Arabische und muslimische Spuren in Deutschland sind nicht nur ein Zeugnis der historischen Verbindungen, sondern auch ein wichtiger Bestandteil unseres kulturellen Erbes. Während eines Besuchs im Zentrum Moderner Orient hatten wir die Gelegenheit, das umfangreiche Archiv Gerhard Höpps zu sichten, welches zahlreiche Belege für die Präsenz und den Einfluss von Arabern und Muslimen in Deutschland enthält. Diese Dokumente können uns helfen, die Hintergründe und Entwicklungen besser zu verstehen. In den folgenden Abschnitten werden wir diese Erkenntnisse teilen und näher darauf eingehen, wie es in den 1920er Jahren zur Errichtung der ersten Moschee in Berlin kam.
Der lange Weg zur ersten Moschee
Mitten in unserer Hauptstadt, im Bezirk Wilmersdorf, in der Brienner Straße, steht die Ahmadiyya-Moschee. Die Moschee ist ein bedeutendes Zentrum der kleinen, reformatorischen Ahmadiyya-Bewegung, welche ihren Ursprung in Pakistan hat. Die Ahmadiyya-Moschee wurde 1928 eröffnet und war eines der ersten islamischen Zentren in Deutschland. Die Architektur der Moschee orientiert sich am prachtvollen Taj Mahal und steht heute unter Denkmalschutz. Sie ist somit die älteste bestehende Moschee Deutschlands.
Doch der Bau dieser ersten Moschee war mit zahlreichen Schwierigkeiten verbunden. Die ursprüngliche Planung scheiterte, aber das Projekt wurde in einige Jahre später erfolgreich umgesetzt. Diese Moschee der Ahmadiyya-Gemeinde, die ebenso wie der erste Grundstein viel Kritik erntete, setzte sich schließlich als ein bedeutendes Zentrum durch. Sie dient nicht nur als Rückzugsort für Muslime, sondern bis heute auch als Ort des interkulturellen Austauschs. Das historische Bauwerk spiegelt nicht nur die architektonische Schönheit wider, sondern steht auch symbolisch für den Beitrag der arabischen und muslimischen Gemeinschaft zur deutschen Gesellschaft.
Grundsteinlegung am Kaiserdamm
Am 7. und 8. August 1923 berichteten verschiedene Zeitungen unter dem Titel
„Eine Moschee am Kaiserdamm“ über die geplante Errichtung einer Moschee an der Ecke Riehlstraße und Dresselstraße in Charlottenburg. Der Plan für die Moschee sah einen Kuppelbau und zwei Minarette von jeweils 63 Metern Höhe sowie ein 21 Meter hohes Haus vor. Das Haus sollte Gesellschafts- und Baderäume, Unterkünfte für türkische Studenten und alleinstehende Frauen bieten. Die Berichte beschrieben eine feierliche Veranstaltung, bei der zahlreiche Anwesende – darunter Vertreter des Oberbürgermeisters, des Bezirksamtes und Staatssekretär Dr. Freud – zugegen waren.
Während der Feierlichkeiten gab es Koranrezitationen, Lesungen der ersten Sure und Reden vom Initiator Mubarak Ali auf Englisch und Afghanisch. Doch die Veranstaltung wurde von einem ägyptischen Arzt, Dr. Mansur Rifat, gestört. Er protestierte lautstark gegen die Errichtung der Moschee: „Warum spricht er die englische Sprache? Alles ist eine Lüge. Das ist keine Moschee, sondern eine englische Kaserne. Sie wird erbaut von englischem Gelde.“
Nach diesem Vorwurf wurde Dr. Rifat zur Wache mitgenommen. Die „Deutsche Gesellschaft zur Erforschung des Islam“ erklärte daraufhin, dass ihnen zunächst keine Beziehungen zu England bekannt seien. Im Großen und Ganzen hielt sich die islamische Gemeinde von der Grundsteinlegung fern.
Verlegung nach Wilmersdorf
Diese ursprünglich geplante Moschee in Charlottenbrug, für die 1923 der Grundstein gelegt wurde, konnte aufgrund der Hyperinflation und der damit verbundenen finanziellen Schwierigkeiten tatsächlich nie fertiggestellt werden. Die Bauarbeiten wurden mehrmals unterbrochen und mussten schließlich komplett eingestellt werden, als die Kosten aufgrund der starken Entwertung der Reichsmark explodierten. Am 10. Oktober 1924 berichtete die „Vossische Zeitung“ unter dem Titel „Die verhinderte Grundsteinlegung“ über die endgültige Absage des Bauprojekts. Bis 1926 blieb das Grundstück im Besitz von Maulvi Mubarak Ali, danach wurde es versteigert und später für Wohnungsbau genutzt.
Mitglieder der ägyptischen nationalradikalen Gruppe um Mansur Rifat verteilten daraufhin grüne Flugblätter, in denen auch die am Ferhbelliner Platz geplante Moschee als „Spionagenest“ der Engländer bezeichnet wurde. Sie bezeichneten die Ahmadiyya-Bewegung als „Agenten der britischen Regierung“ und die Moschee als „Spionagenest für England“. Das „Berliner Tagesblatt“ veröffentlichte einen Artikel mit dem Titel „Aufgeschobene Grundsteinlegung der Moschee am Fehrbelliner Platz“, in dem interne Streitigkeiten zwischen verschiedenen muslimischen Gruppen und die Behauptungen der ägyptischen Nationalradikalen thematisiert wurden. Offiziell wurde die Grundsteinlegung jedoch wegen der Erkrankung des türkischen Botschafters verschoben.
Lebendiges Symbol kultureller Vielfalt
Allen Widrigkeiten und Widerständen zum Trotz ist der Bau dieser Moschee ein historisches Glanzstück, das von türkischen Arbeitern und mit Hilfe von Spendengeldern in den Jahren von 1924 bis 1927 errichtet wurde.Viele der Gläubigen in Deutschland, oder explizit in Berlin, bekannten sich nicht unbedingt zu der Glaubensrichtung der Ahmadiyya, die die Moschee betrieben, und versammelten sich zum Gottesdienst an anderen Orten.
Trotz zahlreicher Herausforderungen hat die Ahmadiyya-Moschee ihre Rolle als Ort des Glaubens, des intellektuellen Austauschs und der Förderung des friedlichen Zusammenlebens stets erfüllt. Sie bleibt bis heute ein lebendiges Symbol für die kulturelle Vielfalt Deutschlands und die Bemühungen um ein harmonisches Miteinander.
Zum Titelbild: Blick in das Innere der Berliner Moschee während des Gebets der Gläubigen unter der Leitung des Iman Abdullah. Historischer Bildtitel vom Mai 1930: „Die Feier des großen Opferfestes I´dul-Adha wurde von den Berliner Mohammedanern in der Moschee am Fehrbelliner Platz abgehalten. Der Iman der Moschee, Abdullah, leitete persönlich das hohe mohammedanische Fest.“ Quelle: Bundesarchiv (via wikimedia)
Danke für diesen spannenden Blogbeitrag. Mich würde interessieren, ob die Ahmadiyya-Gemeinde damals auch schon von einigen muslimischen Gruppierungen abgelehnt wurde?