Die im Südwesten des Bezirks Lichtenberg gelegene Großwohnsiedlung Frankfurter Allee Süd ist ein in sich geschlossener 80 Hektar großer Stadtteil, der in den 1970er-Jahren infolge von Wohnungsknappheit entstanden ist. Angrenzend an die gleichnamige Bundesstraße, die auf direktestem Weg zum Alexanderplatz führt, liegt die Großwohnsiedlung heute gut angebunden im Zentrum Berlins.
Neben der damals geplanten Autobahn sollten lange 11-geschossige Gebäude das Quartier nach innen hin abschließen. Ergänzt wurden diese durch an zwei exponierten Stellen errichtete Doppelhochhäuser und weitere WBS 70-Bauten und Typ QX-Platten. Das in den Jahren 1970-1974 erbaute Projekt besteht aus 5.000 Wohneinheiten und ist ausgerichtet für potenziell 15.300 Bewohner*innen.
Die außenstehenden langen und abschließenden Wohnblöcke an der Frankfurter Allee zeigen sich modern und hochglänzend. Die glatt verkleideten Außenfassaden und Balkons sind in ihrer Farbkomposition einheitlich in Lila- und Ockertönen gehalten. Die weiter zur Frankfurter Allee reichende Bepflanzung passt sich dieser Farbgebung weitestgehend an und bricht so mit der statischen Form der Gebäude. Die hochglänzende Fassade reflektiert den Himmel und verwischt die scharfen Endkanten der Gebäude.
Der Versuch, die „naturgegebene“ Strukturlosigkeit und Härte der Plattenbauten zu brechen, zieht sich im Innenbereich der Anlage fort. Verschiedene Körnungsgrößen und Farben der Fassaden geben dem Gebäude mehr Struktur, die zusätzlich durch stufenreiche Randbepflanzung die starke Kante zwischen Horizontaler und Vertikaler auflösen soll. Dies gelingt nur bedingt, zeugt aber von dem Wunsch, die wenig „natürlich“ anmutenden Gebäude in die Umgebung organisch einzubetten.
Dabei ist auffällig, dass der Versuch, den Gebäuden eine organische und bunte Struktur zu geben, durchgehend verfolgt worden ist. Während die Gestaltung der neuwertigeren Außenfassaden zu Details wie unterschiedlicher Materialzusammenstellung greift, sind früher renovierte Gebäude großflächig mit Pflanzen- und Tiermotiven verziert, die eher verspielt als organisch wirken. Dies kann als schneller und kostengünstiger Versuch gewertet werden, den rau und kalt wirkenden, steifen Gebäuden eine freundlichere Erscheinung zu geben.
Großen eindimensionalen Seitenwänden hat man mit einheitlichen Mustern versucht mehr Dimensionen zu geben. Die Fassadengestaltung der Großwohnsiedlung verfolgt darüber hinaus zudem einen ganz pragmatischen Zweck und dient der Orientierung. Gleiche Gebäudetypen und monotone Gestaltung lassen einen zuweilen orientierungslos rumirren, gäbe es nicht unterschiedliche Farbakzente und Orientierungshilfen an den Fassaden.
Die Großwohnsiedlung Frankfurt Allee Süd zeichnet sich nicht nur allein durch die zentrale Lage und schlicht ihre Größe aus, sondern vor allem durch die unterschiedlichen Herangehensweisen, den verschiedenen Plattenbautypen eine strukturreichere Erscheinung zu geben. Während eines Rundgangs durch die Siedlung kann man gut die unterschiedlichsten Konzepte beobachten, die Siedlung hochwertiger und moderner zu gestalten und die starken Brüche mit den umliegenden Gebäuden und Landschaften zu mildern.
Benjamin Vogel