Die Obama-Administration ist in die Offensive gegangen und scheint den Kampf mit der einflussreichen ‚National Riffle Association‘ (NRA) aufnehmen zu wollen. Nach dem Massaker von Newtown in Connecticut, bei dem im Dezember letzten Jahres 26 Menschen getötet wurden, 20 davon Kinder, zeigte sich ein Umschwung in der öffentlichen Meinung: die Rahmenbedingungen für eine Verschärfung der Waffengesetzgebung auf der Bundesebene schien günstig. Nahezu in Rekordzeit hat Vizepräsident Biden einen Maßnahmenkatalog erarbeitet, der jetzt von Präsident Obama vorgelegt worden ist. Dabei bleibt das Recht auf Waffenbesitz, das den US-Bürgern laut dem zweiten Verfassungszusatz zusteht, auch weiterhin erhalten, allerdings wird stärker reguliert, überprüft und auch die Art der Waffen, die die Bürger erwerben und besitzen dürfen wird eventuell eingeschränkt. Einiges hat der Präsident im Alleingang umgesetzt, für anderes braucht er den Kongress.
Die Vorschläge der Obama-Administration sind dabei weniger durch ihre Radikalität gekennzeichnet. Vieles von dem was jetzt wieder geändert werden soll, wurde bereits unter der Clinton-Administration in den 1990er Jahren durchgesetzt, ist dann allerdings 2005 vom Republikanisch dominierten Kongress nicht verlängert worden: hier soll in erster Linie der Verbot von Angriffswaffen wieder eingeführt werden und Magazine mit hohen Kapazitäten verboten werden. Auch die so genannte panzerbrechende Munition soll verboten werden. Daneben sollen die bereits jetzt für registrierte Waffenhändler gelten Hintergrundschecks für Waffenkäufe auch auf die privaten Waffenmessen ausgeweitet werden. Damit soll weitgehend verhindert werden, dass kriminelle oder psychisch ausfällige und labile Personen eine Waffe kaufen können. Für all diese Reformen benötigt Obama die Zustimmung des Kongresses und ob auch die Republikaner einer solchen Verschärfung zustimmen werden ist unklar. Die NRA setzt zumindest momentan alles ihre Ressourcen dafür ein, um diese Reformen zu verhindern. Das Säbelrasseln ist gerade aus europäischer Perspektive schwer nachvollziehbar. Gerade auch deshalb, weil in Umfragen rund 80 Prozent der Waffenbesitzer und auch eine Mehrheit der NRA-Mitglieder für eine Verschärfung des Waffenrechts sind.
Sind diese Reformen ausreichend, um Massaker wie Newtown zu verhindern? Wahrscheinlich nicht. Deshalb setzt die Obama –Administration auch auf eine öffentliche Debatte und Aufklärung. Die Forschung zu den Ursachen und der möglichen Verhinderung von Waffengewalt soll ausgeweitet werden. Die Behandlung von psychisch kranken und labilen Personen soll verbessert werden, insbesondere auch mit Blick der Kostenübernahme notwendiger Behandlungen durch die Krankenversicherungen. Schulen sollen zusätzlich geschützt werden. Hier nimmt Obama die Vorschläge der Waffenlobby auf: sprechen sich Schulen für verschärfte Sicherheitsmaßnahmen an ihren Schulen aus, dann werden sie hier von der Bundesregierung unterstütz. Das Lehrpersonal soll darüber hinaus noch speziell für solche Krisenfälle geschult werden.
Zusammengenommen setzen alle diese Maßnahmen vielleicht eine Diskussion über das Gewaltpotential in der US-amerikanischen Gesellschaft in Gang. Jährlich sterben rund 30.000 Menschen in den USA durch Waffen, durch Kriminalität, bei Amokläufen, durch Selbstmord oder aber beim Reinigen der Waffen. All diese Opfer wird man auch mit verschärften Waffengesetzen nicht verhindern können, aber eine striktere Kontrolle des Waffenbesitzes kann zumindest die zu beobachtbaren Exzesse von Waffengewalt in den USA eindämmen.
Tags: NRA, Obama, Waffenrecht
Am 4. Februar 2013 um 11:37 Uhr
In der Tat, die Verschärfung des Waffenrechts wird alleine das Problem nicht lösen können – und möglicherweise den Demokraten eine weitere Niederlage im Repräsentantenhaus bescheren, wie 1994, trotz des derzeitigen demographischen Vorteils. Die Militarisierung der Gesellschaft geht durch den sich andeutenden Kompromiss wohl sogar weiter, der bewaffnete Schutz von Schulen ist nur der Anfang. Zustimmung zur Regulierung gibt es wohl auch, weil die Amerikaner schon so viele Waffen im Keller haben. Es braucht also eine „Diskussion über das Gewaltpotential in der amerikanischen Gesellschaft“, wie Christian Lammert richtig schreibt. Aber wie soll diese aussehen? Wer soll sie führen? Sie kann keinesfalls gelingen, wenn nicht zugleich über den fortgesetzten Rassismus und Nativismus in den USA gesprochen wird.