The State of American Democracy

Research-based Analysis and Commentary by the Department of Politics at the John-F.-Kennedy Institute

Obamas Gesundheitsreform nach einem Jahr

Ein Jahr nach der Unterzeichnung der Gesundheitsreform hat sich zwar die Debatte in den USA etwas beruhigt, natürlich auch bedingt durch die Überlagerung anderer tagespolitischer Themen, aber die Fronten in der Reformdebatte bleiben unverändert. Der Sprecher des Repräsentantenhauses – John Boehner (Rep.) – hat kürzlich in einem Interview die Reform als komplett gescheitert skizziert, Arbeitsplätze seinen venichtet worden und die Republikaner würden alles in ihrer Macht stehenden tun, um ‚Obamacare‘ wieder rückgängig zu machen. Das Weiße Haus auf der anderen Seite versucht gerade mit einer breit angelgten PR-Strategie Werbung für die Reform zu machen. In zahlreichen Werbespots werden Einzelschicksale präsentiert, die von der Reform profitieren, zumeist verbunden mit einem sehr emotionalen Interview mit dem Präsidenten. Man mag solche PR Aktionen kritisieren, aber anderseits kann man auch Obama und die Demokraten kristisieren, dass Sie bislang die Erfolge Ihrer Politik nicht ausreichend genug ins Blickfeld rücken. Wie nötig das insbesondere bei der Gesundheitsreform ist, zeigen jüngste Umfragen. In einer Umfrage von CNN kritisierten 59 Prozent der Befragten die Reform und dies wird nicht nur von den Republikanern zu Wahlkampfzwecken genutzt, auch die FAZ schreibt in ihrer Ausgabe vom 25. März 2011: „Amerikaner von der Gesundheitsreform nicht überzeugt“. Das ist nicht falsch, aber die Umfrage muß noch etwas genauer betrachtet werden, da von den Reformskeptikern immer13 Prozent sagen, dass die die Reform ablehnen, weil sie ihnen nicht weit genug gehe. Aus Sicht dieser progressiver Kritik wird weiterhin die Einführung einer ‚public option‘ präferiert, einige wünschen gar, die USA würden eine ‚Single-Payer-System‘ à la Kanada implementieren. Diese 13 Prozent können sicherlich nicht von den Republikanern für ihre politische Position und Kritik am Reformwerk beansprucht werden, bleiben also 46 Prozent die die Kritik der Republikaner teilen und 50 Prozent, die mit der Reform zufrieden sind, bzw. eine weiterreichende Reform wollen.
Aber auch diese Zahlen dürften Obama und die Demokraten nicht zufrieden stellen, die öffentliche Meinung bleibt gespalten und hat sich darin kaum verändert im letzten Jahr. Darin spiegelt sich zum einen die weiterhin bestehen parteipolitische und ideologische Polarisierung der Öffentlichkeit in den USA wieder. Eine deutliche Mehrheit der Anhänger der Demokraten befürwortet die Reform, die Anhänger der Republikaner sprechen sich noch immer mit einer deutlichen Mehrheit dagegen aus. Bei den so genannten Independents – also den Bürgern, die sich keiner Partei klar zuordnen – überwiegt die Skepsis, wenn auch nicht so deutlich wie bei den Republikanern. Erklärt werden kann diese noch immer mit der Verunsicherung dieser großen und komplexen Reform, die nur schwer in ihrem Ausmaß zu verstehen ist. Verstärkt wird dies noch durch die phasenweise Implementierung der Reform. Zentrale Teile und Mechanismen beginnen erst in den kommenden Jaren zu greifen und das verunsichert die Leute. Noch immer müssen zum Teil steigende Versicherungsprämien bezahlt werden und es ist für viele auch noch nicht einsichtig, ob und wie und unter welchen Umständen sie Gelder aus den Notfalltöpfen beantragen können, um sich eine Versicherung zu kaufen. Besonders unbeliebt bleibt die Versicherungspflicht, die auch erst 2014 greifen wird.
Die momenaten Debatten zeigen, dass das Thema Gesundheitsreform noch nicht vom Tisch ist und auch Einfluss auf die Wahlen im kommenden Jahr haben wird. Wer dann davon profitieren kann ist noch nicht absehbar. Aber das gilt auch für die endgültige Ausgestaltung der Reform, bei der schon in der frühen Implementierungsphase zentrale Ausnahmeregelungen getroffen werden und auch bei der Frage der Finanzierbarkeit der Reform mehren sich die kritischen Stimmen. Vielleicht bekommen wir ja im kommenden Jahr im Präsidentschaftswahlkampf eine neue Reformdebatte nach dem Motto: Repeal or extend – und das würde auch Progressive freuen.

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Der Beitrag wurde am Freitag, den 25. März 2011 um 16:08 Uhr von Christian Lammert veröffentlicht und wurde unter Allgemein abgelegt. Sie können die Kommentare zu diesem Eintrag durch den RSS 2.0 Feed verfolgen. Kommentare und Pings sind derzeit nicht erlaubt.

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