Im Rahmen des Moduls „Projektmanagement“ haben wir uns in den letzten Wochen mit dem Projekt Großstadtflughafen BER beschäftigt. Unsere Arbeit orientierte sich dabei an dem übergeordneten Ziel, Verständnis für den Einfluss von Stakeholdern zu entwickeln und anschließend zu beurteilen, wie diese beispielsweise den Verlauf von Projekten prägen können. Wir haben uns dabei auf die Interessengruppe der politischen Parteien Bündnis 90/Die Grünen und der Piratenpartei Deutschland spezifiziert.
Hierzu haben wir zu Beginn Arbeitshypothesen aufgestellt und diese im Folgenden durch intensive Recherche und Befragungen von Experten untersucht, um den Wahrheitsgehalt zu bestätigen oder sie zu verwerfen. Der Frage, welche Gründe aus ihrer Sicht für das Scheitern des Projekts maßgeblich waren, sind wir im Interview mit Harald Moritz (Bündnis 90/Die Grünen) und Martin Delius (ehemaliger Politiker der Piratenpartei Deutschland, heute Mitglied der Partei Die Linke) näher auf den Grund gegangen. Kosten- und Terminüberschreitungen, die Ignoranz von Anforderungsänderungen, die Deklarierung als eigenes Prestigeprojekt seitens einiger Politiker… – die Liste, der dabei zur Sprache gekommenen Problemen und Fehler, ließe sich unendlich fortführen.
Die für uns zu Beginn ausschlaggebende Vermutung für den nicht planmäßigen Fortlauf des Projekts, bezog sich vor allem auf fehlende Kompetenz und Selbstüberschätzung der Flughafengesellschaft Berlin Brandenburg. Dies wurde sowohl von Harald Moritz, als auch durch die Äußerungen von Martin Delius bestätigt.
„Sie gehen immer diesen risikobehafteten Weg.“ – Harald Moritz betonte, dass langfristige Fortschritte eine Veränderung der organisationalen Struktur und einen verantwortungsbewussten Umgang mit Risiko erfordern. Auch Delius stellte fest, dass es sich hierbei um “nicht verantwortliches Projektmanagement” handelt, denn man habe schlichtweg “keinen Überblick über das Projekt”.
Weiterhin beschäftigten wir uns mit dem Untersuchungsausschuss zur Klärung der Kosten- und Terminüberschreitungen beim Bau des BER. Hier vermuteten wir Anfangs, dass dieser aufgrund mangelnder Weisungsbefugnis langfristig gesehen ohne Ergebnis blieb.
Im Laufe der Gespräche stellte sich allerdings heraus, dass wir von den Aufgaben und der Perspektive des Untersuchungsausschusses andere Vorstellungen hatten, als die, die tatsächlich zutreffend sind. Es ist demnach nicht die Aufgabe eines Untersuchungsausschusses, Fehler baulich-technischer Art zu lösen. Tatsächlich versucht man ein Verständnis für die genauen Vorgänge und Prozesse zu schaffen.
Harald Moritz erläuterte, dass der Untersuchungsausschuss “viele Dinge ans Licht brachte”. Auch Martin Delius, welcher derzeit Vorsitzender des Untersuchungsausschusses war, stützte sich darauf, dass dieser seine Hauptaufgabe – die Aufdeckung von Informationen – durchaus erfüllt hat. Mit anderen Worten: unsere Hypothese hat sich aufgrund fehlerhafter Grundannahmen nicht bestätigt.
Letztendlich schürten die ständigen Personalwechsel und Anforderungsänderungen während des Bauprozesses, das Problem der Termin- und Kostenüberschreitung – soweit unsere Hypothese. Diese konnte wiederum durch die Statements unserer beiden Experten belegt werden. Es herrschte demnach Verantwortungslosigkeit auf allen Ebenen, oder wie Harald Moritz es schilderte: “Jeder schiebt sich den schwarzen Peter zu”. Martin Delius ist darüber hinaus der Meinung, dass die logische Konsequenz ein Baustopp gewesen wäre, welcher die Überprüfung und Analyse des ganzen Projekts nach sich gezogen hätte, um dieses im Hinblick auf den weiteren Verlauf zu hinterfragen. “Paralleles Planen und Bauen” […], der größte Unsinn, den ich je gehört habe”, äußert sich Delius. Scheint so, also wäre das doch nicht die erfolgversprechendste Strategie, um den Flughafen so früh wie möglich zu eröffnen.
Abschließend können wir also festhalten, dass auch politische Parteien in gewisser Weise die Rolle von Stakeholdern einnehmen und damit Einfluss auf Großprojekte wie den BER haben. Dabei bezieht sich dieser jedoch eher auf eine informative und aufklärende Ebene, wie in diesem Fall beispielsweise durch den Untersuchungsausschuss.
Für mehr Informationen zu unseren weiteren Überlegungen sowie den Interviews, schaut gerne bei unseren vorherigen Blog-Beiträgen vorbei.
„Erfolgsgeschichte BER“ – oder auch: warum der Hauptstadtflughafen immer noch nicht fertiggestellt ist
Wer ein Problem benennt, wird selber zum Problem – oder auch: warum der schwarze Peter immer noch niemandem erfolgreich zugeschoben werden konnte