Positionen der Linken und SPD zum Flughafen BER

Wissen Sie was beim Schreiben des ersten Blogartikels am schwierigsten war? Die Recherche. Alle Welt redet über den BER, die Medien zerreißen sich ihre Mäuler, tun aber trotzdem noch auf neutral und es gibt sogar lustig animierte Videos im Internet. Und dennoch: sucht man mal eine seriöse Quelle, um die Positionen einzelner Parteien auszuarbeiten, hat man wirklich schon viel Glück einen kleinen Absatz aus irgendeinem alten Wahlprogramm zu finden. Und dann spiegelt der nicht mal die nationale, sondern nur die lokale Parteiposition wider. Doch für diesen Beitrag braucht es keine weitere stundenlange Recherche mehr, denn die Zutaten liegen bereits neben uns auf dem Tisch: der erste Blogartikel, der Laptop (der sich gerade für ein Windows-Update entschlossen hat), unsere Gruppen-Hypothese und am allerwichtigsten, unsere Mitschriften der Experteninterviews.)

Meine Damen und Herren, herzlich Willkommen auf Artikel No. 2 zum Thema “Positionen der Linken und SPD zum Flughafen BER”!

Wie Sie bestimmt bereits aus den anderen Beiträgen hier erfahren haben, führten wir alle in den letzten Wochen einige Interviews mit jeweils zu den Themen passenden Experten. Wir hatten die Ehre mit Frank Zimmermann (SPD) und Jutta Matuschek (Die Linke), die beide auch im ersten Untersuchungsausschuss des BER saßen. Um die Beschreibung mal vorwegzunehmen: beide Gespräche liefen sehr professionell, sie begannen mit einer kurzen Einführung vonseiten der Politiker, gefolgt von einem längerem Frage-Antwort-Spiel. Die eine hatte mehr zu sagen, der andere weniger. Damit dieser Artikel aber nicht ins Unendliche ausartet, haben wir nur die (für uns) wichtigsten Inhalte der Interviews zusammengefasst.

Die Einleitungen

Frank Zimmermann leitete sein Interview mit “11 Ursachen für die Probleme bei Bau und Eröffnung des Flughafens” ein. Auf den ersten Blick eine gute Art das Thema kurz und knackig zu erläutern, doch sieht man es sich ein zweites Mal an, könnte man diese Einleitung auch “Wer war schuld?” nennen. Denn zu jeder Ursache wurden die Schuldigen genannt, manchmal waren sogar die Schuldigen Ursache allein und nun die große Überraschung: weder Parteien noch Politiker waren dabei.

Jutta Matuschek entschied sich für eine lange Powerpoint-Präsentation, die laut Datum auch schon etwa ein Jahr alt war. Dadurch mangelte es der Politikerin trotzdem nicht an Enthusiasmus und so erklärte sie uns sehr ausführlich die Struktur (und deren Entwicklung) des Projekts im historischen Verlauf. Sie betonte dabei die sozialen Abhängigkeiten, die diese Entscheidungsprozesse kennzeichnen und die somit die Kontrollfunktion der einzelnen Organe aushebeln.

Das Interview

Obwohl einige unserer Fragen sich schon während der Einleitung beantworten ließen, blieb noch eine Menge Ungeklärtes für das Interview offen. Gerade bei der SPD irritierten uns die widersprüchlichen Stellung bei den Parteien für Berlin und für Brandenburg. Zu unserer Überraschung bestätigte Zimmermann diese Meinungsverschiedenheiten tatsächlich: man dürfe das nicht parteipolitisch betrachten, denn es ginge eher um das Interesse der Länder. Das betreffe sowohl die Standortwahl, den Ausbau des Flughafens als auch das Nachtflugverbot. Finden wir eigentlich verständlich, doch wenn man sich nun vorstellt, dass einer der größten politischen Gegner die eigene Partei ist, doch eher fraglich. Ebenfalls eher amüsant fanden wir seine Idee, dass “mehr Frauen” Lösung für zukünftige Projekte seien, um Machtkämpfe zu vermeiden. Männer hätten nämlich ein “Imponiergehabe”. Verbesserungsideen für künftige Projektabläufe hatte er insgesamt einige. Dazu gehörten vor allem Werte wie Offenheit, Bescheidenheit und Realismus, aber auch die Erstellung eines Sonderausschusses, der alle zwei Wochen Berichterstattung bekommen soll.

Frau Matuschek nannte zwar keine zukünftigen Verbesserungsvorschläge, hatte sich dafür aber sehr genau mit der Vergangenheit und den besagten Strukturen des BER auseinandergesetzt, und das über 20 Jahre. Sie würde ein Buch schreiben, sagte sie, doch das wäre wahrscheinlich einen Meter dick. Diese Struktur, mit der sie auch die meisten aller Fragen beantwortete, sei das von Anfang an falsch aufgestellte Gerüst von Auftrag und Kontrolle. Gerade auch dadurch hätten die Akteure ihr “Bereicherungsvorhaben” durchsetzen können. “Märchen werden erzählt, die Tatsachen unter den Tisch geschoben”, fasste sie das Projekt zusammen. Zum Thema “Anliegerschutz” äußerte sie sich erst auf Nachfrage, obwohl es bei der Linken zum BER eigentlich mit das Einzige ist, was man so findet.

Bei beiden Gesprächen fielen die wirklich vorsichtigen Zukunftsprognosen auf. Den Optimismus, den wir aus älteren Artikeln von der SPD gewohnt waren, spürte man bei Frank Zimmermann nicht. Das “Der BER muss um jeden Preis fertiggestellt werden!” wirkte zwar entschlossen, aber auch etwas frustriert. Jutta Matuschek sprach eigentlich kaum von Zukunft, lobte aber den aktuellen BER-Chef Engelbert Lütke Daldrup.

Dass eine Privatisierung noch alles hätte retten können, empfinden beide nicht so. Außerdem merkten beide an, dass die Parteien an sich auch eigentlich gar nichts mit dem BER zu tun hätten. Es wären eher die Abgeordneten, die zwar auch einer Partei angehören, aber dadurch eher so eine Art “Doppelrolle” spielen. Leider hatten wir zu diesem Thema nicht mehr die Zeit zu fragen, warum die Parteien das Thema dann Teil ihrer Wahlkampagnen werden lassen. Und warum die Abgeordneten dann ja quasi eher zufällig die Meinung ihrer Partei zum Flughafen vertreten.

Ein etwas amüsanter Unterschied der beiden Politiker lag in deren Ansicht über die Zusammenarbeit der Parteien SPD und Die Linke im ersten Untersuchungsausschuss. Zimmermann sprach von einem gelungenen gemeinsamen Arbeiten mit nur wenigen, partiellen Unterschieden. Doch in den wesentlichen Fragen hätte es immer Einigung gegeben. Da wir durch unsere Recherche jedoch schon im Vorfeld in Erfahrung bringen konnten, dass Die Linke und andere Parteien mit dem Ergebnis der Ausschusses so unzufrieden waren, dass sie eigene Minderheitenvoten veröffentlichten, war uns klar, dass Zimmermanns Aussage so wohl nicht ganz stimmen konnte. Also konfrontierten wir Matuschek im Interview damit und wie erwartet, bewertete sie das Ganze um einiges kritischer. “Keiner wollte über Kosten reden”, erklärte sie. Das sei auch einer der Hauptgründe für die Minderheitenvoten.

Das Fazit

Beide Interviews waren sehr aufschlussreich, gerade Jutta Matuschek gewährte tiefe Einblicke in die Planung des Projekts. Unsere Rollenerwartung bestätigte sich nicht; Frank Zimmermann ist kein Optimist und Frau Matuschek weiß zu viel über die Vergangenheit, als dass noch Zeit für Anliegerschutz bleibt. Doch sie sind sich einig: die Parteien haben keine Schuld und haben eigentlich auch nichts mit dem BER zu tun. Wenn dann tragen einzelne Politiker die Verantwortung, der Rest ist wohl fein raus. Wenigstens hat sich eine Sache aus unserem ersten Blogartikel bestätigt: “Schuld ist irgendwie irgendwer anders”.

 

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Captcha
Refresh
Hilfe
Hinweis / Hint
Das Captcha kann Kleinbuchstaben, Ziffern und die Sonderzeichzeichen »?!#%&« enthalten.
The captcha could contain lower case, numeric characters and special characters as »!#%&«.