Ein herzliches Willkommen an alle, die sich in diesem Semester näher mit dem Begriff der Privatheit beschäftigen möchten. Dieser Blog wird – neben den wöchentlichen Treffen – das Herzstück unseres Seminars sein. Hier finden sich alle Informationen zum Seminar. Aber auch ein grosser Teil unserer inhaltlichen Debatten wird auf diesem Blog beginnen und fortgeführt werden. Darum lohnt es sich, hierher zu kommen, zu sehen was es neues gibt und seine eigenen Fragen und Kommentare in die Debatte einzubringen.
In der Vorbereitung zu diesem Seminar hat es sich als nicht ganz einfach erwiesen, aus der Vielzahl der möglichen Perspektiven und Standpunkte auszuwählen. Klar ist, dass insbesondere feministische Ansätze eine besondere Rolle spielen sollen. Zu achten war bei der Auswahl der Texte aber auch darauf, dass Frauen bei den nicht explizit feministischen Ansätzen ebenso berücksichtigt werden wie Männer. Und, natürlich, sollte das Problemfeld Privatheit möglichst umfassend umrissen werden. Entstanden ist ein buntes, variantenreiches jedoch keineswegs zufälliges Programm, in dem es auch noch Freiräume für die Mitbestimmung von Themen gibt.
Der Einstieg
Das inhaltliche Programm beginnt gleich in der ersten Sitzung – allerdings erstmal mit einer Vergewisserung über unsere eigenen Vorverständnisse, Fragen und Assoziationen. In der zweiten Sitzung werden wir uns dann methodisch auf das Semester vorbereiten und uns dem Thema unter anderem in einer kurzen Schreibübung annähern. Wer lieber auf dem Computer schreibt, sollte den unbedingt dabei haben. In der dritten Sitzung geht es dann systematisch ans Werk. Grundlage wird ein recht anspruchsvoller Text von Daniel Solove sein, der eines der aktuellen Grundlagenwerke zum Begriff der Privatheit geschrieben hat. Er fächert darin die Breite der Debatte umfassend auf und gibt uns so ein Gerüst, an dem unsere weiteren Diskussionen sich orientieren können.
Historische Perspektiven
Wie in anderen Gebieten auch, gibt es in der Privatheitsdebatte einige zentrale Grundlagentexte, deren Positionen zwar heute nicht unbedingt so vertreten werden, die jedoch ständige Referenzpunkte der Debatte sind. Es lohnt sich, diese im Original zu lesen und zu kontextualiseren und das soll im nächsten Schritt geschehen. Ausgewählt habe ich einerseits den klassischen Text „The Right to Privacy“ von Samuel D. Warren und Louis D. Brandeis und erschienen 1890, der oft als der wesentliche Startpunkt der Privacydebatte gesehen wird, und andererseits Alan Westins ungeheuer einflussreiches Buch „Privacy and Freedom„. Flankiert werden diese Texte durch feministische Kritiken und Perspektiven von Caroline Danielson und Anita Allen. Diese Textauswahl bedingt eine Konzentration auf den nordamerikanischen Kulturraum und auf eine im wesentlichen rechtswissenschaftliche Perspektive. Da beides jedoch in den zeitgenössischen Debatten sehr zentrale Ansätze sind, lohnt es sich hier Grundlagen zu sehen.
Normative Perspektiven
Im nächsten Schritt soll das Problem der Privatheit aus der Perspektive des Zusammenspiels zwischen dem Privaten und dem Öffentlichen betrachtet werden. Neben Hannah Arendts zentralem Text zur privat-öffentlich Unterscheidung in der Antike (und mittelbar zum Zustand dieser Unterscheidung in der Moderne), werden wir uns auch mit Richard Sennetts Kritik an der Besetzung des Öffentlichen durch das Private beschäftigen. Ergänzt werden diese Texte durch eine feministische Perspektive von Annabelle Lever, die auf die blinden Flecken der Unterscheidung verweist.
Digitale Perspektiven
Auf dieser Grundlage lohnt es sich dann, genauer in die „neuen Probleme“ einzusteigen, die die Digitalisierung mit sich bringt. Zwei Texte sind gesetzt – Julie Cohens Arbeit über das Vernetzte Selbst und Helen Nissenbaums Idee der „Contextual Privacy„. Hier gilt es jeweils, Ideen und ihre Kritik zusammenzubringen und darum kann es sich hier besonders lohnen, zusätzlich einen der nur empfohlenen Texte in Vorbereitung auf die Sitzung zu lesen.
Eigene Perspektiven
Die Zahl der möglichen Texte und Ansätze zu diesem Thema ist fast endlos. Darum habe ich am Schluss Raum (2 Sitzungen) für von uns zu bestimmende Themen gelassen. Anfang Januar werden wir über die thematischen Schwerpunkte entscheiden. Ich habe ein paar vorbereitet, bis Ende des Jahres habe aber auch alle Teilnehmerinnen des Seminars die Möglichkeit Themen und Textvorschläge gleichberechtigt einzureichen. Entschieden wird dann von uns allen durch eine Abstimmung. Ich freue mich auf die Vorschläge!
Ein paar Worte zum Blog
Dieser Blog ist öffentlich, wird aber nicht durch Suchmaschinen gesichtet. Das bedeutet, er lässt sich nicht über Google finden, wer aber die Seite kennt, kann alles lesen. Darum sind alle Texte hier nur dann als PDFs eingestellt, wenn es sich um frei zugängliche Texte handelt. Ansonsten sind Links eingefügt, die im FU Netz oder bei Nutzung des VPN-Tunnels das direkte Herunterladen der Texte aus den jeweiligen Datenbanken erlauben sollten. Die genauen bibliographischen Angaben sind natürlich auch da, so dass jede und jeder die Texte vor der Sitzung finden und lesen kann. Diese Links sind eine Serviceleistung, die ziemlich aufwendig ist und ich hoffe, im Gegenzug werde ich nur mit Interessierten diskutieren, die die Texte auch gelesen haben.
Alle Teilnehmenden sollen auch Autoren dieses Blogs werden! Dazu ist es erforderlich, dass sich alle Teilnehmenden im Blogsystem der FU anmelden. Das geht ganz einfach und ist hier erklärt. Sobald diese Anmeldung erfolgt ist, bitte ich um eine kurze mail mit der Zedat-Mailadresse (WICHTIG!), damit ich die Eintragung als Autorin am Blog vornehmen kann.
Nun freue ich mich auf die erste Sitzung! Bis dahin.
P.S.: Dieser Beitrag hat etwa 820 Worte.
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