Wie aus dem Gründer der Kommunistischen Partei Ägyptens ein nationaler Sozialist wurde

Von Jana Kannenberg

Staatenlos, arbeitslos, für immer gebrandmarkt

In mehreren Petitionen wandte er sich daraufhin direkt an den Reichskanzler, zu jener Zeit bereits Adolf Hitler, und bat um Unterstützung bei der beruflichen Wiedereinstellung und der Wiedererlangung seiner Staatsangehörigkeit. In diesen Petitionen betonte er, dem Kommunismus vollends abgeschworen zu haben.

Antwort erhielt er schließlich vom Auswärtigen Amt, das Verhandlungen mit der Ägyptischen Gesandtschaft aufnahm, um ihm bei der „Heimschaffung“ zu helfen. Doch die Gesandtschaft lehnte auf Grund seiner kommunistischen Vergangenheit ab.

Abbildung 2

Das Auswärtige Amt hat sich wiederholt mit der Ägyptischen Gesandtschaft in Verbindung gesetzt, um eine Wiedereinbürgerung des seinerzeit auf Grund seines Vorlebens aus dem Ägyptischen Staatsverband entlassenen Hosni al-Orabi zu erreichen, da der Besitz der ägyptischen Staatsangehörigkeit Voraussetzung für seine Unterstützung durch die Ägyptische Gesandtschaft sowie für seine Heimschaffung nach Ägypten bildet.

Ausschnitt Schreiben des Auswärtigen Amts

Abgestempelt für seine politische Vergangenheit, ohne Aussicht auf Beschäftigung, obdachlos (d. h. unter ständig wechselnden Anschriften) und staatenlos musste Husni al-Urabi in Nazi-Deutschland verharren, wo er längst nicht so willkommen war, wie er vielleicht gedacht hatte. Seine Lage schien ausweglos, er war für immer gebrandmarkt.

Ausschnitte aus der Jüdischen Rundschau (Abbildung 3) belegen, seine aktive Suche nach Arbeit. Unter Jüdinnen und Juden, die sich auf die Ausreise nach Palästina vorbereiteten, war Arabischunterricht gefragt. Ob er sich mit Privatunterricht über Wasser halten konnte, bleibt jedoch ungeklärt. Anfang des Jahres 1939 konnte er schließlich nach Ägypten zurückkehren, wo er 1955 im Alter von 61 Jahren starb.

Abbildung 3 – Ausschnitt Jüdische Rundschau vom 11.12.1934, Sparte: Unterricht und Erziehung

Fazit

Bei meiner Recherche fällt auf, dass al-Urabi als Parteigründer von starkem Idealismus geprägt gewesen sein muss. In seinem politischen Werden verliert er jedoch zunehmend die Überzeugung von dem, was ihn einst bewegte. Die erste Inhaftierung mag eine bittere Erfahrung gewesen sein, doch auch die Reise nach Moskau ging mit Ernüchterung einher. In einem Zeitungsartikel wird Urabi zitiert: „In Moskau erfuhr ich, dass Revolutionäre die ersten Opfer der Russischen Revolution waren.“ (Abbildung 4) So wirkt die darauffolgende Reaktion, der Bruch mit der Komintern und der Austritt aus der ÄKP als eine Konsequenz aus dem Erlebten.

Abbildung 4

Aus dieser prägenden Erfahrung kann auch seine zunehmende nationalistische Haltung gewachsen sein. Als Studentin der Islamwissenschaften ist es nicht meine Aufgabe, ein psychologisches Gutachten zu erstellen, jedoch können die biographischen Etappen einen Einblick in al-Urabis Profil geben. Oftmals scheinen ökonomische Engpässe, politischer Gegendruck oder persönlich enttäuschende Erfahrungen die Weichen für al-Urabis Weg gelegt zu haben.

Auch wenn sich al-Urabis Beweggründe, mit Hinblick auf eine angestrebte ägyptische Unabhängigkeit und Anti-Kolonialisierung, von den Zielen der deutschen Nationalsozialisten unterschieden, bleibt unklar, was es mit seinem Wunsch nach einer „Ausländerfreien“ Kommunistischen Partei auf sich hatte und was ihn schließlich zum nationalen Sozialisten werden ließ, der sich in Nazideutschland anzubiedern versuchte. In Mahmud Husni Al-Urabi spiegelt sich wohl die politische aber auch identitäre Zerrissenheit des 20. Jahrhunderts wider.


Quellen

Alle Quellen entstammen dem Nachlass von Gerhard Höpp und sind über das digitale Archiv des Zentrum Moderner Orient (ZMO) abgerufen worden.

Biographische Daten zu Husni al-Urabi: https://repositorium.zmo.de/receive/himport_mods_00000695

Artikel zu Husni al-Urabi aus der Zeitung al-Ahram: https://repositorium.zmo.de/receive/himport_mods_00000721

Husni al-Urabi und Salama Musa: https://repositorium.zmo.de/receive/himport_mods_00000690

Husni al-Urabi und die Oktoberrevolution: https://repositorium.zmo.de/receive/himport_mods_00000696

Anzeigen aus verschiedenen Anzeigen der Jüdischen Rundschau: https://repositorium.zmo.de/receive/himport_mods_00000738

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