Georges A. Houri und die Jaffa-Orangen

Stell dir vor, du bist ein Obstliebhaber im Deutschland der 1920er Jahre und entdeckst zum ersten Mal die saftige Süße einer exotischen Frucht namens Jaffa-Orange. Was du vielleicht nicht weißt, ist die faszinierende Geschichte hinter dieser Frucht und eines Mannes, Georges A. Houri, der maßgeblich dazu beitrug, diese Delikatesse aus Palästina nach Europa zu bringen. Diese Geschichte ist nicht nur die eines erfolgreichen Exports, sondern auch ein Spiegel der komplexen Beziehungen und Konflikte im Nahen Osten.

Von Isabel Alwan

Berliner Kolonialwarengeschäft um 1900
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George A. Houri (1891-1965) war ein griechisch-orthodoxer, palästinensischer Unternehmer, der nach dem Ersten Weltkrieg nach Deutschland kam und eine Schlüsselrolle beim Verkauf von palästinensischen Jaffa-Orangen spielte. Die „Shamouti-Orange“, wie die Jaffa-Orange auch genannt wird, ist eng mit der palästinensischen Identität und Geschichte verbunden. Sie war berühmt für ihre gute Qualität und wurde zu einem wichtigen Exportprodukt. Die Jaffa-Orangen stammen aus einer Plantage in Palästina, die Georges und seinem Bruder gehörte, und wurden zum Symbol für das vielfältige kulturelle Erbe und die Geschichte Palästinas.

Ursprünge der Jaffa-Orange

Die Jaffa-Orange, oder Shamouti-Orange, hat ihren Namen von der Stadt Jaffa (heute ein Teil von Tel Aviv), die historisch gesehen ein bedeutendes Handelszentrum war. Die Orangenproduktion in Jaffa begann im 19. Jahrhundert und erlebte ihre Blütezeit in den 1920er und 1930er Jahren. Die besondere Qualität der Jaffa-Orangen war auf das mediterrane Klima und die fruchtbaren Böden der Region zurückzuführen. Die Orangen zeichneten sich durch ihre dicke Schale und ihren süßen Geschmack aus und avancierten schnell zum Exportschlager.

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts arbeiteten arabische und jüdische Bauern oft zusammen, um die Orangenplantagen zu bewirtschaften. Diese Zeit war geprägt von einer gewissen wirtschaftlichen und sozialen Zusammenarbeit trotz der politischen Spannungen. Mit der zunehmenden Einwanderung jüdischer Siedler und der Gründung von Kibbuzim, die nur jüdische Arbeitskräfte beschäftigten, verschärften sich die Konflikte. Mit der Staatsgründung Israels 1948 wurde die Jaffa-Orange zu einem Symbol des landwirtschaftlichen Erfolgs und international als israelisches Produkt vermarktet, während sie für die Palästinenser ihr verlorenes Heimatland und Erbe symbolisiert.

Georges A. Houris Rolle in Deutschland

Nach dem Ersten Weltkrieg kam Georges A. Houri nach Deutschland und nutzte die Gelegenheit, die Jaffa-Orange auf dem deutschen Markt zu etablieren. Dank seiner Bemühungen wurden die Jaffa-Orangen in Deutschland als Delikatesse anerkannt und besonders in den Wintermonaten geschätzt, wenn frisches Obst rar war. Houri spielte eine zentrale Rolle bei der Vermarktung und dem Vertrieb der Orangen, was nicht nur seinen persönlichen Erfolg, sondern auch den wirtschaftlichen Aufschwung für die Orangenproduzenten in Palästina bedeutete.

Nach 1948 und dem virulent werdenden arabisch-israelischen Konflikt änderte sich die Vermarktung der Jaffa-Orangen in Deutschland. Die Orangen, die einst als palästinensisches Produkt bekannt waren, wurden nun als israelische Produkte vermarktet. Dies führte zu einer Verschiebung der Wahrnehmung und Herkunft der Orangen auf dem deutschen Markt. Georges A. Houri und andere palästinensische Unternehmer verloren an Einfluss, da Israel die Kontrolle über die Produktion und den Export übernahm. Trotz dieser Veränderungen blieb die Nachfrage nach den hochwertigen Jaffa-Orangen bestehen, und sie wurden weiterhin in Deutschland verkauft, wenn auch unter einer neuen nationalen Identität.

Die Geschichte der Jaffa-Orange ist ein Spiegelbild der komplexen und oft schmerzhaften Geschichte des Nahen Ostens. Sie beschreibt die Kooperation und den Konflikt zwischen Arabern und Juden und zeigt, wie wirtschaftliche Interessen und politische Entwicklungen miteinander verflochten sind. Georges A. Houri spielte eine entscheidende Rolle bei der Einführung der Jaffa-Orange in Deutschland und trug dazu bei, ihr kulturelles Erbe zu bewahren. Trotz der politischen Veränderungen bleibt die Jaffa-Orange ein Symbol für die reiche Geschichte und das kulturelle Erbe der Region.


Weiterführend:

  1. Palestine Film Institute: Jaffa, the Orange’s Clockwork (2000)
  2. CJPME: Jaffa Oranges: Pride and Propaganda (Englisch)

Ein Gedanke zu „Georges A. Houri und die Jaffa-Orangen“

  1. Liebe Isabell, danke für deinen Kommentar. Sehr schade, dass die palästinensische Herkunft, den sogenannten Jaffa-Orangen abgesprochen wird und ihre Zugehörigkeit Isreal zugesprochen wird. Gut aufgeklärt!

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