Terminänderung Nachholsitzung

Ich bin leider ziemlich krank, deshalb gibt es folgende Plannänderung:

Wir treffen uns am 2.2. um 10:00 (nicht 8:30) um Frantz Fanon zu besprechen. Die Nachholsitzung wird stattdessen am 16.2. um 8:30 stattfinden. Nähere Details folgen. Bitte sagt allen Bescheid, die Ihr aus dem Seminar kennt, damit keiner umsonst auftaucht. Danke!

Donna Haraway und die Grundlagen des Cyberfeminismus

Im Zentrum dieser Seminarstunde stand Haraways „Cyborg Manifesto“, das sowohl Kultstatus besitzt als auch die feministische Theorie maßgeblich beeinflusste. Am Beispiel der fortscheitenden Technologisierung beschreibt Haraway darin ihre Utopie einer postmodernen Gesellschaft und fordert das Aufbrechen gängiger Denkkategorien. Letztlich „[seien] Gender-, Rassen- oder Klassenbewusstsein Errungenschaften, die uns aufgrund der schrecklichen historischen Erfahrung der widersprüchlichen, gesellschaftlichen Wirklichkeiten von Patriarchat, Kolonialismus und Kapitalismus aufgezwungen wurden“ (Haraway 1995: 41). Diese Kategorien reproduzieren sich selbst und müssten durch das Verwischen von Grenzen relativiert werden.

Donna Haraway 2010 © jeanbaptisteparis (CC BY-SA 2.0) goo.gl/9bdvoU

Sie entwirft das Bild vom Menschen als Cyborg, ein von Kategorien losgelöstes Wesen, das eine Alternative zum  westlichen Denken in Dualismen repräsentiert. Besonders hebt sie hierbei den Genderaspekt vor: Ihr Ansicht nach gibt es keine  natürliche Gemeinsamkeit  zwischen Menschen einer  Geschlechterkategorie und somit  auch eine Grundlage für Gender als Identitätsmerkmal (vgl. Haraway 1995: 41). Dabei geht es  ihr weniger darum Geschlechterkategorien abzuschaffen, als sie vielmehr  irrelevant zu machen.

Sie begründet ihre Cyborg-Metapher, indem sie auf bereits verwischte Grenzen verweist. So habe sich die grundsätzliche Trennung von Mensch und Tier durch die Evolutionstheorie und moderne wissenschaftliche Erkenntnisse aufgelöst. Auch die Grenze zwischen dem Körper (Organismus) und die von ihm verwendeten Werkzeuge (Maschinen) verwische zunehmend, ebenso wie die Unterscheidung zwischen Physischem und Nicht-Physischem (vgl. Haraway 1995: 36-38). All das rechtfertige, den Menschen als Cyborg zu denken.

Offen bleibt wie genau sie diesen „ironische[n] Traum einer gemeinsamen
Sprache“ (Haraway 1995: 33) Realität werden lassen möchte. Trotzdem
(oder gerade deswegen) bietet dieser provokante Text bis heute Anlass zu
interessanten Debatten.

Ergebnis Gruppenarbeit 26.01. ©privat

Hier das Ergebnis der Gruppenarbeit zu den Fragen (im Uhrzeigersinn oben rechts beginnend): Wie begründet Haraway die Behauptung Menschen seien nun Cyborgs? Wie begründet Haraway den Satz „Eins ist zu wenig, zwei sind zu viel“? Warum nutzt Haraway den Cyborg als Metapher? Welche Kritik übt Haraway am Westen?

Zitiert nach:
Haraway, Donna (1995): Die Neuerfindung der Natur. Primaten, Cyborgs
und Frauen. Frankfurt am Main/New York: Campus Verlag GmbH

Weiterführende Literatur:

Ashby, W. Ross (1974): Einführung in die Kybernetik. 1. Aufl. Frankfurt am
Main: Suhrkamp Taschenbuch Verlag.
Brigley, Zoë (2006): Replication, Regeneration or Organic Birth: The Clone
in Deryn Rees-Jones‘ Quiver and Donna Haraway’s ‚A Cyborg
Manifesto‘. In: Critical Survey, 18 (2), 16-30.

Foucault gegen uns – wir gegen Foucault

Letzten Freitag haben wir uns mit Foucault und seinem Text „Subjekt und Macht“ beschäftigt. Er stellt hier Thesen auf, die eine völlig andere Sicht auf Menschen und die Gesellschaft bis hin zum Staat haben als die klassischen alten Denker. Er stellt das Individuum in den Mittelpunkt seiner Analyse und versucht Machtanalysen anzuleiten. Dies ist ein zentrales Thema seines Textes: Die Macht und ihre Strukturen, in denen jede*r einzelne lebt.

In unserem Ausschnitt führt er den Zusammenhang zwischen Subjekt und Macht auf, während das Subjekt der Schwerpunkt der Arbeit ist (laut eigener Aussage), die Beschreibung von Macht aber ausführlicher ist.

Der Zusammenhang zwischen Macht und Subjekt ist bei Foucault nicht linear, sondern steht im ständigen Wechselspiel. Durch Interaktion von Menschen untereinander entsteht Macht erstmals, diese formt durch Objektivierung ein Individuum und daraus entstehen in der Auseinandersetzung Subjekte. Diese wiederum lassen wieder Macht in der Interaktion untereinander entstehen.

So entsteht ein zirkulärer Zusammenhang auf verschiedenen Ebenen. Wie eine Spirale zieht es sich selbst immer weiter, Macht lässt Subjekt entstehen, und Subjekte formen Macht.

Die Menschen streben selber danach, Individuum zu werden, und Freiheit im Handeln zu erlangen. Ich unterstelle hier, dass Menschen, die Subjekte sind, und nicht mit ihrer Kategorisierung übereinstimmen, nicht ganz frei sind, weil sie sich von diesen Kategorien eingeschränkt fühlen.

Diese Theorie lässt sich beispielhaft sehr gut an der Einführung eines dritten Geschlechts in den Registern, beziehungsweise der Klage vor dem Bundesverfassungsgericht im letzten Jahr vergleichen. Die klagende Person war zuvor durch alle Instanzen gegangen, um vor dem Bundesverfassungsgericht schließlich Recht zu bekommen. Nun soll es möglich werden, bei der Geburt von Kindern neben Junge/Mädchen und den dritten „Nichts“ eine positive nicht dichotom eindeutige Geschlechtsidentität eintragen zu lassen. Die klagende Person hatte selber nur ein X-Chromosom, war also nicht als männlich oder weiblich einzustufen, sondern eben intersexuell.

Das System der zwei Geschlechter im Geburtenregister ist also nun offiziell als unzureichend markiert worden.

In Foucaults Denken ist das ein klarer Fall: Die durch die Macht reproduzierten Kategorien Mann/Frau sind nicht ausreichend und wurden hier in Rebellion gegen und im Diskurs mit den Machtstrukturen des Subjektes hinterfragt und schließlich geändert. In der breiten Gesellschaft ist es jedoch immer noch sehr schwierig, sich keinem Geschlecht zuordnen lassen zu können. Dann bleibt den Personen nach Foucault der Rückzug in die eigene Identität, da sie aus den Kategorien herausfallen und von anderen nicht „individualisiert“ werden können.

Warum wollen nicht alle Menschen rebellieren und aus ihren Kategorien ausbrechen? Die sogenannte „freiwillige Knechtschaft“ (S.257) ist laut Foucault die Antwort drauf, warum sich nicht jede*r Einzelne gegen die Kategorien auflehnt. Die Relativität des Wollen und die Intransitivität (Nicht-Übertragbarkeit) der Freiheit bilden den Kern der Machtbeziehungen, weil die Freiheit (Anzahl möglicher Handlungsoptionen) eines Individuums davon abhängt, in welche Kategorie es durch Objektivierung eingeteilt wurde. Freiheit ist somit von außen (durch die Gesellschaft, in die man hineingeboren wird) zugeschrieben.

„Das Hauptziel besteht heute zweifellos nicht darin, herauszufinden, sondern abzulehnen, was wir sind.“

Wir empfehlen euch noch eine Artedoku, „Foucault gegen Foucault“ die wir selber sehr spannend fanden und euch gerne in der Sitzung einen Ausschnitt zeigen wollten:

Eribon, Didier: Michel Foucault, eine Biographie (OV) 1992, Frankfurt, Suhrkamp Verlag

Keller, Schneider, Viehöver: Diskurs – Macht – Subjekt 2011, Wiesbaden, VS Verlag für Sozialwissenschaften

Wie verfasse ich eine wissenschaftliche Arbeit?

Informationen zum Anfertigen einer Hausarbeit lassen sich z.B. auf der Website des OSI finden, hier oder hier.

Im Arbeitsbereich politische Theorie lohnt es sich allerdings, auch die Merkblätter des Fachbereichs Philosophie durchzulesen.

Es gibt eine schier unendliche Menge an allgemeinen und spezifischen Einführungen in das wissenschaftliche Arbeiten. Die meisten sind austauschbar, denn die Unterschiede bestehen nicht in ihrer Substanz, sondern in ihrer Detailliertheit.

Diese drei Bücher sind zu empfehlen:

Daase, Christopher (et al.): Politikwissenschaftliche Arbeitstechniken. 2. Aufl. Paderborn: Wilhelm Fink 2010.

Dieses Buch ist keine Anleitung zum Nachahmen, sondern ein Versuch, den wissenschaftlichen Arbeitsprozess  versteh- und erfahrbar zu machen.

Die einzelnen Schritte im Arbeitsprozess werden ausführlich behandelt: Literaturrecherche, „Lesen, um zu verstehen“, Finden von Forschungsfragen, Ordnen von Argumenten, Organisieren des Schreibprozesses, sprachlich – stilistische und formale Standards, Zeitmanagement… besonders das Kapitel zum Finden von Forschungsfragen ist empfehlenswert.

Das Buch hat eine ausführliche Bibliographie zur weiteren Information über einschlägige Probleme und gibt wissenschaftstheoretische Einblicke. Dabei liegt der Fokus der Autoren auf Politikwissenschaft als einer empirisch – analytischen Sozialwissenschaft. Im Arbeitsbereich politische Theorie lohnt es sich deshalb, sich darüber hinaus in anderen Werken über geisteswissenschaftliche Methoden zu informieren.

Lauth, Hans-Joachim / Wagner, Christian (Hg.), Politikwissenschaft: Eine Einführung, 2016.

Dieses Buch ist eine allgemeine Einführung in die Politikwissenschaft und wird auch auf den Merkblättern zum Anfertigen einer wissenschaftlichen Arbeit des OSI empfohlen. Es besitzt einen ausführlichen Teil zu Methoden und Arbeitsweisen der Politikwissenschaft. Die wissenschaftstheoretischen und methodischen Grundlagen, die hier präsentiert werden, sind vor allem für andere Bereiche der Politikwissenschaft von Bedeutung. Zum Beispiel: Wie gehe ich mit Fallbeispielen um?

Das Buch beschäftigt sich allerdings auch ausführlich mit der Frage, wie man eine Hausarbeit verfasst. Die genaue Beschreibung der Bestandteile und des Aufbaus einer Hausarbeit ist sehr hilfreich!

Eco, Umberto: Wie man eine wissenschaftliche Abschlussarbeit schreibt. Doktor-, Diplom- und Magisterarbeit in den Geistes- und Sozialwissenschaften. 12. Aufl. Heidelberg: UTB 2007.

Dieses Buch ist ein Klassiker und wird von den anderen beiden Ratgebern immer wieder zitiert. Es sticht besonders dadurch hervor, dass sich Eco nicht auf technische und formale Probleme fokussiert, sondern unangestrengte Demonstration von wissenschaftlichem Arbeiten im Sinne von Lesen, Recherchieren und Denken liefert. Das Buch ist in Zeiten des verschulten Bachelor – und Mastersystems besonders empfehlenswert!

Wie finde ich eine Fragestellung?

Thema so wählen, dass frau selbst zu einer Spezialistin auf dem Gebiet werden kann! Keine Scheu vor scheinbar banalen Fragestellungen, die nur einen kleinen Teil des Themas behandeln!

Wenn man eine analytische Fragestellung wählt, löst sich meist auch das Problem, wie viel Beschreibung in einer Arbeit notwendig ist: nämlich genau so viel, wie zur Beantwortung der analytischen Frage gebraucht wird. Wenn diese klar formuliert ist und wenn frau sich jederzeit an ihr orientiert, ist es viel leichter zu entscheiden, welches Material in welchem Umfang präsentiert werden muss, um der Aufgabe gerecht zu werden.