Das polnischsprachige „Kontakty“-Magazin in Berlin

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© kontakty.org

Tobias Schlageter

Die Idee zum Forschungsprojekt entstand innerhalb des Seminars „Minoritäten und Medien“. Im Zuge meiner Recherchen stieß ich im Internet auf das „Kontakty“-Magazin, das ich in einem Einkaufsmarkt für polnische Lebensmittel zwar schon wahrgenommen hatte, aber über dessen Inhalt ich bis dato nichts wusste.

Kontakty ist eine polnischsprachige Zeitung, die seit 1995 monatlich in Berlin erscheint, aktuell eine Auflage von 15.000 Exemplaren hat und kostenlos verteilt wird. Außerdem liegt das Magazin bei vielen deutsch-polnischen Institutionen aus. Zum Beispiel bei polnischen Ärzten, Rechtsanwälten, Lebensmittelläden, Friseuren, oder in der polnischen Botschaft. Das Magazin wurde von Marianna Klon gegründet. Die Redaktionsräume befinden sich auch heute noch im hinteren Bereich des Ladengeschäfts der Familie Klon, in dem es polnische Lebensmittel zu kaufen gibt und das gleichzeitig auch eine Art Kontaktbörse Berliner Polen darstellt.

Das Magazin informiert über Themen und Ereignisse, die von der Redaktion als besonders wichtig für die polnische Gemeinschaft in Berlin erachten werden. Dies sind unter anderem Themen aus den Bereichen Wirtschaft, Kultur, Tourismus oder aktuelles Zeitgeschehen. „Kontakty“ ist polnisch und bedeutet so viel wie „Anschluss“.

Das Projekt, Forschungsansatz und Methoden

Als Informationsgrundlage dienten halb strukturierte Interviews mit den Machern der Zeitung. Hierzu fanden zwei Besuche in der „Kontakty“-Redaktion statt. Diese befindet sich Nahe des U- und S- Bahnhofes Wilmersdorfer Straße in der Pestalozzistraße. Zudem wurden Inhalt und Aufmachung des Heftes stichpunktartig geprüft. Des weiteren wurde der Inhalt dreier aufeinanderfolgender Hefte auf wiederkehrende Muster überprüft und in den Gesamtkontext der Forschung gesetzt. Dazu diente auch die im Seminar besprochene und empfohlene Literatur. Der Forschungsansatz basierte auf Fragestellungen, die wir zuvor im Seminar besprochen hatten. Diese waren vor allem: Welche Bedeutung hat das Medium für eine ausgewählte Gruppe? Erfolgt über die Mediennuzung eher eine Öffnung oder eine Schließung der Gruppe? Wer sind die zentralen Akteure?

Ausgangsfragen

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Das Ladengeschäft „Klon“ in der Pestalozzistraße. Im hinteren Bereich befinden sich die Redaktionsräume.

Im folgenden eine Auswahl der Fragen, die bei den Besuchen in der Redaktion gestellt wurden:

    • Wer bildet die Redaktion und welche Themen spielen im Magazin eine Rolle?

    • Wie setzt sich die Leserschaft zusammen und welche Distributionswege gibt es?

    • Wie ist „Kontakty“ in der Landschaft anderer polnischsprachiger Zeitungen in Berlin verortet?

    • Wie wird das Magazin finanziert und welche Kooperationen bestehen?

    • Bietet das Magazin eine Hilfestellung für eine bestimmte Personengruppe?

Rechercheergebnisse

Der Inhalt des Magazins setzt sich zusammen aus Anzeigen und Texten, wobei der Anteil der Texte momentan, je nach Ausgabe variierend, ca. 1/3 – ¼ des Heftinhaltes ausmacht. Berichtet wird über das Zeitgeschehen in Berlin und Polen. Gegründet wurde das Magazin als eine Art Familienunternehmen. Mittlerweile setzt sich die Redaktion zusammen aus den Eltern, der Tochter, einem Grafiker, einer Angestellten, die auch im Ladengeschäft arbeitet und einigen freiberuflichen Redakteuren. Insgesamt gibt es 4-5 Festangestellte, die Zahl der freiberuflichen Redakteure variiert. Nach eigener Aussage wird versucht den Anteil der Texte noch zu erhöhen um das Magazin für Anzeigenkunden wie für Leser noch attraktiver zu gestalten. Kurz nach der Gründung hatte das Magazin einen Umfang von vier Seiten in Form eines Din-A4 Faltblattes.

Das Magazin wird komplett durch Anzeigen finanziert. Es gibt keine Zuschüsse vom Staat oder anderen Vereinen. Die 15.000 Exemplare werden kostenlos abgegeben. Ca. 1/3 der Exemplare wird am ersten Sonntag des Monats vor Kirchen verteilt. Die anderen Exemplare bekommen die Betriebe, die Anzeigen geschaltet haben (Ärzte, Vereine, die Botschaft, etc.) werden aber auch auf dem Postweg an Einzelpersonen verschickt. Im Vergleich zur Internetpräsenz sei das gedruckte Magazin weiterhin das wichtigere, so die Gründerin. Der Besucherzähler weiße an Tagen an denen das neue „Kontakty“-Magazin erscheint, bis zu 1000 Besucher aus. Laut Redaktion setzt sich die Leserschaft heute, im Vergleich zu den Gründungsjahren, auch aus jüngeren Personenkreisen zusammen. Sei es vor zehn Jahren noch hauptsächlich die Generation der Eltern gewesen, würden heute auch 30-40 jährige zum Kreis der „alten Bekannten“ zählen.

Die Sprache des Magazins wird bewusst auf polnisch gehalten. Zwar könne man bei einem multilingualen Charakter des Magazins Gelder beantragen, die Gründerin des Magazins möchte die Texte aber auf polnisch halten. Es werde aber insgesamt versucht selbständig zu bleiben und sich weder religiös noch politisch zu binden. Anzeigen würden bezahlt und dann veröffentlicht werden. In Einzelnen Fällen könne es aber auch dazu kommen, dass bestimmte Anzeigeninhalte nicht veröffentlicht würden.

Das Ziel ist es, „Kontakty“ langfristig weiter wachsen zu lassen. Einmal im Jahr gibt es ein weiteres Magazin in Form „gelber Seiten“.

Anmerkungen und Schlussfolgerungen

Das Magazin bietet seiner Leserschaft Hilfe, ist aber auch vertrautes Medium. Das Magazin liegt an bestimmten Stellen aus, ist auch über die eigene Internetpräsenz im pdf-Format abrufbar und somit für jeden frei zugänglich. Es gibt Stammleser, wird aber auch von nach Deutschland pendelnden Polen als erste Anlaufstelle genutzt. Das Magazin ist komplett auf polnisch gehalten. Daher besitzt es gerade für neu nach Deutschland kommende Polen eine wichtige Funktion. Es bietet Hilfestellungen bei beispielsweise rechtlichen Fragen oder Anlaufstellen für Behördengänge. Anzeigen wie Angebote für Sprachkurse, aber auch Artikel über deutsch-polnisches Theater können Möglichkeiten für eine aktive Teilhabe an der Gesellschaft geben. Andererseits besteht durch die rein auf polnisch gehaltenen Texte eine Sprachgrenze für Leser, die der polnischen Sprache nicht mächtig sind.

Schild vor dem Laden

Das „Kontakty“-Magazin ist bis zu einem bestimmten Punkt sicherlich Identitätsstiftend, jedoch haben sowohl die Leser als auch die Redakteure zumeist noch andere Identitäten. Das Magazin ist ein Stück weit auch Selbstverwirklichung der Redakteure, denen es Spaß macht eine Zeitung zu machen und Angebote zu bieten. Zusätzlich besetzt man in Berlin auch eine Nische, in der man über die Jahre eine Art Führungsrolle eingenommen hat. Neben dem Anspruch das alltäglich gelebte Netzwerk polnischsprachiger Menschen in Berlin zu beleben, spielt auch der ökonomische Aspekt eine Rolle. Das Magazin bietet einerseits Informationen für eine bestimmte Gruppe, stellt sich andererseits aber auch nach außen dar. Zum einen dadurch, dass das Magazin in gedruckter sowie digitaler Form frei zugänglich ist, zum anderen auch durch die Präsenz bei Messen wie der Grünen Woche oder der Internationalen Tourismusbörse.

Das Marketing, dass durch die in Auftrag gegebenen Anzeigen letztendlich die Mittel zur Finanzierung des Magazins zur Verfügung stellt funktioniert nur, wenn man sich institutionell auskennt, sowie innerhalb der eigenen Community verankert sowie anerkannt ist. Durch sein langes bestehen und dadurch, dass das „Kontakty“-Magazin das erste polnischsprachige Magazin in Berlin war, hat es ein gewisses Alleinstellungsmerkmal und dadurch einen Vorteil gegenüber anderen Mitbewerbern, die laut „Kontakty“-Redaktion in unregelmäßigen Abständen auf den Markt kommen, jedoch meist nach einiger Zeit weder verschwinden.

Weiterführende Links:

https://www.kontakty.org/

(Online-Version des Kontakty-Magazins sowie ein Archiv älterer Ausgaben)

https://www.tagesspiegel.de/medien/aus-berlin-fuer-die-welt-serviceblatt-fuer-polen/8624444.html

(Artikel auf tagesspiegel.de)

© September 2014, Tobias Schlageter

Eine Reaktion zu “Das polnischsprachige „Kontakty“-Magazin in Berlin”

  1. Brenna

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