Seoul, 24. September 2009. Das südkoreanische Verfassungsgericht (Constitutional Court of Korea – CCK) hat entschieden, dass Artikel 10 und 23 des Demonstrationsgesetzes gegen die Verfassung verstoßen.
In Artikel 10 wird das Demonstrieren nach Sonnenuntergang und vor Sonnenaufgang verboten. Artikel 23, Absatz 1 sieht für den Fall eines Verstoßes gegen diesen Paragraphen eine Strafe (bis zu einem Jahr Haft oder bis zu ca. 600 Euro Bußgeld) vor.
Fünf der neun Richter sehen in den zwei Paragraphen einen Verstoß gegen das in der Verfassung zugesicherte Recht auf Versammlungsfreiheit (§ 21, Abs. 2), zwei sehen einen Widerspruch darin und zwei bewerten die betreffenden Artikel als verfassungskonform.
Das Verfassungsgericht entschied des Weiteren, dass die Paragraphen des Demonstrationsgesetzes bis Ende Juni kommenden Jahres temporär ihre Gültigkeit behalten. Falls bis dahin jedoch keine der Verfassung entsprechenden Revision des Demonstrationsgesetzes vorgenommen wurde, werden die Paragraphen danach automatisch aus dem Gesetz gestrichen.
Insbesondere im Zusammenhang mit den monatelangen Kerzendemonstrationen gegen die Lee-Myung-Bak-Regierung im vergangenen Jahr ist die Entscheidung von Bedeutung. Viele Teilnehmer der Demonstrationen, die offiziell als Festivals oder Kulturfeste deklariert werden mussten, um dem Verbotsparagraphen zum umgehen, sollten auf Grund dieses Paragraphen für ihre Teilnahme an den Demonstrationen belangt werden.
Darunter befand sich auch Bürgerrechtler Ahn Jin-Geol, der Klage beim Verfassungsgericht im Mai 2008 einreichte.
Der Verbotsparagraph geht auf die Diktatur unter Park Chung-Hee zurück, der kurz nach seinem Militärputsch 1961 gleich im Folgejahr neben vielen anderen restriktiven juristischen Regelungen auch das Demonstrationsgesetz und den Paragrafen (damals noch) 6 schuf.
Ende der 80er Jahre, nach der sogenannten „Demokratisierung von 1987“ wurde (1989) das Demonstrationsgesetz dahingehend entschärft, dass das Verbot in eine „Erlaubnisregelung“ abgändert wurde. Das heisst, es war weiterhin verboten, nachts unter freiem Himmel zu demonstrieren, es konnte jedoch erlaubt werden.
Eine Entscheidung des Verfassungsgerichts aus dem Jahr 1994, zwei Jahre nach dem Amtsantritt Südkoreas erstem zivilen Präsidenten Kim Young-Sam, befand das Versammlungsverbot mit acht zu einer Stimme als verfassungskonform.
Das liegt heute mehr als eine Dekade zurück. Dennoch war die Entscheidung des Verfassungsgerichts heute nicht so eindeutig wie das vor 15 Jahren.
24. September 2009