„Tsuhallyu“? Medienpolitik der südkoreanischen Regierung schlägt Wellen

„Hallyu“ ist ein Begriff aus dem Koreanischen, heißt so viel wie „koreanische Welle“ und meint damit den Erfolg südkoreanischer Populärkultur wie Musik, Film und Produkte wie Autos, Mobilfunktelefone und ähnliche Erzeugnisse in Asien und der Welt. Nicht nur koreanische Beobachter sehen eine Welle der Begeisterung über südkoreanische Kulturprodukte über den Globus schwappen.

Die jüngste und beeindruckenste Schaumkrone der Welle, um bei dem bildlichen Vergleich zu bleiben, ist der Ritterschlag für Schauspielerin Jeon Do-yeon („Secret Sunshine“, 2007; „Beste Schauspielerleistung“) von der französischen Regierung.

Immer häufiger stehen Schauspieler, Sänger und andere Entertainer des Landes im internationalen Rampenlicht. In Südkorea ist man auf seine kulturellen Botschafter stolz. Das Image und die Tourismusbranche des Landes profitiert am meisten von der Welle.

Umso gelähmter reagiert die Öffentlichkeit auf die Welle von Entlassungen bekannter und beliebter Entertainer des südkoreanischen Rundfunks und Fernsehens seit dem Amtsantritt Präsident Lee Myung-Baks Anfang des vergangenen Jahres. Die Verantwortlichen dementieren zwar jegliche politische Motivation, doch in Presse und Internet wird bereits eine heiße Debatte über die tatsächlichen Hintergründe geführt. Auch bei den zur Zeit stattfindenden Untersuchungen der Administration durch das Parlament wurden die Personalien zum Politikum.

„Hallyu“ ist ein Begriff aus dem Koreanischen, heißt so viel wie „koreanische Welle“ und meint damit den Erfolg südkoreanischer Populärkultur wie Musik, Film und Produkte wie Autos, Mobilfunktelefone  und ähnliche Erzeugnisse in Asien und der Welt. Nicht nur koreanische Beobachter sehen eine Welle der Begeisterung über südkoreanische Kulturprodukte über den Globus schwappen.

Die jüngste und beeindruckenste Schaumkrone der Welle ist der Ritterschlag für Schauspielerin Jeon Do-yeon(„Secret Sunshine“, 2007; „Beste Schauspielerleistung“) von der französischen Regierung. Immer häufiger stehen Schauspieler, Sänger und andere Entertainer des Landes im internationalen Rampenlicht. In Südkorea ist man auf seine kulturellen Botschafter stolz. Das Image und die Tourismusbranche des Landes profitiert am meisten von der Welle.

Umso gelähmter reagiert die Öffentlichkeit auf die Welle von Entlassungen bekannter und beliebter Entertainer des südkoreanischen Rundfunks und Fernsehens seit dem Amtsantritt Präsident Lee Myung-Baks Anfang des vergangenen Jahres.

Die Verantwortlichen dementieren zwar jegliche politische Motivation, doch in Presse und Internet wird bereits eine heiße Debatte über die tatsächlichen Hintergründe geführt. Auch bei den zur Zeit stattfindenden Untersuchungen der Administration durch das Parlament wurden die Personalien zum Politikum.

Komiker Kim in der Hauptrolle einer Tragödie

Jüngstes Opfer der Entlassungen im Medienbereich ist der Entertainer Kim Je Dong, der am vergangenen 12. Oktober die letzte Folge seiner Fernsehsendung „Star – Golden Bell“ aufnahm. Einige Tage zuvor hatte Herr Kim erfahren, dass ihn sein Sender KBS nicht mehr beschäftigen wolle. Vermutungen legen nahe, dass Komiker Kim zum Verhängnis wurde, dass er sich in letzter Zeit in ein anderes Licht der Öffentlichkeit gestellt hatte. Er hatte bei den Trauerfeiern zum Tod des vorigen Präsidenten Roh Moo Hyun die Moderation übernommen.

Außerdem hatte er sich „kritisch“ (?) dazu geäußert, dass eine Zwangsräumungsaktion in einem Seouler Bezirk schließlich zu Toten geführt hatte. Im Mai hatten sich die Bewohner gesträubt, ihre Wohnungen zu verlassen, um teuren Neubauten Platz zu machen. Sie wurden in einer sehr fragwürdigen Nacht-und-Nebelaktion eines Sonderkommandos der Polizei überwältigt, bei dem es zu dem Unglück kam.

Auch die große Streikaktion der Fabrikarbeiter des Automobilherstellers Ssangyong im vergangenen Sommer hatte Herr Kim auf seinem persönlichen Blog erwähnt. Die Teilnahme an der Gründungsfeier der Roh Moo Hyun-Stiftung am 9. Oktober hatte wahrscheinlich das Fass zum Überlaufen gebracht.

Der neue Chefintendant von KBS, Lee Byeong Sun, bestritt zwar, dass politische Motive oder sogar „politische Vergeltung“ hinter der Entscheidung gestanden hätten, die Öffentlichkeit jedoch scheint ihre Zweifel zu haben. Die GNP-Abgeordnete Na Gyeong Won hatte in einer Anhörung Intendant Lee gefragt, ob Herr Kim gefeuert worden war, weil er auf der Trauerfeier für den ehemaligen Präsidenten Roh „linke Aussagen gemacht hat“.

Daraufhin ging ein Sturm der Entrüstung durch die Editorials und Internetforen, warum man versuche, einen Entertainer in politische Auseinandersetzung hineinzuziehen, die sich eindimensional auf fragwürdigen Bewertungen von „links“ oder „rechts“ bewegten.

Die Begründung des Senders ist banal. Herr Kim habe die Sendung fünf Jahre lang moderiert – das sei lang genug. Ähnliche Begründungen hatte man vor einiger Zeit auch für den Rocksänger Yun Do Hyeon vorgeschoben, der seine Fernsehsendung „Loveletter“ (KBS 2 TV) und seine Radiosendung „Yun Do Hyeons Musikshow“ (KBS FM) abgeben musste. Über seinen Kollegen sagte Yun in einem jüngsten Interview, er hätte ihn einmal davor gewarnt, dass ihn dasselbe Schicksal wie ihn ereilen könne, wenn er nicht vorsichtiger sei.

Bereits im Oktober 2008 musste Sänger und Moderator Shin Hae Cheol seine Radiosendung „Shin Hae Cheol´s Gost Station“ beim Sender SBS aufgeben. Da Shin bereits 2004 auf Protestkundgebungen gegen den Versuch einer Amtsenthebung des damaligen Präsidenten Roh Moo Hyun durch rechtskonservative Kräfte „negativ aufgefallen“ war, waren vielen bereits im letzten Jahr klar, dass Shin nicht, wie er damals noch beschönigte, der Sendung „müde geworden“ war , sondern tatsächlich der Sender ihn entlassen hatte.

Maulkorb für sozial engagierte Medienmenschen?

Auch die allbekannte Schauspielerin Kim Min Seon („Ogamdo“ 2009) bekam den neuen Gegenwind der rechtskonservativen Regierungspartei GNP und rechtsradikalen Bürgergruppen deutlich zu spüren. Grund war, dass sie sich vor Kurzem auf ihrer persönlichen Internetseite zum Rindfleischskandal vom vergangenen Jahr äußerte, der zu Massendemonstrationen gegen die Politik der Lee-Regierung geführt hatte. 

Die für ihre stürmischen Kommentare bekannte rechtskonservative „eiserne Lady“, die GNP-Politikern Jeon Yeo Ok, hatte den Angriff auf die Schauspielerin eingeleitet, als sie die persönlichen Einträge der Schauspielerin zum Politikum machte.

Bereits im April hatte die Radiomoderatorin und Komikerin Kim Mi Hwa des Senders MBC („Die Welt und wir“) die neuen Tendenzen zu spüren bekommen, als rechtskonservative, regierungsparteinahe Gruppen Druck ausübten, um sie absetzen zu lassen. Als Hintergrund der Anfeindungen vermutete man die Tatsache, dass Frau Kim aktiv an den Kerzendemonstrationen des vergangenen Jahres teilgenommen hatte.

Im Juli 2008, als täglich Kerzendemonstrationen in der Seouler Innenstadt und vielen anderen Städten des Landes stattfanden, hatte der damals gerade frische Kulturminister Yu In Chon, seines Zeichens ehemaliger Volksschauspieler, seine Kollegen aufgerufen, nun endlich ihre Teilnahme an den Kerzendemonstrationen einzustellen und an ihre Arbeitsplätze zurück zu kehren. Viele Celebrities hatten als „Bürger“ an den Protestkundgebungen teilgenommen.

Kritische Politprogramme werden ab-, Redakteure versetzt

Opfer der Entlassungwelle in der Medienlandschaft beschränken sich jedoch nicht auf den Berufsstand der klassischen Entertainer. Kurz nachdem die neue Regierung für eine neue Leitung beim Nachrichtensender YTN gesorgt hatte, wurde Redakteur Im Jang Hyeok zwangsversetzt.  Seit Jahren war Herr Im für die Rubrik „Dolbalyeongsang“ beim Sender zuständig.

Hier wird Videomaterial zusammengeschnitten, das es nicht in die Nachrichten geschafft hat, aber über Politik und Gesellschaft umso mehr aussagt. Auf unterhaltsame Weise werden dem Zuschauer Tatsachen präsentiert, mit denen er sich seine eigene Meinung bilden kann. Nachdem Herr Im diese Zwangspause eingelegt hatte, nahm er seine Arbeit wieder auf, nur um kurze Zeit später für zwei Monate erneut suspendiert zu werden. Begründung: er habe die Regierung einseitig kritisiert.

Der für das Politmagazin „Sisa 360“ verantwortliche Produzent vom Fernsehsender KBS, Hong Seong Hyeob, musste ebenfalls für seinen Investigativ-Journalimus büßen. Er wurde zur KBS-Abteilung auf der Insel Jeju versetzt – weiter weg von Seoul und der Zentrale des Senders geht es nicht.

Auch die Politsendung „Sisa Tonight“ (KBS 2TV), die aktuelle Entwicklungen aus Politik und Gesellschaft kritisch unter die Lupe nahm, wurde bereits im November letzten Jahres aus dem Programm gestrichen. Das Magazin „Mediafocus“ (KBS), ehemals bekannt für kritische Analysen über Medienberichterstattung, wurde Ende vergangenen Jahres stark verändert.

Hintergrund ist der Wechsel am Ruder der Sendeanstalt. Auf Treiben dem neuen Präsidenten Nahestehender wurde Jeong Yeon Ju, der ehemalige Chefintendant von KBS, kurzerhand ab- und der regierungsfreundliche Lee Byeong Sun eingesetzt. Die für solche Personalentscheidung verantwortlichen Gremien wurden mit zwielichtigen Methoden gefügig gemacht.

Eingeleitet jedoch wurde der Sturz des „linken“ Chefs, der den neuen Machthabern im Blauen Haus offensichtlich ein Dorn im Auge war, von rechtskonservativen Gruppen, die Jeong wegen angeblicher Dienstvergehen angezeigt haben. Nach Monaten Prozedieren wurde Jeong jedoch Ende August schließlich von allen Anklagepunkte freigesprochen. Für die Regierungskritiker ein klarer Beweis dafür, dass es bei der Personalie lediglich um die Machtergreifung im wichtigsten Rundfunkhaus des Landes ging.

Kritische Meinungsmacher bekommen Gegenwind deutlich zu spüren

Auch Professor Son Seok Heui, der seit Langem die erfolgreiche Diskussionssendung „100-Minuten-Debatte“ (MBC) moderiert, wird allen Anzeichen nach schon bald seinen Hut nehmen müssen. Offiziell geht die geplante Personalie auf die Programmumgestaltung, die zweimal im Jahr vorgenommen wird, zurück. Inoffiziell wird jedoch vermutet, dass seinen Vorgesetzten die Zunge ihres smarten Moderators zu spitz sei.

Der ehemalige Vorsitzende der GNP, Hong Jun Pyo, schürte die Atmosphäre weiter, als er in einem Liveinterview Äußerungen machte, die darauf anspielten, dass die geplante Entlassung Sons wegen überhöhter Gagenforderungen seinerseits zu Stande gekommen sei. Sons Talk-Sendung beim Radiosender von MBC, „Im Blick“, wird er fortführen können – bis auf Weiteres.

Professor Kim Yong Min, der für den Radiosender von CBS das Politmagazin „Sisa Jockey“ moderiert, ist bisher noch mit relativ leichten Einschränkungen davongekommen. Er hatte eine seiner Sendungen wie folgt eingeleitet:

„Präsident Lee ist ´Kirchenältester´ und repräsentativster Pro-Amerikaner. Er wird außerdem dafür kritisiert, dass er sich zudem mit projapanischen Kollaborateuren zusammengetan und seine politischen Feinde politisch ermordet zu haben. Des Weiteren pervertierte sich die Politik von Tag zu Tag, weil er die Opposition nicht anerkennen wollte; er ist von Speichelleckern umgeben. Demonstrationen gegen die Regierung hat er mit Polizeigewalt  brutal unterdrückt. Geendet hat dies schließlich, als er aus dem Amt getrieben wurde.“

Nach einer kleinen Kunstpause beendete der Moderator seine Einleitung mit den Worten: „Mit Präsident Lee ist hier Präsident Rhee Syng Man gemeint.“ Daraufhin musste Professor Kim für die Zukunft gänzlich auf seine Einleitung verzichten.

Professor Jin Jung Gwon ist ein weiterer Fall, der vielerseits mit in diese jüngste Personalpolitik gestellt wird. Professor Jin war am Fachbereich für Germanistik  der ChungAng Universität angestellt, vor Kurzem wurde ihm jedoch der Arbeitsvertrag mit der Begründung nicht verlängert, er hätte formelle Voraussetzungen nicht erfüllt. Die Mehrheit jedoch vermutet politische Absichten der Universitätsleitung dahinter. Der umstrittene Präsident der Hochschule, Park Beom Hun, ist ein enger Vertrauter aus dem Umfeld des Wahlkampf-Teams von Präsident Lee Myung Bak.

Professor Jin hingegen ist einer der bekanntesten und schärfsten Kritiker in der südkoreanischen Gesellschaft. Mit der neuen Regierung und besonders mit dem Rindfleischskandal letzten Jahres war Jin wieder auf die öffentliche Bühne zurückgekehrt, nachdem er sich in den vergangenen Jahren mehr und mehr zurückgezogen und auf seine akademische Arbeit beschränkt hatte. Auch seine Lehraufträge an anderen Universitäten wurden ihm in der Folge gestrichen.

Werden die Medien „erobert“ und „gleichgeschaltet“?

Alle diese Beispiele sind Teil einer zweiten Welle von Personalien in der Medienlandschaft. Anfang letzten Jahres, kurz nach dem Amtsantritt Lee Myung Baks, wurden zunächst (in einer ersten Welle) die Intendanten der wichtigsten Fernsehanstalten ausgewechselt. Weitere Personalreformen sorgten dafür, dass die Gremien, die für Personal und Inhalte zuständig sind, so zusammengesetzt sind, dass regierungsnahe Mitglieder die Mehrheit haben.

Die rechtskonservative Regierungspartei GNP, die eine deutliche Mehrheit im Parlament hat, hat Gesetze erlassen, die eine strenge Internetzensur zulassen. Jüngst wurde das sogenannte Mediengesetz „durchgepeitscht“, wonach Großunternehmen und großen (fast ausschließlich rechtskonservativen) Zeitungshäusern der Zugang zum Fernsehmarkt zugänglich gemacht wird.

Austausch der Intendanten, Absetzen von kritischen Sendungen, Entlassung von Journalisten, Erlassung von die Meinungsfreiheit gefährdenden Gesetzen – viele sehen in diesen Entwicklungen eine gezielte Medienpolitik der „Gleichschaltung“ seitens der Regierung, die unter dem „Schock“ der Kerzendemonstrationen des vergangenen Jahres leide.

Ein jüngster Kommentarfast diese Ansicht wie folgt zusammen:

„Die Abteilung für Staatssicherheit wird wiederbelebt, die Bespitzelung von Zivilisten durch den militärischen Geheimdienst wird wieder aufgenommen und sogar die Mithaftungsregelung soll wieder eingeführt werden. Nicht nur hat man das Mediengesetz durchgepeitscht, um die Rundfunkanstalten unter Kontrolle zu bekommen, sondern selbst kritische Medienmenschen aus dem Entertainmentbereich verjagt. Yun Do Hyeon und Shin Hae Cheol sind schon abgefertigt worden und nun war Kim Je Dong dran. Wenn das so weiter geht, werden wir die Auferstehung der „Ddaengjeon News“ der 80er Jahre wiedererleben.“

Dieser Kommentar spiegelt eine Seite der Debatte wieder. Obgleich selbst die Financial Times früh davor warnte, das mit der Regierungspolitik Präsident Lees die „politische Uhr zurückgedreht“ würde. Auf der anderen Seite der Debatte spricht man von „übertriebenen Anschuldigungen“, „Verschwörungen gegen die Regierung“ und „unnötigem Überpolitisieren“. 

Die Tragödie der südkoreanischen Politik: nur mit liebsamen Komödianten

Dass hier eine eindeutige Überpolitisierung stattfindet, wird kein Beobachter von der Hand weisen können. Nur wer was mit welchen Absichten überpolitisiert, darüber lässt sich streiten. In diesem Zusammenhang ist interessant, zur Kenntnis zu nehmen, dass es in Fällen anderer Medienmenschen, wie dem Komiker Shim Hyeon Seob, dem Sänger Kim Heung Guk oder dem Schauspieler Lee Cham zu keiner merklichen Politisierung gekommen  war.

Komiker Shim hatte bei den Präsidentschaftswahlen 2002 den rechtskonservativen Kandidaten Lee Hoi Chang öffentlich und aktiv unterstützt, hat aber keine merklichen Nachteile im Nachhinein erfahren, obgleich Lees scharfer Kontrahent Roh Moo Hyun Präsident geworden war.

Sänger Kim, der den Präsidentschaftskandidaten Jeong Mong Jun unterstützt hatte, der sich kurz vor der Wahl mit Roh Moo Hyun auf eine gemeinsame Kandidatur geeinigt hatte, um dann noch kurzfristiger wieder seine Kooperation aufzukündigen, sorgte 2005 für einen Skandal. In seinem Buch stellte er die Behauptung auf, dass die Meinungsumfrage, nach der schließlich Roh zum gemeinsamen Kandidaten für die Präsidentschaft gewählt wurde, manipuliert worden sei. Dennoch erhielt Kim während der gesamten Zeit der Roh-Regierung Engagements beim Radiosender SBS und selbst bei Sitcoms der Fernsehanstalt MBC. Später wurde ihm sogar mit dem Ehrenamt des „Bürgerbotschafters“ des Justizministeriums anvertraut.

Lee Cham, ein eingebürgerter Deutscher, der seit Jahrzehnten in Südkorea lebt und u.a. als Schauspieler erfolgreich ist, war während des Präsidentschaftswahlkampfes 2007 der Verantwortliche für das Kanalprojekt von Präsidentschaftskandidat Lee Myung Bak. Vor Kurzem wurde er als erster Südkoreaner mit Migrationshintergrund zum Chef der staatlichen Tourismusagentur ernannt.

Schaut man in die USA, wo sich bei Präsidentschaftswahlen häufig Schauspieler und andere Bekanntheiten einschalten, zeigt sich, dass den Betreffenden fast nie Nachteile durch ihre politische Partizipation entstehen. Im Gegenteil: zum Beispiel wurde die bekannte Schauspielerin und politische Aktivistin Jane Fonda 2005 zu einem Gala-Dinner ins Weisse Haus eingeladen, obgleich sie nur ein Jahr zuvor die Bush-Regierung öffentlich heftig für die Irak-Invasion kritisiert hatte.

Wie auch immer schließlich die Bewertung der aktuellen Entlassungswelle in Südkoreas Medienlandschaft ausfallen wird, zeigt sich jetzt schon, dass es sich um eine „Tsuhallyu“ handelt – eine tsunamiartige Entwicklung, bei sich der zuerst das Wasser gespenstisch ins Meer zurückzieht, um dann mit voller Wucht für große Verwüstung zu sorgen.

Nachtdemonstrationsverbot verfassungswidrig

Seoul, 24. September 2009. Das südkoreanische Verfassungsgericht (Constitutional Court of Korea – CCK) hat entschieden, dass Artikel 10 und 23 des Demonstrationsgesetzes gegen die Verfassung verstoßen.

In Artikel 10 wird das Demonstrieren nach Sonnenuntergang und vor Sonnenaufgang verboten. Artikel 23, Absatz 1 sieht für den Fall eines Verstoßes gegen diesen Paragraphen eine Strafe (bis zu einem Jahr Haft oder bis zu ca. 600 Euro Bußgeld) vor.

Fünf der neun Richter sehen in den zwei Paragraphen einen Verstoß gegen das in der Verfassung zugesicherte Recht auf Versammlungsfreiheit (§ 21, Abs. 2), zwei sehen einen Widerspruch darin und zwei bewerten die betreffenden Artikel als verfassungskonform.

Das Verfassungsgericht entschied des Weiteren, dass die Paragraphen des Demonstrationsgesetzes bis Ende Juni kommenden Jahres temporär ihre Gültigkeit behalten. Falls bis dahin jedoch keine der Verfassung entsprechenden Revision des Demonstrationsgesetzes vorgenommen wurde, werden die Paragraphen danach automatisch aus dem Gesetz gestrichen.

Insbesondere im Zusammenhang mit den monatelangen Kerzendemonstrationen gegen die Lee-Myung-Bak-Regierung im vergangenen Jahr ist die Entscheidung von Bedeutung. Viele Teilnehmer der Demonstrationen, die offiziell als Festivals oder Kulturfeste deklariert werden mussten, um dem Verbotsparagraphen zum umgehen, sollten auf Grund dieses Paragraphen für ihre Teilnahme an den Demonstrationen belangt werden.

Darunter befand sich auch Bürgerrechtler Ahn Jin-Geol, der Klage beim Verfassungsgericht im Mai 2008 einreichte.

Der Verbotsparagraph geht auf die Diktatur unter Park Chung-Hee zurück, der kurz nach seinem Militärputsch 1961 gleich im Folgejahr neben vielen anderen restriktiven juristischen Regelungen auch das Demonstrationsgesetz und den Paragrafen (damals noch) 6 schuf.

Ende der 80er Jahre, nach der sogenannten „Demokratisierung von 1987“ wurde (1989) das Demonstrationsgesetz dahingehend entschärft, dass das Verbot in eine „Erlaubnisregelung“ abgändert wurde. Das heisst, es war weiterhin verboten, nachts unter freiem Himmel zu demonstrieren, es konnte jedoch erlaubt werden.

Eine Entscheidung des Verfassungsgerichts aus dem Jahr 1994, zwei Jahre nach dem Amtsantritt Südkoreas erstem zivilen Präsidenten Kim Young-Sam, befand das Versammlungsverbot mit acht zu einer Stimme als verfassungskonform.

Das liegt heute mehr als eine Dekade zurück. Dennoch war die Entscheidung des Verfassungsgerichts heute nicht so eindeutig wie das vor 15 Jahren.

24. September 2009