„(…) das menschliche Leben ist einsam, armselig, ekelhaft, tierisch und kurz.“ (Hobbes 2005, S.91)

Titelbild Thomas Hobbes‘ Leviathan: Zu sehen ist der Souverän. Sein Körper besteht aus den Menschen, die ihn durch den Gesellschaftsvertrag ermächtigt haben. In den Händen hält er Schwert und Krummstab, die Symbole für weltliche und geistliche Macht.

„Und eine solche Furcht empfing da meine Mutter, dass sie Zwillinge gebar, mich und zugleich die Furcht“ (Hobbes 2005, S.91)

Hobbes wuchs in den unruhigen Zeiten politisch-religiöser Kriege und Bürgerkriege als Sohn eines anglikanischen Pfarrers auf, und wurde Zeit seines Lebens von Furcht begleitet. Er hoffte mittels streng rationaler Argumentation den Bürgerkrieg abzuwenden, scheiterte jedoch und schürte schon mit seinen ersten politischen Schriften die vorherrschenden Konflikte. Daraufhin litt er unter politischer Verfolgung und lebt einige Jahre im Exil in Frankreich, bevor er wieder in sein Geburtsland Großbritannien zurückkehren konnte.

Das allgemeine Grundproblem mit dem sich Hobbes beschäftigte lautet: Warum und in welcher Form braucht es Herrschaft? Berühmt ist Hobbes für sein Gedankenexperiment des Naturzustands, mit dem er das Konfliktpotenzial untersucht, das gemeinschaftlichem Zusammenleben innewohnt. Aus diesen Überlegungen folgert er den Gesellschaftsvertrag und die Herrschaft des Leviathans. Zentrale Punkte in Hobbes‘ Theorien sind:

  1. Menschen sind in körperlichen und geistigen Fähigkeiten gleich: Der Schwächste kann durch Hinterlist oder ein Bündnis den Stärksten töten. Es gibt drei Konfliktursachen, die der menschlichen Natur innewohnen: Konkurrenz, Misstrauen und Ruhmsucht. (Hobbes 2005, S.94 f.)
  2. Ohne Staatlichkeit leben die Menschen in einem Kriegszustand: Dem Krieg eines jeden gegen jeden und die ständige Möglichkeit des Konflikts. Neben den Konfliktursachen gibt es auch Leidenschaften, die die Menschen friedfertig machen: Todesfurcht, das Verlangen, nach Dingen, die zu einem angenehmen Leben notwendig sind und die Hoffnung, diese durch Fleiß erlangen zu können. Außerdem sind die Menschen vernünftig, was die Voraussetzung für eine Übereinstimmung darstellt. (Hobbes 2005, S.95-98)
  3. Um den Kriegszustand zu beenden und das eigene Leben zu schützen beschränken die Menschen ihre Freiheit. Sie gehen einen Gesellschaftsvertrag eines jeden mit jedem ein, mit dem sie alle Rechte, außer das Recht auf Schutz des eigenen Lebens, an den Leviathan abtreten. Bemerkenswert ist hier, dass in Hobbes Vertragstheorie der Leviathan nicht Vertragspartner ist, sondern ein Dritter, sodass jeder Autor der Handlungen des Souverän ist. (Hobbes 2005, S.131-135)
Hobbes Aktualität

Wenngleich Hobbes‘ Plädoyer für den Absolutismus heute überholt ist, haben andere Elemente wie das Argumentationsmuster des Gesellschaftsvertrags und der Ausgang vom Individuum auch heute noch politische Bedeutung. (Sozial)utopischen Theorien von herrschaftslosen Zusammenleben hält Hobbes den Naturzustand entgegen, wo Konflikte als unweigerliche Konsequenz aus staatslosem Zusammenleben entstehen. Herrschaft darf jedoch nicht willkürlich sein, sondern wird durch den Gesellschaftsvertrag legitimiert. Hier unterscheidet sich Hobbes‘ Theorie von modernen Demokratien, denn der Gesellschaftsvertrag wird durch die Zustimmung der Mehrheit hergestellt. Von Minderheitsrechten, die verhindern, dass das Individuum zum Wohl der Mehrheit ausgebeutet, unterdrückt oder geopfert wird, sieht Hobbes dabei ab. Zu seiner Zeit erwiesen sich Hobbes Theorien als kontraproduktiv und konfliktfördernd in der aufgeladenen politischen Lage. Auch rückblickend lassen sich gravierende Fehleinschätzungen finden: Nicht nur in Anarchie, sondern auch in despotischer Herrschaft ist die menschliche Existenz gefährdet.

Weiterführende Quellen

The School of Life. Political Theory: Thomas Hobbes:

Williams, Garrath: Internet Encyclopedia of Philosophy: Thomas Hobbes: Moral and political philosophy: https://www.iep.utm.edu/hobmoral/

Louis, Gustav (1891): Über den Individualismus des Hobbes: https://www.thomas-hobbes.de/

 

Literaturverzeichnis

Hobbes, Thomas (2005): Leviathan. oder Stoff, Form und Gewalt eines kirchlichen und bürgerlichen Staates. Hg. v. Iring Fetscher. München. Originaltext verfasst 1651

Höffe, Ottfried (2016): Geschichte des politischen Denkens. München: C.H. Beck.

Bildnachweis: Titelbild von Hobbes Leviathan über: https://aion.mx/wp-content/uploads/2014/01/Leviathan_by_Thomas_Hobbes-e1416438094895.jpg