Auslandssemester an der Universidad Nacional de Colombia in Bogotá

Auslandssemester an der Universidad Nacional de Colombia in Bogotá

Master Medio Ambiente y Desarrollo

Das Auslandssemester an der UNAL in Bogotá hat mich während des Wintersemesters 2019/2020 nicht nur akademisch, sondern auch persönlich bereichert und nachdrücklich beeindruckt.

Durch meinen Bachelorabschluss in Politikwissenschaften und meinen Masterstudiengang der Interdisziplinären Lateinamerikastudien an der Freien Universität Berlin hatte ich die einmalige Möglichkeit, mich für das interdisziplinäre Masterprogramm Medio Ambiente y Desarrollo an der UNAL, welche in Bogotá liebevoll Nacho genannt wird, einzuschreiben. Dieser ist an einem zur UNAL gehörendem Umweltinstitut angegliedert und bietet aufgrund der genannten Interdisziplinarität die Möglichkeit, an vielzähligen Fakultäten die eigene Kurswahl vorzunehmen.

Sehr bereichernd habe ich dabei die Varietät der Studiengänge empfunden, welche in diesem Master vertreten waren, über Politolog*innen und Wirtschaftswissenschaftler*innen bis hin zu Biolog*innen waren Studierende mit allen Vorerfahrungen vorhanden. Diese Mehrdimensionalität hat in meinen Augen den Lerneffekt innerhalb der Seminare um einiges erhöht, sowie die Diskussionen um verschiedene Blickwinkel bereichert. Ich habe mich schlussendlich für vier Kurse an der Wirtschaftsfakultät entschieden, da ich mein akademisches Wissen in diesem Bereich erweitern wollte. Natürlich ging ich als Politologin mit bestimmten Vorurteilen an die Wirtschaftsfakultät, welche sich glücklicherweise nicht bestätigt haben. Die Kurse waren alle von einem kritischen Blickwinkel auf globale Wirtschaftsstrukturen geprägt und befassten sich, zu meiner Freude, mit vielzähligen post-kapitalistischen Theorien. Dabei wurden alternative Entwicklungsansätze diskutiert und mit lokalen Beispielen aus der Extraktivismusindustrie Kolumbiens auf die aktuellen Umweltkonflikte innerhalb und außerhalb des Landes eingegangen.

Die Begeisterung für meine gewählten Kurse, wurde lediglich durch einen immensen Arbeitsaufwand gemindert. Wöchentliche Abgaben von Essays, vielzählige Präsentationen, Vor- und Nachbereitung von Exkursionen sowie vier Hausarbeitsabgaben bis zum Ende der Vorlesungszeit setzten mich während des Auslandssemesters unter einen großen universitären Druck. Schlussendlich war die Umsetzung der geforderten Leistungen möglich, jedoch hatte ich oft das Gefühl, die gelernten Theorien durch den hohen Arbeitsaufwand nicht ausreichend kritisch reflektieren zu können.

Ich hatte das Glück, für ein Teilstipendium ausgewählt zu werden, welches durch die UNAL ausgezahlt werden sollte. Leider habe ich das Geld jedoch auch nach mehrfacher Nachfrage erst Ende November, ca. drei Wochen vor dem Semesterende in Bogotá, erhalten. Durch eine Überbürokratisierung muss man sich also leider auf längere Wartezeiten einstellen, doch schlussendlich klappt eigentlich immer alles.

Als Hauptstadt hat Bogotá eine Menge zu bieten, vielzählige politische sowie kulturelle Aktivitäten lassen keine Wünsche offen und somit kann man jeden Tag eine neue Seite der Stadt entdecken. Bogotá ist vor allem für die vielen Fahrradwege bekannt. Ich selbst habe mir vor Ort ein Fahrrad gekauft, mit welchem ich jeden Tag zur UNAL fahren konnte. Den Kauf eines Fahrrads kann ich wärmstens empfehlen, da der Campus sehr groß ist und man so schneller die verschiedenen Fakultäten erreichen kann, zudem kann man das Fahrrad nach dem Auslandssemester an Freunde oder Neuankömmlinge weitergeben.

Während meines Aufenthalts fingen nationale Proteste an, welche sich gegen Korruption, unzureichende Sozial- und Bildungsreformen, die nationale Extraktivismusindustrie sowie für die Verteidigung des Rechtes auf freie Demonstrationen mobilisierten. Da die Student*innen innerhalb der Proteste eine wichtige Rolle einnahmen, hatte ich die Möglichkeit mich zusammen mit meinen Kommiliton*innen zu solidarisieren und selbst an den Demonstrationen teilzunehmen. Mich hat die Art des Protests innerhalb Kolumbiens seitens der Demonstrant*innen sehr beeindruckt, da dieser bis zu meiner Rückreise anhielt und alle Generationen auf verschiedene Art und Weise ein Teil zu dem landesweiten Protest beitrugen. Gleichzeitig war ich sehr schockiert über die Gewalt, welche überwiegend von staatlicher Seite, wie durch die Polizei sowie durch die Polizeieinheit ESMAD ausging.

Während meines Aufenthalts habe ich Bogotá und die UNAL sehr ins Herz geschlossen, die kritische Lehre an der Universität, die beeindruckenden Student*innen sowie das außeruniversitäre Angebot haben meine Vorstellungen für mein Auslandssemester an der Nacho weit überschritten. Ich kann jedem ans Herz legen das Privileg an der Universidad Nacional studieren zu dürfen, wahrzunehmen.

 

Autorin: Kathrin Meyer