Problembasiertes Lernen (PBL) – erste Erfahrungen

Laut Studien- und Prüfungsordnung des Einführungs- und Orientierungsstudiums EinS@FU soll bei der Lehrveranstaltungsform „Lernwerkstatt“ zunächst ein Problem im Vordergrund, für das die Studierenden weitgehend selbstständig eine Lösung finden sollen. Hier lernen sie, ein Thema oder eine Frage zu analysieren, geeignete Informationsquellen zu finden und zu nutzen und schließlich Lösungen zu vergleichen, auszuwählen und umzusetzen.

Meinem Verständnis nach klingt diese Beschreibung der Lehr- und Lernform „Lernwerkstatt“ nach Problembasiertem Lernen (PBL). Beim PBL steht ein „Problem“ im Vordergrund und die Studierenden erarbeiten sich selbstständig eine Lösung – ohne bereits über fachspezifisches Wissen zu verfügen.

„The learning results from the process of working towards the understanding of a resolution of a problem. The problem is encountered first in the learning process.“

H.S. Barrows, R. Tamblyn: Problem-Based Learning: An Approach to Medical Education. New York: Springer, 1980, 1.

Die Studierenden entscheiden selbst, welches Wissen für die Lösung des Problems einschlägig ist und welche Wege sie dafür beschreiten können. Diese Lernmethode erfordert im hohen Maße produktives Denken.

Was macht PBL aus?

Präsentation erstellt mit Pitch

Barrows (1996) definiert sechs spezifische Charakteristika:

1. Learning is student-centred.

2. Learning occurs in small student groups.

3. Teachers are facilitators or guides.

4. Problems form the original focus and stimulus for learning.

5. Problems are a vehicle for the development of clinical problem-solving skills.

6. New information is acquired through self-directed learning.

Problem-based learning in medicine and beyond: A brief overview. In L. Wilkerson & H. Gilselaers (eds.), Bringing problem-based learning to higher education: Theory and practice. San Franscisco, CA: Jossey-Bass Inc.

Damit ist PBL eine dezidiert teilnehmerorientierte Methode; die Studierenden stehen im Mittelpunkt und handeln selbstverantwortlich während ich als Dozentin den Lernprozess begleite, aber nicht das Zentrum der Aufmerksamkeit bilde. Sich in die Rolle eines Beobachters und Tutors, der bei Gelegenheit mit Rat zur Seite steht, zu versetzen, ist eine Herausforderung – meiner Erfahrung als Studierende und als Lehrende nach ist eine Fixierung auf die Dozierenden (nicht nur in der Arabistik sondern vielleicht allgemein in der Lehre) eher an der Tagesordnung.

Dozentenorientierte Lehrveranstaltung
Kleingruppe – tutorzentriert
Problembasiertes Lernen – teilnehmerzentriert

Lernziele

Mit problembasiertem Lernen verknüpfen sich drei grundlegende Lernziele:

  1. Studierende machen sich neues Wissen selbststädig zu eigen;
  2. Studierende lernen wie man lernt und können diese Erkenntnisse später auf andere Lernszenarien übertragen;
  3. Studierende lernen, selbstständig Probleme zu analysieren und Lösungen zu reflektieren.

Beim problembasierten Lernen geht es darum, Wissen nicht nur zu konsumieren sondern auch kritisch zu reflektieren.

VM
Schlüsselqualifikationen nach Weber, Agnes: Problem-Based Learning – Ansatz zur Verknüpfung von Theorie und Praxis, in: Fachzeitschrift zu Theorie und Praxis der Aus- und Weiterbildung von Lehrerinnen und Lehrern: Beiträge zur Lehrerbildung 23 (1), 2004.

Anpassung der Sieben-Sprung-Methode der Universität Maastricht

Bei der Gestaltung der einzelnen Sitzungen meiner Lernwerkstatt diente mit die Sieben-Sprung-Methode der Universität Maastricht als Grundlage, im Folgenden nach Weber, Agnes: Problem-Based Learning, Bern, 2007; mit Ergänzungen durch Slemeyer, Andreas: Problemorientiertes Lernen für eine Einzelveranstaltung – ein Fallbeispiel aus dem Ingenieurbereich. Neues Handbuch Hochschullehre.Berlin, Stuttgart. 59. Ergänzungslieferung, Mai 2013:

Phase 1: Erstes Gruppentreffen
Sprung 1:
Begriffe klären
Text sorgfältig lesen und alle unklaren Begriffe klären. Dazu gegebenenfalls Fachbücher, Skripte oder elektronische Ressourcen verwenden.
Sprung 2:
Problem bestimmen
Die wichtigsten Kernthemen und Teilprobleme auflisten und ordnen.
Sprung 3:
Problem analysieren
Brainstorming, Einbringen von Vorwissen, Assoziationen. Bildung von Hypothesen. Alle Aussagen und Ideen protokollieren. Noch keine Diskussion!
Sprung 4:
Erklärungen ordnen
Diskutieren und Strukturieren der Hypothesen.
Auswahl treffen und Prioritäten setzen.
Sprung 5:
Lernziele formulieren
Wissenslücken erfassen. Lernfragen formulieren.
Rechercheaufträge an die Gruppenmitglieder verteilen. Kommunikationswege und Termin für Sprung 7 vereinbaren.
Phase 2: Selbststudium
Sprung 6:
Individuelle Erarbeitung der Antworten zu allen Lernfragen („neues“ Wissen) mit Aufbereitung und Dokumentation unter Nennung der verwendeten Quellen.
Phase 3: Zweites Gruppentreffen
Sprung 7:
Informationen austauschen
Ergebnisse in eigenen Worten präsentieren. Lösungsvorschläge diskutieren, evtl. korrigieren. Fragen einbringen und klären. Ergebnisbericht zusammenstellen und präsentieren.
(Sprung 8:)
Evaluation
Gruppenprozess offen analysieren. Effizienz des Lernverhaltens (auch des eigenen!) prüfen. Ergebnisse in einem Protokoll festhalten.

Auf dieser Grundlage entwickelte ich die Idee, mit den Studierenden in unterschiedlichen Kleingruppenzusammensetzungen (drei Gruppen à 5 Studierenden jeweils) zwei Runden problembasierten Lernens mit zwei unterschiedlichen Fallskizzen zu durchlaufen. (Zu den Fallskizzen später mehr.)

Präsentation erstellt mit Pitch

Dies hat nicht nur den Vorteil, dass die Studierenden über das Semester in der Kleingruppenarbeit nicht immer mit denselben fünf Studierenden in einer Gruppen sind, sondern bietet auch die Möglichkeit, beim zweiten Durchlauf gegebenenfalls Änderungen in den eigenen Prozessen in der Gruppen- und Individualarbeit zu vollziehen und so das eigenen Lernverhalten noch einmal zu evaluieren.

Daher streckte ich die sieben Sprünge – plus Evaluation, also eigentlich acht Sprünge – auf drei Sitzungen und konzipierte die Sitzungen selbst jeweils mit einem Anteil Gruppenarbeit und einem Anteil des Austauschs im Plenum zwischen den drei Gruppen und mit mir:

Präsentation erstellt mit Pitch

In der ersten Session sollten also die Sprünge 1 bis 5 des problembasierten Lernens getätigt werden. Nach einer kurzen Einführung in PBL warf ich die Studierenden quasi ins kalte Wasser, indem ich sie zufällig Gruppen zuordnete, ihnen im Blackboard die Sieben-Sprung-Methode der Universität Maastricht als Handreichung zur Verfügung stellte und sie anhand der ersten Fallskizze zunächst 15 Minuten lang Begriffe sammeln und über diese diskutieren ließ.

Präsentation erstellt mit Pitch

Fallskizze: Arabisches in Herr der Ringe?

Die Fallskizze für diese erste und die folgenden beiden Sitzungen lautet wie folgt:

Präsentation erstellt mit Pitch

In der ersten Diskussionsrunde im Plenum warfen die Studierenden unter anderem folgende Begriffe ein, die sich teilweise auch schon aus der Betrachtung des Szenenausschnitts der Großaufnahme eines Ostling-Kriegers generierten:

Ostlinge – Osten – fremd – schwarz – dunkel – grausam – böse – arabisch – Klischee – westlich – stereotypisch – Kostüm – Wüste – Kajal – Verschleierung – Farbe – geografische Lage – Mordor – Burka – literarische Vorlage – filmische Darstellung – Gruppe – Individuum – Armee – Kämpfer – Pharaonen – …

Wie es auch mir selbst ging, als ich PBL zum ersten Mal in einem Workshop kennenlernte, gingen auch die Studierenden schon früh in die Formulierung von Kernthemen und Problemstellungen über.

In der zweiten Kleingruppensession in dieser Sitzung sollten die Studierenden dann Hypothesen zu dieser Fallskizze bilden und erste Wissenslücken ausmachen und gegebenenfalls Rechercheaufgaben untereinander verteilen.

Präsentation erstellt mit Pitch

Für die Gruppenarbeit hatte ich die Studierenden in Blackboard bereits entsprechend der Zuteilung in den Breakout-Sessions in Cisco WebEx Meetings bereits in Arbeitsgruppen eingeteilt, sodass sie auch die Möglichkeit hatten, ihre Gruppenarbeit zum Beispiel im Wiki zu dokumentieren.

Die Ergebnisse dieser Gruppenarbeit besprechen wir erst in der kommenden Sitzung, sodass die Studierenden noch Zeit haben, sich auch außerhalb der Sitzung miteinander abzusprechen.

Präsentation erstellt mit Pitch

Erster Eindruck

Dadurch, dass problembasiertes Lernen von Studierenden ein hohes Maß an Eigenverantwortlichkeiten, Selbstständigkeit und Selbstreflektion verlangt, scheint sich bei den Studierenden zunächst eine gewisse Unsicherheit und Verwirrung ergeben zu haben. Mein Eindruck aus der Diskussion im Plenum und der Dokumentation im öffentlichen Wiki in Blackboard war aber, dass dies durchaus eine produktive Unsicherheit war.

Eine erste Umfrage, bei der aber bisher erst die Hälfte der Studierende teilnahm, ergab, dass ein Teil der Studierenden die erste Sitzung mit PBL durchaus gut fanden und ein anderer Teil noch nicht genau weiß, was er von PBL und den Fallskizzen halten soll.

Erstellt mit Mentimeter

Auch für mich als Dozentin ergibt sich eine gewisse Unsicherheit, nämlich in der Hinsicht, als dass ich mich zurückhalte, Input zu geben und Wissen einfach konsumierbar zur Verfügung zu stellen. Dies ist eine ungewohnte Rolle, die ein Unbehagen mit sich bringt, nämlich in der Hinsicht, dass es es sich seltsam anfühlt, selbst nicht wirklich viel des eigenen Wissens darzustellen. Ich frage mich ehrlicherweise, ob ich in dieser Rolle des Begleiters studentischer Lernprozesse meiner „Lehrverpflichtung“ tatsächlich nachkomme.

Allerdings denke ich mir auch:

Wenn ich mit meiner Lehrveranstaltung einen Raum schaffe, in dem sich Studierende Kompetenzen erwerben, mit Hilfe derer sie in ihrem Studium und auch im Arbeitsleben persönliche und professionelle Erfolge erleben, dann sehe ich darin den „Sinn“ von Lehre erfüllt.

Ich verstehe „gute Lehre“ nicht so, dass es zwischen den Studierenden und mir als Dozentin lediglich ein Wissensgefälle gibt, das dadurch am besten auszugleichen ist, dass ich von oberhalb des Wissenswasserfalls nur genug Fachinhalte runterfließen lassen muss – am besten durch Frontalunterricht und mühsames Durchpflügen von Sekundärliteratur.

Ist es nicht vielmehr so, dass Lehre dann ihren Zweck erfüllt, wenn Studierende lernen, wie sie zu Wissen – egal welcher Art – kommen?

World-Café-artige Diskussionsrunden zur Einstimmung

In der zweiten Sitzung der EinS@FU-Lernwerkstatt „Araber und Orient in Hollywood“ wollte ich mich mit den Studierenden auf einige der Begrifflichkeiten und Fragestellungen, die uns in der Lehrveranstaltung immer wieder begegnen werden, einstimmen.

  • Was ist „der Orient“?
  • Wo ist „der Orient“?
  • Wer ist „Orientale“? 
  • Was ist „orientalisch“?
  • Wer ist „Araber“?
  • Wer ist „Muslim“?
  • Wo sind die Schnittmengen?
  • Und warum habe ich diese Begriffe in Anführungszeichen gesetzt?

Dazu hatte ich mir überlegt, die Studierenden per Breakout-Sessions in Cisco WebEx Meetings in zufällige Teilgruppen einzuteilen und sie ca. 20 Minuten lang über diese Fragen und Begriffe diskutieren zu lassen.

Im Prinzip entsprach das Diskussionsformat durchaus der Kommunikationsform eines „World-Cafés“ – nur ohne Tischgastgeber.

VM

Nach 20 Minuten sollten wir uns wieder im Hauptraum einfinden und würden die Fragen in großer Runde kurz besprechen. Ich überließ es den Studierenden, untereinander in den Gruppen jeweils auszumachen, wer wie die Diskussionspunkte mitnotiert und wie diese dann in der Hauptdiskussion vorgestellt werden (ob es etwa eine Person allein macht und sich mehrere abwechseln).

Präsentation erstellt mit Pitch

Dies funktionierte tatsächlich ausgesprochen gut. Die Beiträge waren schlüssig und reichhaltig, teilweise sogar schon mit Quellen fundiert.

Allerdings stellte ich fest, dass ich mein nächsten Mal definitiv mehr als 10 Minuten Zeit für die Diskussion in großer Runde lassen würde, da sich, wenn die Studierenden die Beiträge der anderen Gruppen hören, durchaus noch neue Ideen und Gedanken ergeben. Die Diskussion in Teilgruppen, in die ich mich als Gastgeber des Meetings nur geschaltet hätte, wenn die Studierenden die Hilferuf-Funktion genutzt hätten, schien mir gut als Katalysator für weiter ausschweifende oder tiefer gehende Diskussionen dann in der großen Gruppe zu funktionieren. Wir hatten gar nicht so viel Zeit, alle Begriffe und Punkte anzusprechen, die die Studierenden aufwarfen.

Präsentation erstellt mit Pitch

Die Idee war, die Studierenden für das Problematisieren von Begriffen wie „Orient“, „Naher Osten“, „Nordafrika“, „arabische Welt“, „arabischsprachige Welt“, „Middle East“, „Orientale“, „Araber“, „exotisch“, „orientalisch“, „islamisch“, und so weiter, zu sensibilisieren. Aus meiner Perspektive ist dies gelungen, auch wenn ich noch einen Weg finden muss, die Ergebnisse der Diskussion sichtbarer zu machen. Zwar habe ich mir reichlich Notizen gemacht und werde versuchen, die Diskussionspunkte aufzubereiten und in Blackboard zur Verfügung zu stellen; aber ich werde mir überlegen, ob ich die Studierenden nicht mit dem Whiteboard in Cisco WebEx Meetings experimentieren lasse oder ob es sinnvoll sein kann, ein Wiki oder einen Faden im Diskussionsforum zu eröffnen oder schlicht ein Dokument in Word online oder ein Etherpad eröffnen zu lassen.

Die Pause kurz nach 15 Uhr (wir hatten 14 Uhr begonnen) tat dann auch gut – sie könnte vermutlich sogar etwas länger gehen.

Erste Kurzclips

In der zweiten Diskussionsrunde sollten sich die Studierenden dann in Teilgruppen einen von drei Kurzclips anschauen und dazu wiederum diskutieren. Es handelte sich um:

  • eine Szene aus The Thief of Baghdad (1940), in der der böse Zauberer Jaffar (gespielt von Conrad Veidt) einen Zauber ausübt;
  • den Trailer zu Prince of Persia (2010);
  • Szenen aus The Big Bang Theory, Staffel 2, Episode 11, und Staffel 9, Episoden 3 und 14.
Conrad Veidt als Jaffar in The Thief of Baghdad (1940)
Filmplakat von Prince of Persia – The Sands of Time (2011)

What it is is a cacophonous assault of eucalyptus, bayberry, cinnamon and vanilla. It’s as if my head were trapped in the pajamas of a sultan.

Sheldon Cooper, The Big Bang Theory, Staffel 2, Episode 11

Aufgrund der Zeitknappheit überließ ich es wiederum den Studierenden, sich in den Teilgruppen jeweils zu entscheiden, welchen Clip sie sich anschauen und diskutieren.

(Ursprünglich hatte ich geplant, zu den Gruppen jeweils dazuzutreten und sie mit dem Schauen und Diskutieren des einen oder anderen Clips zu beauftragen. Eine Idee, die mir erst zu spät kam, war, dass ich über die Broadcast-Funktion in den Teilgruppen diese auch einzeln ansprechen kann und auch so die Clips hätte verteilen können. Nun ja, beim nächsten Mal!)

Präsentation erstellt mit Pitch

Folgende Leitfragen waren gegeben:

  • Was an diesen Szenen ist diskussionswürdig im Kontext unserer Lernwerkstatt?
  • Wie geht Ihr damit um?
  • Braucht Ihr weitere Informationen, um diese Szenen besser einordnen zu können?
  • Wenn ja, welche und wo könntet Ihr diese Informationen finden?

Auch wenn die Zeit knapp war, kamen in den 5 Minuten, die uns für ein gemeinsames Besprechen dieser Clips blieben, exzellente Gedanken zur Sprache, etwa hinsichtlich der Besetzung in diesen Filmen (Stichwort „whitewashing“) oder bezüglich der Adaption von Klischees für Humor in einer Sitcom wie The Big Bang Theory. Interessant war natürlich, dass Conrad Veidt, der in The Thief of Baghdad (1940) den bösen Zauberer Jaffar spielt, ja ein deutscher Schauspieler war, dessen „exotischer“ Akzent im Englischen zur Zeit der Veröffentlichung des Filmes zweifelsohne eine gewisse Wirkung erzielt haben muss. Und bei Prince of Persia (2011) stellte sich die Frage, wie viel „Freiheit“ man sich beim Casting für einen Film, der zwar eine gänzlich fiktive Geschichte erzählt, aber trotzdem auf kulturelle Codes zurückgreift, erlauben kann.

Zwar konnten wir an dieser Stelle die Diskussion nicht vertiefen; aber sie bildete dennoch eine gute Einstimmung auf die kommenden Sitzungen, in denen es eben um Fragen der Darstellung und Wahrnehmung von Arabern und „dem Orient“ in Filmen und Serien gehen wird.

Einander in Diskussionen kennenlernen

Die Diskussion in Teilgruppen hat sich in dieser zweiten Sitzung für mich als sinnvoll erwiesen, wobei ich für ein abschließendes Urteil noch die Rückmeldung der Studierenden in der kommenden Sitzung abwarte. Ich denke, solche World-Café-artigen Diskussionsrunden – wenn auch ohne Tischgastgeber – können auch eine gute Möglichkeit bieten, dass die Studierenden, die sich aktuell eben nicht leibhaftig auf dem Campus kennenlernen können, einander mindestens in vertrauteren, kleinen Kreisen im virtuellen Raum begegnen können – gerade auch ohne dass ich als Lehrende mich in die Teilgruppenräume „dazuschleiche“.

Ich werde es so handhaben, dass ich es explizit vorher ankündige, sollte eine Teilgruppenarbeit meine zeitweilige Anwesenheit erfordern. An sich finde ich aber, dass man den Studierenden gerade im virtuellen Raum auch die Gelegenheit geben sollte, „unter sich“ zu sein.

Ein deutliches Ja zu Pausen während synchroner Online-Sessions

Im letzten Beitrag kündigte ich ja an, dass ich Rückmeldung dazu geben werde, was die Studierenden in meiner EinS@FU-Lernwerkstatt davon halten, wenn wir nach ca. 45 Minuten eine virtuelle Pause einlegen – um sich Kaffee, Tee oder einen Snack zu holen.

In der heutigen Sitzung gab es eine überwältigen Zustimmung hinsichtlich kurzer Pausen von 5 bis 7 Minuten. Also werde ich dies definitiv beibehalten für die kommenden Sitzungen, wenn diese absehbar länger als 60 Minuten dauern.

Präsentation erstellt mit Pitch

Positive Rückmeldung zu interaktiven Präsentationen

Ich hatte in der ersten Sitzung der EinS@FU-Lernwerkstatt die Möglichkeit der interaktiven Präsentationen von Mentimeter genutzt – inklusive Hinweisen zur DSGVO-konformen Verwendung solcher Tools.

In der zweiten Sitzung habe ich mir noch einmal Rückmeldung zur Verwendung solcher interaktiven Präsentationen geholt. Zwar gab es nur zwei Wortmeldungen dazu, aber diese beiden waren sehr positiv; von den anderen 12 Studierenden gab es zumindest keinen Widerspruch.

Ich denke, dass sich insbesondere die Möglichkeit der Wortwolkenbildung gut für das Aktivieren in Online-Sessions eigenen kann – insbesondere auch, um in ein Thema einzuführen und überhaupt erst einmal die Gedanken in Gang zu bringen.

Ich werde sicher die Möglichkeit der Multiple-Choice-Umfrage noch einmal nutzen, um den Kenntnisstand zu EinS@FU und der studienrelevanten Infrastruktur abzufragen. Vielleicht haben ja Mitte Dezember mehr Studierende die Studien- und Prüfungsordnung gelesen? (Ich habe dies nicht zur Aufgabe im Sinne der aktiven Teilnahme gemacht, werde aber sehr wahrscheinlich in der letzten Sitzung vor den akademischen Ferien noch einmal eine Art internaktiven „Wissenstest“ dazu machen.

Pausen in Online-Session und interaktive Präsentationen

Rückblick auf die erste Online-Sitzung einer Lernwerkstatt im Rahmen von EinS@FU

Mein letzter Beitrag liegt schon einige Monate zurück; das neue Semester hat bereits begonnen und aus dem Sommersemester bekannte Herausforderungen der digitalen Lehre begegnen mir nun in anderem und teilweise neuem Gewand.

Neben einem Lektürekurs zu Dichtung aus Syrien um 2011 im dritten Studienjahr des Bachelorstudienganges Geschichte und Kultur des Vorderen Orients, Schwerpunkt Arabistik, unterrichte ich in diesem Wintersemester 2020/21 auch eine Lernwerkstatt mit dem Titel „Araber und der Orient in Hollywood“ im Rahmen des Einführungs- und Orientierungsstudiums EinS@FU.

In diesem Beitrag schaue ich zunächst nur kurz zurück auf die erste Sitzung, die wiederum im virtuellen Raum stattfand, und auf eine erhellende Erfahrung in Sachen Pausen und das Arbeiten mit Teilgruppen in Online-Sessions.

In den kommenden Beiträgen werde ich vor allem über die Idee des problembasierten Lernens (pbL), an der ich mich in dieser Lernwerkstatt zusammen mit den Studierenden versuche, sinnieren – laut Studien- und Prüfungsordnung soll bei der Lehrveranstaltungsform „Lernwerkstatt“ zunächst ein Problem im Vordergrund, für das die Studierenden weitgehend selbstständig eine Lösung finden sollen. Hier lernen sie, ein Thema oder eine Frage zu analysieren, geeignete Informationsquellen zu finden und zu nutzen und schließlich Lösungen zu vergleichen, auszuwählen und umzusetzen.

Die Lehrveranstaltungsform „Lernwerkstatt“ schreit fast schon nach problembasiertem Lernen (pbL).

VM

Aber hierzu in einem anderen Beitrag mehr.

EinS@FU – was ist das?

Zunächst kurz zu diesem Einführungs- und Orientierungsstudium, wofür ich gern von der Website des Studienganges zitiere:

Das Einführungs- und Orientierungsstudium EinS@FU richtet sich an Studienanfänger*innen, die einen Überblick über mögliche Studienfächer gewinnen wollen, sich für mehr als nur ein Studienfach interessieren oder herausfinden möchten, ob ein bestimmtes Studienfach zu ihnen passt.

Im Rahmen von EinS@FU ist es möglich, Seminare aus mehr als 40 Studiengängen der Freien Universität Berlin zu besuchen. Zusätzlich werden die Studierenden bei EinS@FU mit einem speziell auf ihre Bedürfnisse zugeschnittenen Lehrangebot und einem umfangreichen Mentoringprogrammbegleitet. Im Lauf des einjährigen Studiums setzen sich die Studierenden von EinS@FU mit ihren eigenen Vorstellungen, Fähigkeiten und Zielen auseinander, um am Ende eine informierte und motivierte Entscheidung für ein Studienfach zu treffen.

Website von EinS@FU

Anders als bei den Lehrveranstaltungen, die ich sonst in den Bachelor- und Masterstudiengängen der Arabistik unterrichte, treffe ich in der Lernwerkstatt also auf Studierende, die parallel zu meiner Veranstaltung noch in zahlreiche andere Fächer und Fachkulturen reinschnuppern. Es geht für mich also nicht darum, die Grundlagen der Arabistik zu vermitteln oder eine Einführung in die arabische Literatur zu geben; die Lernwerkstatt gehört zusammen mit einer Ringvorlesung zum Modul „Fachliche Orientierung Geistes- und Kulturwissenschaften“, das Kernthemen der an EinS@FU beteiligten geistes- und kulturwissenschaftlichen Fächer, z. B. unter Überschriften wie „Identität“, „Text“, „Schrift“, „Sprache“, „Materialität“, „Welt“ behandelt. Nach Absolvierung des Modul sind sich die Studierenden die Relevanz der Fragestellungen und Methoden geistes- und kulturwissenschaftlicher Fächer bewusst und sie können mit einer Aufgabenstellung aus einem der beteiligten Fächer umgehen und dazu Informationen zur Lösung ermitteln und diese Lösung auch methodisch umsetzen – sowohl allein als auch im Team.

Soweit die Theorie 😉

„Araber und Orient in Hollywood“ als Lernwerkstatt

Mitlesende werden sich vielleicht erinnern, dass ich bereits im Sommersemester 2020 ein Seminar mit dem Titel „Araber und Orient in Hollywood“ unterrichtete. Die Erfahrungen aus diesem fast gänzlich asynchron verwirklichten Seminar haben zur Weiterentwicklung des Themenkomplexes und dessen Adaption für eine Lernwerkstatt beigetragen. Der Kommentar zur Lernwerkstatt „Araber und Orient in Hollywood“ lautet wie folgt:

Araber und der Orient kommen seit Anbeginn der Filmgeschichte in diversen Formen in US-amerikanischen und europäischen Filmen und Serien vor, seien es der Dschinn aus Tausendundeiner Nacht in Disney’s „Aladdin“ (1992, 2019), die historische Figur Faisal I. in „Lawrence von Arabien“ (1962), die ‚Libyer‘ in „Zurück in die Zukunft“ (1985), Abu Dhabi in „Sex and the City 2“ (2010), das Kairo der ägyptischen Revolution in der Serie „The Night Manager“ (2016) oder der Fall des Bethnal-Green-Trios in „Kalifat“ (2020). Was und wer wird in Filmen und Serien als ‚arabisch‘ oder ‚orientalisch‘ wahrgenommen und mittels welcher visuellen oder auditiven Elemente wird diese Wahrnehmung erzeugt? Schwarzumrandete Augen, Turbane, Bärte, Schleier, Haremshosen, exotische Akzente, fliegende Teppiche, Gebetsrufe, Wüsten, Oasen, Minarette, Kamele, Pferde, Bombengürtel? Was ist überhaupt ‚arabisch‘ oder ‚orientalisch‘? Wo ist ‚der Orient‘ und was dieser mit ‚dem Islam‘ zu tun? Diesen und anderen Fragen gehen wir in der Lernwerkstatt nach. Wir lernen das Medium ‚Film‘ nicht nur als Quelle der Geschichts- und Kulturwissenschaften sondern allgemein als Form des kulturellen Diskurses kennen; dabei erarbeiten wir uns Begriffe, um Repräsentationen (und Nicht-Repräsentation) von ‚Arabern‘, ‚Arabisch‘ und ‚Orient‘ zu beschreiben und zu hinterfragen; wir diskutieren Filme und Serien, wie wir sie geradezu alltäglich konsumieren, als Medium für die Kommunikation von Identitäten, Ideologien, Traditionen, Mythologien, politischer Agenda, Emotionen, und Interessen.

Kommentar im Vorlesungsverzeichnis.

Die Themen sind also ähnlich wie im Semester zuvor; die Arten des Lehrens und Lernens aber sind andere.

Präsentation erstellt mit Pitch

Vorstellungsrunde im virtuellen Raum – alternative Fragen

Natürlich wollte ich in der ersten Sitzung meine Studierende zunächst kennenlernen. Meiner Erfahrung nach können Vorstellungsrunden aber ziemlich dröge sein, wenn man einfach nur nach dem Namen fragt, warum sich die Studierenden nun für ein Fach oder einen Kurs entschieden haben. Ich entschied mich also, den üblichen Fragenkanon etwas aufzufrischen und bat die Studierenden, sich nicht nur mit ihren Namen vorzustellen, sondern fragte sie auch, wie ich sie anreden darf, welchen Film oder welche Serie sie zuletzt gesehen haben und was sie gerade nervt.

Präsentation erstellt mit Pitch

Meiner Wahrnehmung nach erzielten diese Fragen durchaus Wirkung, denn so stellten wir alle miteinander fest, dass uns das Blackboard gerade ziemlich nervt (es wurde anscheinend just am ersten Tag der Vorlesungszeit auf ein neues responsives Design umgestellt …)

Selbst bei einer vergleichsweise kleinen Teilnehmendenzahl von 15 dauert so eine Vorstellungsrunde natürlich ihre Zeit und nachdem ich eine eigentlich kurze aber meinem Gefühl nach doch zu lange Einführung in die Struktur der Lernwerkstatt und den Aufbau des Blackboardkurses gab, schien mir eine Pause angemessen.

Präsentation erstellt mit Pitch

Breakoutsessions für Pausen

Eine gute Gelegenheit, in Cisco WebEx Meetings die neue Funktion der Breakout-Sessions zu testen. Und so teilte ich die Studierenden flott in mehrere kleine Gruppen ein, erklärte, was wie in diesen Breakout-Sessions von technischer Seite her passiert und dass wir uns in ein paar Minuten wieder im Hauptraum sehen.

Nach fast 45 Minuten Vorstellunsrunde und Einführung in den Blackboardkurs empfand ich selbst diese Pause als wohltuend, aber ich werde in der kommenden Sitzung bei den Studierenden erfragen, wie sie diese Pause empfanden. Als Lehrperson bin ich bei Live-Sessions meist angespannt – durchaus im konstruktiven Sinne. Aber diese Anspannung über mehr als 45 Minuten oder eine Stunde zu halten führt meiner Erfahrung nach zu Ermüdung – nicht nur bei mir, sondern auch bei den Teilnehmenden. Lehre und Lernen im virtuellen Raum sollte meiner Meinung nach ebensowenig monoton sein wie Lehre und Lernen auf dem Campus. Warum also nicht zwischendurch eine Pause einlegen und diese bewusst als Zäsur nutzen, um zu einem neuen Thema überzugehen?

Im Falle der ersten Sitzung dieser Lernwerkstatt ging es um den Übergang zwischen Organisatorischem und Inhaltlichem. Ich hatte mir überlegt, nicht mit einem Frontalvortrag in diese Lernwerkstatt einzusteigen, sondern erst einmal zu erfragen, was den Studierenden so bei Stichwörtern wie „Orient“ und „Araber“ einfällt und welche Filme oder Serien sie kennen, die im Orient spielen oder in denen Araber vorkommen.

Präsentation erstellt mit Pitch

Hierzu fiel mir ein Tool ein, dass ich im vergangenen Sommersemester im Kurs „Studierende online motivieren und begleiten“ des SUPPORT für die Lehre kennenlernte: Mentimeter – eine Möglichkeit, interaktive Präsentationen zum Beispiel mit Wortwolken oder Polls.

Aktivierung von Teilnehmenden durch interaktive Präsentationen mit Mentimeter

Ich werde auf die Arbeit mit Mentimeter noch eingehen, nachdem ich mir in der kommenden Sitzung Rückmeldung von Studierenden geholt habe. Mir schien es aber eine gute Gelegenheit, nach der Vorstellungsrunde und Besprechung von Organisatorischem ein wenig in die Inhalte der Lernwerkstatt einzuführen. Im Folgenden schlicht die Ergebnisse der drei Fragen:

Besonders die interkativen Wortwolken finde ich ziemlich spannend und denke, dass dieser auch zur weiteren Anregung von Diskussionen genutzt werden können.

Die nächste Sitzung

Die kommende Sitzung wird zunächst eine Überleitung zum Thema „Orient und Araber – wo, was und wer?“ bilden, bevor wir Ende November in die Gruppenarbeit im Sinne des problembasierten Lernens einsteigen. Ich habe mir überlegt, die Sitzung diskussionslastig aufzubauen – und zwar in Teilgruppen. Ich erhoffe mir von der Arbeit in Breakoutsessions, dass sich die Studierenden im virtuellen Raum kennenlernen und miteinander kollaborieren lernen – etwas, was in Präsenz auf dem Campus in einem Lehrraum möglicherweise einfacher (vielleicht weil einfach „gewöhnlich“?) zu bewerkstelligen wäre. In kommunikationswissenschaftlicher Terminologie könnte die Form dieser Diskussionsgruppen als „World-Café“ bezeichnet werden (allerdings abgewandelt in der Hinsicht, dass es keine Tischgastgeber geben wird). Folgende Fragen sollen in der ersten Runde diskutiert werden:

  • Was ist „der Orient“?
  • Wo ist „der Orient“?
  • Wer ist „Orientale“?
  • Was ist „orientalisch“?
  • Wer ist „Araber“?
  • Wer ist „Muslim“?
  • Wo sind die Schnittmengen?
  • Und warum habe ich diese Begriffe in Anführungszeichen gesetzt?

Anschließend werden wir die Diskussionspunkte in großer Runde kurz umreißen.

Nach einer Pause von 5 bis 10 Minuten – sofern die Studierenden damit einverstanden sind – schauen sich die Studierenden wiederum in Teilgruppen (in anderer Konstellation) jeweils drei kurze Clips aus Filmen und Serien an und sollen überlegen, was diese mit dem Thema der Lernwerkstatt zu tun haben könnten: Kommen hier „Orientalen“ vor? Wird etwas über „den Orient“ gesagt? Wie wird „der Orient“ dargestellt? Und so weiter. Es handelt sich um

  • eine Szene aus The Thief of Baghdad (1940), in der der böse Zauberer Jaffar (gespielt von Conrad Veidt) einen Zauber ausübt;
  • den Trailer zu Prince of Persia (2010);
  • Szenen aus The Big Bang Theory, Staffel 2, Episode 11, und Staffel 9, Episoden 3 und 14.
Conrad Veidt als Jaffar in The Thief of Baghdad (1940)
Filmplakat von Prince of Persia – The Sands of Time (2011)

What it is is a cacophonous assault of eucalyptus, bayberry, cinnamon and vanilla. It’s as if my head were trapped in the pajamas of a sultan.

Sheldon Cooper, The Big Bang Theory, Staffel 2, Episode 11

Was an diesen Szenen ist diskussionswürdig im Kontext unserer Lernwerkstatt? Wie gehen die Studierenden damit um? Brauchen sie weitere Informationen, um diese Szenen besser einordnen zu können? Wenn ja, welche und wo könnten sie diese Informationen finden?

Wir diskutieren diese Punkte dann erneut kurz in der ganzen Gruppe. 

Diese Sitzung bietet insgesamt einen Vorgeschmack auf die kommenden Sitzungen, in denen wir uns auf Grundlage des problembasierten Lernens Darstellungen aus Filmen und Serien nähern werden, die auf den ersten Blick vielleicht gar nicht so viel mit unserem Lernwerkstattsthema zu tun haben 😉