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6. These: Politikwandel kann am besten über einen längeren Zeitraum, idealerweise über mehrere Jahrzehnte, analysiert werden. Dies erfordert umfassende und kontinuierlich aktualisierte Datensätze, die im Bereich der Umweltpolitikanalyse bisher fehlen.
Vor über 20 Jahren hat Paul A. Sabatier in einer viel beachteten Publikation darauf hingewiesen, der komplexe Prozess des Politikwandels nur dann adäquat erfasst werden kann, wenn ein Beobachtungszeitraum von mindestens einer Dekade zugrunde gelegt wird (Sabatier 1988: 131). Nur mit Hilfe von Langzeitanalysen ist es möglich, zufällige Korrelationen von tatsächlichen Kausalitäten zu trennen. Gerade in der beratungsorientierten Policy-Analyse ist es wichtig, das Risiko kausaler Fehlschlüsse und daraus resultierender „falscher“ Politikempfehlungen so gering wie möglich zu halten. Vor diesem Hintergrund hat Frank Baumgartner die Aussage von Sabatier in jüngster Zeit noch einmal bekräftigt und darauf hingewiesen, dass die Determinanten, Muster und Mechanismen politischen Wandels nur dann wirklich verstanden werden können, wenn einzelne Politiken oder Problemfelder über mehrere Jahrzehnte untersucht werden (Baumgartner 2006: 26). Zwar hat insbesondere die vergleichende Umweltpolitikanalyse seit den 1990er Jahren eine Reihe von Langzeitstudien hervorgebracht (siehe z.B. Jänicke 1996b; Jahn 1998; Scruggs 2003; Busch/Jörgens 2007a; Holzinger et al. 2008), jedoch ist es bisher nicht gelungen, diese Studien systematisch miteinander zu verbinden. Sinnvoll und wünschenswerte wäre es vor allem, die zugrunde liegende Datenerhebung zur Entwicklung nationaler Umweltpolitiken von den zeitlichen und thematischen Restriktionen einzelner Forschungsprojekte loszulösen. Ein Modell hierfür bietet die seit 1963 von der Universität Michigan betriebene Datenbank zu zwischenstaatlichen Kriegen und ihren Ursachen – der Correlates of War Datensatz (Small/Singer 1982) – oder der seit 1979 kontinuierlich fortgeschriebene Manifesto-Datensatz zur Struktur und Leistungsfähigkeit von Parteiendemokratien (https://manifestoproject.wzb.eu/). Im Bereich der Umweltpolitikanalyse existiert bisher kein Datensatz, der den politischen Wandel und seine potentiellen Ursachen und Wirkungen im internationalen Vergleich systematisch und kontinuierlich erfasst. Eine solcher Datenbank würde auch eine wichtige Ergänzung zu bestehenden Umweltschutzrankings wie etwa dem Environmental Performance Index der Yale University (www.epi.yale.edu/) oder der internationalen Regime Datenbank (Breitmeier et al. 2006) darstellen.

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