abs. 2 AEUV) sowie die Niederlassungs- (Art. 49 UAbs. 1 S. 1 AEUV) und die Dienstleistungsfreiheit (Art. 56 UAbs. 1 AEUV) aus dem Wortlaut der Verträge. Die bloße Inhaberschaft der Staatsangehörigkeit ist ausreichend. Es ist nicht erforderlich ist, dass sie gegenwärtig in einem Mitgliedstaat ansässig sind.
Die Warenverkehrsfreiheit und die Kapital- und Zahlungsverkehrsfreiheit sind indes nicht personen-, sondern sachbezogen. Daher kann sich grundsätzlich jedermann, auch Personen aus Drittstaaten, auf sie berufen.
Auch juristische Personen kommt der Schutz der Grundfreiheiten zu. Ausdrücklich findet sich die personelle Berechtigung juristischer Personen für die Niederlassungsfreiheit in Art. 54 UAbs. 1 AEUV, wonach die Gesellschaften „den natürlichen Personen gleich“ stehen. Dabei liegt ein (weites) Begriffsverständnis von „Gesellschaften“ zugrunde (Art. 54 UAbs. 2 AEUV), das letztlich nur solche Gesellschaften ausschließt, die keinen Erwerbszweck erfolgen, mithin nicht am Wirtschaftsverkehr teilnehmen. Gewinnerzielungsabsicht ist nicht erforderlich, auch kulturelle, religiöse oder karitative Einrichtungen können je nach Art der konkreten Tätigkeit einen Erwerbszweck verfolgen.
3. Grenzüberschreitender Bezug
Weiter ist ein grenzüberschreitender Bezug Voraussetzung für die Eröffnung des Schutzbereichs der Grundfreiheiten. Demnach muss der Sachverhalt sich auf den Wirtschaftsverkehr zwischen den Mitgliedstaaten beziehen. Reine Inlandssachverhalte oder Sachverhalte, die einen grenzüberschreitenden Bezug zu einem Drittstaat außerhalb der Union aufweisen, fallen nicht in den Anwendungsbereich der Grundfreiheiten.
Fallbeispiel
Bei der Prüfung ist die prozessuale Einbettung zu bedenken. In einem Vorabentscheidungsverfahren ist regelmäßig zu subsumieren, ob der konkrete Sachverhalt im Ausgangsrechtsstreit einen grenzüberschreitenden Bezug aufweist.
Zum Beispiel: A klagt vor dem VG München auf die Genehmigung der Einfuhr von Sekt mit einem Alkoholgehalt von 6 Prozent. Nach einer gesetzlichen Regelung ist für die Bezeichnung „Sekt“ ein Alkoholgehalt von mindestens 10 Prozent erforderlich. Im eingeleiteten Vorabentscheidungsverfahren stellt sich die Frage eines Verstoßes gegen die Warenverkehrsfreiheit. Diese ist nur anwendbar, soweit ein grenzüberschreitender Bezug vorliegt. Im Rahmen der Zulässigkeit („Entscheidungserheblichkeit“) und der Begründetheit („Persönlicher Schutzbereich“) ist deswegen zu bejahen, weil im Ausgangssachverhalt eine Person (A) die Ware aus Frankreich einführen möchte und dabei unter die streitgegenständliche Regelung fällt.
Bei einem Vertragsverletzungsverfahren zu einer mitgliedstaatlichen Norm kommt es darauf an, ob potenziell auch grenzüberschreitende Sachverhalte vom Anwendungsbereich der Norm erfasst sein könnten: Dieselbe Norm wird im Vertragsverletzungsverfahren angegriffen (z.B. weil die französische Regierung einen Einbruch der wichtigen Industrie befürchtet). Ein grenzüberschreitender Bezug besteht potenziell, weil nicht auszuschließen ist, dass Händler Sekt grenzüberschreitend verbringen möchten.
Zur Vertiefung: Werden EU-Ausländer:innen ungerechtfertigt durch eine nationale Regelung in ihren Grundfreiheiten beeinträchtigt, kann ihnen diese Regelung aufgrund des Anwendungsvorrangs des Unionsrechts nicht entgegengehalten werden. In dieser Hinsicht stehen sie mitunter besser als eine inländische Person, die in ähnlicher Art und Weise von der Regelung betroffen ist (z.B. Anforderungen an die Produktbeschaffenheit), für die aber die Grundfreiheiten mangels grenzüberschreitenden Sachverhalts keine Anwendung finden. Dieser Inländerdiskriminierung steht das Unionsrecht nicht entgegen. Eine Verletzung von Art. 3 Abs. 1 GG wird abgelehnt, weil die Regelung für EU-Ausländer:innen durch Unionsrecht, für Inländer:innen durch den nationalen Regelungsgeber getroffen wird.
4. Keine Bereichsausnahme
Schließlich darf keine Bereichsausnahme vorliegen, welche die Anwendbarkeit einer Grundfreiheit ausschließt. Die Bereichsausnahmen, die bereits die Eröffnung des Schutzbereichs ausschließen, sind streng von den Rechtfertigungsgründen für die Beschränkung einer Grundfreiheit zu unterscheiden. Bereichsausnahmen bestehen nur für die Personenverkehrsfreiheiten und sind abschließend im Vertragstext aufgeführt. Sie beziehen sich auf Tätigkeiten, bei denen öffentliche Gewalt ausgeübt wird (Art. 51 UAbs. 1 AEUV [i.V.m. Art. 62 AEUV]) bzw. auf Tätigkeiten in der öffentlichen Verwaltung (Art. 45 Abs. 4 AEUV). Die Bereichsausnahmen sind eng auszulegen. So sind von der Bereichsausnahme für Beschäftigte in der öffentlichen Verwaltung lediglich Personen erfasst, die tatsächlich und regelmäßig hoheitliche Gewalt zur Wahrung der Belange der Allgemeinheit ausüben und daher eine besondere Verbundenheit zum Staat haben.[23] Hierzu zählen Militärangehörige, Richterinnen und Polizisten. Nicht erfasst sind hingegen Lehrer, Referendare oder Ärztinnen in staatlicher Beschäftigung.
III. Beeinträchtigung
1. Handlung eines Verpflichteten
Ist der Schutzbereich einer Grundfreiheit eröffnet, ist weiter zu prüfen, ob und inwieweit diese durch eine Maßnahme eines Mitgliedstaats, der Union oder eines Privaten beeinträchtigt wird.[24] Hier ist zunächst zu prüfen, ob ein Verpflichteter gehandelt hat.
Hinweis: Während die Bindung eines Mitgliedstaats nur kurz festgestellt zu werden braucht, sind an dieser Stelle zur Verpflichtung der Union und Privater genauere Ausführungen angezeigt.
2. Ausgangspunkt: Diskriminierungsverbot
Sodann ist herauszuarbeiten, ob eine – offene oder verdeckte – Diskriminierung erfolgt ist oder eine nichtdiskriminierende Beschränkung des Marktzugangs. Im Ausgangspunkt handelt es sich bei den Grundfreiheiten nicht um klassische Freiheitsrechte, sondern um Gleichheitsrechte.[25] Ziel der Grundfreiheiten war und ist es, die Schlechterstellung aufgrund der Staatsangehörigkeit oder eines Auslandsbezugs einer Verhaltensweise zu verhindern, etwa das Verbot der Einfuhr ausländischer Ware oder die Nichterteilung einer Tätigkeitserlaubnis an ausländische Unternehmen. Vor diesem Hintergrund wurden und werden die Grundfreiheiten als Diskriminierungsverbote verstanden.
Eine Diskriminierung kann in offener Weise erfolgen, wenn eine Maßnahme unmittelbar an die Staatsangehörigkeit oder den Produktionsort anknüpft, sie kann sich aber auch (praktisch wichtiger) in Form einer verdeckten bzw. mittelbaren Diskriminierung äußern. Werden z.B. bestimmte Sprachkenntnisse oder ein inländischer Wohnort gefordert, trifft dies jedenfalls typischerweise Ausländer:innen. Ob die Schlechterbehandlung rechtsförmig oder faktisch, final oder unbeabsichtigt erfolgt, ist unbeachtlich.
3. Weiterentwicklung: Beschränkungsverbot
In den vergangenen Jahrzehnten hat der EuGH alle Grundfreiheiten, teilweise über den Wortlaut hinaus, von Diskriminierungsverboten zu umfassenden Beschränkungsverboten weiterentwickelt. Dabei hat der EuGH zunächst Art. 34 AEUV in der Rechtssache Dassonville als allgemeines Beschränkungsverbot interpretiert[26] und diese Auslegung in der Folge auf die übrigen Grundfreiheiten übertragen. Eine Beeinträchtigung einer Grundfreiheit liegt danach schon dann vor, soweit eine Maßnahme, auch wenn sie ohne Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit gilt, geeignet ist, die Ausübung der durch den Vertrag garantierten Grundfreiheiten zu behindern oder weniger attraktiv zu machen.[27] Ausgeschlossen sind letztlich nur Maßnahmen, deren beschränkende Wirkungen „zu ungewiss und zu mittelbar“[28] sind.
Der EuGH sah sich zu dieser Rechtsprechung veranlasst, da es für die tatsächliche Verwirklichung des Binnenmarktes nicht ausreicht, wenn bloß Diskriminierungen unterlassen werden. Auch Maßnahmen, die nicht an die Staatsangehörigkeit oder die Warenherkunft anknüpfen, die also unterschiedslos gelten, können rechtliche und tatsächliche Hindernisse für die Verwirklichung des Binnenmarkts begründen. Insofern ist genauer der Frage nachzugehen, ob die mitgliedstaatliche Maßnahme für Waren, Dienstleistungserbringer, Selbstständige oder Arbeitnehmer:innen eine Erschwernis des Marktzugangs begründet.[29] Exemplarisch lassen sich Bestimmung über die Beschaffenheit von Produkten anführen – etwa die Verpflichtung, dass Margarine nur in Würfelform mit einem Gewicht 250 g, 500 g, 1 kg oder 2 kg verkauft wird –[30], die zwar nicht an die Staatsangehörigkeit oder den Produktionsort anknüpft, für einen Produzenten aus einem anderen Mitgliedstaat jedoch potenziell mit einer Produktionsumstellung verbunden ist und daher ein erhebliches Hindernis darstellen. Gleiches gilt für Bestimmungen über die verpflichtende Mitgliedschaft in einer Berufsträgerkammer[31], welche die kurzfristige oder einmalige Erbringung von Dienstleistungen erschwerten.
Hinweis: Da ein großer Teil der nationalen Maßnahmen Auswirkungen auf den Binnenmarkt hat, hat der EuGH den extensiven Beschränkungstatbestand der Dassonville-Formel mit der Keck-Formel und der Folgerechtsprechung hierzu wieder eingegrenzt, näheres dazu bei der Warenverkehrsfreiheit.
IV. Rechtfertigung
1. Möglichkeit der Beschränkung
Da auch wirtschaftliche Tätigkeiten in einem gewissen Umfang durch staatliche Maßnahmen reguliert werden müssen, sind Beeinträchtigungen einer Grundfreiheit der Rechtfertigung zugänglich. Im Vertragstext finden sich für alle Grundfreiheiten Regelungen, aus welchen Gründen eine Beeinträchtigung zulässig sein kann (geschriebene Rechtfertigungsgründe). Nach Art. 36 AEUV steht die Warenverkehrsfreiheit Maßnahmen nicht entgegen, die etwa „aus Gründen der öffentlichen […] Ordnung und Sicherheit“ oder „zum Schutze der öffentlichen Gesundheit […]“ ergriffen werden. Ein vergleichbarer, etwas weniger umfangreiche Katalog geschriebener Schranken findet sich bei den übrigen Grundfreiheiten (Art. 45 Abs. 3, 52 Abs. 1 [i.V.m. Art. 62], 64, 65 AEUV).
Die Rechtfertigungsgründe sind autonom unionsrechtlich und grundsätzlich eng auszulegen. Die öffentliche Ordnung umfasst lediglich Grundinteressen des Staates von wesentlicher Bedeutung, deren tatsächliche Gefährdung von einer gewissen Schwere sein muss.[32] In ähnlicher Weise kommt die öffentliche Sicherheit nur in Betracht, wenn es um Bedrohungen „für die Existenz eines Staates“[33] geht.
Hinweis: Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze gelingt eine Subsumtion unter die Rechtfertigungsgründe regelmäßig, ohne dass spezifische Definitionen erlernt werden müssten.
Die Ausweitung der grundfreiheitsrelevanten Beeinträchtigungen auf Beschränkungen wird teilweise dadurch relativiert, dass auch die Rechtfertigungsmöglichkeiten in der EuGH-Rechtsprechung um ungeschriebene Rechtfertigungsgründe ergänzt wurden, um den Mitgliedstaaten ausreichende Handlungsspielräume zur Umsetzung ihrer nationalen Politiken zu belassen. In der grundlegenden, den Warenverkehr betreffenden Cassis de Dijon-Entscheidung erklärte der EuGH daher unterschiedslos wirkende, also nichtdiskriminierende beschränkende Maßnahmen für mit dem Unionsrecht vereinbar, soweit sie
„notwendig sind, um zwingenden Erfordernissen gerecht zu werden, insbesondere den Erfordernissen einer wirksamen steuerlichen Kontrolle, des Schutzes der öffentlichen Gesundheit, der Lauterkeit des Handelsverkehrs und des Verbraucherschutzes.“[34]
Für die anderen Grundfreiheiten spricht der EuGH – ohne ersichtlichen Unterschied – von zwingenden Gründen des Allgemeininteresses.[35] Inhaltlich geht es um besonders wichtige Gemeinwohlbelange. Kenntnis sämtlicher vom EuGH akzeptierter Gemeinwohlbelange wird in Prüfungsaufgaben nicht erwartet, für die Entwicklung eines „Judizes“ seien der Umweltschutz, die Verkehrssicherheit oder der Verbraucherschutz beispielhaft aufgeführt.[36] In der Argumentation bietet es sich an, die Einordnung als „zwingendes Erfordernis“ unionsrechtlich zu untermauern, indem einschlägige Normen des Primär- (z. B Art. 11 AEUV, Art. 37 GRCh für den Umweltschutz) oder Sekundärrechts (z.B. Verbraucherrechterichtlinie 2011/83/EU) angeführt werden.
Ungeschriebene Rechtfertigungsgründe können in jedem Fall für Beschränkungen Anwendung finden. Für offene Diskriminierungen wird eine Anwendbarkeit regelmäßig abgelehnt.[37] Für verdeckte Diskriminierungen ist in der Rechtsprechung bisher nicht eindeutig auszumachen, ob auf ungeschriebene Rechtfertigungsgründe zurückgegriffen werden kann. Dies besseren Argumente sprechen dafür.[38] So ist die Abgrenzung zwischen Beschränkungen und verdeckten Diskriminierungen mitunter schwierig. Zudem steht mit der Verhältnismäßigkeitsprüfung ein Instrument zur Verfügung, das eine interessengerechte Feinsteuerung besser zu bewirken vermag als ein abstrakter Ausschluss der Anwendbarkeit.[39]
Zur Vertiefung: Als einen Gemeinwohlbelang, der zur Beschränkung der Grundfreiheiten geeignet ist, hat der EuGH auch die europäischen Grundrechte angesehen. So konnte die mitgliedstaatliche Gewährleistung der Versammlungsfreiheit zur Rechtfertigung einer Sperrung einer wichtigen grenzüberschreitenden Straßenverbindung herangezogen werden.[40]
2. Grenzen der Beschränkbarkeit (Schranken-Schranken)
Auch Beeinträchtigungen, für die ein Rechtfertigungsgrund vorliegt, müssen verhältnismäßig, das heißt geeignet, erforderlich und angemessen sein. Eine Beeinträchtigung ist geeignet, wenn sie die Verfolgung des – geschriebenen oder ungeschriebenen – Rechtfertigungsgrunds fördert. Über die aus der deutschen Dogmatik bekannte Prüfung hinaus, fordert der EuGH weiter, dass die Maßnahme in der Zusammenschau mit dem sonstigen Verhalten des Verpflichteten in kohärenter und systematischer Weise das Ziel verfolgt.
Fallbeispiel[41]
G wird in einem italienischen Strafverfahren des Betrugs beschuldigt, weil er heimlich Wetten organisiert und bei der Sammlung von Wetten des aus Großbritannien stammenden Buchmachers S mitgewirkt habe. Das Sammeln von Wetten und die Übermittlung an die Buchmacher war jedoch allein der mit einem Monopol ausgestatteten staatlichen Wettagentur gestattet. Dies begründet der italienische Staat mit dem Ziel der Bekämpfung der Spielsucht. G beruft sich auf die Verletzung seiner Dienstleistungsfreiheit gemäß Art. 56 UAbs. 1 AEUV, da die nationale Regelung ihm die grenzüberschreitende Datenvermittlung unmöglich mache. Der EuGH entschied, dass die italienischen Regelungen als Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit ungeeignet und damit unverhältnismäßig seien, weil sie nicht kohärent und systematisch zur Begrenzung der Wetttätigkeiten beitragen. Die staatlichen Stellen würden keinerlei sonstige Schutzvorkehrungen treffen und die Wettenden sogar zum Spiel ermuntern, um für die Staatskasse Einnahmen zu generieren.
Erforderlich ist eine Maßnahme, wenn das mit ihr verfolgte Ziel nicht auf weniger beeinträchtigende Weise zu erreichen ist. Auch Fragen, die klassischerweise die Angemessenheit betreffen, bei denen es also um eine Güterabwägung geht, werden vom EuGH teilweise im Rahmen der Erforderlichkeit geprüft. Aufgrund der bekannten Handhabung des vierstufigen Verhältnismäßigkeitsaufbaus und der im Ergebnis gleichlaufenden Argumentation kann dieser in Prüfungsarbeiten nichtsdestotrotz zugrunde gelegt werden.
Zu beachten ist schließlich, dass die Grundrechte nicht nur, wie oben ausgeführt, mit den Grundfreiheiten im Sinne einer Schranke kollidieren können, sondern dass sie auch als verstärkender Faktor für den Schutz der Grundfreiheiten wirken kann. Jede Einschränkung einer Grundfreiheit wird vom EuGH als Durchführung des Unionsrechts (Art. 51 Abs. 1 GRCh) angesehen, sodass der Anwendungsbereich der GRCh eröffnet ist (sog. ERT-Rechtsprechung).[42] Die Unionsgrundrechte wirken im Folgenden wie eine Schranken-Schranke. Eine Regelung zur Beschränkung einer Grundfreiheit muss also nicht nur verhältnismäßig sein, sondern zudem mit den Unionsgrundrechten vereinbar sein. Insofern ist gegebenenfalls eine inzidente Grundrechtsprüfung vorzunehmen. Im Hinblick auf die Verhältnismäßigkeitsprüfung zur Rechtfertigung eines Grundrechtseingriffs kann – auch wenn der Bezugspunkt ein anderer ist – freilich vielfach an die Erwägungen zur zuvor geprüften Verhältnismäßigkeit der Grundfreiheitenbeeinträchtigung angeknüpft werden.
C. Die Warenverkehrsfreiheit als zentrale Grundfreiheit
I. Konzeption
Nach der Konzeption des AEUV wird die Warenverkehrsfreiheit durch drei verschiedene Mechanismen gewährleistet: die Zollunion (Art. 30 – 33 AEUV), das Verbot mengenmäßiger Ein- und Ausfuhrbeschränkungen oder Maßnahmen gleicher Wirkung (Art. 34 – 36 AEUV) sowie die Umformung staatlicher Handelsmonopole (Art. 37 AEUV). Die Zollunion ist weitestgehend verwirklicht (keine „tarifären Handelshemmnisse“). Relevant für Praxis und Ausbildung sind daher die „non-tarifären Handelshemmnisse“, also Maßnahmen, die den grenzüberschreitenden Warenverkehr abseits von einer Zollerhebung beeinträchtigen.
II. Schutzbereich
Die Warenverkehrsfreiheit findet nach Art. 28 AEUV Anwendung auf Waren, die aus den Mitgliedstaaten stammen oder sich in den Mitgliedstaaten, auch wenn sie in einem Drittstaat produziert wurden, im freien Verkehr befinden (sog. Unionsware, vgl. Art. 28 Abs. 2, 29 AEUV). Der in den Verträgen nicht näher definierte Begriff der Ware ist zu verstehen als jeder Gegenstand, dem ein Geldwert zukommt und der Gegenstand eines Handelsgeschäfts sein kann.[43] Der Begriff wird weit und pragmatisch orientiert an den tatsächlichen Erfordernissen des Binnenmarkts ausgelegt. So zählte der EuGH auch Strom und Gas zu den Waren. Während Träger elektronischer Dateien als Speichermedium (z.B. CD-ROMs) in den Anwendungsbereich der Norm fallen, sind Beschränkungen bezogen auf Nutzungsrechte an digitalen Produkten (z.B. E-Books)[44] anhand der Dienstleistungsfreiheit zu prüfen. Gleiches gilt für Gegenstände, deren Wert sich alleine aus der in ihnen verkörperten Dienstleistung bemisst (z.B. Lotterielose).
Zur Vertiefung: Umstritten ist, inwieweit Produkte vom Schutzbereich ausgeschlossen sind, deren Handel grundsätzlich verboten ist. Teilweise wird dies generell verneint und eine Lösung auf Rechtfertigungsebene gesucht.[45] Der EuGH ist allerdings für Cannabis davon ausgegangen, dass aufgrund des grundsätzlichen Verkehrsverbots für Cannabis in den Mitgliedstaaten der EU eine Berufung auf die Grundfreiheiten von vornherein ausscheide.[46] Diese Rechtsprechung erging freilich vor verschiedenen Liberalisierungsmaßnahmen, u.a. in Deutschland: Ist der Handel mit einer Ware nur in einzelnen Mitgliedstaaten verboten, in anderen hingegen erlaubt, so ist der Schutzbereich der Warenverkehrsfreiheit zu eröffnen und die Verbote sind daran zu messen.
Überdies muss die Ware aus einem Mitgliedstaat stammen oder sich innerhalb der Union im freien Verkehr befinden, sofern sie aus einem Drittstaat stammt (Art. 28 Abs. 2 AEUV). Art. 29 AEUV trifft nähere Bestimmungen darüber, wann eine Ware als im freien Verkehr befindlich gilt. Auf die Staatsangehörigkeit des Produzenten, der Verkäuferin oder des Käufers kommt es für den Schutz des Art. 34 AEUV, der keinen persönlichen Schutzbereich kennt, nicht an.
III. Beeinträchtigung – Von Dassonville über Keck zum Drei-Stufen-Test
1. Dassonville-Formel
Eine (non-tarifäre) Beeinträchtigung der Warenverkehrsfreiheit kann in mengenmäßigen Ein- und Ausfuhrbeschränkungen sowie Maßnahmen gleicher Wirkung (Art. 34, 35 AEUV) liegen. Mengenmäßige Beschränkungen sind Maßnahmen, die die Ein-, Aus- oder Durchfuhr von Waren auf ein bestimmtes Kontigent beschränken und somit im Ergebnis ganz oder teilweise untersagen.[47] Diesem Verbot kommt heute kaum praktische Relevanz mehr zu.
Allerdings bezieht sich Art. 34 AEUV auch auf Maßnahmen, die zwar keine mengenmäßige Beschränkung darstellen, aber dennoch den Binnenmarkthandel in vergleichbarer Weise behindern oder unmöglich machen. Eine solche Maßnahme gleicher Wirkung ist nach der Dassonville-Formel des EuGH
„jede Handelsregelung der Mitgliedstaaten, die geeignet ist, den innergemeinschaftlichen Handel unmittelbar oder mittelbar, tatsächlich oder potentiell zu behindern.“[48]
Auch wenn das Verbot diskriminierender Maßnahmen in Art. 34 AEUV begrifflich nicht angelegt ist, hat der EuGH doch explizit klargestellt, dass eine an die Herkunft eines Produktes anknüpfende Regelung eine Diskriminierung darstellt und die Dassonville-Formel auch diese Art der Beeinträchtigung erfasst.[49] Auch bei der Warenverkehrsfreiheit sollte daher zwischen diskriminierenden und unterschiedslos wirkenden Maßnahmen differenziert werden. In einer Klausur ist also zu prüfen, ob es sich um eine offene Diskriminierung (ausdrückliche Anknüpfung an den Produktionsort), eine verdeckte Diskriminierung (die Maßnahme betrifft tatsächlich weitestgehend Waren mit einem Produktionsort im Ausland) oder eine sonstige Beschränkung handelt.
2. Keck-Formel
Aufgrund der Weite der Dassonville-Formel sind kaum wirtschaftsbezogene Maßnahmen denkbar, die sich nicht in irgendeiner Art auf den Absatz von Waren auswirken könnten.[50] Der hierdurch entstehende Rechtfertigungsdruck für die Mitgliedstaaten führte dazu, dass der EuGH in der Keck-Formel die Reichweite des Beschränkungsbegriffs wieder einschränkte. Er nahm bestimmte Verkaufsmodalitäten (und Vertriebsmodalitäten) vom Beschränkungsbegriff aus, sie sind daher nicht rechtfertigungsbedürftig.
In Anknüpfung an diese Rechtsprechung ist in einer Klausur zunächst abzugrenzen, ob es sich bei der beeinträchtigenden Maßnahme um eine verkaufs- oder eine produktbezogene Regelung handelt. Dies kann im Einzelfall erhebliche Schwierigkeiten (und Begründungsbedarf) bereiten. Beispiele für Verkaufsmodalitäten sind etwa Regelungen zu Ladenöffnungszeiten, die Beschränkung des Verkaufs von Tabakprodukten auf bestimmte Händler oder die Apothekenpflicht für Babynahrung. Demgegenüber sind Vorgaben über die Bezeichnung, Form oder auch Etikettierung einer Ware als produktbezogen einzustufen.
Zur Vertiefung: Besonders schwierig einzuordnen sind Regelungen, die die Verwendung oder Nutzung von Produkten betreffen (z.B. das Verbot, Autofenster mit einer Klebefolie zu verdunkeln,[51] oder das Verbot für Motorräder, einen Anhänger mitzuführen[52]). Hier wird teilweise dafür plädiert, die Rückausnahme für Verkaufsmodalitäten entsprechend anzuwenden.[53] Der EuGH hat bisher ohne Rekurs auf die Keck-Formel darauf abgestellt, ob der Marktzugang durch die Verwendungsregelung beschränkt wird – was in aller Regel der Fall ist.
Die Einordnung als Verkaufsmodalität genügt allein indes noch nicht für eine Rückausnahme von der Annahme einer beeinträchtigenden Maßnahme. Darüber hinaus muss sie ausländische und inländische Waren rechtlich und tatsächlich in derselben Weise berühren. Konkret besteht eine tatbestandliche Ausnahme mithin für
1. Verkaufsmodalitäten,
2. die „für alle betroffenen Wirtschaftsteilnehmer gelten, die ihre Tätigkeit im Inland ausüben“ und
3. „den Absatz der inländischen Erzeugnisse und der Erzeugnisse aus anderen Mitgliedstaaten rechtlich wie tatsächlich in der gleichen Weise berühren“[54].
3. Drei-Stufen-Test
Schon früh ergänzte der EuGH die Abgrenzung nach der nicht in allen Fällen zu eindeutigen Ergebnissen führenden Keck-Formel noch stärker durch das Kriterium des Marktzugangs[55] und rückt somit richtigerweise den Binnenmarktgedanken in den Mittelpunkt seiner Rechtsprechung. In der jüngeren Rechtsprechung findet sich diesen Gedanken fortsetzend in einigen Urteilen eine Tendenz, die Keck-Formel durch den sog. Drei-Stufen-Test (auch: „neue Formel“) abzulösen. Dieser erstmals in der Rechtssache Kommission/Italien[56] und später in der Rechtssache ANETT[57] (daher auch „ANETT-Formel“) angewandteTest zur Feststellung einer Beeinträchtigung ist in der Sache eine Zusammenfassung der bereits zuvor in der Keck-Folgerechtsprechung entwickelten Fallgruppen. Während die Keck-Formel eine tatbestandliche Ausnahme von der Dassonville-Formel darstellt, konkretisiert der Dreistufentest positiv die Maßnahmen gleicher Wirkung gemäß Art. 34 AEUV und vermeidet so ein Ausufern der Dassonville-Formel.
Danach liegt eine Beschränkung in folgenden drei Fällen vor:
1. Waren aus einem anderen Mitgliedstaat werden schlechter behandelt als inländische Produkte (Diskriminierungsverbot).
2. Waren, die in einem anderen Mitgliedstaat rechtmäßig hergestellt und in den Verkehr gebracht wurden, müssen für den Marktzutritt im Zielland zusätzlichen Anforderungen entsprechen (Herkunftslandprinzip).
3. Der Marktzugang einer Ware wird in sonstiger Weise erschwert (Marktzugangsbeschränkung).
In der Rechtsprechung des GHEU ist bisher keine klare Linie zum Verhältnis zwischen Keck-Formel und Drei-Stufen-Test erkennbar.[58] Für Klausurbearbeitungen empfiehlt es sich, zunächst auf das Zusammenwirken von Dassonville-Formel und Keck-Formel zurückzugreifen und anschließend anhand des Drei-Stufen-Tests das gefundene Ergebnis zu überprüfen. Damit kann zugleich herausgearbeitet werden, dass der Marktzugang das entscheidende Kriterium für die Verwirklichung eines Binnenmarktes ist und deshalb auch das wichtigste Kriterium für die Beurteilung einer Beeinträchtigung der Warenverkehrsfreiheit darstellt. Der Drei-Stufen-Test sollte insbesondere dann in den Vordergrund rücken, wenn eine Einordnung als Verkaufs- oder Produktmodalität – wie bei den oben genannten Nutzungsregelungen (Verbot der Verwendung von Autoklebefolien oder Motorradanhängern) oder einer LKW-Maut als Beförderungsbedingung für Waren[59] – nur schwer möglich ist.
Fallbeispiel[60]
Der Bundestag beschließt ein Verbot des Abbrennens von Sprengkörpern durch Private. K, der ein Geschäft für Feuerwerkskörper in Österreich betreibt und den Großteil seines Absatzes in Deutschland erzielt, sieht hierin eine Verletzung seiner Warenverkehrsfreiheit. Zu Recht?
Die Grundfreiheiten sind mangels vorrangigem Sekundärrechts grundsätzlich anwendbar. Bei den Feuerwerkskörpern handelt es sich um Waren i.S.d. Art. 28 Abs. 2 AEUV. Ein grenzüberschreitender Sachverhalt liegt vor, der Schutzbereich des Art. 34 AEUV ist eröffnet. Fraglich ist, ob das an den Endnutzer adressierte Abbrennverbot eine Beeinträchtigung der Warenverkehrsfreiheit des K darstellt. Das Abbrennverbot ist keine mengenmäßige Einfuhrbeschränkung nach Art. 34 Var. 1 AEUV. Es könnte sich jedoch um eine Maßnahme gleicher Wirkung gemäß Art. 34 Var. 2 AEUV handeln. Nach der Dassonville-Formel sind Maßnahmen gleicher Wirkung alle Handelsregelungen der Mitgliedstaaten, die geeignet ist, den innergemeinschaftlichen Handel unmittelbar oder mittelbar, tatsächlich oder potentiell zu behindern. Der grenzüberschreitende Absatz der Feuerwerkskörper wird durch das Abbrennverbot erschwert, da die Marktteilnehmer kein Interesse an ihrem Erwerb haben werden. Um ein Ausufern des Schutzbereichs zu verhindern, ist die Dassonville-Formel allerdings durch die Maßstäbe der Keck-Formel zu begrenzen. Hiernach sind nichtdiskriminierende Maßnahmen, die lediglich den Verkauf oder Vertrieb einer Ware betreffen, nicht als Maßnahmen gleicher Wirkung zu bewerten. Das Abbrennverbot trifft alle Anbieter von Feuerwerkskörpern unterschiedslos. Hier ist jedoch schwierig zu bestimmen, ob die Maßnahmen an die Beschaffenheit der Ware anknüpft oder eine bloße Verkaufsmodalität darstellt. Zur Auflösung dieser Rechtsunsicherheit ist mit der Drei-Stufen-Theorie für die Feststellung einer Beeinträchtigung alternativ darauf abzustellen, ob das Abbrennverbot bezweckt oder bewirkt, dass Waren aus einem anderen Mitgliedstaat schlechter behandelt werden als inländische Waren, ob damit gegen den Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung verstoßen wird, oder ob der Marktzugang in sonstiger Weise erschwert wird. Hier wird durch das Abbrennverbot der (tatsächliche) Marktzugang in erheblicher Weise erschwert, wenn nicht sogar unmöglich gemacht. Dem Grundanliegen der Grundfreiheiten entsprechend, den Binnenmarkt zu verwirklichen (vgl. Art. 26 AEUV), ist das Abbrennverbot als Maßnahme gleicher Wirkung und mithin als Beeinträchtigung des Art. 34 AEUV zu qualifizieren.
IV. Rechtfertigung
1. Geschriebene und ungeschriebene Rechtfertigungsgründe
Für die geschriebenen Rechtfertigungsgründe nach Art. 36 AEUV, die sowohl auf Diskriminierungen als auch auf bloße Beschränkungen Anwendung finden, gelten die oben dargelegten Grundsätze. Daneben ist – für Beschränkungen und nach umstrittener Auffassung auch für verdeckte Diskriminierungen – seit der Entscheidung in der Rechtssache Cassis de Dijon auch eine Rechtfertigung durch zwingende Erfordernisse anerkannt.
2. Schranken-Schranken
Die Beeinträchtigung, die durch die Maßnahme hervorgerufen wird, muss – unabhängig von der Art des Rechtfertigungsgrundes (geschrieben/ungeschrieben) – verhältnismäßig sein. In der Konsequenz darf die Maßnahme weder eine willkürliche Diskriminierung zum Ziel haben noch rein wirtschaftlichen Interessen des Mitgliedstaates dienen. Auf Ebene der Erforderlichkeit sieht der EuGH etwa die Etikettierung von Produkten, die über eine andere Zusammensetzung als im Inland üblich verfügen, als ausreichendes und im Vergleich zu einem Verbot milderes Mittel für einen effektiven Schutz der mündigen Verbraucher:innen (sog. labeling-doctrine).
D. Dogmatik der weiteren Grundfreiheiten
I. Schutzbereiche
1. Arbeitnehmerfreizügigkeit
Die Arbeitnehmerfreizügigkeit (Art. 45 – 48 AEUV) zielt darauf, jeder Arbeitnehmerin und jedem Arbeitnehmer die Möglichkeit zu bieten, innerhalb des Binnenmarkts ohne Diskriminierung oder sonstige Beschränkung, die aus subjektiver Perspektive am besten geeignete Arbeitsstelle zu suchen und wahrzunehmen. Arbeitnehmer im unionsrechtlichen Sinne ist, wer während einer bestimmten Zeit für einen anderen nach dessen Weisung Leistungen erbringt, für die er als Gegenleistung eine Vergütung erhält.[61]Die Abgrenzung zur Niederlassungsfreiheit erfolgt über das Kriterium der (Un-)Selbstständigkeit: Nur wer unselbstständig agiert, ist Arbeitnehmer:in.
Zur Vertiefung: Es ist anerkannt, dass sich grundsätzlich auch Arbeitgeber:innen auf die Arbeitnehmerfreizügigkeit berufen können.[62] Dies ist zwar im Wortlaut des Art. 45 Abs. 1 AEUV nicht angelegt. Ansonsten könnten aber die Mitgliedstaaten die Regelung leicht umgehen, indem sie nicht für Arbeitnehmer:innen, aber für die Einstellung durch Arbeitgeber:innen besondere Hürden errichten, z.B. dass Arbeitnehmer:innen für eine Einstellung einen Wohnsitz im Inland nachweisen müssen.
2. Niederlassungsfreiheit
Die Niederlassungsfreiheit (Art. 49 – 55 AEUV) ermöglicht die „Aufnahme und Ausübung selbständiger Erwerbstätigkeiten sowie die Gründung und Leitung von Unternehmen“ (Art. 49 UAbs. 2 AEUV) zu denselben Bedingungen wie Inländer. Die Niederlassungsfreiheit gewährt – in Abgrenzung zur Dienstleistungsfreiheit – auf der Grundlage einer festen Einrichtung dauerhaft – und in Abgrenzung zur Arbeitnehmerfreizügigkeit – selbstständig am Wirtschaftsleben teilzunehmen, z.B. durch Eröffnung einer Zweigstelle. Hiermit gehen notwendigerweise auch die Aufenthaltsrechte des Berechtigten im Zielland einher. Praktisch relevant sind vor allem gesellschaftsrechtliche Fragen, z.B. im Zusammenhang mit der Anerkennung der Rechtsfähigkeit.
3. Dienstleistungsfreiheit
Weiterführender Literaturhinweis
Leupold, Die Dienstleistungsfreiheit des Europäischen Unionsrechts, JURA 2011, 762 ff.
Dienstleistungen sind gegen Entgelt und selbstständig erbrachte Leistungen, eine beispielhafte Aufzählung liefert Art. 57 UAbs. 2 AEUV. Die Dienstleistungsfreiheit nach Art. 56 AEUV grenzt sich von der Arbeitnehmerfreizügigkeit und der Niederlassungsfreiheit dahingehend ab, dass kein dauerhafter Aufenthaltim Zielland erfolgt. Der erforderliche grenzüberschreitende Bezug wird entweder durch die Grenzüberquerung durch den Dienstleistungserbringer (z.B. Montagearbeiten), den Dienstleistungsempfänger (z.B. medizinische Behandlung in einer Klinik) oder durch die Grenzüberschreitung der (unkörperlichen) Dienstleistung hergestellt (z.B. IT-Services, Online-Sprachkurs). Systematisch sind Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit eng verknüpft: Über Art. 62 AEUV finden die Art. 51 – 54 AEUV entsprechende Anwendung.
4. Kapitalverkehrsfreiheit
Der Anwendungsbereich der Zahlungs- (Art. 63 Abs. 1 AEUV) und Kapitalverkehrsfreiheit (Art. 63 Abs. 2 AEUV) ist bei der grenzüberschreitenden Transferierung von Zahlungsmitteln eröffnet. Während die Zahlungsverkehrsfreiheit einen Annex zur Ausübung anderer Grundfreiheiten darstellt,[63] indem etwa eine Zahlung zur Begleichung einer offenen Kaufpreisforderung über eine Ware erfolgt, ist die Kapitalverkehrsfreiheit eine eigenständige Grundfreiheit. Ihre Bedeutung dürfte für die erste juristische Prüfung sehr gering sein.[64]
II. Beeinträchtigung
Der GHEU interpretiert – wie dargestellt – alle Grundfreiheiten als Beschränkungsverbote. Eine Beeinträchtigung liegt also nicht nur in einer rechtlichen oder tatsächlichen Diskriminierung. Darüber hinausgehend liegt eine Beeinträchtigung auch „in jeder Maßnahme, die geeignet ist, die Wahrnehmung [einer Grundfreiheit] zu unterbinden, zu behindern oder weniger attraktiv zu machen […]“.[65] Diese Rechtsprechung ist wiederum sehr weit. Ob aber die Rückausnahme der Keck-Formel auf die übrigen Grundfreiheiten übertragbar ist, wird unterschiedlich beurteilt. Vorzugswürdig ist es, bei allen Grundfreiheiten einschränkend genauer zu prüfen, ob eine Maßnahme den Marktzugang im Zielland behindert.[66] Bei der Arbeitnehmerfreizügigkeit ist also etwa genauer zu prüfen, ob die mitgliedstaatliche Regelung gerade den Wechsel zu einem Arbeitgeber in einem anderen Mitgliedstaat verbietet, tatsächlich unmöglich macht oder zumindest nicht nur unerheblich erschwert.[67]
III. Rechtfertigung 1
Neben den geschriebenen Rechtfertigungsgründen (Art. 45 Abs. 3, Art. 52 Abs. 1, Art. 52 Abs. 1 [i.V.m. Art. 62] und Art. 65 AEUV) sind auch für die übrigen Grundfreiheiten ungeschriebene Rechtfertigungsgründe anerkannt. Verdeckte Diskriminierungen und Beschränkungen können danach zur Verwirklichung zwingender Gründe des Allgemeininteresses oder von Grundrechten beschränkt werden. Liegt ein Rechtfertigungsgrund vor, müssen Beeinträchtigungen ferner verhältnismäßig und mit Unionsgrundrechten vereinbar sein („Schranken-Schranken“).
[1] Ehlers/Germelmann, in: dies. (Hg.), Europäische Grundrechte und Grundfreiheiten, 5. Aufl. 2023, § 12 Rn. 10.
[2] Zur Vollendung des Binnenmarkts als Ziel der Union vgl. Art. 3 Abs. 3 UAbs. 1 S. 1 EUV.
[3] Begriff urspr. nach Ipsen/Nicolaysen, Bericht über die aktuelle Entwicklung des Gemeinschaftsrechts, NJW 1964, 339 (340).
[4] Herrmann/Michl, Examens-Repetitorium Europarecht/Staatsrecht III, 8. Aufl. 2022, Rn. 147.
[5] EuGH, C-265/95, ECLI:EU:C:1997:595 Rn. 39, 52 – Kommission/Frankreich.
[6] EuGH, C-97/09, ECLI:EU:C:2010:632 Rn. 50 – Schmelz; C-620/18, ECLI:EU:C:2020:1001 Rn. 104 – Ungarn/Parlament.
[7] Hierzu eingehend: Höpner/Haas, Ist der Unionsgesetzgeber an die Grundfreiheiten gebunden?, EuR 2022, 165 ff. m.w.N. Genauere Kenntnisse dürften über die in der ersten jur. Prüfung geforderten „Grundzüge“ hinausgehen.
[8] EuGH, C-626/18, ECLI:EU:C:2020:1000 Rn. 73 – Polen/Parlament.
[9] Schroeder, Grundkurs Europarecht, 8. Aufl. 2024, § 14 Rn. 31.
[10] EuGH, C-626/18, ECLI:EU:C:2020:1000 Rn. 95 – Polen/Parlament.
[11] Näher und mit weiteren Diff. dazu Ludwigs/Weidermann, Drittwirkung der Europäischen Grundfreiheiten – Von der Divergenz zur Konvergenz?, JURA 2014, 152 (154 ff.).
[12] Vgl. zu Transferregelungen der FIFA, nach denen die Kündigung eines Arbeitsvertrags insb. eine Verpflichtung zu einer Entschädigungszahlung nach sich zieht, zuletzt EuGH, C-650/22, ECLI:EU:C:2024:824 – FIFA.
[13] EuGH, C-281/98, ECLI:EU:C:2000:296 Rn. 36 – Angonese.
[14] Ludwigs/Weidermann, Drittwirkung der Europäischen Grundfreiheiten – Von der Divergenz zur Konvergenz?, JURA 2014, 152 (158).
[15] EuGH, C-171/11, ECLI:EU:C:2012:453 Rn. 32 – Fra.bo.
[16] EuGH, C-171/11, ECLI:EU:C:2012:453 Rn. 27, 30 – Fra.bo.
[17] So der berechtigte Einwand gegen eine umfassende Konvergenz, vgl. nur Oliver, Of Trailers and Jet Skis: Is the Case Law on Article 34 TFEU Hurtling in a New Direction?, Fordham International Law Journal 33 (2011), 1423 (1426 f.).
[18] Haratsch/Koenig/Pechstein, Europarecht, 13. Aufl. 2023, Rn. 845; Streinz, Europarecht, 12. Aufl. 2023, Rn. 821, der jedoch auch die weiterhin zu beachtende Differenzierung betont.
[19] Schroeder, Grundkurs Europarecht, 8. Aufl. 2024, § 14 Rn. 3.
[20] Herdegen, Europarecht, 24. Aufl. 2023, § 14 Rn. 3.
[21] Vgl. Haratsch/Koenig/Pechstein, Europarecht, 13. Aufl. 2023, Rn. 842.
[22] Beispiel nach Ehlers/Germelmann, in: dies. (Hg.), Europäische Grundrechte und Grundfreiheiten, 5. Aufl. 2023, § 12 Rn. 98.
[23] Vgl. EuGH, C-270/13, ECLI:EU:C:2014:2185 Rn. 44 – Haralambidis.
[24] Die Terminologie ist nicht ganz einheitlich. Statt „Beeinträchtigung“ (Ehlers/Germelmann, in: dies. [Hg.], Europäische Grundrechte und Grundfreiheiten, 5. Aufl. 2023, § 12 Rn. 112) wird auch „Eingriff“ (Herrmann/Michl, Examens-Repetitorium Europarecht/Staatsrecht III, 8. Aufl. 2022, Rn. 154) oder „Beschränkung“ (Schroeder, Grundkurs Europarecht, 8. Aufl. 2024, § 14 Rn. 32) als Überschrift vorgeschlagen.
[25] Sauer, Die Grundfreiheiten des Unionsrechts, JuS 2017, 310 (312).
[26] EuGH, 8/74, ECLI:EU:C:1974:82 Rn. 5 – Dassonville.
[27] Vgl. EuGH, C-407/19 u.a., ECLI:EU:C:2021:107 Rn. 58, 82 – Katoen Natie Bulk Terminals u.a.
[28] Vgl. nur EuGH, C‑598/22, ECLI:EU:C:2024:597 Rn. 49 – Società Italiana Imprese Balneari.
[29] Vgl. EuGH, C-241/20 u.a., ECLI:EU:C:2005:546 Rn. 36 f. – Kommission/Dänemark; C-468/20, ECLI:EU:C:2023:447 Rn. 82 – Fastweb u.a.
[30] EuGH, C-261/81, ECLI:EU:C:1982:382 – Rau.
[31] EuGH, C-58/98, ECLI:EU:C:2000:527 – Corsten.
[32] Vgl. EuGH, C-36/02, ECLI:EU:C:2004:614 Rn. 30 – Omega.
[33] Vgl. Kingreen, in: Calliess/Ruffert (Hg.), EUV/AEUV, 6. Aufl. 2022, Art. 36 AEUV Rn. 200.
[34] EuGH, C-120/78, ECLI:EU:C:1979:42 Rn. 8 – Cassis de Dijon.
[35] Vgl. nur EuGH, C-35/19, ECLI:EU:C:2019:894 Rn. 36 – BU; C-475/20 u.a., ECLI:EU:C:2022:714 Rn. 49 – Admiral Gaming Network u.a.; C-472/22, ECLI:EU:C:2023:880 Rn. 35 – NO; ; C-295/23, ECLI:EU:C:2024:1037 Rn. 78 – Halmer Rechtsanwaltsgesellschaft UG.
[36] Umfassende Aufzählung in Ehlers/Germelmann, in: dies. (Hg.), Europäische Grundrechte und Grundfreiheiten, 5. Aufl. 2023, § 12 Rn. 154.
[37] Vgl. EuGH, C-344/13 u.a., ECLI:EU:C:2014:2311 Rn. 37 – Blanco u.a.; C-296/15, ECLI:EU:C:2017:431 Rn. 80 – Medisanus.
[38] Auch Dietz/Streinz, Das Marktzugangskriterium in der Dogmatik der Grundfreiheiten, EuR 2015, 50 (71); Epiney, in: Bieber u.a., Die Europäische Union, 15. Aufl. 2023, § 11 Rn. 58 f.; Lorenzen, Grundlagen des Europarechts (Teil II): Europäische Grundfreiheiten, JURA 2021, 607 (617).
[39] Trstenjak/Beysen, Das Prinzip der Verhältnismäßigkeit in der Unionsrechtsordnung, EuR 2012, 265 (277).
[40] Vgl. – bzgl. der Sperrung der Brenner-Autobahn durch Demonstranten – EuGH, C-112/00, ECLI:EU:C:2003:333 Rn. 74 – Schmidberger.
[41] Basierend auf EuGH, C-243/01, ECLI:EU:C:2003:597 Rn. 67 ff. – Gambelli u.a.
[42] EuGH, C-390/12, ECLI:EU:C:2014:281 Rn. 35 – Pfleger.
[43] Leible/Streinz, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim (Hg.), Das Recht der Europäischen Union, Art. 34 AEUV Rn. 28 (Stand: 2020).
[44] Ferrau, in: Spindler/Schuster (Hg.), Recht der elektronischen Medien, 4. Aufl. 2019, Rn. 35.
[45] Leible/Streinz, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim (Hg.), Das Recht der Europäischen Union, Art. 34 AEUV Rn. 28 (Stand: 2020).
[46] EuGH, C-137/09, ECLI:EU:C:2010:774 Rn. 41 f. – Josemans.
[47] EuGH, 2/73, ECLI:EU:C:1973:89 Rn. 7 – Geddo.
[48] EuGH, 8/74, ECLI:EU:C:1974:82 Rn. 5 – Dassonville.
[49] Haratsch/Koenig/Pechstein, Europarecht, 13. Aufl. 2023, Rn. 894.
[50] Schroeder, Grundkurs Europarecht, 8. Aufl. 2024, § 14 Rn. 76.
[51] EuGH, C-265/06, ECLI:EU:C:2008:210 – Kommission/Portugal.
[52] EuGH, C-110/05, ECLI:EU:C:2009:66 – Kommission/Italien.
[53] Haratsch/Koenig/Pechstein, Europarecht, 13. Aufl. 2023, Rn. 842.
[54] EuGH, C-267/91 u.a., ECLI:EU:C:1993:905 Rn. 16 – Keck und Mithouard.
[55] Vgl. nur EuGH, C-322/01, ECLI:EU:C:2003:664 Rn. 74 – DocMorris.
[56] EuGH, C-110/05, ECLI:EU:C:2009:66 Rn. 37 – Kommission/Italien.
[57] EuGH, C-456/10, ECLI:EU:C:2012:241 Rn. 34 f. – ANETT.
[58] So auch Haratsch/Koenig/Pechstein, Europarecht, 13. Aufl. 2023, Rn. 908.
[59] Gegen die Einordnung als Verkaufsmodalität EuGH, C-591/17, ECLI:EU:C:2019:504 Rn. 128 f. – Österreich/Deutschland.
[60] Vgl. Wolff/Okur, Semesterabschlussklausur – Öffentliches Recht: Binnenmarktbarrieren für Böller, JuS 2024, 1042 ff.
[61] Std. Rspr., vgl. nur EuGH, C-544/11, ECLI:EU:C:2013:124 Rn. 30 – Petersen u.a.
[62] Für die Arbeitnehmerfreizügigkeit: EuGH, C-350/96, ECLI:EU:C:1998:205 Rn. 16 ff. – Clean Car Autoservice.
[63] Schroeder, Grundkurs Europarecht, 8. Aufl. 2024, § 14 Rn. 165.
[64] Eine Falllösung zur Kapitalverkehrsfreiheit findet sich bei Karl, Kapitalverkehrsfreiheit, JA 2019, 683 ff.
[65] EuGH, C-55/94, ECLI:EU:C:1995:411 Rn. 37 – Gebhard.
[66] In diese Richtung auch Brigola, in: Dauses/Ludwigs (Hg.), Handbuch des EU-Wirtschaftrechts, C.I. Rn. 204 (Stand: 2024). Ferner Holst, Konvergenz der Grundfreiheiten durch das Marktzugangskriterium?, EuR 2017, 633 ff. m.w.N. zu der insoweit nicht immer konsistenten Rspr. des EuGH.
[67] Vgl. Franzen, in: Streinz (Hg.), EUV/AEUV, 3. Aufl. 2018, Art. 288 AEUV Rn. 90.
- Test ↩︎