Die Tradition und Praxis des „gewerkschaftlichen Internationalismus“ in Nordamerika ist durch Unabhängigkeitsbestrebungen kanadischer Gewerkschaften gegenüber den amerikanischen Zentralen seit Jahrzehnten signifikant geschwächt worden. Heute ist weniger als ein Drittel der kanadischen Gewerkschaftsmitglieder in Ablegern US-amerikanischer Gewerkschaften organisiert. Nordamerikanische Integration und Globalisierung haben die Herausforderung internationaler Kooperation aber wieder stärker in den Mittelpunkt gewerkschaftlicher Politik gerückt. Neben Bestrebungen, gemeinsame Positionen z. B. zur „global governance“ zu identifizieren, finden verstärkt grenzüberschreitende Strategietransfers statt. Insbesondere die Innovationen US-amerikanischer Gewerkschaften haben weltweit Verbreitung gefunden. Auch kanadische Gewerkschaften nehmen auf das „organizing model“ und das Konzept der „strategic campaigns“ Bezug. Während kanadische Sektionen amerikanischer Gewerkschaften die Strategie-Innovationen z. T. direkt übernehmen, sind die Adaptionen nationaler kanadischer Gewerkschaften stärker durch spezifische Vorbehalte gegenüber den USA und kanadische Traditionen des „social unionism“ gebrochen.
Greven, Thomas (2006): Learning from the U.S.? Canadian Unions and the Cross-Border Diffusion of Labor Movement Strategies
Erschienen in: Zeitschrift für Kanada-Studien, Vol. 26, No. 2, 118-136.