The State of American Democracy

Research-based Analysis and Commentary by the Department of Politics at the John-F.-Kennedy Institute

What union? Obamas Versuch, das Land nach der Tragödie in Arizona zu einen, scheitert schon im Ansatz

Gegen die Tradition saßen die Abgeordneten und Senatoren nicht nach Parteien getrennt; sie trugen zudem schwarz-weiße Bänder zu Ehren der Opfer des Anschlags in Arizona. Aber auch gegen die Tradition wohnten drei Oberste Richter der State of the Union-Rede nicht bei und es gab nicht nur eine, sondern gleich zwei Republikanische Gegenreden. Die Abgeordnete Michelle Bachmann aus Minnesota ließ es sich nicht nehmen, für den Tea Party Express zu sprechen. Zwar musste sie im National Press Club reden, weil ihr die Republikanische Führung den Zugang zum Capitol Hill Club verweigerte, aber sie nutzte den mittlerweile gewohnten deutlichen, unversöhnlichen Ton, der die Versuche von Obama und des offiziellen Gegenredners Paul Ryan, des Vorsitzenden des Haushaltsausschusses im Repräsentantenhaus, die politische Debatte zu versachlichen und an Gemeinsamkeiten zu erinnern, gleich wieder zunichtemachte.

Was hatte Obamas Rede außer überparteilichen Versöhnungsgesten und den üblichen zivilreligiösen Referenzen an den „amerikanischen Traum“ und den „American Exceptionalism“ (über die selbst die vergiftete, hasserfüllte politische Debatte sozusagen wieder zu etwas von der Welt zu beneidenden gemacht wurde) zu bieten? Die Journalisten urteilten wie zumeist: „short on substance“. Sicher, doch auch die nur angedeuteten politischen Ideen lassen daran zweifeln, dass sich Obama noch einmal von der rechten Mitte wegbewegen wird.

Mal wieder wird eine Steuersenkung versprochen; diesmal gleich für alle Unternehmen. Immerhin sollen die Ölfirmen ihre Subventionen verlieren – leichte Beute nach dem Desaster im Golf von Mexiko, und es soll keine „earmarks“ mehr geben, womit eine Kernforderung der Tea Parties erfüllt wäre. Es bleibt abzuwarten, ob die gut geschmierte Lobbymaschinerie am Ende wirklich unterliegt.
Die amerikanischen Beschäftigten, wie üblich als produktivste der Welt gelobt (wobei das möglicherweise eine Lebenslüge ist, der unbezahlten und nicht dokumentierten freiwilligen Mehrarbeit geschuldet), sollen die Welt niederkonkurrieren, wofür es Anstrengungen in der Bildungspolitik gibt. Ein Überdenken der Handelspolitik oder Investitionen in ein „jobs program“ gibt es dagegen nicht. Stattdessen den Vorschlag, die Ausgaben des Bundes für fünf Jahre einzufrieren. Dabei wurde eher zu wenig (und falsch) als zu viel investiert.

Auch das Verteidigungsministerium hat signalisiert, dass es einige Milliarden Dollar zu sparen bereit ist, allerdings nicht an den laufenden Militärabenteuern. Und es ist kaum zu erwarten, dass nicht weitere Interventionen folgen werden. Vielleicht zugunsten von Hosni Mubarak, dessen Volk nicht wie die Tunesier für ihren demokratischen Freiheitsdrang gelobt wird (man braucht ihn ja noch).
Den Republikanern wird all dies ohnehin nicht reichen, denn nicht nur die TPler und die Hardliner haben ihre fiskalkonservativen Prinzipien wieder entdeckt (wie immer in der Opposition). Es gibt kaum Hoffnung, dass wichtige inhaltliche Fragen wie die der Sicherung der Rentenversicherung, in nächster Zeit angemessen diskutiert geschweige denn gelöst werden können. Zunächst müssten die Demokraten herausfinden, welche Vorstellung von Amerika, welche Vorstellung von der Rolle des Staates für die amerikanische Wirtschaft und Gesellschaft sie eigentlich als Partei gemeinsam haben. Gelingt dies nicht, wird die Diskussion weiter auf dem diskursiven Terrain der Republikaner stattfinden, wo Steuersenkungen undVerschlankung des Staates immer die besten Lösungen sind.

Der Beitrag wurde am Mittwoch, den 26. Januar 2011 um 15:36 Uhr von Thomas Greven veröffentlicht und wurde unter Domestic Politics, The State of American Democracy: Innenpolitik abgelegt. Sie können die Kommentare zu diesem Eintrag durch den RSS 2.0 Feed verfolgen. Kommentare und Pings sind derzeit nicht erlaubt.

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