Hinweise zu Online-Meetings in Cisco WebEx

Mir kamen heute einige Gedanken zu einer Art Code of Conduct oder Etiquette für Online-Meetings. Im Prinzip schließt sich das an meinen vorherigen Beitrag an.

Die folgende Hinweise beziehen sich auf alle WebEx-Produkte (Meetings, Trainings, Events) allgemein, vor allem aber auf WebEx Meetings; da, wo Komponenten in speziellen Produkten gemeint sind, wird explizit darauf hingewiesen.

Sie richten sich vor allem an diejenigen, die die Position von ‚Hosts‘ innehaben, also z. B. Lehrende. Wenn nicht explizit von Hosts die Rede ist, sind die Do’s und Don’ts selbstverständlich für alle Teilnehmenden gültig.

Die Liste wird ergänzt.

1. Vor einem Meeting

  • Achten Sie auf Ihr Umfeld, wenn Sie nicht die Möglichkeit haben, Ihren Hintergrund im Videoconferencing-Tool unscharf zu machen: Keine Betten (ungemacht oder gemacht) im Hintergrund, keine unordentlichen Räume oder offenen Schränke, wo jeder Ihr Durcheinander sehen kann, eine NSFW-Kunstwerke, etc.
  • Achten Sie auf andere Personen an Ihrem Umfeld, die vielleicht nicht im Hintergrund sichtbar oder aufgezeichnet sein möchten.
  • Überlegen Sie, ob alle Teilnehmenden sichtbar sein müssen; die Beschränkung der Besprechung auf einen einzigen Videostream kann Bandbreitenprobleme der Teilnehmenden verringern.
  • Stellen Sie sicher, dass sensible Gespräche nicht von Unbefugten belauscht oder beobachtet werden können.
  • Achten Sie als Hosts darauf, dass Teilnehmende, die sich per Telefon einwählen, nicht die gleichen Möglichkeiten wie User von Desktop- und Web-Apps haben.
  • Seien Sie mit den Features einzelner WebEx-Produkte gut genug vertraut.
  • Seien Sie sich darüber im Klaren, dass User Interfaces unter MacOS und Windows sehr unterschiedlich sind und gehen Sie ggf. auf entsprechende Fragen ein.
  • Geben Sie als Host keine Meeting-IDs und Passwörter in öffentlichen (digitalen) Räumen, z. B. in Sozialen Medien, weiter.
  • Verwenden Sie als Host Meeting-Access-Codes nicht mehrfach.
  • Beobachten Sie als Host die Liste der Teilnehmenden hinsichtlich ungewollter Gäste.
  • Schließen Sie ggf. Ihre persönlichen Räume nach Beginn einer Sitzung, sodass Teilnehmende, die zu spät kommen o. Ä. zunächst in der ‘Lobby’ landen.
  • Öffnen Sie als Host den Raum 10 bis 15 Minuten vor dem Meeting: Zeit zum Einfinden, Technik-Checken, usw.

2. Während eines Meetings

  • Generell: Machen Sie als Host deutlich, dass es sich bei einem Videomeeting in einem WebEx-Raum um einen ‚geschützten Ort‘ handelt. 

 

  • Bei der ersten Sitzung

Führen Sie als Host die Teilnehmenden in die wichtigsten technischen Features ein: Chat, Hand-Heben, Poll, …

Diskussionen moderieren

  • Während Kinder und Haustiere liebenswert sein mögen (und eine dringend benötigte Ablenkung, wenn Sie sich überfordert fühlen), kann es eine Beeinträchtigung darstellen, über Nebengeräusche eines schreienden Kindes oder einen bellenden Hund sprechen zu müssen. Achten Sie also auf Lärm und …
  • schalten Sie Ihr Mikrofon auf stumm, wenn Sie gerade keine Beiträge geben oder präsentieren; als Host: schalten Sie Teilnehmende auf stumm, wenn Sie störende Geräusche vernehmen und die jeweiligen Personen gerade keine Rede- oder Präsentationsbeiträge haben.
  • Sollten Sie Geräusch- oder Lärmquellen nicht beseitigen können, weisen Sie mündlich oder schriftlich darauf hin.
  • Wenn eine Frage an die Gruppe gestellt wird, versuchen Sie als Teilnehmende nicht sofort zu sprechen, sondern aktivieren Sie Ihre „Hand hoch“-Funktion.
  • Als Host oder Moderator (letzteres in Trainings oder Events) sind Sie dafür zuständig, wer spricht; lassen Sie niemanden zu viel Zeit mit irrelevantem Geschwätz verschwenden. Unterbrechen Sie Gespräche, wenn Sie vom Thema wegführen (und achten Sie dabei auf Ihre Manieren).
  • Achten Sie auch als Teilnehmende auf Ihre Manieren. Fragen Sie, ob es in Ordnung ist, eine längere Idee zu teilen; stellen Sie sich vor, wenn andere Teilnehmende Sie nicht kennen, und entschuldigen Sie sich, wenn Sie versehentlich jemanden unterbrochen haben, und lassen Sie andere ihren Gedanken zu Ende denken.
  • Wenn Sie als Host Fragen von den Teilnehmenden zulassen, wiederholen Sie diese, um sicherzugehen, dass alle sie verstanden haben; lassen Sie sich dies ggf. im Chat kurz durch ‚ja‘ bestätigen.
  • Signalisieren Sie ggf., wenn Sie einen Redebeitrag zu Ende geführt haben, entweder als Wortbeitrag und/oder im Chat.
  • Signalisieren Sie als Teilnehmende, wenn Sie etwas nicht verstanden haben, z. B. auch durch ein simples Fragezeichen (?) im Chat.

Teilen von Inhalten

  • Schützen Sie vertraulicher Daten auf Ihrem Gerät: Vermeiden Sie die Weitergabe vertraulicher Informationen, die auf Ihren Bildschirmen sichtbar sind. Schließen Sie vor dem Teilen von Inhalten alle Anwendungen, E-Mail-Programme und Dokumente, die Sie in dieser Sitzung nicht verwenden werden.
  • Achten Sie als Host darauf, dass in WebEx Meetings die Voreinstellung besagt, dass alle Teilnehmenden Inhalte teilen können, also zu Präsentierenden werden können, einfach durch zwei Klicks. Jedes Teilen durch eine andere Person unterbricht aktuell laufende Screen-, Application- und Document-Sharing-Prozesse. Teilen Sie Inhalte nur nach vorheriger Rücksprache.
  • Deaktivieren Sie als Host ggf., dass alle Teilnehmenden Inhalte teilen können, wenn Sie sich als alleinige präsentierende Person in einem Meeting betrachten.

Chat

  • Während eines Videomeetings gibt es die Chat-Funktion, die es den Teilnehmenden ermöglicht, Fragen zu stellen und in einen Dialog mit anderen zu treten. Das Aufzeichnen, einschließlich Fotografieren, Bildschirmaufnahmen oder andere Kopiermethoden, von Chat-Nachrichten ist nicht gestattet, außer durch den Host.
  • Weisen Sie als Host Teilnehmende darauf hin, dass Chats, die an alle geschrieben werden, vom Host gespeichert werden können, z. B. um Antworten auf Fragen im Nachhinein auszuwerten.
  • Weisen Sie als Host die Teilnehmenden darauf hin, dass private Chat-Nachrichten von Ihnen als Host nicht gesehen werden können.
  • Achten Sie darauf, dass Chat-Diskussionen einen professionellen Ton beibehalten sollten.

Aufnahmen

  • Weisen Sie als Host darauf hin, dass nur Hosts Aufnahmen von Meetings starten oder die (technische) Erlaubnis dazu erteilen können. Achtung: Teams beruht auf dem Prinzip der ‘demokratisierten Meetings’, sodass hier alle Teilnehmenden die Möglichkeit haben, Aufnahmen zu machen, neue Gäste einzuladen, Teilnehmende auf stumm zu stellen etc.
  • Beachten Sie die Richtlinien der Freien Universität zum Aufzeichnen von Lehrveranstaltungen.

Aufmerksamkeitsindikator in WebEx Trainings

  • Weisen Sie als Host darauf hin, dass der Aufmerksamkeitsindikator lediglich besagt, ob bei Teilnehmenden andere Applikationen nebenbei oder vordergründig laufen; auch wenn die Teilnehmenden sich Notizen in einem Texteditor machen, wären Sie für WebEx Trainings demnach ‘unaufmerksam’.

Zum Ende eines Meetings

  • Kündigen Sie als Host an, dass das Meeting bald endet und behalten Sie den Raum noch ca. 10 Minuten offen: Zeit ‘zusammenzupacken’ oder Fragen zu stellen.
  • Achten Sie als Host bei Meetings darauf, dass Sie das Meeting beenden (nicht nur verlassen), wenn Sie wollen, dass das Meeting für alle Teilnehmenden beendet wird; wenn Sie den Raum noch offen lassen wollen, können Sie den Raum auch verlassen; die Presenter-Rolle geht dann auf verbliebende Teilnehmende über.

The WRITE Way to Communicate Online

C. Lewis‘ (2000) Ratschlag über den WRITE way der Kommunikation richtet sich eigentlich an Lehrende, ist aber nicht minder relevant für Studierende.

“The WRITE way involves communicating online in a manner that is (W)arm, (R)esponsive, (I)nquisitive, (T)entative, and (E)mpathetic.”

Warmth – “Being warm online is a way of reminding others (and you) that it is people who are engaged in communication, not software”

Responsive – “Try to return personal messages as soon as possible, and set up a regular rhythm of communication for other responses.”

Inquisitiveness – “Defensiveness is reduced if people ask questions rather than make statements.”

Tentativeness – “A question – framed in a tentative manner – reduces defensiveness and can also contribute valuable information (e.g., ‘Don’t you think it’d be better if we . . . ‘).”

Empathy – “. . . put yourself in the shoes of your audience.”*


*Lewis, C.. 2000. “Taming the Lions and Tigers and Bears: The WRITE WAY to Communicate Online.” In K. Anderson & B. Weight (Eds.), The Online Teaching Guide: A Handbook of Attitudes, Strategies, and Techniques for the Virtual Classroom (pp. 13-23). Needham Heights, MA: Allyn and Bacon.

Good Practices für Online-Meetings

Wer hat es in den letzten Wochen nicht erlebt?

Ein Online-Meeting ist angesetzt und für einige Teilnehmende ist es die erste Meeting-Erfahrung im virtuellen Raum. Sie betreten den Raum mit offenem Mikrofon und es entsteht eine fast unerträgliche Kakofonie aus Geraschel, Geklimper, Getippe, Geräusper, Hallo-Gerufe, Kann-man-mich-hören-? … Es erfordert durchaus Widerstandsfähigkeit, sich nicht die Kopfhörer von den Ohren zu reißen in solchen Momenten.

Nach solchen Erfahrungen mit Kollegen und Kolleginnen hatte ich mir überlegt, für die ersten Sitzungen mit Studierenden eine ‚Good-Practices‘-Folie zu erstellen, die ich am Anfang einer jeden Live-Session teile.

Meine Idee dabei ist, einen Online-Raum bereits 15 Minuten vor Beginn einer Live-Session zu öffnen und diese Folie zu präsentieren:

Folie erstellt mit MS PowerPoint.

Good Practices

  • Ich setze meine Live-Sessions mit Studierenden ca. 45 Minuten an; diese Länge hat sich für mich bewährt, gerade dann, wenn Studierende zuvor bereits 90-minütige Live-Vorlesungen oder Live-Seminare bei anderen Dozierenden besucht haben;
  • als Zeiten sind meist volle Stunden angesetzt, also 10 Uhr, 14 Uhr usw.; da man nie weiß, wie es Teilnehmende mit Angaben wie ‚c.t.‘ und ’s.t.‘ halten, nehme ich die erste Viertelstunde (das akademische Viertel) als Zeit zum Einfinden, Technik-Checken, Vorbereiten, …;
  • das Betreten eines Online-Meeting-Raums mit stummgeschaltetem Mikrofon sollte eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein, aber trotzdem ist der Hinweis gut; notfalls kann man als Host die Mikrofone aller Teilnehmenden auf einmal stummschalten;
  • wer beitragen möchte, sollte das Handzeichentool in Cisco WebEx benutzen und auf das Signal der moderierenden Person warten; dies kann bei mehr als 10 Teilnehmenden aber schnell übersichtlich werden, da man sich als Host durch die Liste der Teilnehmenden scrollt, um zu schauen, wer sich gemeldet hat (ein Warnton signalisiert zwar, dass sich jemand meldet, aber praktisch wäre, wenn die Person in der Liste der Teilnehmenden dann nach oben rutscht);
  • Fragen an alle Studierenden können einfach und schnell im Chat beantwortet werden.

In einen leeren Raum reden

Wenn sich alle Teilnehmenden an die Good Practices des Mikrofon-stumm-Haltens halten (und meistens auch kein Video angeschaltet haben), fühlt man sich natürlich, als würde man in einen leeren Raum sprechen. Das ist ungewohnt und eventuell neigt man dann dazu, in Monologe zu verfallen.

Da kam mir die Idee, die Studierenden zu ermuntern, auch ohne konkrete Fragen von mir im Chat schriftlich ‘zuzunicken’ (mit so etwas wie „okay“ oder „verstehe“) oder halt ‘den Kopf zu schütteln’ („verstehe ich nicht“ oder „wie ist das gemeint?“).

Zwar wird es auch hier mit vielen Teilnehmenden schwierig, den Überblick zu behalten (gerade dann, wenn man keine Moderation an der Seite an), aber zumindest sieht man etwas Reaktion und Bewegung.

Feature-Checks am Anfang einer Sitzung

Da ich nicht weiß, wie viele und welche der Studierenden bereits zuvor an Live-Sessions teilgenommen haben, wo sie eventuell auch aktiv sein sollten (nicht nur zuhören wie bei Vorlesungen), hatte ich mir überlegt, am Anfang kleine Feature-Checks für Cisco WebEx Meetings einzubauen; im Detail:

  1. Die Studierenden sollten schriftlich im Chat schreiben, ob sie mich hören können.
  2. Sie sollten die Hand heben, wenn Sie mich sehen und meine geteilte Folie sehen können.
  3. Sie sollten im Poll über „Harry Potter oder Herr der Ringe“* abstimmen.

So waren innerhalb von weniger als 5 Minuten alle wichtigen technischen Features ‘geklärt‘.

Am Ende einer Sitzung

Das Verlassen eines Online-Meeting-Raums geht meist schneller als gedacht; wenn man als Host das Meeting beendet, ist es für alle Teilnehmenden beendet; wenn man es nur verlässt, bleibt der Raum weiter für die Verbliebenen offen.

Um der Abruptheit etwas entgegenzuwirken, habe ich einen Puffer von 10 Minuten angesetzt, in dem noch Fragen gestellt werden können (mündlich oder im Chat), in dem die Studierenden den Raum aber auch einfach kommentarlos verlassen können.

Folie erstellt mit MS PowerPoint.

Das ist quasi die Zeit, in der man sonst zusammenpackt und die Studierenden vielleicht noch nach vorn kommen, um kurze und schnelle Fragen zu an die Dozierenden zu stellen.


*Wahlweise kann hier natürlich auch nach „Kaffee oder Tee?“, „Hund oder Katze?“, „Pizza oder Pasta?“ gefragt werden 😉

Film als Form kulturellen Diskurses online unterrichten – erste Ideen

Man könnte meinen, ein Filmseminar in den virtuellen Raum zu übertragen wäre ein Leichtes – immerhin handele es sich bei ‚Film‘ ja um ein Medium, dessen digitale Existenz in Hochzeiten des Streamings bereits etabliert scheint. Tatsächlich aber tue ich mich schwer damit, ein Seminar, das die Darstellung und Verhandlung von ‚Arabern‘ und ‚Orient‘ in Hollywood-Filmen in den Mittelpunkt rücken sollte, gänzlich ‚online‘ zu denken.

Meine Komplexe rühren sicher auch daher, dass es sich bei der Lehrveranstaltung um ein Kernseminar des Bachelorstudienganges Geschichte und Kultur des Vorderen Orients, Schwerpunkt Arabistik handelt; die Studierenden schreiben hier die erste differenziert benotete Hausarbeit des Kernfachs. Demnach hätten Übungen zum wissenschaftlichen Arbeiten und Schreiben einen großen Teil der Präsenzstunden ausgemacht. (Von meiner Idee für die Prüfungsleistung in diesem Modul berichte ich in einem der folgenden Beiträge.)

Es geht um folgenden Kurs:

  • Kurstitel: Araber und Orient in Hollywood
  • Lehr- und Lernform: Seminar
  • zugehörig zum Modul: Literatur und Quellen II B
  • Studiengang: BA Geschichte und Kultur des Vorderen Orients, Schwerpunkt Arabistik
  • Fachsemester: 4

Qualifikationsziele und Kursinhalte

Seit mehr als einem Jahrhundert bedient sich die US-amerikanische und europäische Filmindustrie eines bestimmten ‚Anderen‘ (engl. other), um im Film ein seltsames oder gefährliches Gegenüber für die Protagonisten zu konstruieren. ‚Araber‘ bilden da keine Ausnahme – und ihre Darstellung ist teilweise ähnlich karikiert wie die des ‚Juden‘ in anderen Kontexten: gekleidet in Haremshosen und Turbanen, mit unheimlichem Blick, unzivilisiert und wild, politisch radikalisiert oder religiös fanatisch. Oft genug, ist der ‚Araber‘ der Bösewicht – das kulturelle ‚Andere‘ par excellence.

In dem Seminar möchte ich mich mit den Studierenden zusammen Spur solcher ‚Stereotypen‘ begeben. Dabei werfen wir nicht nur einen Blick auf Filme, sondern schauen uns auch Serien und Dokumentationen an. Beispielhaft genannt seien: The Thief of Baghdad, Aladdin, Body of Lies, The Night Manager, Terra-X-Dokumentationen.

Als Qualifikationsziele habe ich mir überlegt, dass die Studierenden:

  • ‚Film‘ als Form kulturellen Diskurses erkennen;
  • Analysekategorien kennen, um die Repräsentation von Arabern und dem Orient in Filmen zu beschreiben und zu diskutieren;
  • bewerten können, was in Filmen repräsentiert wird und was abwesend bleibt;
  • in der Lage sind, Filme als Dokumente mit anderen Formen kultureller Produktion zu vergleichen;
  • Filme als Medium für die Kommunikation von Ideologien, Traditionen, Mythologien, politischer Agenda, usw. analysieren können;
  • ein Verständnis dafür haben, wie Filme auf Emotionen wirken, Interesse hervorrufen, belehren, Vorstellungen in Frage stellen usw.

Die Kursinhalte fasse ich zunächst kurz:

  • Die Studierenden erforschen anhand von primärem und sekundärem Material die filmische Darstellung von ‚Arabern‘ und dem ‚Orient‘ mit Blick auf Themen wie Diversität, Ethnizität, Sexualität, Tradition sowie die komplexen und oft widersprüchlichen Erzählungen Hollywoods über nationale Identität, historische Handlungsfähigkeit und Macht.

Alternative zum ‚Text‘

An oberste Stelle steht für mich, die Studierenden mit einem anderen Medium als ‚Text‘ zu konfrontieren. Als Philologie ist die Arabistik natürlich eine textlastige Disziplin und in den ersten Semestern des Bachelorstudienganges haben die Studierenden neben dem Sprachstudium eigentlich vorrangig mit ‚Literatur‘ im weitesten Sinne zu tun – sei sie nun vorislamische Dichtung, Tausendundeine Nacht oder der Koran.

Nun studieren sie ja aber gerade keine reine Literaturwissenschaft – immerhin heißt der Studiengang Geschichte und Kultur des Vorderen Orients und ist am Fachbereich Geschichts- und Kulturwissenschaften angesiedelt. Literatur ist zweifelsohne ein Teil von Kultur; aber diese ‚Kultur‘ des Vorderen Orients lässt sich meiner Meinung nach nicht nur durch Literatur erfassen; schließlich sind auch Musik, Kleidung, Architektur oder eben Film Zeugnisse kultureller Produktion.

Mehr noch: Das Erfassen dieser ‚Kultur‘ muss sich auch aus der Perspektive Arabistik, wie sie der Studiengangstitel auf den Punkt bringt, nicht nur auf arabische Primärquellen beschränken; schließlich besteht ‚Kultur‘ nicht nur in der Eigenwahrnehmung sondern auch in der Fremdwahrnehmung.

An diesem Punkt setze ich mit meinem Seminar an, da ich es wichtig finde, nicht nur die innerarabischen Quellen quasi als ‚Artefakte‘ einer Kultur zu präsentieren, sondern dass sich Studierende auch konkret mit zeitgenössischen Ausformungen von Kulturwahrnehmung und Kulturschaffung beschäftigen und in Diskussion darüber treten können.

‚Film‘ als nahbares Medium

Ich verstehe, dass den Studierenden die Textlastigkeit des Schwerpunktbereichs Arabistik bisweilen dröge und unnütz vorkommt. Und natürlich: Über die Berufsrelevanz von reinen Fakten zur klassischen arabischen Literatur, zur nahḍa oder zur arabischen Stämmegesellschaft im 7. Jahrhundert lässt sich sehr wohl diskutieren.

Bestenfalls geht es in den Modulen darum, Kompetenzen zu entwickeln, die auch in andere wissenschaftliche Disziplinen transferiert werden können und sich in nichtwissenschaftlichen Bereichen anwenden lassen können  – Recherchekenntnisse etwa, Kompetenzen im stringenten, stilsicheren und zielgruppengerechten Schreiben, Fähigkeiten zur logischen und verständlichen Präsentation eines Themas, Reflexionsvermögen, und so weiter.

In diesem Zusammenhang bildet das Medium ‚Film‘ für mich einen vielversprechenden Ansatzpunkt:

Zum einen handelt es sich bei den Filmen, die ich so ins Auge fassen,  um kulturelle Zeugnisse, denen die Studierenden im außeruniversitären Kontext sicher schon das ein oder andere Mal über den Weg gelaufen sind. Die Live-Action-Verfilmung von Disney’s Aladdin ist vermutlich kaum jemandem entgangen, auch wenn sie vielleicht nicht jeder tatsächlich gesehen hat. Dementsprechend besteht gegenüber diesen Untersuchungsobjekten vielleicht eine verminderte Distanz (als etwa im Vergleich zu einer maqāma oder einem nabaṭī-Gedicht) – oder positiv gesprochen: eine gewisse Vertrautheit. Diese Vertrautheit selbst bildet natürlich auch einen Diskussionsgegenstand.

Zum anderen bringt das Medium ‚Film‘ natürlich auch bestimmte Formen des Schreibens mit sich, und zwar solche, die in einer Philologie sonst eher marginal behandelt, zumindest aber kaum geübt werden: Reviews und Kommentare. Zwar möchte ich mit den Studierenden nicht explizit das Schreiben von Rezensionen üben (obwohl dies eine Option sein könnte); dennoch bilden Reviews durchaus eine Quelle im Kontext von ‚Film‘, die wiederum selbst Untersuchungsgegenstand sein kann. In jedem Fall aber zeigen sie, wie Schreiben über Filme funktionieren kann. Somit entfernt sich das Seminar trotz seines Fokus auf Filme nicht ganz vom ‚Text‘, denn schließlich gilt mein Hauptaugenmerk immer noch, dass sich die Studierenden in wissenschaftlich fundierter sowie reflektierter Art und Weise mit einem ‚Gegenstand‘ auseinandersetzen können – und in diesem Fall sind die zu untersuchenden Gegenstände eben Filme (oder Filmausschnitte); sie bilden – im Sinne des Modultitels – eine Quelle.

Was noch offen ist …

Bezug zur Vorlesung

Mein Seminar ergänzt eine allgemeine Vorlesung zu Literaturen und Quellen der Arabistik und Semitistik. Mit dem Schwerpunkt auf Filme – und dazu noch auf nicht-arabische Filme – greife ich radikal keine Quellen und Themen aus der Vorlesung auf.

Ich weiß, dass den Kernfachstudierenden der Zusammenhang zwischen Vorlesung und Seminar in den Modulen des Bachelorstudienganges Geschichte und Kultur des Vorderen Orients oftmals nicht klar ist – aus meiner Sicht als Lehrende und Lehrplanerin ehrlich gesagt: Es besteht oft auch gar kein Zusammenhang, und: Es muss meiner Meinung nach auch kein direkter Zusammenhang im Sinne einer Abhängigkeit bestehen; die Lehrveranstaltungen bilden meist ‚Phänomene‘ innerhalb des Modulzusammenhangs, aber sie verweisen selten direkt aufeinander, insbesondere dann nicht, wenn zwei Lehrveranstaltungen eines Moduls von unterschiedlichen Lehrkräften abgehalten werden.

Im Fall meines Seminars Araber und Orient in Hollywood bin ich auch den Nachfragen von Studierenden (nicht nur der Arabistik) nachgekommen, die seit mehreren Semester immer wieder artikulieren, dass sie gern einmal was zur „Darstellung von Arabern“ oder der „Arabischen Welt“ in anderen Medien machen würden. Ob dieses Seminar auch im virtuellen Raum gelingt, das wird sich zeigen; denn eigentlich hatte ich mir eine sehr diskussionslastige Lehrveranstaltung vorstellt, die sich in der Form natürlich nicht asynchron in Blackboard oder synchron in Cisco WebEx abhalten lässt. Dazu mehr im nächsten Beitrag.

Zugang zu Filmen

Ich weiß, dass Studierende nicht generell auf sämtliche Streaming-Dienste Zugriff haben; insofern werde ich das Schauen von Filmen, die nur über bestimmte Plattformen zugänglich sind, nicht zur Bedingung für das erfolgreiche Absolvieren dieser Lehrveranstaltung machen.

Ich werde versuchen, bei den Studierenden zunächst abzufragen, welche Filme sie vielleicht selbst gesehen haben oder sich demnächst anschauen können; möglicherweise reichen auch Ausschnitte, die bisweilen auf YouTube kursieren – eine schöne Gelegenheit auch, um Copyright-Themen anzusprechen.

Verlust und Kompensation beim „Übersetzen“ von Lehre in den virtuellen Raum

Es besteht für mich kein Zweifel daran, dass es sich bei dem, was aktuell unter der Bezeichnung „Online-Semester“ von Lehrenden entwickelt wird, um eine besondere Form der Online-Lehre handelt.

In einem früheren Blog-Beitrag schrieb ich, dass „online“ keine Maske sein sollte, die einfach auf das Gesicht eines Kurses gelegt wird und die Präsenz aus dem Unterrichtsraum eines Hochschulgebäudes schlicht in den virtuellen Raum eines Videokonferenztools überführt – am besten verlustfrei was wöchentliche Sitzungen angeht, sodass möglichst wenig abgewichen werden muss vom üblichen Plan. Den Präsenzunterricht eins-zu-eins zu virtualisieren, ist eine Strategie, die man versuchen mag, um die aktuelle Situation zu bewältigen; und vielleicht funktioniert sie auch bei einigen Kursen. Vor dem heimischen Bücherregal eine 90-minütige Performance vor der Laptop-Kamera hinzulegen, ist meinem Verständnis nach aber eher keine „Online-Lehre“.

Unterschiede zwischen online teaching und remote teaching

„Online-Lehre“ ist ein eigenständiger Bereich mit eigener Forschung und eigenen best practices; im Bereich educational technology werden online education und distance education als Unterdisziplinen erforscht.

„Online-Lernen“ wiederum – die Perspektive der Studierenden – findet als Blended-Learning-Technik in Kombination mit einer Vielzahl anderer Lernstrategien Anwendung; online zu lehren und zu lernen baut dabei nicht weniger auf persönliche Interaktion als im Unterrichtsraum mit einer Gruppe Studierender einen Kurs durchzuführen. „Online“ ist sodann eine zusätzliche Möglichkeit – eine Design-Option –, um das Kurserlebnis sowohl für Lehrende als auch Lernende zu diversifizieren und damit den Studierende eine Vielzahl von Lernmöglichkeiten zu bieten.

Die aktuelle Situation aber zwingt Lehrende und Lernende in die Distanz. Im Sommersemester wird so oder so aus der Ferne gelehrt und gelernt. Online ist damit keine bloße Option mehr, die man wählt, sondern die einzige Möglichkeit, die es gibt. Es geht nicht darum, mit E-Learning-Techniken den Unterricht abwechslungsreich zu gestalten, sondern darum, Lerninhalte überhaupt nur online zu vermitteln und die entsprechenden Lernziele überhaupt nur online erreichbar zu machen.

Was gerade passiert, ist dann zumindest nicht gleich Online-Lehre im Sinne einer Äquivalenz. Eher schwebt der Begriff emergency online teaching im Raum, der natürlich den Notfallcharakter dieses Lehrens, das gerade geplant oder schon umgesetzt wird, betont.

Online-Lernen ist nicht minderwertig

Lehrende treten Themen wie E-Learning bisweilen grübelnd oder mit einer hochgezogenen Augenbraue gegenüber. Online-Lernen gilt manchen als minderwertig im Vergleich zum Lernen in Präsenzstunden. Die Rasanz, mit der Kurse nun vom Unterrichtsraum in den online meeting room gebracht werden, kann diese Vorverurteilung von der Online-Lehre als Lehre zweiten Ranges unter Umständen sogar noch bekräftigen, wenn diese Lehre immerfort als „Online-Lehre“ in aller Munde ist.

Dabei ist kaum jemand, der unter den aktuellen Umständen in den virtuellen Raum umsteigt oder einfach ein bisschen mehr auf das jeweilige Learning Management System zurückgreift, wirklich darauf ausgelegt, die Vorzüge und Möglichkeiten des Online-Formats voll auszuschöpfen. Die Bezeichnung baut eine gewisse Erwartungshaltung auf, an der man scheitern kann, die aber auch motivieren und inspirieren kann.

Online-Lernen ist kein Lernen zweiten Ranges; aber seine Effizienz und sein Erfolg ist das Ergebnis einer sorgfältigen Unterrichtsgestaltung, die momentan kaum möglich ist und die es angesichts der Strukturen der Studienprogramme, die jetzt ausschließlich online verwirklicht werden müssen, vielleicht auch nie war. Die Studiengänge und zugehörigen Module sind in keiner Weise systematisch für die reine Online-Vermittlung entworfen worden. Den Notfall-Online-Kursen fehlt der fachkundige Designprozess, den ein Online-Kurs durchläuft, bevor er implementiert wird.

Und selbst wenn noch etwas Zeit bleibt, die ein oder anderen Lehrveranstaltung als Online-Kurs zu planen:

Auch die Lehrenden werden nicht auf einmal zu Experten in Sachen Online-Lehre; kaum jemand hat das entsprechende didaktische Know-how oder überhaupt Erfahrung im Bereich der Online-Wissensvermittlung; manche Lehrenden entwickeln sogar eine Furcht vor dem, was da im Sommersemester ansteht:

Was ist, wenn ich mit der Technik nicht klarkomme?

Wie soll ich denn Sprache online unterrichten?

Ich fühle mich der Masse an Studierenden in meinem Kurs ja schon im Präsenzunterricht kaum gewachsen; wie soll ich das online schaffen?

Was ist, wenn sich die Studierenden besser mit der Technik auskennen als ich und mir der Online-Unterricht entgleitet?

Ich kann meinen Unterricht doch nicht ohne Bibliothekszugang gestalten!

Wie kann überhaupt online diskutiert werden?

Studierende lernen nicht allein durch schriftliche Anleitung!

Komme ich meiner Pflicht zu lehren überhaupt nach, wenn ich den Studierenden lediglich Aufgaben per E-Mail gebe?

Es sind so viele neue Tools …

Dies sind einige der Fragen und Gedanken, die sich wahrscheinlich in den Köpfen der Lehrenden abspielen.

Erfreulich ist in diesem Zusammenhang jedoch, dass die Menschen tatsächlich mit- und voneinander lernen und sich innerhalb der Abteilungen und darüber hinaus gegenseitig unterstützen. Im Schneeballsystem werden Anwenderkenntnisse weitergegeben und manche Wege sind digital kürzer als in Papierform.

Lehre als Teil eines Bildungsökosystems

Auch ist es ja auch nicht nur mit Online-Lehre getan. Natürlich, wenn man sich ein Semester betrachtet, so mach der Präsenzunterricht sonst sicher einen großen Anteil (nicht nur zeitlich) an so einem Semester aus; mit ihm verzahnt sind ja auch weitere Aktivitäten wie Sprechstunden, essen in der Mensa, lernen oder schreiben in der Bibliothek, mit anderen Studierenden in Aufenthaltsräumen abhängen, am Kletterkurs teilnehmen, und so weiter.

Photo by Clint Adair on Unsplash

Lehre ist nur ein Aspekt in einer Art Bildungsökosystem, ob sie nun im Unterrichtsraum oder im online meeting room stattfindet. Wie viel Infrastruktur und Logistik besteht sonst rund um Präsenzlehre und macht das erfolgreiche Studieren überhaupt erst möglich: Da sind Beratungsangebote, Studien- und Prüfungsbüros, Bibliotheken, PC-Pools, Mensen, Career-Services, Studierendenwerk und so weiter.

Lernen von Angesicht zu Angesicht mit anderen Studierenden sowie mit Lehrenden ist ja nicht nur „erfolgreich“, weil die Präsenzlehre gut ist; die Präsenzlehre ist ein Knotenpunkt – sicher ein zentraler oder voluminöser – in einem Netzwerk aus institutionellen, informellen und sozialen Ressourcen, die Studieren überhaupt erst ermöglichen. Erfolgreich online lernen ist ebenso nur in einem entsprechenden Ökosystem von Unterstützungsangeboten möglich.

Verlust und Kompensation

Viele Teile dieses Ökosystems sind aktuell entweder zerstreut (Lehrende, Studierende, Fachkräfte im Bereich des Studierenden- und Prüfungsmanagements, und so weiter) oder lahmgelegt (Bibliotheken, Studierendenjobs, und so weiter). Die Aufgabe, der sich die Hochschulen, die ein Online-Sommersemester angesetzt haben, gegenübersehen, besteht nun einerseits darin, die zerstreuten Teile zu verbinden und zu motivieren und andererseits, die Arbeitsunfähigkeit anderer Teile zu kompensieren.

Der italienische Schriftsteller und Semiotiker Umberto Eco (gest. 2016) übertitelte eines seiner Kapitel in seinem übersetzungswissenschaftlichen Werk Dire quasi la stessa cosa (dt. ‚Quasi dasselbe mit anderen Worten‘) mit perdite e compensazioni, also dt. ‚Verlust und Kompensation‘. Es ist fast schon ein Urgedanke des Übersetzens, dass es beim Übertragen zwischen Sprachen zu Verlusten kommt; manche davon können kompensiert werden, andere nicht.

In diesem Sinne sehe ich auch die ‚Übertragung‘ des Sommersemesters in den virtuellen Raum als eine Art Übersetzung an, bei der Verluste geben wird, die zu Kompensationen führen, wobei nicht alles verlustfrei umgesetzt werden wird.  Nicht alle Aspekte des sonstigen Bildungsökosystems mit Präsenzlehre an einer der zentralsten Stellen werden sich übersetzen lassen – schon gar nicht einfach oder auf die Schnelle.

Es muss aber auch nicht versucht werden, alles im virtuellen Raum zu replizieren.

Für mich als im Bereich der Lehre und Beratung Tätige steht an erster Stelle, Angebote zu schaffen, die Studieren ermöglichen. Es geht um die Teilhabe am Austausch von Wissen und darum, Zugang zum Erwerb von Qualifikationen und Kompetenzen zu gewähren.

Hier sind Flexibilität, Lösungsorientierung, Nahbarkeit und Transparenz geboten.

 

 

Kolloquium online – zwischen Assassin’s Creed und Scheherazade

Im gestrigen Beitrag legte ich kurz dar, wie ich mir das Online-Kolloquium zum Modul Forschungsperspektiven der Arabistik vorstellte, nämlich als Mosaik aus Blog-Beitragen und Blog-Kommentaren Studierender zu verschiedenen ‚Gegenständen‘ der Arabistik (was auch immer man unter diesem Fach verstehen mag).

Die Idee dahinter ist unter anderem, den Studierenden mit diesem Kolloquium eine Lehrveranstaltung zu bieten, die asynchron und mit niedriger Bandbreite funktioniert. Es soll nur eine einzige Live-Session geben, einfach um die Studierenden in den Kurs einzuführen. Aber da selbst bei Veranstaltungen mit physischer Präsenz im Unterrichtsraum nie alle Studierenden zur ersten Sitzung kommen (können), werden die Informationen aus dieser Live-Session im Nachhinein ebenfalls asynchron präsentiert, als kurzes Skript oder in Form von FAQs.

Heute möchte ich einige Gegenstände präsentieren, die mir so einfielen, als ich mich mit der Umsetzung des Kolloquiums im virtuellen Raum beschäftigte. Ziel ist es, bis zum Ende der Vorlesungszeit jeweils wöchentlich 10 Gegenstände zu präsentieren, denen sich die Studierenden in Form von kurzen, essayistischen Blog-Beiträgen und/oder Kommentaren (nicht länger als 500 Wörter) nähern. Die Studierenden sollen unter Einbezug literatur-, sprach- oder kulturwissenschaftlicher Theorien und Methoden erste Ideen für die wissenschaftliche Bearbeitung ausgehend vom jeweiligen Gegenstand entwickeln. Dabei müssen sie nicht jeden der 10 Gegenstände selbst in einem Blog-Beitrag erkunden; sie können sich auch konstruktiv zu den Ideen anderer in Form von Blog-Kommentaren äußern und üben damit das kritische Reflektieren anderer Denkansätze.

Die Nummerierung der folgenden Gegenstände deutet weder auf eine Bevorzugung meinerseits noch auf die Reihenfolge, in der sie im Kolloquium zur Sprache kommen werden.

1. Gegenstand

Dieses Video: „Arabic always sounds the same! – Guess my dialect #1“.

2. Gegenstand

Die Regenhymne des irakischen Dichters Badr Šākir as-Sayyāb (eng. Übersetzung).

3. Gegenstand

Was auf diesem Bild zu sehen ist, nämlich Bögen des Alcázar von Sevilla:

Photo by Clark Van Der Beken on Unsplash

 

 

 

 

 

 

 

 

4. Gegenstand

Dieser Auszug aus Assassin’s Creek.

5. Gegenstand

Dieser Auszug aus Rimsky Korsakovs symphonischer Suite Scheherazade.


Diese Gegenständen sollen nur als Inspiration dienen – für mich und für die Studierenden. Unter Umständen kommen sie im Kolloquium dann letztendlich gar nicht vor.

Folgende Stichwörter fallen mir bei den präsentieren Gegenständen ein (in unbestimmter Reihenfolge):

  • Diglossie;
  • Mythos;
  • Arabeske;
  • Was ist Arabisch?
  • T.S. Eliots The Waste Land;
  • Hochsprache;
  • al-Andalus;
  • Intertextualität;
  • freie Verse;
  • Übersetzung;
  • Rahmengeschichte;
  • Orientalismus;
  • Standardsprache;
  • 1001 Nacht;
  • Phonologie;
  • Gérard Genette;
  • arabische Folklore;
  • ein Artikel von Otto Jastrow: „Das Spannungsfeld von Hochsprache und Dialekt im arabischen Raum“;
  • erzählen um zu überleben;
  • Narratologie;
  • oral poetry;
  • Transtextualität;
  • Charles A. Ferguson;
  • Phonetik;
  • othering;
  • Mudéjar-Architektur;
  • Adaption;
  • Mosaik;
  • social media;
  • Wer ist ‚Araber‘?
  • Kalligraphie;
  • Frauen in arabischer Literatur;
  • Bilderverbot;
  • gender;
  • Soziolinguistik;

Die Liste könnte endlos weitergehen und soll nur einen Einblick darin geben, was sich alles mit einzelnen Gegenständen verknüpfen lässt und in welche Richtungen sich wissenschaftliche Bearbeitungen bewegen können.

Bestenfalls produzieren die Studierenden kurze schriftliche Umkreisungen solcher Gegenstände und erlernen oder üben dabei, auf ihre im Studium bereits erworbenen Kenntnisse verschiedener Theorien und Methoden, die in der Arabistik Anwendung finden können, zurückzugreifen und damit erste Ideen zu entwickeln, wie mit solchen Gegenständen wissenschaftlich umgegangen werden kann und wie daraus vielleicht eine Fragestellung kondensiert werden kann.

Im Prinzip sind Gedankenausflüge in jegliche Richtungen erlaubt und ich lasse mich gern von den Studierenden überraschen!

Kommentare sind jetzt schon willkommen.

Kolloquium online als mosaikartiges Blog – erste Ideen

Meinen Beitrag zu unaufgeregten Online-Lehrformen aufgreifend möchte ich kurz erste Ideen für die Lehr- und Lernform „Kolloquium“ präsentieren.

Es geht um folgenden Kurs:

  • Kurstitel: Arabistik als Literatur-, Sprach- und Kulturwissenschaft
  • Lehr- und Lernform: Kolloquium
  • zugehörig zum Modul: Forschungsperspektiven der Arabistik
  • Studiengang: MA Arabistik
  • Fachsemester: 3

Qualifikationsziele und Kursinhalte

Laut Studien- und Prüfungsordnung dienen Kolloquien der Präsentation und Diskussion selbstständig erarbeiteter Fachkenntnisse insbesondere zur Vorbereitung auf die Masterarbeit sowie der Vertiefung methodischer und theoretischer Zugänge für eigene Fragestellungen.

Meiner Meinung nach sollten Kolloquien fester Bestandteil von Vertiefungsphasen sowohl in Bachelor- als auch in Masterstudiengängen sein; bestenfalls dienen sie dabei nicht nur der Vorbereitung auf die Abschlussarbeit, sondern trainieren allgemein die Kompetenz, eigene und fremde Ansätze zu reflektieren, in Austausch über Ideen zu treten und diese verständlich zu präsentieren.

Aus diesem Grund habe ich im Vorlesungsverzeichnis explizit darauf hingewiesen, dass sich das Kolloquium, wie ich es angedacht habe, auch für Bachelorstudierende in der Vertiefungsphase eignet. Außerdem sind Arabischkenntnisse nicht unbedingt nötig, um die Qualifikationsziele für diese Lehrveranstaltung zu erreichen. Diese habe ich wie folgt gefasst:

  • Die Studierenden sind in der Lage, sich in Blog-Beiträgen in essayistischer Form verschiedenen Gegenständen der Arabistik als literatur-, sprach- und kulturwissenschaftliche Disziplin zu nähern;
  • sie können verschiedene Theorien und Methoden der Arabistik in ihrer disziplinären Breite anwenden, um erste Ideen für die wissenschaftliche Bearbeitung verschiedener Gegenstände zu entwickeln;
  • sie haben die Fähigkeit, sich in Blog-Kommentaren kritisch mit den Ideen anderer auseinanderzusetzen und diese knapp und konstruktiv in schriftlicher Form zu kommentieren;
  • sie haben ein Bewusstsein für die Etikette bei der Kommunikation in wissenschaftlichen Blogs.

Ich möchte versuchen, das in der Wissenschaftskommunikation durchaus verbreitete Bloggen für die Umsetzung dieser Lehrveranstaltungsform im  virtuellen Raum nutzbar zu machen und die Studierenden damit in Kontakt zu bringen. Inhaltlich liegt der Fokus dabei auf der Frage, wie theoretische und methodische Ansätze für die Arbeit mit Primärtexten und anderen kulturellen Zeugnissen fruchtbar gemacht werden können.

Die Kursinhalte lassen sich dementsprechend formulieren:

  • Die Studierenden entwerfen eigene Ideen zur wissenschaftlichen Bearbeitung von verschiedenen ‚arabistischen‘ Untersuchungsgegenständen in Form von Blog-Beiträgen;
  • sie üben die schriftliche Darstellung und Diskussion von Ideen und Ansätzen anderer in Form von Blog-Kommentaren;

Ich stelle mir den Ablauf der Lehrveranstaltung so vor, dass in regelmäßigen Abständen ein ‚Gegenstand‘ präsentiert wird, zu dem die Studierenden überlegen, wie dieser Gegenstand in einer schriftlichen Arbeit bearbeitet werden könnte:

  • Welche Fragestellungen ergeben sich?
  • Welche theoretischen und methodischen Ansätze eigenen sich?
  • Was für Sekundärliteratur findet sich?

Die Gegenstände werden variieren: vom Romantext, Manuskriptfolio oder Koranvers über Musikvideoclips, Hollywood-Filme oder Videogames, bis hin zu Inschriften, Architektur oder oral poetry. Die Studierenden werden ermuntert, selbst Vorschläge zu machen, die dann im Blog kommentiert werden und gegebenenfalls in einem Forum in Blackboard weiter diskutiert werden können.

Die Blog-Beiträge zur essayistischen Annäherung an die jeweiligen Gegenstände sollen eine Länge von 500 Wörtern* nicht überschreiten; es geht darum, eine gewisse Spontaneität und Bündigkeit im Umkreisen der Gegenstände zu bewahren, den Studierenden aber auch genug Raum zu einer gewissen methodischen und/oder theoretischen Entfaltung zu lassen. Blog-Beiträge sind keine wissenschaftlichen Hausarbeiten; als Dozentin möchte ich hier sehen, dass die Studierenden ihren Ideen verständlich verschriftlichen können und Reflexionsvermögen hinsichtlich der Ideen anderer zeigen. Dabei muss nicht jeder Gegenstand jede Woche von den Studierenden in Form eines Essay-Blog-Beitrags verarbeitet werden; die Fähigkeit zur Ideenentwicklung und konstruktiven Kritik kann sich ebenso in Blog-Kommentaren zeigen.

Was noch offen ist …

Länge der Blogbeiträge

Aktuell stelle ich mir vor, dass jede Woche ein neuer Gegenstand präsentiert wird. Allerdings möchte ich es den Studierenden überlassen, welche Gegenstände sie bearbeiten oder kommentieren.

Momentan gehe ich von 10 Gegenständen bis zum Ende des Semesters aus. Für die aktive Teilnehme sollen die Studierenden eine Anzahl (mindestens) x von diesen Gegenständen als essayistischen Blog-Beitrag bearbeitet.

Des Weiteren sollen sie in Form von Blog-Beiträgen Rückmeldung zu den Ideen anderer geben; auch hier habe ich mich noch nicht für eine Mindestanzahl von Kommentaren entschieden.

Live-Sessions

Aktuell habe ich nur eine Videokonferenz angesetzt, nämlich für die allererste Sitzung; aber auch das muss nicht unbedingt sein; weitere Sessions dieser Art sind aus meiner Sicht nicht geplant; ich stehe den Studierenden aber wie gewohnt in Video- und Chat-Sprechstunden während des Semesters zur Verfügung.

Im Prinzip teste ich mit diesem Szenario eine zurückhaltende Form der Online-Lehre, die gänzlich in einem asynchronen Format mit wenig Unmittelbarkeit und niedriger Bandbreite aufgeht. Ich hoffe, dass das Blog-Format genügend Anreize zur Kollaboration und zum Austausch bietet.

Öffentlichkeit des Blogs

Eigentlich plädiere ich für das direkte, spontane und jederzeit zugängliche Kommunizieren von Wissenschaft. Aus diesem Grund möchte ich für die Lehrveranstaltung ein öffentliches Blog anlegen, in dem ich die Studierenden als „Autoren“ hinzufüge, sodass sie ihre eigenen Blog-Beiträge und Kommentare selbst bearbeiten, veröffentlichen und löschen können.

Gleichzeitig möchte ich aber meine Studierenden nicht zur Öffentlichkeit zwingen. Daher habe ich überlegt, den Studierenden anzubieten, dass sie mir ihre Blog-Beiträge, sofern sie sie nicht selbst veröffentlichen, im Voraus schicken können (z. B. über die Tagebuchfunktion in Blackboard) und ich sie dann mit dem Hinweis ‚anonymer Blog-Beitrag‘ o. Ä. veröffentliche.

Gleiches gilt für Kommentare. Zwar könnte ich hier in den Diskussionseinstellungen der FU-(WordPress-)Blogs durchaus zulassen, dass Benutzer zum Kommentieren keinen Namen und keine E-Mail-Adresse angeben müssen; dies würde allerdings die Quantifizierung und Qualifizierung der aktiven Teilnahme der Studierenden beeinträchtigen.

In der ersten Sitzung werde ich mit den Studierenden die Frage nach öffentlicher Wissenschaftskommunikation und Themen wie open access und code of conduct beim Bloggen diskutieren.

Abschließend

Photo by Michael Humphries on Unsplash

Ich hoffe, dass sich möglichst viele Studierende in diesem Sommersemester an diesem Blog beteiligen; vielleicht hat es ja sogar darüber hinaus Bestand

Auch werde ich den Eröffnungsbeitrag derart offen gestalten, dass auch Gastkommentare (oder sogar Beiträge) von Studierenden anderer Fächer  willkommen sind, obwohl das Blog den Masterstudierenden der Arabistik explizit dazu dient, die aktive Teilnahme in einem Teil des Moduls Forschungsperspektiven der Arabistik zu erbringen. Den Austausch mit Studierenden anderer Fächer stelle ich nicht an erste Stelle, denke aber, dass dieser belebend wirken kann.

Am Ende des Semesters wird sich das Blog vermutlich als Mosaik von Ideen und Gedankengängen zu verschiedenen Themenfeldern der Arabistik und darüberhinaus zeigen – zumindest würde ich mich darüber freuen.

Ideen? Kommentare?

Liebe Mitlesende – ob Ihr nun Lehrende, Studierende, Wissen-Schaffende oder Wissen-Kommunizierende, Menschen in Leitungspositionen im Bereich Studium und Lehre, oder einfach nur Interessierte seid,

kommentiert gern meine Ideen hier!

Noch ist der Beginn der Vorlesungszeit wenige Wochen hin und da ich mich stets in Flexibilität übe, bin ich offen, inspiriert von frischen Ideen meine Kurspläne weiter zu verfeinern.


*Zum Vergleich: Dieser Beitrag hier hat knapp 1000 Wörter.

Weniger Nachrichtensprecher, mehr Gesprächsteilnehmer – und mehr Teetrinken!

Nach einer Woche voller Online-Meetings ergibt sich für mich ein Gefühl der Erschöpfung. Zoom-Sitzungen, WebEx-Meetings und andere Video-Calls erschöpfen mindestens so viel Energie wie physische Treffen von Angesicht zu Angesicht, aber ohne die positiven physio-psychologischen Effekte eines persönlichen Gesprächs mit Personen in einem Raum, wo auch die haptische und olfaktorische Wahrnehmbarkeit einer physischen Realpräsenz eine Rolle spielt. Bei Videokonferenzen jedoch klebt förmlich vor dem Bildschirm und der Kamera, rutscht wahrscheinlich nicht mal auffällig auf dem eigenen Stuhl hin und her oder schaut in der Gegend herum; Gesichtszüge scheinen teilweise eingefroren (und damit meine ich nicht, dass die Videoübertragung eingefroren wäre) oder seltsam monoton. Vielleicht hängt das aber auch einfach mit der besonderen Perspektive eines solchen Online-Meetings zusammen.

Von der statuesken Performanz eines Nachrichtensprechers

Bei einem Online-Meeting mit 18 weiteren Personen bietet einem die Galerieansicht in einem Videokonferenzsystem wie Zoom auf kleinstem Raum (bei mir aktuell ein 13-Zoll-Bildschirm) einen Eindruck von 18 Gesichtern – so nah, wie man ihn in einem Treffen mit denselben Menschen in einem Raum nicht hätte. Selbst in der Active-Speaker-View, bei der nur die gerade sprechende Person groß in der Mitte ist, während die anderen Personen in einer Reihe darüber zu sehen sind, bleibt der Eindruck natürlich eher der einer Nachrichten-Live-Schaltung zu einem Korrespondenten in einem anderen Land. 

Eine Stunde lang bewegt sich niemand großartig; Mimik und Gestik entsprechen eher der Performanz von Nachrichtensprechern – auch der Bildausschnitt ist ja meist ähnlich: von der Brust aufwärts, bei manchen auch eher vom Schlüsselbein aufwärts. 

Das ist in der Wahrnehmung alles sehr starr, fast schon statuesk. 

Das liegt zum einen natürlich daran, dass bei Online-Meetings die Personen nie in Gänze zu sehen sind; selbst wenn sie also bewusst oder unbewusst Gestik und Körpersprache nutzen würden, um sich auszudrücken, würden die anderen Personen im Online-Meeting diese gar nicht wahrnehmen können. Zum anderen verhalten sich Menschen in Online-Meetings vielleicht anders als bei physischen Treffen:

Wenn man sich die ganze Zeit auch selbst auf einem Bildschirm sieht, wird man sich der eigenen Mimik, Gestik und Körpersprache noch einmal mehr (oder überhaupt?) bewusst, was möglicherweise in Zurückhaltung und Statuenhaftigkeit resultiert. 

Galerieansicht – ein flimmerndes Mosaik aus Köpfen und Büsten

Selbst wenn die beteiligten Personen weniger auf ihren Stühlen an ihren Schreibtischen klebten und mindestens die Beweglichkeit zeigten, die sie in der gleichen Situation in einem Besprechungsraum an den Tag legen würden, wäre das für die Einzelnen zwar wahrscheinlich als ‚lebendiger‘ wahrnehmbar; aber diese Lebendigkeit würde sich in der Gallery-View immer noch in 18 kleinen Fenstern auf einem Bildschirm abspielen, die alle gleichzeitig sichtbar sind – ein flimmerndes Mosaik aus Köpfen und Büsten, meist schlicht eine Flut von Reizen ist (bestenfalls nur eine Kakovision, wenn die Beteiligten verstanden haben, ihre Mikrofone auf stumm zu stellen, wenn sie gerade nicht sprechen). 

In einem physischen Treffen würde man Mimik, Gestik und Körpersprache von 18 Menschen nie gleichzeitig wahrnehmen, wobei Präsenz im Raum sicher in gewisser Weise ‚spürbar‘ ist; eher verfügt man über die Freiheit, wen auch immer anzuschauen oder wo auch immer hinzuschauen. Im Online-Meeting scheint dies durch verschiedene Parameter wie Sitzplatz, Hardware, gewählte Ansicht im Meeting selbst, Aufmerksamkeitsspanne, und so weiter, eingeschränkt. Die Freiheiten oder Selbstverständlichkeiten eines physischen Treffens von Angesicht zu Angesicht in den virtuellen Raum eines Online-Meetings zu übertragen fordert natürlich auch das Selbstbewusstsein der Einzelnen. 

Als könnte man nicht nebenbei einen Schluck Tee* trinken, eine Notiz machen, sich im eigenen Zimmer umschauen, oder sogar einmal aufstehen, um auf die Toilette zu gehen (idealerweise ohne das Equipment vom Tisch zu reißen, weil man vergessen hat, das man ein kabelgebundenes Headset nutzt …).

Den Blick schweifen lassen

Solch simple Aktivitäten wie den Blick schweifen lassen oder Teetrinken können natürlich eine Ablenkung für die Beteiligten sein:

Vielleicht trinkt man aus einer auffälligen Tasse oder im Gesicht ist deutlich ein Genussempfinden abzulesen. Vielleicht reagiert jemand aus der Gruppe im Chat darauf. Vielleicht sind die Chattenden dann im weiteren Verlauf des Online-Meetings nicht mehr so aufmerksam, weil sie sich quasi ausklinken. Aber ist das überhaupt schlimm? Und entspricht dies nicht eigentlich der Realität von sonstigen Meetings? Zwar kann ich mich nicht zu meinem Sitznachbarn herüberlehnen, um ihm einen Kommentar ins Ohr zu flüstern. Aber ich kann ihn direkt im Chat anschreiben, auch ohne dass die anderen Beteiligten dies mitbekommen. Und wenn ich von einem solchen Chat erheitert werde, dann ist es eventuell in der Kamera für alle sichtbar – eventuell schaut aber auch gar niemand hin, also was soll’s?

Gerade, wenn man eher in der Zuhörerposition in einem Online-Meeting ist, muss man nicht zu einer Statue erstarren. Sonst könnte man genauso gut ein Standbild von sich anzeigen lassen.  

Lehren statt performen

Wahrscheinlich müssen die Beteiligten noch vertrauter mit der Interaktion und Wahrnehmung im virtuellen Raum werden – gerade, wenn sie andenken, auch ihre Lehre teilweise in Live-Sessions mit mehreren Studierenden abzuhalten. Es wäre einfach, in Frontalunterricht zu verfallen und eine Live-Session mehr performend als lehrend abzuhalten. Das mag für Vorlesungen sogar sinnvoll sein; bei austausch- und diskussionslastige Lehrformaten bilden aber die Studierenden den Mittelpunkt und dementsprechend kann auch eine Online-Sitzung mit Studierenden die Interaktion zwischen ihnen als peers ins Zentrum rücken. Welche Mittel und Tools sich dafür konkret eignen, darauf gehe ich in einem nächsten Beitrag ein.

Gemeinsam Tee trinken, und zwar online!

Um noch einmal auf Kollegiatstreffen zurückzukommen:

Tasse mit Hokusai-Motiv aus dem British Museum in London; Bildquelle: Victoria Mummelthei

Überhaupt bin ich der Meinung, dass Online-Meetings mit Teammitgliedern nicht nur stattfinden sollten, wenn es Tagesordnungspunkte gibt. Wenn man sich im Kollegiat nur trifft – ob online oder offline –, um „Probleme“ oder Anstehendes zu besprechen, neigt man vielleicht dazu, die Beteiligten auch nur aus dieser Perspektive und in einem solchen Ambiente wahrzunehmen; und so etwas verankert sich im Bewusstsein. Ich möchte nicht den Begriff team building bemühen (was ich hiermit doch getan habe), aber das Korridorgespräch über einen Horrorfilm, den man am Wochenende geschaut hat, oder das Teeküchengespräch über einen neuen Wasserfilter gehört ebenso zum Arbeitsalltag wie die Arbeit selbst.

Sonst gehe ich vielleicht am Nachmittag mit meiner Teetasse zu einem Kollegen gehe, um einfach mal zu hören, wie der Tag so lief oder wie es so geht, und vielleicht gesellt sich noch jemand dazu, der auch etwas abschalten möchte. Warum dies nicht auch im virtuellen Raum praktizieren? Ein virtuelles Gespräch bei Tee über die letzte Unterrichtseinheit, einen Artikel, an dem man gerade schreibt, oder über Marvel-Filme, Wanderziele im Vereinigten Königreich, Lovecraft’sche Videogames und Brotbackrezepte.


*Aus Gründen der Lesbarkeit wird im Folgenden auf die gleichzeitige Nennung verschiedener Heißgetränke verzichtet; ‚Tee‘ steht an dieser Stelle für alle Heißgetränke; überall, wo vom Teetrinken die Rede ist, ist selbstverständlich auch Kaffee- oder Kakaotrinken gemeint. Da Trinkgewohnheiten aber fluide sind, können hier auch Kaltgetränke mitgedacht werden, Wein oder Spirituosen jedoch dann erst nach Feierabend.

 

Unaufgeregte Lehrformate

Ein Gedanke, der mir im Verlauf des gestrigen Tages kam:

Für manche Kursformate oder Studiengänge kann es vielleicht sinnvoll sein, keinen harten Umstieg in die Online-Lehre zu wagen, schon gar nicht direkt im April. Oder vielleicht ist dies sogar ganz generell sinnvoll, eine „ruhige“ Form des Aus-der-Ferne-Lernens zu ermöglichen …

Tool-Flut

Alle, die jetzt anfangen, ihre Kurse für das digitale Sommersemester kreativ umzuplanen, oder schon damit angefangen haben, sind wahrscheinlich durchaus dankbar für die Technologie, die ihnen von Hochschulseite zur Verfügung gestellt werden (auch wenn das Gras auf der Seite jener fancy oder trendy tool, für die die Hochschule ausgerechnet keine Lizenz hat, natürlich immer grüner scheint …). Man schaut sich diverse Tutorials an und macht sich viele (mentale) Notizen zur Verwendung von Blackboard, WebEx, Jabber, Zoom, Slack, Discord, VoiceThread, Audacity,  … die Aufzählung könnte unendlich weitergehen. Und nach stundenlanger Versunkenheit in die aufregende Welt der Cybertools, wägt man vielleicht ab, wie sinnvoll die Implementierung solcher Tools überhaupt ist und wie realistisch es ist, dass die Implementierung überhaupt für alle Seiten gleich gut klappt.

Feststeht, dass nicht nur die ersten Wochen des Sommersemesters ohne Präsenz ablaufen werden. Feststeht auch, dass sich Kurse, die sonst auf Präsenzstudium aufbauen, nicht mal eben in Fernstudienkurse umwandeln lassen geschweige denn in Online-Kurse, bei denen Lernziele von vornherein ohne Präsenzzeiten erdacht werden.

Manche neigen jetzt vielleicht dazu, die gewöhnliche Präsenz online imitieren zu wollen, indem sie schlicht 14 Online-Sessions ansetzen und sonst alles ablaufen lassen „wie immer“. Für manche mag das sogar funktionieren – für Lektürerunden vielleicht. Aber es wird nicht für alle Formen von Lehre funktionieren und von Lehrenden umsetzbar und von Studierenden rezipierbar sein. Studierende werden ja nicht nur einen einzigen Kurs online zu absolvieren haben, und so stelle ich mir aktuell vor, wie Studierende zum Anfang der Vorlesungszeit mit E-Mails und Benachrichtigungen überschwemmt werden. Die Überschwemmung wird schon allein aus der vermehrten Arbeit mit Blackboard resultieren, wobei es ja gut ist, wenn Lehrende auf eine Lernumgebung zurückgreifen, die an der Hochschule bereits verankert und den Studierenden bekannt ist. Aber ich stelle mir ebenso vor, dass sich Studierende dann auch mit vielen verschiedenen neuen Tools konfrontiert sehen, weil sich die Lehrenden vielleicht doch für die Verwendung von Zoom oder Slack oder Etherpad entscheiden.

Das schafft komplexe Situationen, die nicht für alle Studierenden gleichermaßen bewältigbar sind, was unter Umständen zu Demotivation führen kann, was wiederum Auswirkungen auf den Unterricht und damit Motivation und den Einsatz der Lehrkraft haben kann – und mittendrin will man dann vielleicht einfach nur den Stecker ziehen.

Ein Plädoyer für einfache Ankündigungen und Text-Dokumente

Möglicherweise kann es sich als gute Idee entpuppen, die Art und Weise, wie Kurse angeboten werden, zu vereinfachen. Ich denke daran, den Unterricht in mindestens einem Kurs ruhiger und eventuell sogar gänzlich entrückt von der vibrierenden Welt der Online-Lernplattformen, Videokonferenztool und Instant-Messaging-Services zu gestalten.

Natürlich ist es nötig, sich in irgendeiner Weise mittels Technologien mit den Studierenden zu verbinden, etwa über Blackboard, das den meisten Studierenden bekannt ist und womit sie eine gewisse Vertrautheit haben. Aber vielleicht muss diese Art der Verbindung nicht ungeheuer komplex oder bunt oder aufregend sein – vielleicht bietet die einfachste Möglichkeit eine Alternative, gar einen Rückzugsort von der dröhnenden, oft unübersichtlichen Welt der Online-Lehre zwischen YouTube und Twitch sein.

Was wäre, wenn man Studierende mittels schlichter Ankündigungen in Blackboard auf dem Laufenden halten würde (alternativ mittels eines simplen Text-Dokuments)? Ein paar Zeilen Skript oder lediglich Notizen zu einem Thema, vielleicht ein Witz hier und da, Links zu Artikeln oder Videos, am Ende Fragen, die die Studierenden in Blackboard beantworten können …

Auch in niedrigschwelliger Form mit wöchentlichen oder zweiwöchentlichen oder monatlichen Arbeitsaufträgen per Ankündigung in Blackboard kann ein Kurs gelingen; er ist dann eine Art strukturiertes Selbststudium unter Anleitung der jeweiligen Lehrkräfte.

Live-Sessions nicht als Bedingung für Lernerfolg

Natürlich machen solche bloßen Ankündigungen, bei denen auch die Formatierung limitiert ist, optisch nicht besonders viel her; aber vielleicht ist es genau diese Schlichtheit eine gute Komponente, etwa in Kombination mit Sprechstunden per Cisco WebEx. Aber solche Sessions können genauso gut optional sein und sie müssen keine Bedingung für den Lernerfolg bilden; sie können einfach als ein In-Kontakt-Bleiben gesehen werden.

Das virtuelle Semester zum Thema machen

Heute möchte ich nur kurz ansprechen, warum ich mich dazu entschieden habe, nicht alle meine für den Präsenzunterricht im Sommersemester geplanten Themen in den virtuellen Raum zu übertragen, sondern die aktuelle Situation rund um online lernen und lehren tatsächlich auch zum Thema einer Lehrveranstaltung zu machen.

Eigentlich wollte ich in einer sprachpraktischen Übung im Masterstudiengang Arabistik einen Kurs zu literaturwissenschaftlichen Fachsprache im Arabischen geben – einen Kurs, den ich schon seit längerer Zeit unterrichten wollte. Allerdings habe ich diesen Kurs zugunsten eines Hauptseminars im Modul Forschungsperspektiven der Arabistik aufgegeben. Die Gründe dafür waren (mindestens) dreierlei:

  1. Die aktuelle Situation thematisieren: Nachdem spätestens am 24. März das „digitale“ Sommersemester ausgerufen wurde, war mir klar, dass ich diese besondere Situation in irgendeiner Weise mit den Studierenden thematisieren und diskutieren wollte. Im Modul Erweiterte und angewandte Sprachkompetenz Arabisch, in dem ich meinen Kurs zur literaturwissenschaftlichen Fachsprache im Arabischen eigentlich anbieten wollte und in dem ich im Sommersemester 2020 einen weiteren Kurs (Übersetzen aus dem Arabischen und ins Arabische) unterrichten werde, schien mir das nicht möglich. Also strich ich diesen Kurs gänzlich aus dem Curriculum und überlegte mir, ob es nicht spannend und erhellend – sowohl für die Studierenden als auch für mich – sein könnte, gemeinsam darüber nachzudenken, wie Arabistik online oder digital eigentlich funktionieren kann. So entstand das Hauptseminar Arabistik online – Wie geht das?, das diesem Blog auch seinen Titel gab – oder war es andersherum? Ich weiß es nicht mehr.
  2. Unterschiedliche Prüfer in einem Modul ermöglichen: Das Modul Erweiterte und angewandte Sprachkompetenz Arabisch besteht aus zwei von einander unabhängigen sprachpraktischen Übungen, die ich im Sommersemester 2020 beide unterrichtet hätte. Während ich bei Modulen mit Lehrveranstaltungskombinationen wie „Seminar“ plus „Lektürekurs“ oder „Grundkurs“ plus „Übung“ sehr wohl didaktisch Sinn darin sehe, dass sich die beiden Kurse im Sinne der Inhalte und Qualifikationsziele der Module aufeinander beziehen und dass es dementsprechend zuträglich sein kann, wenn beide Modulteile von ein und derselben Lehrkraft angeboten werden, liegt der Fall beim Modul Erweiterte und angewandte Sprachkompetenz Arabisch für mich anders: Meines Erachtens nach gebietet das Modul eine inhaltliche Diversität in den beiden Lehrveranstaltungen, die sich sehr gut verwirklichen lässt, wenn die beiden sprachpraktischen Übungen von unterschiedlichen Lehrkräften angeboten werden. Damit erhalten die Studierenden dann auch die Möglichkeit, sich für die mündliche Prüfung, mit der das Modul abgeschlossen wird, zwischen zwei Prüfern zu entscheiden – eine Wahlmöglichkeit, die ich als Mehrwert erachte.
  3. Ein Modul in Gänze anbietenMit dem Kurs Arabistik online – Wie geht das? vervollständige ich das Modul Forschungsperspektiven der Arabistik, wozu noch ein Kolloquium gehört. Zwar ist dieses Modul eigentlich für das dritte Fachsemester vorgesehen und müsste im Sommersemester gar nicht angeboten werden; da seit der Novellierung der Studien- und Prüfungsordnung des Masterstudienganges Arabistik im Jahr 2016 dieses Modul nur ein einziges Mal vollständig von der Arabistik angeboten wurde und Studierende des Masterstudienganges nachdrücklich Interesse an diesem Modul (inkl. des zugehörigen Kolloquiums) bekundet haben, sehe ich das kommende Sommersemester als eine gute Gelegenheit, dieser Nachfrage nachzukommen.

In einem Beitrag in den nächsten Tagen werde ich davon berichten, wie genau ich mir vorstelle, das „Digitale“ im Zusammenhang mit dem Studium der Arabistik in einem Kurs zu thematisieren, was die Lernziele dabei, und warum das Thema Arabistik online – Wie geht das? in ein Modul namens Forschungsperspektiven der Arabistik passt.