von Anneke Kirsch und Hannah Fröhler
“The People in this country (USA) who are the most subject to violence – state violence, institutional violence but also individual violence – would probably be Trans Women of Color. Often times, when we are in institutions such as universities, we are taught to isolate and analyze and we forget, that when we engage in these processes of isolating a concept for the purpose of understanding it, we forget, that this is not how the real world works. We assume that what is in our head is out constituting social reality, but social reality is very messy. As someone who has been a teacher at the university level for many years, training PhD candidates, i can tell you that the hardest thing to teach is the difference between the tools that we use to learn how to understand the world and the way the world exists in its craziness and messiness. The social world always exceeds to fully comprehend it” (Angela Davis 2018: Min. 40, Sek. 40).
Von einem wissenschaftlichen Beitrag, der sich mit einem Konzept, einem Begriff oder einer Theorie beschäftigt, werden bestimmte Inhalte erwartet: Definition, Begriffserklärung, Einordnung in den Forschungsstand, wissenschaftliches Vokabular etc. Wer diese Normen nicht erfüllt, wird es schwer haben im wissenschaftlichen Diskurs Gehör – überhaupt statt – zu finden. Wissenschaftliche Methoden sind Voraussetzung und Kernbestandteil des wissenschaftlichen Arbeitens, weil sie Wissenschaft in der ausdifferenzierten Gesellschaft legitimieren und von beispielsweise Religion oder Wirtschaft unterscheiden; die andere Seite dieser Medaille ist jedoch, dass das Wissen um entsprechende Methoden und die Fähigkeit sie anzuwenden, eine sogenannte gatekeeping-Funktion erfüllt. Das heißt, dadurch wird Menschen, die unsere Gesellschaft rassistisch, klassistisch, sexistisch, queerfeindlich, ableistisch strukturell diskriminiert, der Zugang zur Wissensproduktion erschwert oder verweigert.
Deshalb wollen wir an dieser Stelle etwas von Menschen lernen, die nicht in peer-reviewten Fachzeitschriften publizieren.
2018 waren von etwa 47.900 Professor*innen in Deutschland 11.904 Frauen* (Statistisches Bundesamt 2019). Wie viele davon BIWoC, queere Menschen oder Menschen mit Behinderung sind, wird nicht erhoben – zu vermuten ist jedoch, dass sie vom Frauen*anteil nur ein Bruchteil sind. Daran wird deutlich, dass Menschen, die von mehreren Diskriminierungsformen betroffen sind, im wissenschaftlichen Diskurs in Deutschland unterrepräsentiert sind. Intersektionalität erkennt jedoch darüber hinaus an, dass beispielsweise Schwarze Transfrauen nicht nur mehr Diskriminierung erfahren, sondern auch, dass diese intersektionale Diskriminierungserfahrung nur in ihrer Verschränktheit verstanden werden kann.
Deshalb können wir etwas von Menschen lernen, die selbst von dieser Erfahrung berichten.
“Weiße Körper als normal und andere als markiert zu verstehen ist genauso unreflektiert wie die Gattung Mensch mit dem Geschlecht Mann gleichzusetzen. Deshalb gehört zu jeder Analyse von Intersektionalität auch eine Kritik von falschen Universalismen wie Androzentrismus, Heteronormativität oder unmarkiertem Weißsein/Okzidentalität” (Dietze 2014: 17).
Und zuletzt sind wir in der Verantwortung, die Privilegien unserer Sprechposition kritisch zu reflektieren und zu nutzen. Die Autorinnen dieses Blogbeitrags sind weiße Cis-Frauen, die sich ein Studium leisten können – diese Merkmale haben etwas damit zu tun, dass wir an einem Seminar zu Gender und Gewalt (in dessen Rahmen dieser Beitrag entsteht) teilnehmen, dass wir wissenschaftliche Codes beherrschen, denen auch in diesem Beitrag gefolgt wurde, und den Raum haben, innerhalb dieses Blogbeitrags Gehör zu finden.
Deshalb wollen wir diesen Raum teilen.
Triggerwarnung: Manche Inhalte der Collage beschäftigen sich explizit mit Gewalt.
Hier (https://intersektionalitaetundgewalt.tumblr.com) findet sich eine Collage der Beiträge, die im Seminar gesammelt wurden. Die Collage soll während des Kurses sowie danach weiter ergänzt werden.
Literatur
Davis, Angela 2018: A Conversation on Race and Privilege with Angela Davis and Jane Elliott, Podiumsdiskussion der University of Houston, Graduate College of Social Work; online verfügbar unter: https://www.youtube.com/watch?v=S0jf8D5WHoo.
Dietze, Gabriele 2014: Race, Gender und Whiteness. Einige Überlegungen zu Intersektionalität, in: Zeitschrift für Geschlechterforschung und Visuelle Kultur 56: 9-19.
Statistisches Bundesamt 2019: 1,3 % mehr wissenschaftliches Hochschulpersonal im Jahr 2018, Pressemitteilung Nr. 256; online verfügbar unter: https://www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/2019/07/PD19_256_213.html.