In Lateinamerika hat die US-Gewerkschaftsbewegung auch im 21. Jahrhundert noch mit der Erblast des Gewerkschaftsimperialismus zu kämpfen. Der als AFL-CIA berüchtigte US-Gewerkschaftsdachverband verfolgte Jahrzehnte lang über sein mit Regierungsgeldern ausgestattetes American Institut for Free Labor Development (AIFLD) eine vielfach überzogene antikommunistische Politik über die Interessen der lokalen Gewerkschaften hinweg. In den 1990er Jahren „entdeckten“ die Gewerkschaften des entwickelten Nordens ihre Besorgnis über die Arbeitsbedingungen im Süden, gerade als (und weil) dieser auf dem Weltmarkt konkurrenzfähig wurde, argumentieren Intellektuelle und Aktivisten wie Martin Khor vom Third World Network. Jetzt sollen Sozialklauseln in Handelsverträgen und in der WTO sowie Konsumentenkampagnen gegen Sweatshops internationale Arbeitsstandards durchsetzen. Eine neue Form des Protektionismus und unangemessener Kulturimperialismus, argumentieren Regierungsvertreter vor allem in Asien, aber auch in Lateinamerika und Afrika. Am Beispiel einiger Aspekte gewerkschaftlicher Kooperation zwischen den USA und Lateinamerika wird im Artikel der Frage nachgegangen, wie berechtigt diese Kritik ist.
Greven, Thomas (2001): Zu einem ‘Neuen Internationalismus’? Die US-Gewerkschaften und Lateinamerika
Erschienen in: Lateinamerika Nachrichten, Vol. 28, No. 323 (May), pp. 31-33.