The Final Destination

71 Tage. So weit liegt unsere erste Projektmanagementvorlesung zurück. Aufgeregt, skeptisch, enthusiastisch, neugierig, optimistisch. Alle gingen mit gemischten Gefühlen in die erste Vorlesung von Professor Braun. Die Aufregung war groß. Auch nach rund 2 Monaten ist diese nicht kleiner geworden.

Mit großer Freunde stellen wir euch in diesem letzten Blogbeitrag unsere Ergebnisse vor, die wir im Rahmen unserer Gruppenarbeit erarbeitet haben.

Über die letzten Wochen beschäftigten wir uns intensiv mit dem Großprojekt Flughafen Berlin Brandenburg. Im Vordergrund stand dabei die Beeinflussung und der Einfluss der Stakeholder, wobei unser Fokus auf den Fluggesellschaften lag.

Um logische Schlussfolgerungen ziehen zu können, untersuchten wir zunächst ohne Einbeziehung der Fluggesellschaften, ob der Standort Berlin aus strategischer Sicht großes Potenzial hat, einen internationalen Flughafen zu besitzen.
Als Indikator zogen wir die Fluggastzahlen heran.

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“Konstruktion einer großen Verantwortungslosigkeit” – SPD und Linke im Vergleich

Leeres, gigantisches Flughafengelände

Im Rahmen unseres Projektes hatten wir die Chance das Gelände des Flughafens BER in Schönefeld zu besichtigen. Dabei fiel vor allem eines auf: Der leere, riesige Flughafen wirkt fast wie aus der Zeit gefallen. Ein gutes Beispiel dafür ist, dass auf den Computern auf dem Gelände noch immer das Betriebssystem Windows XP läuft. Selbst wenn morgen früh der erste Flieger starten würde, ist der Traum von einem modernen internationalen Luftkreuz in der Hauptstadt, auf dem neuesten Stand der Technik, das allen Ansprüchen genügt, längst geplatzt.
Jutta Matuschek von den Linken und Frank Zimmermann von der SPD, die beide im Untersuchungsausschuss des BER saßen und dementsprechend einen sehr guten Überblick über die Gesamtsituation haben, schilderten uns in Experteninterviews, wie es ihrer Meinung nach so weit kommen konnte.

Obwohl die Parteien in vielerlei Hinsicht recht ähnliche Ansichten vertreten, Frank Zimmermann die Arbeit des Untersuchungsausschusses gar mit „Konsens [in den wesentlichen Punkten]“ und „gute[r] Zusammenarbeit über die Parteigrenzen hinweg“ beschreibt, sieht Jutta Matuschek die Situation „kritischer“. Die große Koalition SPD/CDU habe beispielsweise wenig Interesse an der Aufklärung der enormen Kosten gehabt, weshalb Linke und Grüne noch ein Sondervotum abgaben, in dem ihre Interessen und Anliegen besser vertreten waren.

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Interview mit Sebastian Czaja, FDP

Der Tod einer jeden Baustelle ist das permanente Umändern und Umplanen“

Sebastian Czaja ist Generalsekretär der Berliner FDP und führte die FDP 2016 als Spitzenkandidat zurück in das Abgeordnetenhaus von Berlin. Dort ist er Vorsitzender der FDP-Fraktion. Wir hatten das Glück mit Ihm über Tegel, die Medien und Weiteres in und um den „Chaos-Flughafen“ zu reden. Hier die Zusammenfassung.

Czaja offenbart, in einem sehr informativen Gespräch, mehrere Problemzonen des BER: Sei es die 33,5 Millionen erwarteten Passagiere für einen Flughafen, der für 22 Millionen geplant war, der Masterplan für 2040, der bereits jetzt zu wenig Fluggäste einplant, die Bauarbeiten, die noch während des Betriebes fortlaufen werden oder aber der katastrophale Informationsfluss. Czaja erörtert: „Der Tod einer jeden Baustelle ist das permanente Umändern und Umplanen“. Was haben wir also gelernt? Bauprojekte soll man real und nicht klein rechnen und dass man in diesem Zusammenhang nicht auf eine Gleichgültigkeit der Bevölkerung setzen darf.
Hier ein Auszug über ein paar der wichtigsten bzw. interessantesten Fragen:

Wie soll die Zukunft von Tegel aussehen? Warum wollen sie, dass Tegel erhalten bleibt anstatt den BER zu vergrößern?

Ab 1.1. 2020 haben die Anwohner einen verbindlichen Rechtsanspruch auf Lärmschutz, dies kostet das Land mindestens 380 Mio. €.
Es wäre aber noch absurder Tegel zu schließen, man sollte stattdessen Tegel erhalten und damit die vorhandenen Kapazitäten halten, um den zukünftigen gerecht werden zu können.
Man geht davon aus, dass auf einen zwanzig jährigen Investitionszeitraum 1 Mrd. € anfallen, vergleicht man dies jedoch mit Frankfurt am Main, München etc. müssen diese mit deutlich höheren Ausgaben rechnen.

Die 1 Mrd. sind angerechnet auf den gesamten Flughafen.
Das Hauptterminal am BER ist baugleich zu dem des Terminal C (Billigflieger Terminal), deshalb wäre es sinnvoller, in die leistungsstarken Terminals A, B und D zu investieren. Die Kosten dafür belaufen sich wahrscheinlich auf 180 Mio.

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„Die Bereitschaft, etwas zu verändern, ist da.“

Harald Moritz ist ein Abgeordneter aus Treptow-Köpenick und gehört der Partei Bündnis 90/ Die Grünen an, hierbei ist er deren verkehrspolitischer Sprecher. Daher war er auch beim Untersuchungsausschuss beteiligt und legte dort seinen Schwerpunkt auf das Schallschutzprogramm.

In seinem Interview zeigte er vor allem personelle Fehlentscheidungen in den Besetzungen verschiedener Leitpositionen im Management des BER auf und erläuterte gegen Ende ausführlich das geplante Schallschutzprogramm für den Flughafen.

Zu Beginn gab es eine kurze Einführung, wobei Moritz vor allem auf personelle Mängel einging. Hierbei nahm er auch auf einzelne Gründe Bezug, die für die sich wiederholenden Verschiebungen des Eröffnungstermins, der momentanen Dauerbaustelle Berlins, verantwortlich sind. Dazu zählten unter anderem die Verträge der verschieden Firmen. Bis 2012 hatten die Firmen Siemens und Bosch noch Werkverträge, heute wird nach Stunden abgerechnet. Dadurch verdienen diese natürlich mehr wenn sie nicht fertig werden.

Die Vergabestrategie des BER war kleinteilig, was aus politischer Sicht durchaus Sinn ergibt, da man somit die kleinen und regionalen Unternehmen beschäftigt. Wirtschaftlich gesehen war diese Entscheidung jedoch fatal. Ständige Wechsel in den verschieden Führungspositionen führten zu Know-how Verlusten und diversen inneren Unruhen, die dem Projekt schadeten. Ein weiterer Punkt, den er aufführte, waren die politischen Machtkämpfe, für die das Projekt missbraucht wurde. Gerade diesen Punkt und die damit einhergehenden mangelnden wirtschaftlichen und fachlichen Interessen gegenüber den politischen Interessen, welche durch eine problematische Eigentümerstrategie verstärkt werden, benannte er als einen der Hauptkritikpunkte an der Dauerbaustelle der Hauptstadt.

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BER – „desperately needed“

Im Zuge unserer Untersuchung bzgl. des Einflusses der Stakeholder auf den BER, liegt unser Schwerpunkt auf dem Verhalten der Fluggesellschaften. Während der Arbeit kamen viele Fragen auf, deren Beantwortung sich im Rahmen einer Internetrecherche als schwierig erwies.

Erfreulicherweise stand am Freitag, den 15.06.2018, ein Interview mit dem Station Manager der Fluggesellschaft Air France KLM, Karl Marx, an.
Dieser begann bereits 1988 seine Karriere als Airport Agent in München. Rund 8 Jahre später wurde er Deputy Station Manager in Frankfurt. Im Laufe seiner weiteren Karriere, arbeitete er viele Jahre am Standort Berlin. Heute ist er als Station Manager verantwortlich für:
o  Sicherheitsmanagement Systeme
o  Qualitätsmanagement
o  Leistungsüberwachung
o  Digitalisierung und Self-Services
o  Neue Technologien und Prozesse
Da er durch seine Tätigkeit über sehr viel betriebsspezifisches Wissen verfügt, eignete er sich besonders gut für die Beantwortung unserer Fragen.
Abgesehen von den Managementtätigkeiten war er in drei Infrastrukturausschüssen an der Flughafenentwicklung beteiligt und kennt die internen Abläufe verschiedener Flughafenprojekte.
Herr Marx kam gut gelaunt in den Raum, begrüßte uns und stellte sich vor. Die Stimmung war sehr locker. Dann begann das Interview.
Warum Tegel geschlossen werden muss und Fluggesellschaften sich zum Thema BER generell eher zurückhaltend äußern erklärt er im folgenden Interview.[1]

Was macht einen potenziellen Flughafenstandort für eine Fluggesellschaft wichtig?

Ein Flughafen kann zwei Funktionen erfüllen: Er kann als ein lokaler Flughafen mit einem großen Einzugsgebiet fungieren. Dabei wird er nicht nur für Urlaubs-, sondern auch für Businessreisen genutzt. Damit verdienen wir als Air France das meiste Geld.
Außerdem kann er als Drehkreuz genutzt werden. Passagiere, die von andernorts kommen, verlassen den Flughafen nicht, sondern nehmen Anschlussflüge. Solche Drehkreuze sind Frankfurt und München für Lufthansa. Für uns sind es Paris und Amsterdam.
Punkt-zu-Punkt-Flüge erfordern mehr Logistik und Infrastruktur. Sie werden meistens von Billigairlines durchgeführt. Generell sind sie im Vergleich eher teuer. Wir können 400 Reiseziele anbieten. Billigairlines dagegen können dies normalerweise nicht.
Ein Drehkreuz ist sehr wichtig. Meiner Meinung nach wird Berlin aber nicht zum Drehkreuz.

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Der BER aus Sicht der Medien

Beiträge über das Scheitern des BER gibt es unzählige. Wäre es nicht einmal interessant das Thema BER nicht durch Medien, sondern aus der Perspektive der Journalisten zu erfahren?

Genau das wurde im Rahmen des Moduls Projektmanagement an der Freien Universität Berlin ermöglicht. Durch das Engagement des Juniorprofessors Herrn Dr. Timo Braun und sein Team gelang es etliche Experten rund um das Thema BER zu akquirieren. In enger Kooperation mit den Experten fanden Interviews statt, die einen Eindruck verschiedenster Stakeholder-Gruppen wiederspiegelten.

Als Vertreter der Medien befragten die Studenten, den seit 2018 leitenden Redakteur der Rubrik Immobilien in der Tageszeitung WELT, Michael Fabricius (M.F.). Eine Ausbildung an der Kölner Journalistenschule für Politik und Wirtschaft, ein Studium in Volkswirtschaftslehre und mehr als 20 Jahre Berufserfahrung prägen seine Kompetenzen und seine berufliche Laufbahn. Zudem wurde Lorenz Maroldt (L.M.), der seit 2004 Chefredakteur des Tagesspiegels ist, als Gast begrüßt. Er absolvierte ein Studium in Politikwissenschaften und konnte ebenfalls durch mehr als 20 Jahre Berufserfahrungserfahrung kompetentes Wissen im Bereich Journalismus vermitteln.

Der Auszug des Interviews der beiden Experten betont verschiedene Ansätze und Überlegungen hinsichtlich des BERs. Es wird ersichtlich, wie heterogen, an sich homogene Stakeholder, untereinander agieren.

 

Was sind Ihrer Meinung nach die Ursachen des Scheiterns des Großprojekts BER?

L.M.: Die Frage was ist eigentlich das Scheitern des Projekts kann man ja auch nochmal aufsplittern […]. Es gibt ja nicht nur schwarz oder weiß und Schuld oder Unschuld bei dem Ding. Der Kardinalfehler war glaube ich schon politisch verursacht: Die Ausschreibung zu stoppen und das Ding in kleine Lose zu verteilen. So fing der ganze Ärger an. […] Sowohl die Planer engagiert zu haben, die mit dem Ding überfordert waren, als auch die Planer rauszuschmeißen und ihnen die ganzen Unterlagen mitzugeben, hat natürlich auch das Projekt massiv zurückgeworfen. Natürlich wird das die Hauptursache für die ganzen Punkte sein, die jetzt abzuarbeiten sind. […]Das hat die Sache natürlich nach der geplatzten Eröffnung teilweise um Jahre zurückgeworfen. Diese Sachen zu rekonstruieren, wo liegen überhaupt hier alles Kabel und welche Kabel sind das? Da gibt‘s ja keine Unterlagen mehr darüber. So, das heißt also sowohl das Engagieren eines Planungsbüros, das überfordert war, als auch das einfach jetzt weg mit denen, das sind die Schuldigen, hat zu diesen Verzögerungen beigetragen. Ich würde mal tippen, kalkulieren: 1/3 Politik, 2/3 Planung. […]

Wobei die Schönheit des Flughafens ist schon auch ein wichtiges Thema. […]Da sind ganz ganz viele Sachen gemacht worden, weil man damals einen auf dicke Hose machen wollte. Also wir wollen den schönsten Flughafen haben. Dabei weiß jeder im Grunde genommen, bei einem Flughafen kommt es nicht darauf an, dass er schön ist, sondern dass er funktioniert. Ich möchte halt schnell durch die Sicherheitskontrolle und es nutzt mir nichts, wenn ich irgendwie ‘ne halbe oder ‘ne Stunde länger dastehe, dass die Wand schön angetüncht ist. Und dass ich keine Entrauchungsanlage sehe, weil sie irgendwie dreimal um die Ecke gedreht sich unter ‘ner Decke verbirgt. Also diesen Fehler wird man nicht noch einmal machen. Und überall weltweit sind Flughäfen nicht die schönsten Flughäfen, sondern es sind eben die effektivsten Flughäfen, die die besten sind. Das ist übrigens einer der großen politischen Fehler gewesen damals, dass man eben versucht hat einen Flughafen zu bauen, der schön sein soll.

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“Es wird nicht mehr schön in Schönefeld!”

Dieses Statement von Martin Delius beschreibt die Meinung des ehemaligen Vorsitzenden des Untersuchungsausschusses, zur Aufklärung der Kosten- und Terminüberschreitungen beim Bau des BER, ziemlich gut.

Martin Delius

Im Rahmen eines Interviews mit Martin Delius erläuterte er uns aus seiner Sicht, warum und wie aus dem Großprojekt BER der Pannenflughafen BER wurde. Dabei betonte Delius, dass er zur Zeit des Untersuchungsausschusses zwar Mitglied der Piratenpartei Deutschland war, inzwischen aber den Linken beigetreten sei.

 

Der Anfang vom Ende – war dieser vielleicht im Vorhinein schon abzusehen? Delius differenziert zwischen drei Komponenten, die den Verlauf des Projektes nachhaltig prägten: die Standortwahl, die Komplexität des Projektes sowie die Struktur der Flughafengesellschaft Berlin Brandenburg.

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Alfredo di Mauro: BER – das große Projekt mit viel Ärger (Teil II)

Reden ist Silber, Schweigen ist Gold?

Nicht treffender könnte die Lage am Flughafen BER durch den Dichter und Autoren Friedrich Löchner ausgedrückt werden; „Fast jede Kommunikation ist eine Kette von Mißverständnissen“.
Nur zu gerne ist der ehemalige Planer der Brandschutzanlage am BER, Alfredo di Mauro, mit unserer Studiengruppe am 28.05.2018 in Kontakt getreten, um Gehör zu bekommen, wo es ihm an anderer Stelle versagt wurde.
Beim Thema Technik steht vor allem eine Frage im Raum: wie konnte es nur zu all den Fehlern kommen? Ein zentraler Punkt war dabei die Kommunikation – mit eines der Einflussfaktoren für ein erfolgreiches Großprojekt.
Der Informations- und Kommunikationsfluss auf der Baustelle wird dabei vor allem durch den Projektsteurer beeinflusst, der das Vorgehen organisiert und Teams bildet, um bestimmte Anliegen zu diskutieren. Hierbei hätte man mehr auf die Stimmen zwischen den Hierarchieebenen hören müssen, um Fehler frühzeitig zu erkennen. Denn laut Alfredo die Mauro „brauche nicht jeder auf der Baustelle einen Doktortitel“ zu haben, um wichtige Erkenntnisse zu liefern und Gefahren zu erkennen und weiterzuleiten. Jedoch empfand der technische Planer die Kommunikation sehr einseitig, vor allem von oben herab statt auch Mitarbeitern zuzuhören, die direkt an der Praxis des Bauens beteiligt sind.
Weiterhin kritisiert di Mauro, dass Großprojekte von Fachleuten geplant und organisiert werden sollen. Im Flughafenmanagement waren und seien zu viele Leute, die „keine Ahnung haben vom Bauen“. Daraus folgernd wurden Entscheidungen getroffen, die die Einhaltung von Terminen unmöglich machten, Prozesse verlangsamten und veränderten. Es gab viele Entscheidungsträger, die primär ihre eigenen Interessen verfolgen statt der schnellen Fertigstellung des Flughafens. Vorzufinden sei ein „politisches Kräftemessen“, jeder sei beeinflusst von Meinungen von innen und außen, sodass auf der eigenen Baustelle nicht einmal mehr zusammengehalten wurde.
Hinzuzufügen zum Flughafenmanagement sei, dass der ständige personelle Wechsel fatal sei für die stetige flüssige und transparente Kommunikation auf der Baustelle. Ein kontraproduktiver Faktor sei da auch die Dokumentenvernichtung gewesen, die der Fast-Ingenieur selbst mitbekommen habe. Dabei wurden Unterlagen aufgrund von Platzgründen vernichtet – so hieß es in einem Auszug aus dem E-mailverkehr zwischen Herrn di Mauro und der Flughafenverwaltung.
Fraglich sei auch die Verteilung von Verantwortung an der Berliner Landesgrenze. Gerne wurden sowohl auf dem Flughafenboden sowie in den Medien Aussagen so gedreht und gewendet, sodass anderen Personen die Schuld zugesprochen wurde, um selbst seine Position unbefleckt beibehalten zu können.
Jedoch sollte es laut Alfredo di Mauro um Sachlichkeit gehen und alle ein gemeinsames Ziel vor Augen haben: das erfolgreiche Abschließen des Megaprojektes Flughafen BER. Die unzureichende, wenn nicht sogar fehlende Kommunikation zwischen relevanten Gruppen kommt dem Projekt jedenfalls nicht zu Gute.

Verfasst von: Teilgruppe 02a – Technische Fehler und Stakeholdereinfluss

Air France-KLM: Stellung zum BER, Rolle im Planungsprozess und Auswirkungen der Verschiebungen (Teil II)

Das Projekt Flughafen BER wird heute überwiegend kritisch betrachtet. Verschiedenste Anspruchsgruppen wie Bürgerinitiativen und Lokalpolitiker äußern sich öffentlich negativ, Journalisten tragen durch ihre Berichterstattung zur Positionierung der unterschiedlichen Stakeholder und nicht zuletzt zu einer Beeinflussung der öffentlichen Meinung bei. Auffällig ist jedoch, dass sich die Fluggesellschaften in ihren öffentlichen Aussagen überwiegend bedeckt halten und eine klare Positionierung vermeiden. Wie stehen die verschiedenen Airlines zum Standort Berlin und zum BER?

Wir hatten die Möglichkeit im Interview mit Klaus Marx, dem Regional Station Manager Germany der Air France-KLM, mehr über die Einbindung von Fluggesellschaften in Planungsprozesse beim Großprojekt BER zu erfahren. Ebenso ging Herr Marx auf die aktuelle Situation des Flughafenstandorts Berlin und die Bedeutung dessen für Air France-KLM ein. Im Folgenden werden Ausschnitte des Interviews veröffentlicht, die sich vor allem konkret auf Air France-KLM als Holding Air beziehen. Über die genaue Einschätzung von Herrn Marx hinsichtlich der Flughafensituation in Berlin wird im Blogbeitrag der anderen Projektgruppe „Fluggesellschaften“ informiert.

Klaus Marx ist seit 1988 für Air France-KLM tätig und heute als Regional Station Manager für die Sicherstellung betrieblicher Abläufe über Sicherheitsmanagementsysteme, Performance Monitoring und Qualitätsmanagement verantwortlich.

Bereits im Voraus des Interviews stellte Herr Marx die Wichtigkeit der Kundenorientierung für Air France-KLM heraus. So arbeitet die Holding Air an neuen Technologien, um Passagiere besser zu informieren, den Check-In-Prozess zu erleichtern und die „Airport Experience“ für Reisende möglichst komfortabel zu gestalten. Der BER entspreche nicht wirklich den Anforderungen Air France-KLMs an einen modernen Flughafen, so gibt es aktuell keine Vorrichtungen für einen Check-In mit Mobilgeräten. Generell seien Self-Service Infrastrukturen am BER unterrepräsentiert. 

Schöne Check-In Schalter, allerdings noch keine Möglichkeiten zum komfortablen Self Check-in. (eigene Bildquellen)

Dementsprechend gering sei auch das bisherige Commitment. Herr Marx stellte klar, dass Air France-KLM, wie fast alle Fluggesellschaften außer Lufthansa und früher Air Berlin, bisher kaum in Planungsprozesse einbezogen worden sei. Dennoch werde der BER dringend gebraucht, da Berlin-Tegel nicht mehr fähig ist, sich dem aktuellen Flugverkehr entsprechend anzupassen und kein Potential für weiteres Wachstum besteht.

 

 

 

Herr Marx, Sie sagten bereits, dass der BER Ihren Bedürfnissen als Airline nicht wirklich entspricht und sie auch in Planungsprozesse am BER als Fluggesellschaft kaum eingebunden werden. Welche negativen Auswirkungen sind für Ihr Unternehmen durch die Verzögerungen und auch durch den medialen Diskurs entstanden?

Die negativen Auswirkungen, die wir jeden Tag erleben, sind das „Tegel-Erlebnis“. Für manch einen Passagier mag die kurze Distanz praktisch sein. Man ist nah an der Stadt, das ist sehr komfortabel.

Jedoch ist das Erlebnis des jeweiligen Fluggasts abhängig vom benutzten Terminal. Unsere Terminals variieren, da es auch Verschiebungen (Anmerkung: zu anderen Terminals) geben kann.  Dort findet man teils Infrastrukturen und Einrichtungen vor, welche nicht dem entsprechen, was man von einem Hauptstadtflughafen erwartet.

Wenn man bei Regen durch den Flughafen Tegel läuft und es in das Gebäude hineinregnet, man das Flughafengelände ablaufen muss, um zum Gepäckbereich zu gelangen… das ist ein negatives Erlebnis für die Flugreisenden. Zudem ist es aufgrund der hohen Fluggastzahlen in Berlin-Tegel für alle dort Arbeitenden schwer, den Flughafen „am Laufen“ zu halten. Wir haben also bisher nicht so viel Schaden durch die Nicht-Eröffnung des BER erfahren, viel eher durch die negative Erlebnisse der Passagiere am Flughafen Berlin-Tegel.

Sie erwähnten, dass Berlin als Standort sehr wichtig ist und, dass der BER in Zukunft dementsprechend wichtig sein wird. Wir fragen uns, warum die Airlines im Allgemeinen so widerwillig eine Stellung in Bezug auf den BER beziehen. Keine Airline äußert: „Ja wir wollen ihn, wir sind glücklich, dass er eröffnet wird…“

Wir äußern das durchaus. Wahrscheinlich nicht öffentlich gegenüber der Presse, aber wir haben für die deutschen Airlines den BDF (Bundesverband für Deutsche Fluggesellschaften) und den BARIG (Board of Airline Representatives in Germany), wo wir als Gruppe den BER unterstützen. Die Positionierung zum BER ist aber eine sehr empfindliche Angelegenheit. […] Wir wollen nicht zu den politischen Spannungen beitragen, die wir bereits haben. Deshalb arbeiten wir sehr wenig profiliert, aber auf einer intensiven und konstruktiven Basis.

Glauben Sie nicht, dass es dem Projekt helfen würde, wenn die Airlines eine stärkere, sogar öffentliche Stellung bezüglich des Flughafens BER beziehen würden? Oder sich stärker an Planungsprozessen beteiligen würden?

Ich glaube – und das ist ziemlich traurig- es wird nicht helfen. Es wird den Prozess nicht beschleunigen, weil das, was da seit so vielen Jahren vor sich geht, seine benötigte Zeit braucht.

Sind für Air France-KLM durch den BER große Kosten entstanden, also nicht nur indirekte Kosten, Sie haben uns von den Unannehmlichkeiten für die Kunden in Berlin-Tegel berichtet, aber irgendwelche direkten Kosten?

Nein, wir hatten Glück, dass wir nur Informationstechnik installiert hatten und für eine Weile bezahlt haben, als wir dachten er (Anmerkung: der Flughafen BER) würde ein paar Monate später eröffnen. Im Übrigen wollten wir unsere Infrastrukturen in Berlin-Tegel abbauen, um diese dann am BER aufzubauen. Aber da dies (Anmerkung: die rechtzeitige Eröffnung) nicht stattgefunden hat, sind wir nicht umgezogen und hatten deshalb eigentlich keine Kosten.

Andere Fluggesellschaften hatten dagegen deutlich höhere Kosten, weil sie bereits am BER in Infrastrukturen investiert hatten oder auch Büroräume außerhalb des Flughafens gemietet hatten. Während ein nicht eröffneter Flughafen keine Nutzungsgebühren verlangen kann, können dies normale Bürogebäude in Flughafennähe, bei unterzeichnetem Vertrag, selbstverständlich.

Gab es durch die Pleite Air Berlins irgendwelche positiven Auswirkungen für Air France-KLM, zum Beispiel freigewordene Kapazitäten?

 Wir hatten mehr Passagiere, aber keine zusätzlichen, ungenutzten Flugzeuge verfügbar, welche wir für Berlin-Tegel hätten nutzen können. Deshalb mussten wir mit unseren normalen Kapazitäten weiterarbeiten und haben lediglich unsere Auslastung ein wenig verbessert. Die war allerdings bereits vorher sehr hoch.

Kann demnach durch den Konkurs Air Berlins ein größerer Vorteil für Air France-KLM realisiert werden?

Wir haben sicherlich mehr Raum für Wachstum. Der gesamte Flughafen wurde jedoch für eine Fluggesellschaft wie Air Berlin gebaut, welche dort ihre Heimatbasis hat und diesen als Hub betreibt.

Heute sind die einzigen Fluggesellschaften, die eine Art Basis hier in Berlin haben, die Billig-Airlines.

Sie hatten bereits den BARIG erwähnt. Wie steht es um seinen Einfluss auf Projekte wie den BER? Ist es ihm möglich dort eingebunden zu werden?

Ja, der Einfluss des BARIG ist sogar größer als der der einzelnen Fluggesellschaften. Es handelt sich dabei um einen Interessenverband, welcher die Interessen seiner Mitglieder bündelt und diese gegenüber Politikern vertritt. […] So werden an vielen Flughäfen die Gebühren für die Nutzung mit dem BARIG und dem BDF verhandelt. Wenn man im Namen von 100 Fluggesellschaften spricht, ist gibt es einem eine deutlich größere bei Verhandlungsmacht. Deshalb ist es sehr hilfreich, ich würde sogar meinen absolut notwendig, um gehört zu werden.

Glauben Sie, dass die Verspätungen und die schlechte Gesamtsituation hätten verhindert werden können, wenn die Fluggesellschaften von Anfang an beteiligt worden wären? Und nicht nur Lufthansa und Air Berlin?

Vielleicht, da man früher hätte darauf aufmerksam machen können, was schieflief. Fluggesellschaften haben jedoch auch unterschiedliche Anforderungen an den BER, von daher lässt sich das nicht so pauschal sagen. Dadurch, dass die Planung nicht an einen Generalunternehmer übergeben wurde, lagen die Verantwortlichkeiten bei einer Vielzahl von Unternehmen. Selbst wenn die einzelnen beteiligten Unternehmen alles richtig geplant und durchgeführt hätten, so fehlte es doch an einer integrierenden, koordinierenden Abteilung.

Eine abschließende Frage: Könnten sie beschreiben, wie sich das Kundenerlebnis von Air France-KLM-Kunden am Standort Berlin in fünf bis zehn Jahren gestaltet?

Das hängt vom Passagier ab. Jeder Berliner, so scheint es zumindest, liebt Tegel. Andere Passagiere sagen, das habe ich selbst gehört, sagen: „Oh schau dir das an, ist das wirklich Berlin?!“ Nein wirklich, man erwartet nicht ein Flughafen wie Tegel für Berlin.

Wenn man noch nicht in Deutschland war, erwartet man Hochgeschwindigkeitszüge und schöne Bauten. Die Verbindungen von Tegel aus in die Stadt sind entweder per Taxi, per Bus oder zu Fuß. Das ist etwas, was man von kleinen Flughäfen in kleineren Städten erwartet. Es erfüllt einfach nicht die Erwartungen.

Also stellt der BER eine Chance für Berlin da.
Ja. Und er ist nicht nur eine Chance. Er ist verzweifelt gebraucht.

Flughafen BER: verzweifelt gebraucht, aber noch (lange) nicht fertiggestellt. (eigene Bildquellen)

 

 

 

 

 

 

 

Vielen Dank an Klaus Marx für das gegebene Interview, ebenso an Dr. Joris Ebbers für die Organisation. Das Interview wurde in Englisch geführt und für diesen Blogbeitrag übersetzt verschriftlicht.

Die wirtschaftliche Bedeutung des Flughafens BER für die Luftfahrtindustrie (Teil I)

Der Flughafen Berlin Brandenburg (BER) sollte für die Politik der Länder Berlin und Brandenburg ein Prestigeprojekt werden – ein Flughafen, der deutschlandweit einzigartig ist. So wurde der BER auch als „der modernste Flughafen Europas“ beworben. Heute ist diesem Projekt jedoch durch die massiven technischen wie baulichen Mängel sowie den daraus resultierenden mehrmaligen Verschiebungen des Eröffnungstermins kein Prestige mehr beizumessen. Fraglich bleibt jedoch zunächst, wie die neben den Ländern wichtigen Stakeholder, die Fluggesellschaften, zum Standort Berlin und zum künftigen Flughafen BER stehen. Bis dato zeigte sich der BER für die Manager des Flughafens und beteiligte Politiker gleichermaßen als Aufgabe an der man sich gehörig „die Finger verbrennen kann“, wie bereits einige prominente Beispiele gezeigt haben. Anzuführen sind hier insbesondere der ehemalige Deutsche Bahn AG-Vorstand Hartmut Mehdorn sowie ein Architekt des BER, Meinhard von Gerkan.

Hartmut Mehdorn – ehemaliger Vorsitzender der Geschäftsführung des BER

Insofern verwundert es nicht, dass sich die Fluggesellschaften aufgrund der anhaltenden Unsicherheit nicht eindeutig öffentlich Stellung pro BER beziehen, sondern sich eher bedeckt halten. Außer der mittlerweile insolventen Fluggesellschaft Air Berlin positionierte sich keine Fluggesellschaft klar zum BER. Vielmehr wurde der Flughafen Berlin-Tegel öffentlich unterstützt. Dies zeigt sich unter anderem am Engagement Ryanairs beim Volksentscheid über die Offenhaltung, den Investitionen easyJets in Berlin-Tegel und nicht zuletzt durch eine Aussage des Lufthansa Vorstands Thorsten Dirks: „Meine Prognose ist: Das Ding wird abgerissen und neu gebaut.
Ryanair hatte im Zuge der Volksabstimmung zum Verbleib des Flughafens Tegel am 24.09.2017 eine Kampagne mit der FDP gestartet und für Plakate 30.000€ bereitgestellt. Ryanair fliegt seit Juni 2018 neben Berlin Schönefeld auch vom Flughafen Tegel. Ebenso macht sich easyJet durch Investments in die Übernahme von Maschinen, Personal und Slots von Air Berlin weiter stark in Tegel. Das Unternehmen betont, dass Berlin-Tegel der zweitgrößte Standort von easyJet werden soll.

Flughafen Berlin Tegel

Die größten Fluggesellschaften des Luftfahrtstandorts Berlin sind die Lufthansa (inkl. der Tochterunternehmen Germanwings und Eurowings), Condor, Ryanair und easyJet. Bis zur Insolvenz Ende des Jahres 2017 zählte auch Air Berlin dazu.
Doch welche Bedeutung hat der Standort Berlin und künftig der BER für die deutsche Luftfahrt? Betrachten wir zunächst die Fluggastzahlen für Deutschland und seine größten Flughäfen. Im Jahre 2016 wurden in Deutschland 223 Millionen Fluggäste befördert. Die nach Fluggastzahlen größten Flughäfen Deutschlands sind absteigend der Flughafen Frankfurt mit 60,7 Mio. Passagieren, der Flughafen München mit 42,2 Mio. Passagieren und, bei gemeinsamer Betrachtung von Berlin-Tegel und Berlin Schönefeld, die Berliner Flughäfen mit 33,3 Mio. Flugreisenden. Der Flughafenstandort Berlin fertigt somit knapp 15% des gesamten deutschen Passagieraufkommens ab. Für eine Beurteilung des Potenzials ist ebenso das Wachstum der Fluggastzahlen in Berlin bedeutend. Im Vergleich zum Vorjahr sind die Zahlen 2015 um 5,54 Prozent gestiegen, 2016 um 11,43 Prozent und 2017 nochmals um 1,27 Prozent. Prognosen gehen von einer Steigerung der jährlichen Fluggastzahlen auf 47 Mio. in Berlin bis 2030 aus.
Insofern weist der Standort Berlin für die Fluggesellschaften strategisch wichtige Wachstumschancen auf, die es in einem eng umkämpften Markt zu nutzen gilt. Insbesondere das stark wachsende Geschäft der Low-Cost-Carrier, allen voran Ryanair und easyJet, dürfte von weiteren Kapazitäten am BER profitieren. Die Schließung des Flughafens Tegel scheint trotz des Volksentscheids, bei dem sich die Mehrheit der Berlinerinnen und Berliner sich für eine Offenhaltung ausgesprochen haben, bereits beschlossene Sache zu sein und es ist von einem einzigen „Hauptstadtflughafen“ auszugehen. Wann, und überhaupt ob, dies der BER sein wird? Das wird die Zukunft zeigen.

Ankunft des letzten Air Berlin Fluges in Berlin-Tegel

Zur weiteren Beurteilung des BER aus der Perspektive von Fluggesellschaften haben wir ein Interview mit Klaus Marx, dem Regional Station Manager Germany von Air France-KLM, geführt. Mehr dazu, wie er den Status Quo der Berliner Flughäfen, den BER und insbesondere die Einbindung von Airlines in Planungsprozesse einschätzt, könnt ihr in den kommenden Blogbeiträgen zum Interview lesen!

Tags: Air Berlin, easyJet, Lufthansa, Condor, Tegel, Ryanair, BER