Einfluss der Stakeholder auf Technische Entscheidungen des Projektmanagements
Der BER: nicht funktionierende Technik, Eröffnungsverschiebungen, allgemeines Chaos. Niemand wundert sich mehr, wenn schon wieder von Problemen am BER berichtet wird und viele Fragen sich ob es überhaupt jemals zu einer Eröffnung kommen wird. Aber wie konnte es eigentlich dazu kommen? Und wieso sind die Fehler noch nicht behoben? Wir haben uns die vergangenen Monate genau mit diesem Thema beschäftigt und hoffen zumindest einem Teil der Probleme am BER identifiziert zu haben.
1. Mangelnder Entwurfs- und Ausführungsplanung
Dem vom Generalplaner pg bbi erstellten Plan fehlte es an Planungstiefe, er war nicht geeignet um ohne weiteres damit fortzufahren. Ein Gutachten der Firma Drees & Sommer, dass 2009 der FBB vorgelegt wurde sah zwei Möglichkeiten vor: 1. Die Planung fertigzustellen und auszubessern und dafür einen wesentlich späteren Eröffnungstermin in Kauf zu nehmen, oder 2. Baubegleitend weiter zu planen und die Risiken und höheren Kosten zu tragen um eine Eröffnung 2012 möglich zu machen. Die FBB-Führung entschied sich für letzteres, der erhoffte Vorteil der früheren Eröffnung blieb aus, die vorausgesagten Nachteile traten alle ein.
2. Fehlende Kontrolle und Übersicht
Nachdem die Vergabe des Projekts an ein Generalbauunternehmen gescheitert war entschied man sich dazu Aufträge an hunderte verschiedene Unternehmen zu verteilen. Dass dies nicht besonders förderlich für den Überblick ist kann man sich denken. Aber, dass es in einer solchen Situation besonders wichtig ist zu kontrollieren was die einzelnen Unternehmen machen scheint der Bauleitung nicht einleuchtend gewesen zu sein. Dies führte z.B. zur Verwendung von unge-eigneten Materialien und da viele Anlagen etc. durch nachträgliche Änderungen von den in den Verträgen festgelegten Objekten abwichen setzte auch keinerlei Haftungspflicht für die Unternehmen, die durchaus von der herausgezögerten Fertigstellung profitieren, ein.
3. Fehlendes Technisches Verständnis
Weder die Leitungsebene der FBB noch die Mitglieder des Aufsichtsrats hatten vor dem Großprojekt BER Erfahrung mit komplizierten technischen Projekten. Dies wäre kein so schwerwiegendes Problem, wenn regelmäßig Fachverständige und Experten zu Rat gezogen würden, doch leider war dies nicht der Fall. Da Fehler – vor allem in der Technik – das Ziel der baldigen Eröffnung behindern könnten wollten viele dieser Fehler nicht wahrgehabt werden und obwohl es viele Fach-verständige gab, die zu einem frühen Zeitpunkt schon auf Fehler hinwiesen wurde anstatt innezuhalten und die vorhandenen Probleme zu lösen stetig weitergebaut.
4. Stakeholdereinfluss
Wenn man die technischen Fehler am BER in Ihrer Vielfalt und Historie betrachtet, so gewinnt man den Eindruck, dass das Projektmanagement aus Überforderung und mangelndem technischen Sachverstand ihre Entscheidungen zur Behebung der technischen Fehler eher öffentlichkeitswirksam trifft, als ergebnisbezogen für die schnellstmögliche und erfolgreiche Fertigstellung des Flughafens. Im Bericht des letzten Untersuchungsausschusses liest man sogar: „Aufgrund der breiten medialen Beachtung und der fortwährenden Auswirkungen für das Bauprojekt nahmen die Planungsarbeiten zur Brandschutzanlage praktisch den gesamten Raum der Ausschussuntersuchung im Bereich technische Gebäudeausrüstung ein.“ So wird zum Beispiel die berühmte Anlage 14 der Entrauchungsanlage im Hauptterminal von der Projektsteuerung als Hilfsmittel genommen um von einer Vielzahl anderer bedeutsamer Fehler abzulenken. Besonders hilfreich schien es hier gewesen zu sein, dass sich der Planer der Anlage 14 sich als Ingenieur aus-gegeben hat ohne einen solchen Titel abgeschlossen zu haben. Tatsächlich war dies für seine Arbeit nicht relevant, denn es ist nicht verboten ein Ingenieursbüro zu leiten ohne selber ein Ingenieur zu sein, auch wenn es Herrn Di Mauro sicherlich gefallen würde einen entsprechenden Titel zu tragen. Obwohl die berühmte Anlage 14 einen großen Bereich des Terminals zur Entrauchungsanlage abdeckt, so betrifft es gleichzeitig auch die unwichtigsten Areale, denn sie ist überwiegend für die Untergeschosse und Bereiche an denen sich keine Passagiere aufhalten zuständig. Dass durch die massiven Planungsänderungen die Gesamtkonzeption aller Teile der Entrauchungsanlagen beeinträchtigt werden, führt mit einer Schlagzeile wie „Ex-Planer Alfredo di Mauro war offenbar Hochstapler“ (Tagesspiegel am 25.06.2014) dazu, dass die Managementfehler für die Öffentlichkeit eher in den Hintergrund geraten.
Aber warum ist die technische Gebäudeausstattung so ein Problem am BER, wenn es andere, größere Flughäfen gibt, die ohne größere Probleme erbaut wurden? Die Vermutung liegt nahe, dass durch die massiven Planungsänderungen die technische Gebäudeausstattung an die Grenzen der technischen Möglichkeiten stößt. Es wird von den ehemaligen mitverantwortlichen Herren Di Mauro und Da Costa bestätigt, dass der BER mit einer geringeren Passagieranzahl und somit einer geringeren Anforderung an die Gebäudetechnik durch niedrigere Hürden bei den Sicherheitsvorschriften in kurzer Zeit eröffnen könne. Doch den Verantwortlichen würde damit die Legitimationsgrundlage für den Bau des Flughafens verloren gehen. Denn wenn der BER mit einer Kapazität von 12 Mio. Passagieren pro Jahr eröffnen würde, wäre er vergleichbar mit der Kapazität vom Flughafen Tegel. Es ist daher von auszugehen, dass ein Projektmanagement seine Entscheidungen nicht allein darauf konzentriert das Projekt schnellstmöglich und erfolgreich zu vollenden, sondern die Entscheidungen darüber von Interessengruppen außer-halb des Projektes stark beeinflusst werden. Die Entscheidung der Projektsteuerung 2009 trotz der Risiken mit dem Bau vorzufahren ist sicherlich auch zum Teil dem Druck der Stakeholder zuzuschreiben.
Auch wenn man die Probleme am BER nicht einem einzigen Faktor zuschreiben kann ist klar, dass die Interessen der verschiedenen Stakeholder – der Unternehmen, der FBB-Leitung, der Politik und der Öffentlichkeit – dazu geführt haben, dass Entscheidungen zu oft nicht objektiv und somit teilweise falsch getroffen wurden.
(Quelle: Bericht des 1. Untersuchungsausschusses des Abgeordnetenhauses von Berlin– 17. Wahlperiode –zur Aufklärung der Ursachen, Konsequenzen und Verantwortung für die Kosten- und Terminüberschreitungen.
Hier wurde zu viel zu glatt gebügelt. Di Mauro war als Planer während des Baus tätig. Ich (Faulenbach) habe als Planer in der Phase des Standortsuchverfahrens, der Raumordnung und des Privatisierungsverfahrens – also in der konzeptionellen Planung) gearbeitet. Mein Vorschlag berücksichtigt die ursprüngliche Planungsgröße (15 Mio. Pax/a) für die das Terminal und die technischen Anlagen geplant wurden. Bei Beachtung diese Planungsgröße sind die Passagierabfertigungsanlagen ausreichend dimensioniert, die Fluchtwege reichen aus und eine Rauchableitung ausreichend. Die Anforderungen an Be- und Entlüftung sind deutlich niedriger. Genau da liegt das Problem. Für 15 Mio. Pax/a geplant, wurden die Kapazitäten auf 21 bis 27 Mio. Pax/a erhöht. Das hatte Folgen für die haustechnischen Anlagen. Die mussten während des Baus der Passagierentwicklung angepasst werden. Die Abfer5tigungsanlagen konnten nicht angepasst werden.