Harald Moritz ist ein Abgeordneter aus Treptow-Köpenick und gehört der Partei Bündnis 90/ Die Grünen an, hierbei ist er deren verkehrspolitischer Sprecher. Daher war er auch beim Untersuchungsausschuss beteiligt und legte dort seinen Schwerpunkt auf das Schallschutzprogramm.
In seinem Interview zeigte er vor allem personelle Fehlentscheidungen in den Besetzungen verschiedener Leitpositionen im Management des BER auf und erläuterte gegen Ende ausführlich das geplante Schallschutzprogramm für den Flughafen.
Zu Beginn gab es eine kurze Einführung, wobei Moritz vor allem auf personelle Mängel einging. Hierbei nahm er auch auf einzelne Gründe Bezug, die für die sich wiederholenden Verschiebungen des Eröffnungstermins, der momentanen Dauerbaustelle Berlins, verantwortlich sind. Dazu zählten unter anderem die Verträge der verschieden Firmen. Bis 2012 hatten die Firmen Siemens und Bosch noch Werkverträge, heute wird nach Stunden abgerechnet. Dadurch verdienen diese natürlich mehr wenn sie nicht fertig werden.
Die Vergabestrategie des BER war kleinteilig, was aus politischer Sicht durchaus Sinn ergibt, da man somit die kleinen und regionalen Unternehmen beschäftigt. Wirtschaftlich gesehen war diese Entscheidung jedoch fatal. Ständige Wechsel in den verschieden Führungspositionen führten zu Know-how Verlusten und diversen inneren Unruhen, die dem Projekt schadeten. Ein weiterer Punkt, den er aufführte, waren die politischen Machtkämpfe, für die das Projekt missbraucht wurde. Gerade diesen Punkt und die damit einhergehenden mangelnden wirtschaftlichen und fachlichen Interessen gegenüber den politischen Interessen, welche durch eine problematische Eigentümerstrategie verstärkt werden, benannte er als einen der Hauptkritikpunkte an der Dauerbaustelle der Hauptstadt.
Hier ein Auszug des Interviews:
Denken Sie, dass Ahmann mit seiner Mängelliste das Projekt hätte rumreißen können?
„Ahmann hat auf jeden Fall einen anderen Arbeitsstil und wollte erst einmal verstehen, was er da überhaupt auf der Baustelle hat. Dafür hatte er ein Extra- Team.
Wenn man ihn gewähren lassen und nicht so auf den Eröffnungstermin gepocht hätte, ihm stattdessen die notwendige Zeit zu Analyse der Probleme und dann zu Lösungsfindung gegeben hätte, wäre das der richtige Weg gewesen.“, so Moritz
Es gab von der Partei eine Studie zu wirtschaftlichen Situation des BER, dabei wird erwähnt, dass die Politik ihren Bauherrenpflichten und Kontrollführungsaufgaben nicht nachgekommen ist. Wie könnte die Politik jetzt ihren Bauherrenpflichten nachkommen? Sie haben ja schon erwähnt, dass sie Abhängigkeiten steuern wollen, also dieses Gesamtprojekt zusammenhalten, aber gibt es da noch weitere Punkte?
Der Aufsichtsrat ist dem Unternehmen, der Gesellschafterversammlung und den Eigentümern, die über dem Aufsichtsrat stehen und über die grundsätzliche Dinge entscheiden, verpflichtet. Bis 2012, und auch das ist eine Kritik von uns, sind eher Subinterne in der Eigentümerversammlung gewesen. Der Aufsichtsrat hat der Gesellschafterversammlung gesagt, was der richtige Weg ist, dass dürfte so eigentlich nicht sein. Es gab zu viele interne Abhängigkeiten, man war nicht unabhängig, auch und vor allem beim Controlling, was natürlich fatal wäre.
Man redet immer nur über die schlechten Dinge, gibt es auch Dinge die gut gelaufen sind?
Die anderen 39 Gebäude sind fertig geworden, also muss irgendwas funktioniert haben.
Die Flughafengesellschaft und die sie tragenden Gesellschaften haben sich für die riskanteste wirtschaftliche Version entschieden, an diesem Weg hat sich bis heute nichts geändert, vor allem sind Sie jedoch sehr schlecht mit der Bevölkerung umgegangen und auch die Standortwahl kann man nur kritisieren. Politische Einflüsse gerade von der CDU haben dafür gesorgt, dass Schönefeld als Standort gewählt worden ist. Es gibt Gerüchte, dass dies mit der Lufthansa und ihrem Standpunkt in München zusammenhängt.
„Ich sehe wenig positives, Schallschutz, Flugrouten etc. und ich muss noch mal sagen, es ist wirklich eine Schweinerei wie die Flughafen Gesellschaft mit der Bevölkerung umgegangen ist und die Politik steht und stand dahinter. Ich sehe bei dem ganzen Projekt wenig positives und bin da auch in dem Bezug auf den Masterplan skeptisch.“
Zu Standortnachfrage, am Anfang war Ihre Partei dafür und dann hat sie sich im Laufe der Zeit verändert.
„Die Bürgerinitiativen werfen uns vor wir wären schuld, man muss hierbei jedoch bedenken, wir waren 2001 nur einmal in einer Minderheitsregierung, da hatten wir Verantwortung. Richtig ist, dass wir Tempelhof und Tegel schließen und Schönefeld halten wollen, aber die heutige Passagierzahlentwicklung ist eine andere als die Erwartete.
Es gab 1995 einen Antrag von uns im Abgeordneten Haus, genau dies wird uns bis heute angekreidet aber wir sind damals von andern Rahmenbedingungen ausgegangen.
Daraufhin gab es 2001 einen ähnlichen Antrag, damit hat man sich selbst ins Knie geschossen, man wollte Linke unbedingt dazu zwingen Farbe zu bekennen.
Insgesamt sind natürlich die Rahmenbedingung im Luftverkehr heute wie auch damals ein Thema, aber sie sind sehr unterschiedlich vor allem bei Steuern. Innerdeutsch ist das ganze natürlich eine Katastrophe, die Bahn zahlt Unmengen an Steuern, Fluggesellschaften fast keine.“
Da sie gerade BER 2040 und Kapazitäten angesprochen haben, nach meinem Wissen soll Schönefeld alt ja bis 2025 weitergeführt werden um Kapazitäten aufzufangen und dann während des laufenden Betriebes wenn die BER-Teileröffnung 2020 stattfinden wird noch weitere Terminalerweiterungen hinzukommen, halten Sie dies für realistisch und das Kapazitätsmanagement für machbar?
„Die Kapazitätsfrage ist mit der Schließung von Tegel, sowie dem damit verbundenen Volksentscheid hochgekocht, dazu muss man wissen, das Hauptterminal des BER hat Kapazität für 22 Mio. Passagiere, Schönefeld Alt über 10 Mio., T2 soll 6 Mio. haben also 28 Mio. bis sagen wir 38 Mio. damit würde die Kapazitäten bis 2025 vorhanden sein, die man bis dahin ungefähr braucht. Des Weiteren ist die Nachfrage Entwicklung ist nicht mehr so steigend wie davor, sicherlich auch dadurch das Berlin Air weggebrochen ist, von daher würde das gehen. Ich würde somit sagen, man kann Tegel schleißen ohne Einbußen zu haben.
Den Masterplan finde ich nicht gut, abgesehen von der ökologischen Frage, bin ich der Meinung, mit den Satellitenbauten zementiert man die praktischen Betriebskonzepte sodass es zwei Flughäfen gibt, aber die Verbindung die es hierbei geben soll halt ich für nicht realisierbar. Ich sehe das kritisch. Man sollte Luftverkehr nicht so ausbauen. Aber es ist machbar, das mit den Kapazitäten.“
Gibt es Fragen im Untersuchungsausschuss die Sie gerne beantwortet hätten, die aber nicht beantwortet worden sind?
Die Mängel und Problemstellungen seien durch den Untersuchungsausschuss aufgedeckt worden und das sei nun der Dritte Untersuchungsausschuss der sich mit dem BER befasst.
Wie beurteilen sie die Aussage, der Untersuchungsausschuss war ein politisches Kräftemessen? Wurde viel umgesetzt?
„Zuerst wurde die Aufstellung des Gesellschaftsrats geändert. Man merkt, die Bereitschaft etwas zu verändern ist da und ich gehe davon aus das sich über kurz oder lang was positiv ändern wird. Veränderung wird vor allem strukturell gesehen, aber technisch kann man nicht so viel machen, nur Bewerten und das ist ein politisches Spielchen zwischen Regierung und Oppositionspartei. Wir können Schwarz nicht verklagen aber wir können Zeugen zu Aussage zwingen sag ich mal, habe wir auch gemacht und den Höchstsatz von 10 000€ festgesetzt als Strafe.
Wir haben Mittel um Wahrheit ans Licht zu bringen, aber wir können nicht anzeige, also vielleicht könnten wir anzeigen aber das funktioniert leider auf so einer Ebene nicht, gibt auch keine Wortprotokolle, was eine Beweisführung fast unmöglich macht.“
Sie haben am 25. eine Umfrage gestellt, aktueller Schallschutz des BER, wo auch von den 26 000 Anspruchsberechtigten auf Schallschutzmaßnahmen die Rede ist, vielleicht können Sie dazu einfach mal ein paar Worte sagen. Wie sie das Thema einschätzen.
„Die Flughafengesellschaft hat bei der Planfeststellung in ihren Unterlagen über das gesetzliche Maß Schallschutz beantragt. Vor allem im Tageschutzbereich ist der Schallschutz höher, das Ziel ist höher als das Flughafengesetz. Das Flughafengesetz muss man einhalten, alles andere kann man, genau die hat die Flughafengesellschaft 1999 als Ziele eingereicht, die Sie jetzt jedoch nicht einhalten will. Auch die Nachtschutzänderung ist noch mal entschieden verändert worden aber der Tageschutz bleibt ein ambitioniertes Ziel. Grundlagen sind immer Durchschnittswerte. Innerhalb der Räume muss 45 Dezibel eingehalten werden und darf nicht überschritten werden. Die Flughafengesellschaft hat ihren eigenen Antrag später so interpretiert, dass auch am Tage 16 Überschreitungen möglich sind. Sie sind dann runtergegangen auf fünf oder sechs Überschreitungen, dabei wären die Schallschutzkosten bei denen von ihnen angesetzten 140 Mio. geblieben. Sie sind schon vor Jahren zu den Behörden in Brandenburg gegangen und haben erklärt, dass sie erst 16, dann 6 Überschreitungen der 45 Dezibel pro Tag haben wollen, wenn man 0 haben wollte, war schon bekannt, dass es 700 Mio. kosten würde, ebenso wie der Standort waren also auch die Kosten bekannt.“
„Man muss auch unterscheiden, dass es eine sogenannte Kappungsgrenze gibt, wenn die Schallschutzmaßnahmen die notwendig sind 30% des Wertes des Grundstückes überschreiten, dann haben die Bewohner Anspruch auf das Geld und bekommen dieses ausgezahlt. Davon können diese ihre Häuser aber nicht so weit einrichten, dass sie den Schallschutzrichtlinien entsprechen, das hat auch die FDP so festgestellt. Die, die am Stärksten betroffen sind, haben also den schwächsten Schutz. Natürlich kann man auch kritisieren, dass viele Betroffen zwar das Geld nehmen aber nichts für den Schallschutz machen, aber gut muss man auch die Betroffenen sehen, gerade für die Älteren Bewohner ist das ein extremer Aufwand. Die Flughafengesellschaft trickst bis heute rum, es gibt viele alte Gebäude und wenn die entsprechende Genehmigung fehlt, wegen Kriegswirren sind viele Archive abgebrannt und demensprechend ist es fast unmöglich nachzuweisen, dass diese rechtmäßig gebaut worden sind und die Bewohner gehen leer aus.“
Vielen Dank für das Interview, Harald Moritz!