Übersetzung von Hélène Potelet (SoSe 2021)
Exploration II
La nuit pour ne réveiller personne avec la lumière
je fais en sorte qu’une torche à côté du lit
me guide tout au long du couloir,
étroit, sans fenêtre jusqu’à la brèche1 de la salle de bain
et puis de la cuisine d’où je bois
surprenant2 du coin de l’œil3
4le ciel qui s’éclaircit et qui se reflète
-cerné5 par les nuages-sur l’acier des tuyaux.6
C’est peu mais cela suffit
pour écrire quelque chose-une note,
parfois avec une lueur7 de poésie
prestement sur une liste de courses usagée.8
Je retourne au lit,9 je regarde dans la pénombre ton profil
encore un peu enfantin, élevé10 en direction du plafond auquel pend
un lustre à gouttes d’eau11. J’écoute ton ronflement, curieuse
de ce son que le corps orchestre avec le souffle, ou peut-être
avec un os dévié12 vers les yeux et le front.
Je reste longtemps ainsi en pensant que l’acte d’observer13
privé de tout jugement suffit 14 pour vivre
et est une forme-offerte15 à nous êtres humains-pour aimer
1 „il varco“ im Italienischen kann auf verschiedene Weise ins Französische übersetzt werden. Es kann „Tür“, „Öffnung“ oder „Durchbruch“ bedeuten. Ich habe den Begriff „Durchbruch“ (fr. brèche) gewählt, um das Gefühl zu vermitteln, dass man sich zaghaft dem Licht öffnet, nachdem man einen langen dunklen Korridor durchquert hat.
2 Die grobe Übersetzung des Verbs „notare“ wäre „remarquer“, aber das passte mir nicht, denn das lyrische Ich erwartete nicht, Licht zu sehen. Er ist unwillkürlich überrascht.
3 Im Französischen hat das Auge keinen Schwanz, sondern einen Winkel (fr. du coin de l’oeil). Eine wörtliche Übersetzung war hier nicht möglich.
4 Unübersetzbarer Begriff im Französischen. Man kann nicht sagen: „Ich bemerke/beobachte/überrascht, wie…“, sondern man sagt „Ich bemerke (etc.), dass…“.
5 „cerchiato“ kann auf verschiedene Weise übersetzt werden („entouré“, „encerclé“, „cerné“). Ich habe den Begriff „cerné“ gewählt, weil die Wolken hier kein gutes Omen zu sein scheinen. Das Licht erscheint zwar, aber es ist nicht ganz klar. Ich denke, dass die Anwesenheit der Wolken den unerreichbaren inneren Frieden des lyrischen Ichs symbolisiert, angesichts der tragischen Situation, in der er sich durch den langsamen Tod seiner Mutter befindet.
6 Die „i tubi“ hier scheinen die des Wasserhahns zu sein. Es scheint mir durchaus vorstellbar, die Szene wie folgt zu sehen: Während er sich bückt, um Wasser aus dem Hahn zu trinken, wird das Auge des lyrischen Ichs von der Reflexion des Lichts auf dem Wasserhahn angezogen. Ich fand es jedoch etwas „schwerfällig“, dieses Detail in der Übersetzung hinzuzufügen, zumal die bloße Erwähnung der Rohre die Interpretationsfreiheit der Szene ermöglicht, was sie so reizvoll macht.
7 Die französische Übersetzung von „il balurme“ ist entweder „étincelle“ oder „lueur“. Wenn ich mir die Definition des Begriffs im Italienischen ansehe und den Kontext des Gedichts berücksichtige, schien es mir angemessener, das Substantiv „lueur“ zu verwenden, da es die Idee eines schwachen und unsicheren Lichts ausdrückt, wie das Licht draußen, das durch die Anwesenheit von Wolken am Himmel abgeschwächt wird.
8 Im Französischen wäre es seltsam gewesen, diese Zeile wörtlich mit „ein Blatt Papier, das zum Einkaufen verwendet wird“ zu übersetzen. Es schien mir viel angebrachter, die „Einkaufsliste“ zu erwähnen, die manchmal das einzige Papier ist, das wir zur Hand haben, wenn wir in Eile etwas schreiben müssen.
9 Auf Französisch würde man sagen „je retourne me coucher“ (dt. ich gehe zurück ins Bett), aber da das Wort „lit“ in Antonella Aneddas Poesie einen hohen symbolischen Wert hat, musste ich es wörtlich übersetzen.
10 Das Wort „alto verso“ lässt sich auf verschiedene Weise übersetzen, aber ich hatte den Eindruck, dass die Vorstellung eines zur Decke „gerichteten“ Gesichts den poetischen Aspekt der Beschreibung der Haltung des Kopfes schmälert.
11 Meiner Meinung nach ist dieser „Kronleuchter“ (fr. lustre) nichts anderes als der Infusionsbeutel, der über dem Kopf der Mutter angebracht ist. Wäre es ein echter Wassertropfen-Kronleuchter, so hätte ich wohl das lyrische Ich geschrieben.
12 Hier spricht das lyrische Ich im übertragenen Sinne von der deformierten Nasenscheidewand, die manche Menschen haben, die zum Schnarchen neigen.
13 Hier hätte ich auch „l‘observation“ (dt. die Beobachtung) sagen können, aber wenn ich stattdessen von „l’acte d‘observer“ (dt. dem Akt des Beobachtens) spreche, verstärkt das die Idee einer totalen und konzentrierten Beobachtung, die der Aktivität der philosophischen Kontemplation nahe kommt.
14 Dieses Wort ist nicht ins Französische übersetzbar. Es wäre notwendig, das Verb „bastare“ (fr. suffire) im Konditional zu verwenden, um die Nuance zu vermitteln, aber das würde bedeuten, die Gegenwartsform zu streichen, die meiner Meinung nach in diesem Gedicht einen symbolischen Wert hat, den der gegenwärtigen Wahrheit im Allgemeinen.
15 Mir scheint, dass das Verb „offrir“ in diesem Zusammenhang besser passt als das Verb „donner“, da es eher die Idee einer Chance zum Ausdruck bringt, die uns gegeben wird und die nicht für alle Menschen intuitiv ist.