Welche Gemeinsamkeiten haben „Tetris“, das blockartige Computerspiel des russischen Programmierers Alexei Paschitnov, und eine Plattenbausiedlung? Diese Frage stellte ich mir, als ich mich für das Seminar Ästhetik des Plattenbaus mit einer kreativen Darstellung dieser Bauform beschäftigte. Es zeigte sich, dass sowohl die Form als auch das Konzept in ihrer Entstehung sehr ähnlich sind. Zur Verdeutlichung habe ich eine Berliner Plattenbau-Siedlung in ein Tetris-Spiel verwandelt und in einem Video montiert. Im Folgenden möchte ich zunächst die beiden Konzepte und ihre Gemeinsamkeiten erklären, um anschließend die Entstehung des Video-Projekts zu erläutern.
Die Gleichförmigkeit und Massivität von Plattenbauten sind weitgehend bekannt und der repetitiv aufgestellte „graue Beton“ wurde in letzter Zeit zu einem beliebten Thema in unserer Gesellschaft. Doch der Ursprung liegt mehr als 70 Jahre zurück. Der Bau von Plattenbausiedlungen hatte ein Ziel: Die Beseitigung der Wohnungsnot in den 1950er Jahren. Die im Zweiten Weltkrieg verursachten Zerstörungen des Stadtbildes führten zu einem enormen Wohnungsmangel. Viele Menschen hatten keine Wohnung oder wohnten unter widrigsten Bedingungen. Die Platte ergab eine plausible Lösung – durch eine zentrale Steuerung aller Bauprozessen sowie die Normalisierung der Grundrisse konnten die neuen Häuser schnell und günstig gebaut werden. Die vorproduzierten Elemente (Wände, Decken, Dächer usw.) mussten „nur“ zusammenmontiert werden. Diese moderne, technisch und wirtschaftlich attraktive Methode wurde schnell sehr beliebt, vor allem im östlichen Teilen Europas.
Was hat das also mit Tetris zu tun? Die erste Ähnlichkeit, die mir auffiel, war die Form. Während wir im Seminar darüber sprachen, wie eine Plattenbausiedlung entsteht, musste ich an ein Puzzlespiel denken. Die Aufstellung der serienmäßig hergestellten Bauelemente verbinde ich mit den serienmäßig hergestellten Einzelteilen eines Puzzles. Allerdings sind diese selten länglich, rechtwinkelig und eckig wie die Wohnhäuser. Umgehend kam mir eine neue Assoziation in den Sinn, nämlich das wohl bekannteste sowjetische Computerspiel „Tetris“. Das Ziel des Spiels besteht darin, verschiede Formate im gleichförmigen Raum zu platzieren. Dieses Konzept stimmr mit der Entstehung einer Plattenbausiedlung überein.
In dem vorliegenden Projekt handelt es sich um eine Tetris-Simulation, die in die Großsiedlung am Weißensee integriert wurde und in der Form eines Videos präsentiert wird. Die Animation bildet eine Metapher zu der architektonischen, aber auch sozialen Seite solcher Wohneinheiten. Denn das Prinzip der Platzierung verschiedener Formen in demselben Raum kann sozial als ein Versuch der Anpassung und Vereinheitlichung der Gesellschaft betrachtet werden. Wobei die Bedürfnisse und Wünsche der einzelnen Individuen nicht beachtet werden. Die Frage ist jedoch wie lange sich das Spiel spielen lässt das GAME OVER erreicht wird.
Um die ausgesuchte Siedlung Berlins optisch in ein Tetris-Spiel verwandeln zu können, habe ich Bildmaterialien aus großer Höhe gebraucht. Für diese Zwecke suchte ich nach passendem technischem Equipment. Fotos und Videos für das Projekt wurden mithilfe einer Drohne (DJI Mini Drone) von dem Standpunkt Hansastraße 96 aufgenommen. Insgesamt war die Drohne zweimal in der Luft jeweils für 30 Minuten. Die Aufnahmen entstanden in unterschiedlichen Höhen von 100 bis 245 Metern.
Anschließend wurden die oben zusehenden Fotografien in dem Bildbearbeitungsprogramm Adobe Photoshop bearbeitet. Zuerst wurde das Bild für das Hochkant-Format angepasst. Als nächstes wurden die Tetris-Blöcke (aus einer zufälligen Abbildung in Internet) passenderweise reinkopiert und in der unteren Bildkante platziert. Der letzte Schritt, der in Photoshop gemacht wurde, war die Animation des türkisenen Blocks mithilfe von Effekten wie „Positionierung Keyframes“, die eine Bewegung im Bild ermöglichen. Die finale Bearbeitung erfolgte in einer Videoschnittsoftware Premiere Pro, wo das Bild in ein Video umgewandelt worden ist. Aus dem originalen Tetris-Video wurde die Anfang- und Endsequenz rausgeschnitten und in das neue Video montiert. Am Ende des Prozesses wurde die Animation des türkisenen Blocks optimiert und der originale Teris-Soundtrack hinzugefügt.
Natalia Sobczuk