Pionier des ägyptischen Films

Während die arabischen Länder vielen europäischen Pionieren der Fotografie und Filmkunst als Kulisse und Labor dienten, führte der Weg des wichtigsten ägyptischen Cineasten seinerzeit über Berlin. Wie Mohammed Bayoumi zum Stummfilm kam beleuchtet dieser Blogbeitrag.

Von Vera Schwenk

Mohammed Bayoumi (1894-1963) war ein ägyptischer Regisseur, Produzent, Kameramann und Schauspieler. Er gilt als Pionier des ägyptischen Films. Bayoumi wuchs als Sohn einer wohlhabenden Händlerfamilie in Tanta am Nildelta auf. Früh machte er Erfahrungen mit der Kamera, indem er Portraits an Nachbarn verkaufte. Nach der Schule schlug er zunächst eine Militärlaufbahn ein, wurde aber von den Engländern 1918 aus der ägyptischen Armee entlassen, weil seine Haltung zu patriotisch war.

1919/20 reiste er durch Europa und lernte bei einem Aufenthalt in Berlin den Regisseur Wilhelm Karol kennen, der ihm einen Zugang zur UFA verschaffte. Bayoumi arbeitete dort sowohl in der Filmentwicklung, als auch als Nebendarsteller in Stummfilmen. Kurz darauf wurde er durch den Deutschen Kameramann Bäringer als Assistenz in der Photographie ausgebildet. Dieser half ihm letztendlich auch, bei der Beschaffung seines Equipments für sein erstes Fotostudio in Ägypten.

Das erste Filmstudio Ägyptens

Im Kairo der 20er Jahre, gründete er das erste ägyptische Filmstudio namens Amun, in welchem er unter anderem eine Wochenschau mit kurzen Dokumentarfilmen produzierte. Er drehte 1923 seinen ersten Kurzspielfilm „Barsum sucht eine Arbeit“, der zugleich der erste ägyptische Film in der Filmgeschichte sein sollte. Darauf folgte die Komödie „Der Obersekretär“. Bayoumis Filme waren stark an internationale Filme des 20. Jahrhunderts angelehnt mit expressionistischen Elementen und erinnerten filmisch an „Charlie Chaplin“ und „Das Kabinett des  Dr. Caligari“.


Erster (erhaltener) ägyptischer Stummfilm: „Barsum sucht eine Arbeit“

1925 verkaufte er sein Filmequipment für wenig Geld an die Bank Misr, um gemeinsam mit Tal´at Harb (einem ägyptischen Unternehmer und Gründer der Bank Misr) Geschäfte zu machen. Er wurde zum künstlerischen Direktor der Ägyptische Gesellschaft für Theater und Kino ernannt, mit dem Ziel, eine eigene ägyptische Filmindustrie aufzubauen.

Als Filmemacher trat er gut fünf Jahre zu früh auf: Es fehlte noch an filmischer Infrastruktur, nicht zuletzt im Bereich des Vertriebs. Auch die Dominanz ausländischer Kinobesitzer verlangsamte die Entwicklung eines Filmschaffens ägyptischer Prägung.

Michael Lüders

In dieser Phase kehrt er nochmal nach Europa zurück, um Ausrüstung für seine Geschäfte zu finden. In Wien erwirbt er in dieser Zeit ein Diplom am Zentrum für Filmkunst. Auch im späteren Verlauf seines Lebens hält Bayoumi den Kontakt mit Europa und Deutschland aufrecht.

Doch bereits ein Jahr später stieg Bayoumi nach Differenzen mit Harb aus den gemeinsamen Unternehmungen aus und gründete erneut sein eigenes Studio in Alexandria. „Bayoumi Photo Film“ wurde ab 1932 die erste ägyptische Ausbildungsstätte junger Filmemacher. 1933 drehte Bayoumi dann seinen letzten Film, bevor ihm die Ressourcen ausgingen und er sich aus dem Filmgeschäft zurückzog.

Ein Gedanke zu „Pionier des ägyptischen Films“

  1. Liebe Vera, Dein es ist beeindruckend, wie Bayoumi als Pionier des ägyptischen Films so viel erreicht hat und seine Werke bis heute noch Einfluss haben. Seine Reise und seine Arbeit sind wirklich inspirierend und haben definitiv die Filmwelt bereichert.

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