Na, wer hat Lust?
Nachdem wir in unserer Wahlpflichtveranstaltung einiges theoretisch ueber private Tieraerzte in der Mongolei lernen konnten, hatten wir die letzten Wochen Zeit, uns mit privaten Tieraerzten zu unterhalten und uns mit deren Erfahrungen auseinanderzusetzten. Hier ein paar Eindruecke:
Seit zehn Jahren sind nun die Tierbestaende in der Mongolei privatisiert und vieles hat sich dadurch fuer die Tieraerzte auf dem Land veraendert. Die Tieraerzte haben vier grosse Arbeitsfelder: 1. Impfungen, 2. Bekaempfung und Prophylaxe von Endo- und Ektoparasiten, 3. Diagnostik und Bekaempfung von Tierseuchen, 4. Behandlung von individuell auftretenden Einzelfaellen (hauptsaechlich im Bereich der Geburtshilfe). Verwaltungstechnisch sieht es so aus, dass in jedem Aimak (=Verwaltungsbezirk; die Mongolei besteht aus 21 solcher Bezirke) ein staatliches Zentrallabor unterhalten wird, welches hauptsaechlich im Bereich der Diagnostik und der Medikamentenverteilung taetig ist. Die darauffolgende Verwaltungseinheit ist das Som, ab diesem Niveau sind nur noch private Tieraerzte taetig. Zur Zeit ist es folgendermassen geregelt, dass die Impfungen von staatlicher Seite getragen werden. Der Tierarzt erhaelt die Impfstoffe von der Regierung, verimpft sie an die Tierherden und laesst sich einen Beleg von dem Tierhalter ausfuellen ueber die Groesse der behandelten Tierherde. Mit diesem Beleg kann er nun von dem Staat seinen Lohn einfordern – fuer jede Injektion und die Anfahrt bekommt er ein gewisses Entgelt. Mit diesem Verdienstanteil kann der Tierarzt am Besten kalkulieren und er ist der groesste Bestandteil seines Business Plan. Nach Angaben einer nun schon fast befreundeten Familie sind dies ungefaehr 1300 Euro im Jahr – nicht viel, wenn nur ein Familienmitglied arbeitet und das Studiengeld fuer ein Jahr Tiermedizin 260 Euro betraegt. Hinzu kommen als weiterer grosser Bestandteil die Behandlungen gegen Endo- und Ektoparasiten im Fruehjahr und im Herbst. Hier wird hauptsaechlich gegen Raeude und Wuermer behandelt, aber es liegt im Ermessen des Tierhalters, ob er sich das leisten will und kann. Bis vor drei Jahren wurden auch diese Behandlungen von staatlicher Seite getragen. Da aber ein grosser Anteil des Einkommens von dem Verkauf der Kaschmirwolle erwirtschaftet wird, ist die Zahl der Ektoparasitenbehandlung nicht merklich zurueckgegangen. Im Gegenteil, durch die steigende Anzahl der Kaschmirziegen ist sie eher gestiegen, was aber leider andere Probleme (Ueberweidung!) mit sich zieht.
Nun weiter zu den Tierseuchen –
Unser Tierarzt hatte eine Uebersichtskarte der vorherrschende Tierseuchen in seiner Praxis – das Herz eines Mikrobiologen und Virologen schlaegt hoeher! Anthrax, Listeriose, Tollwut, Nekrobazillose, Druse, Pasteurellose, Brucellose, Maul- und Klauenseuche, Schafpocken…. Bei einem Ausbruch dieser Tierseuchen werden Proben an das Zentrallabor geschickt und mit einer vorlaeufigen Bestaetigung werden die erkrankten Tiere in Quarantaene gestellt und ein Impfring wird gezogen. Soll wohl klappen…. Problem ist wohl hierbei, dass viele der Tieraerzte einer aelteren Generation angehoeren und nicht immer auf dem neuesten Wissensstand sind. Juengere Tieraerzte aber wollen nicht nachruecken, da das Arbeiten auf dem Land sehr hart und dadurch unattraktiv ist – sie arbeiten wie bei uns in Deutschland oft auch lieber in den Staedten. Wir haben einen Mitarbeiter einer mongolischen Nichtregierungsorganisation kennengelernt, die sich gerade diesem Problem angenommen hat. Unterstuetzt von der „Christian Veterinary Mission“ (das Problem des ersten Wortes „Christian“ wollen wir hier an dieser Stelle mal nicht diskutieren!), einer amerikanischen NGO, haben Tieraerzte der aelteren Generation die Moeglichkeit, in Sommerkursen ihr Wissen aufzufrischen.
Eine weitere Huerde bei den Behandlungen stellen die Medikamente dar. Zur Zeit gelangen viele Medikamente auf den Markt, deren Qualitaet zweifelhaft ist, die aber wesentlich guenstiger sind. Und da Veterinaermedikamente auch noch freiverkaeuflich sind (entspricht zwar nicht dem Gesetz, aber der Realitaet) werden hier Resistenzen und Rueckstaenden Tuer und Tor geoeffnet.
So sieht also das Leben einer mongolischen Landtieraerztin aus – immer noch Interesse?

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