Kollaboratives Schreiben – Ein abschließendes Experiment
***ACHTUNG: Beginn 8:30! Bitte Rechner mitbringen wenn möglich!***
Wir haben in diesem Seminar viele verschiedene Perspektiven kennen gelernt. Dabei konnten nicht immer alle Fragen geklärt werden – das gehört auch dazu. Dennoch haben, glaube ich, alle
wesentliche Erkenntnisse gewonnen. Diese in einen Zusammenhang zu stellen, soll das Ziel der abschließenden Sitzung sein. Dazu werden wir auf die Technik des Schreibens, insbesondere des kollaborativen Schreibens zurückgreifen. Ziel soll es sein, zu jedem der fünf Blocks einen Text zu schreiben, der als eine Art Einleitung bzw. Zusammenfassung dienen kann. Der Text sollte folgende Fragen beantworten:
- Was waren die verbindenden Themen des Blocks? Was konnte dazu gesagt werden?
- Worin lagen wesentliche Unterschiede in den Perspektiven und Standpunkten der Autoren?
- Was lässt sich aus diesem Block in besonderer Weise mitnehmen? Was bringt er für das Verständnis unterschiedlicher Menschenbilder?
Ihr werdet in fünf Gruppen arbeiten, die jeweils einen der Textes gemeinsam schreiben sollen:
- Das neue Menschenbild der Moderne
- Vom Menschenbild zur Gesellschaft
- Der freie Mensch
- Kritik der Moderne
- Neue Perspektiven?
Jede/r kann sich aussuchen, an welchem Thema sie arbeiten will, aber ihr solltet Euch bitte, durch das Lesen der Blogbeiträge und eurer Notizen zum jeweiligen Block auf die Sitzung vorbereiten. Ich bitte außerdem darum, dass möglichst viele von euch, einen Rechner mitbringen (nur wenn ihr einen Mobilen habt natürlich), denn wir werden in Google Docs arbeiten. Dabei werden sich Schreibphasen, Diskussionsphasen und Überarbeitungsphasen abwechseln. Nach der Sitzung werde ich aus diesen gemeinsam erstellten Texten und den Blogbeiträgen einen Seminarreader erstellen und euch zur Verfügung stellen.
Außerdem sollen – wir treffen uns ja schon um 8:30! – auch die Seminarauswertung und die Fragen zu den H ausarbeiten nicht zu kurz kommen. Hier schon einmal die Ergebnisse der offiziellen Seminarauswertung:
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Und so wird das Ganze zeitlich ablaufen:
8:30-9:00 Fragen zu den Hausarbeiten
9:15-9:30 Gruppenbesprechungsphase
9:30-10:00 Schreibphase
10:00-10:15 Zusammentragen der Textentwürfe
10:15-11:00 Gruppenbesprechungsphase und Finalisierung des Textes
11:10-11:45 Seminarauswertung und Besprechung der Auswertungsergebnisse
Frantz Fanon – Gewalt als Ausweg aus der kolonialen Abhängigkeit?
Innerhalb der letzten Sitzung haben wir uns zum Abschluss des ‚Neue Perspektiven‘-Blocks haben wir uns mit Frantz Fanon auseinandergesetzt. Im Fokus stand dabei Fanons Werk ‚Schwarze Haut, weiße Masken‘, welches im Jahr 1952 veröffentlicht wurde.
Fanon befasst sich innerhalb des behandelten Werkes mit den Folgen des Kolonialismus. Er tut dies, indem er, ausgehend von seinen eigenen Erfahrungen, die Folgen der französischen Besetzung Martiniques (Fanons Heimat) auf die Schwarze Bevölkerung diskutiert. Ganz konkret befasst er sich dabei mit der Entfremdung des Schwarzen Menschen und diskutiert dabei sowohl die Bedeutung der Zeitlichkeit, als auch vermeintliche Lösungsvorschläge um dem Problem entgegenzutreten.
Der Kern dessen, was Fanon als das ‚schwarze Problem‘ bezeichnet, besteht darin, dass die schwarze Bevölkerung kolonialisierter Regionen durch die Unterdrückung und Herrschaft der weißen Kolonialmächte als minderwertig determiniert wird und sich als ebendies wahrzunehmen beginnt. Daraus resultiert laut Fanon, dass die Schwarzen sich nach Anerkennung und Wertschätzung von Seiten ihrer Besetzer sehnen und deswegen versuchen, sich ihnen auf unterschiedlichsten Wegen anzugleichen.
Wird heute über Fanon gesprochen und diskutiert, spielt dabei auch die Gewalt und Fanons Einstellung zu eben dieser eine essentielle Rolle. Eine Thematik, welche auch in unserer Sitzung aufgekommen ist und deshalb hier noch einmal genauer betrachtet werden soll.
Gewalt spielt in Fanons Vorschlag zum Ausweg aus der Unterdrückung und Entfremdung der Schwarzen eine zentrale Rolle. Grundlegend dafür ist Fanons Ansicht, dass ein Gros der Gewalt zwischen Kolonialisten und Kolonialisierten durch erstgenannte ausgeht. Als Gewalt definiert Fanon dabei zum einen strukturelle Gewalt (durch Gesetze und Regeln festgeschrieben), zum anderen aber auch explizit physisch ausgeübte Gewalt, welche von Seiten der Kolonialmächte genutzt wird um ihre Macht zu erlangen und später zu erhalten. Fanon kritisiert diese Gewalt zwar einerseits, erklärt allerdings auch, dass sie aus Sicht der Kolonialisierten der einzige Weg ist, um sich zu befreien. So schreibt er in ‚Schwarze Haut, weiße Masken‘ unter anderem, dass bloßes Appellieren an Vernunft und Menschlichkeit nichts bewirken wird und der Kampf vor allem für die schwarzen Arbeiter auf Plantagen der einzige Ausweg ist. In seinem zweiten großen Werk, ‚Die Verdammten dieser Erde‘, geht Fanon sogar noch weiter und erklärt Gewalt nicht nur zu einem Ausweg aus der kolonialen Unterdrückung, sondern auch zu einem Mittel, um die gefühlte Minderwertigkeit der Kolonialisierten zu bewältigen. Er präsentiert den Aufstand und gewalttätigen Protest als Wege für die Subjekte der Kolonialverhältnisse um sich den Objekten wieder ebenbürtig zu fühlen, ohne sich ihnen anzugleichen. Trotz allem Potenzial, welches Fanon Gewalt zuschreibt, ist er sich auch über deren negative Effekte durchaus im Klaren. Sowohl die negativen physischen, als auch die psychischen Folgen von Gewalt sind ihm bewusst, weshalb er beispielsweise Gewaltanwendung ohne Ziel verurteilt.
In unserer Sitzung haben wir folglich auch ausgearbeitet, dass Gewalt für Fanon keinesfalls ausreicht, um sich aus der physischen und psychischen Unterdrückung des Kolonialismus und dem daraus entstandenen System zu befreien. So fordert Fanon die Menschen eindringlich zu einem Umdenken auf und fordert die Abschaffung von Hautfarben-bezogener Kategorisierung. Statt zwischen Weißen und Schwarzen zu unterscheiden, fordert Fanon dazu auf einzelne Individuen schlichtweg als Mensch anzusehen.
Fanons eindringlichster Appell an die Leser seiner Arbeit ist jedoch, dass sie hinterfragen sollen und nicht auf Grundlage von bereits Geschehenem und der Vergangenheit handeln sollen. Fanon fordert dazu auf darüber nachzudenken wie die Zukunft gestaltet werden kann, anstelle sich mit Konzepten wie Rache oder Vergeltung zu beschäftigen. Er hält es für essentiell, dass die Menschen sich selber und ihr Handeln kritisch und rational hinterfragen.
Weiterführende Literatur
Fanon, Frantz (1981). Die Verdammten dieser Erde. Frankfurt. Suhrkamp Verlag.
Fashina, O. (1989). Frantz Fanon and the Ethical Justification of Anti-Colonial Violence. Social Theory and Practice, 15(2), 179-212.
Terminänderung Nachholsitzung
Ich bin leider ziemlich krank, deshalb gibt es folgende Plannänderung:
Wir treffen uns am 2.2. um 10:00 (nicht 8:30) um Frantz Fanon zu besprechen. Die Nachholsitzung wird stattdessen am 16.2. um 8:30 stattfinden. Nähere Details folgen. Bitte sagt allen Bescheid, die Ihr aus dem Seminar kennt, damit keiner umsonst auftaucht. Danke!
Donna Haraway und die Grundlagen des Cyberfeminismus
Im Zentrum dieser Seminarstunde stand Haraways „Cyborg Manifesto“, das sowohl Kultstatus besitzt als auch die feministische Theorie maßgeblich beeinflusste. Am Beispiel der fortscheitenden Technologisierung beschreibt Haraway darin ihre Utopie einer postmodernen Gesellschaft und fordert das Aufbrechen gängiger Denkkategorien. Letztlich „[seien] Gender-, Rassen- oder Klassenbewusstsein Errungenschaften, die uns aufgrund der schrecklichen historischen Erfahrung der widersprüchlichen, gesellschaftlichen Wirklichkeiten von Patriarchat, Kolonialismus und Kapitalismus aufgezwungen wurden“ (Haraway 1995: 41). Diese Kategorien reproduzieren sich selbst und müssten durch das Verwischen von Grenzen relativiert werden.
Sie entwirft das Bild vom Menschen als Cyborg, ein von Kategorien losgelöstes Wesen, das eine Alternative zum westlichen Denken in Dualismen repräsentiert. Besonders hebt sie hierbei den Genderaspekt vor: Ihr Ansicht nach gibt es keine natürliche Gemeinsamkeit zwischen Menschen einer Geschlechterkategorie und somit auch eine Grundlage für Gender als Identitätsmerkmal (vgl. Haraway 1995: 41). Dabei geht es ihr weniger darum Geschlechterkategorien abzuschaffen, als sie vielmehr irrelevant zu machen.
Sie begründet ihre Cyborg-Metapher, indem sie auf bereits verwischte Grenzen verweist. So habe sich die grundsätzliche Trennung von Mensch und Tier durch die Evolutionstheorie und moderne wissenschaftliche Erkenntnisse aufgelöst. Auch die Grenze zwischen dem Körper (Organismus) und die von ihm verwendeten Werkzeuge (Maschinen) verwische zunehmend, ebenso wie die Unterscheidung zwischen Physischem und Nicht-Physischem (vgl. Haraway 1995: 36-38). All das rechtfertige, den Menschen als Cyborg zu denken.
Offen bleibt wie genau sie diesen „ironische[n] Traum einer gemeinsamen
Sprache“ (Haraway 1995: 33) Realität werden lassen möchte. Trotzdem
(oder gerade deswegen) bietet dieser provokante Text bis heute Anlass zu
interessanten Debatten.
Hier das Ergebnis der Gruppenarbeit zu den Fragen (im Uhrzeigersinn oben rechts beginnend): Wie begründet Haraway die Behauptung Menschen seien nun Cyborgs? Wie begründet Haraway den Satz „Eins ist zu wenig, zwei sind zu viel“? Warum nutzt Haraway den Cyborg als Metapher? Welche Kritik übt Haraway am Westen?
Zitiert nach:
Haraway, Donna (1995): Die Neuerfindung der Natur. Primaten, Cyborgs
und Frauen. Frankfurt am Main/New York: Campus Verlag GmbH
Weiterführende Literatur:
Ashby, W. Ross (1974): Einführung in die Kybernetik. 1. Aufl. Frankfurt am
Main: Suhrkamp Taschenbuch Verlag.
Brigley, Zoë (2006): Replication, Regeneration or Organic Birth: The Clone
in Deryn Rees-Jones‘ Quiver and Donna Haraway’s ‚A Cyborg
Manifesto‘. In: Critical Survey, 18 (2), 16-30.
Foucault gegen uns – wir gegen Foucault
Letzten Freitag haben wir uns mit Foucault und seinem Text „Subjekt und Macht“ beschäftigt. Er stellt hier Thesen auf, die eine völlig andere Sicht auf Menschen und die Gesellschaft bis hin zum Staat haben als die klassischen alten Denker. Er stellt das Individuum in den Mittelpunkt seiner Analyse und versucht Machtanalysen anzuleiten. Dies ist ein zentrales Thema seines Textes: Die Macht und ihre Strukturen, in denen jede*r einzelne lebt.
In unserem Ausschnitt führt er den Zusammenhang zwischen Subjekt und Macht auf, während das Subjekt der Schwerpunkt der Arbeit ist (laut eigener Aussage), die Beschreibung von Macht aber ausführlicher ist.
Der Zusammenhang zwischen Macht und Subjekt ist bei Foucault nicht linear, sondern steht im ständigen Wechselspiel. Durch Interaktion von Menschen untereinander entsteht Macht erstmals, diese formt durch Objektivierung ein Individuum und daraus entstehen in der Auseinandersetzung Subjekte. Diese wiederum lassen wieder Macht in der Interaktion untereinander entstehen.
So entsteht ein zirkulärer Zusammenhang auf verschiedenen Ebenen. Wie eine Spirale zieht es sich selbst immer weiter, Macht lässt Subjekt entstehen, und Subjekte formen Macht.
Die Menschen streben selber danach, Individuum zu werden, und Freiheit im Handeln zu erlangen. Ich unterstelle hier, dass Menschen, die Subjekte sind, und nicht mit ihrer Kategorisierung übereinstimmen, nicht ganz frei sind, weil sie sich von diesen Kategorien eingeschränkt fühlen.
Diese Theorie lässt sich beispielhaft sehr gut an der Einführung eines dritten Geschlechts in den Registern, beziehungsweise der Klage vor dem Bundesverfassungsgericht im letzten Jahr vergleichen. Die klagende Person war zuvor durch alle Instanzen gegangen, um vor dem Bundesverfassungsgericht schließlich Recht zu bekommen. Nun soll es möglich werden, bei der Geburt von Kindern neben Junge/Mädchen und den dritten „Nichts“ eine positive nicht dichotom eindeutige Geschlechtsidentität eintragen zu lassen. Die klagende Person hatte selber nur ein X-Chromosom, war also nicht als männlich oder weiblich einzustufen, sondern eben intersexuell.
Das System der zwei Geschlechter im Geburtenregister ist also nun offiziell als unzureichend markiert worden.
In Foucaults Denken ist das ein klarer Fall: Die durch die Macht reproduzierten Kategorien Mann/Frau sind nicht ausreichend und wurden hier in Rebellion gegen und im Diskurs mit den Machtstrukturen des Subjektes hinterfragt und schließlich geändert. In der breiten Gesellschaft ist es jedoch immer noch sehr schwierig, sich keinem Geschlecht zuordnen lassen zu können. Dann bleibt den Personen nach Foucault der Rückzug in die eigene Identität, da sie aus den Kategorien herausfallen und von anderen nicht „individualisiert“ werden können.
Warum wollen nicht alle Menschen rebellieren und aus ihren Kategorien ausbrechen? Die sogenannte „freiwillige Knechtschaft“ (S.257) ist laut Foucault die Antwort drauf, warum sich nicht jede*r Einzelne gegen die Kategorien auflehnt. Die Relativität des Wollen und die Intransitivität (Nicht-Übertragbarkeit) der Freiheit bilden den Kern der Machtbeziehungen, weil die Freiheit (Anzahl möglicher Handlungsoptionen) eines Individuums davon abhängt, in welche Kategorie es durch Objektivierung eingeteilt wurde. Freiheit ist somit von außen (durch die Gesellschaft, in die man hineingeboren wird) zugeschrieben.
„Das Hauptziel besteht heute zweifellos nicht darin, herauszufinden, sondern abzulehnen, was wir sind.“
Wir empfehlen euch noch eine Artedoku, „Foucault gegen Foucault“ die wir selber sehr spannend fanden und euch gerne in der Sitzung einen Ausschnitt zeigen wollten:
Eribon, Didier: Michel Foucault, eine Biographie (OV) 1992, Frankfurt, Suhrkamp Verlag
Keller, Schneider, Viehöver: Diskurs – Macht – Subjekt 2011, Wiesbaden, VS Verlag für Sozialwissenschaften
Wie verfasse ich eine wissenschaftliche Arbeit?
Informationen zum Anfertigen einer Hausarbeit lassen sich z.B. auf der Website des OSI finden, hier oder hier.
Im Arbeitsbereich politische Theorie lohnt es sich allerdings, auch die Merkblätter des Fachbereichs Philosophie durchzulesen.
Es gibt eine schier unendliche Menge an allgemeinen und spezifischen Einführungen in das wissenschaftliche Arbeiten. Die meisten sind austauschbar, denn die Unterschiede bestehen nicht in ihrer Substanz, sondern in ihrer Detailliertheit.
Diese drei Bücher sind zu empfehlen:
Daase, Christopher (et al.): Politikwissenschaftliche Arbeitstechniken. 2. Aufl. Paderborn: Wilhelm Fink 2010.
Dieses Buch ist keine Anleitung zum Nachahmen, sondern ein Versuch, den wissenschaftlichen Arbeitsprozess versteh- und erfahrbar zu machen.
Die einzelnen Schritte im Arbeitsprozess werden ausführlich behandelt: Literaturrecherche, „Lesen, um zu verstehen“, Finden von Forschungsfragen, Ordnen von Argumenten, Organisieren des Schreibprozesses, sprachlich – stilistische und formale Standards, Zeitmanagement… besonders das Kapitel zum Finden von Forschungsfragen ist empfehlenswert.
Das Buch hat eine ausführliche Bibliographie zur weiteren Information über einschlägige Probleme und gibt wissenschaftstheoretische Einblicke. Dabei liegt der Fokus der Autoren auf Politikwissenschaft als einer empirisch – analytischen Sozialwissenschaft. Im Arbeitsbereich politische Theorie lohnt es sich deshalb, sich darüber hinaus in anderen Werken über geisteswissenschaftliche Methoden zu informieren.
Lauth, Hans-Joachim / Wagner, Christian (Hg.), Politikwissenschaft: Eine Einführung, 2016.
Dieses Buch ist eine allgemeine Einführung in die Politikwissenschaft und wird auch auf den Merkblättern zum Anfertigen einer wissenschaftlichen Arbeit des OSI empfohlen. Es besitzt einen ausführlichen Teil zu Methoden und Arbeitsweisen der Politikwissenschaft. Die wissenschaftstheoretischen und methodischen Grundlagen, die hier präsentiert werden, sind vor allem für andere Bereiche der Politikwissenschaft von Bedeutung. Zum Beispiel: Wie gehe ich mit Fallbeispielen um?
Das Buch beschäftigt sich allerdings auch ausführlich mit der Frage, wie man eine Hausarbeit verfasst. Die genaue Beschreibung der Bestandteile und des Aufbaus einer Hausarbeit ist sehr hilfreich!
Eco, Umberto: Wie man eine wissenschaftliche Abschlussarbeit schreibt. Doktor-, Diplom- und Magisterarbeit in den Geistes- und Sozialwissenschaften. 12. Aufl. Heidelberg: UTB 2007.
Dieses Buch ist ein Klassiker und wird von den anderen beiden Ratgebern immer wieder zitiert. Es sticht besonders dadurch hervor, dass sich Eco nicht auf technische und formale Probleme fokussiert, sondern unangestrengte Demonstration von wissenschaftlichem Arbeiten im Sinne von Lesen, Recherchieren und Denken liefert. Das Buch ist in Zeiten des verschulten Bachelor – und Mastersystems besonders empfehlenswert!
Wie finde ich eine Fragestellung?
Thema so wählen, dass frau selbst zu einer Spezialistin auf dem Gebiet werden kann! Keine Scheu vor scheinbar banalen Fragestellungen, die nur einen kleinen Teil des Themas behandeln!
Wenn man eine analytische Fragestellung wählt, löst sich meist auch das Problem, wie viel Beschreibung in einer Arbeit notwendig ist: nämlich genau so viel, wie zur Beantwortung der analytischen Frage gebraucht wird. Wenn diese klar formuliert ist und wenn frau sich jederzeit an ihr orientiert, ist es viel leichter zu entscheiden, welches Material in welchem Umfang präsentiert werden muss, um der Aufgabe gerecht zu werden.
Proposals
Ich habe den Link zu den Proposals versandt. Wer keinen erhalten hat, möge mich bitte anschreiben, dann schicke ich ihn nochmal.
Karl Marx und die Entfremdung des Menschen
Ein Beitrag von Moritz und Alex. (geändert am 21.12.2017)
Bevor Karl Marx 1867 sein Hauptwerk „Das Kapital“ veröffentlichte, befasste er sich mit weitaus philosophischeren, und weniger ökonomischen Themen. 1844, mit 26 Jahren, verfasste er u.a. die „Ökonomisch-philosophischen Manuskripte“, die eigentlich überhaupt nicht zur Veröffentlichung gedacht waren und lediglich Skizzen waren, in denen Marx sich mit dem Arbeiter und dessen Entfremdung auseinandersetzt.
Im Laufe des Textes charakterisiert Marx vier Formen der Entfremdung des Menschen, die wir im Seminar bereits ausgiebig besprochen und diskutiert haben. Die vier Formen der Entfremdung sind die folgenden:
Die Entfremdung
- des Menschen vom Produkt (der Mensch hat keinen Bezug mehr zum Produkt seiner Arbeit)
- des Menschen vom Prozess der Arbeit (die Arbeit stellt nicht mehr die Befriedigung eines Bedürfnisses dar, „Zwangsarbeit“)
- des Menschen von sich selbst (leitet sich aus den ersten beiden Punkten ab; die Entfremdung des Menschen von seiner Natur)
- des Menschen vom Menschen (Fremdentfremdung, welche sich wiederum aus der dritten Stufe ableitet)
Das Menschenbild
Worauf wir uns im Seminar leider weniger stark fokussieren konnten, war die Frage wie sich Marx‘ Menschenbild charakterisiert.
Marx ist der Ansicht, dass sich der Mensch in seiner Arbeit und dem von ihm geschaffenen Produkt verwirklicht und von Natur aus produktiv ist. Die Entscheidung zu arbeiten erfolgt dabei bewusst und aus freiem Willen heraus. Diese freie und selbstbestimmte Ziel- und Zwecksetzung der auszuführenden Tätigkeit ist es, die den Menschen vom Tier unterscheidet. Im Kapitalismus geht diese Natur des Menschen jedoch verloren, die Arbeit erfolgt lediglich um Bedürfnisse außerhalb der Arbeit zu befriedigen. Anstelle der erfüllenden und bereichernden Arbeit tritt „Zwangsarbeit“. Diese kapitalistische Denkweise ist Marx zufolge jedoch fatal, da das („Gattungs“)Wesen des Menschen unteilbar ist, der Mensch also nicht 6 Tage die Woche 14 Stunden arbeiten, und gleichzeitig am siebten Tag der Woche frei sein und sich z.B. politisch engagieren kann. Es gibt keine klare Trennung zwischen privatem und politischem Leben. Der Mensch ist zwar ein soziales Wesen, verwirklicht sich aber durch seine Arbeit. Dadurch wird er frei; sein Gattungsleben erfüllt sich.
Was ebenfalls wichtig ist und leicht übersehen werden kann, ist, dass sich auch der Nicht-Arbeiter, der Kapitalist, also der Fabrikbesitzer z.B., im Kapitalismus entfremdet. Durch die Abgabe der Arbeit an den Arbeiter findet ebenfalls eine Entfremdung von sich und dem Prozess der Arbeit statt. Der Kapitalist kann mit dieser Entfremdung jedoch weitaus besser leben, da seine Entfremdung in Reichtum resultiert, und nicht wie beim Arbeiter in Knechtschaft. Er lebt aber nicht im Einklang mit seiner menschlichen Natur und ist auch entfremdet und dementsprechend nicht frei.
Distanzierung von der Moderne
Bei Constant und Rousseau war die Freiheit in dem Verhältnis zwischen Staat und Individuum angesiedelt. Der liberale Constant setzt dem Souverän – also dem Staat – Grenzen und betont die Bedeutung der persönlichen Freiheit und der Bürgerrechte, die aber die politische Freiheit voraussetzen. Bei Marx geht es nicht mehr um dieses Verhältnis, sondern um das zwischen den zwei Klassen, der Bourgeoisie und dem Proletariat, und um die Folgen dieses System in Bezug auf der Natur und der Freiheit des Menschen. Die echte menschliche Freiheit befindet sich tatsächlich in der Erfüllung des oben genannten Gattungslebens. Diese Erfüllung verunmöglicht aber das kapitalistische Wirtschaftssystem, das eben auf Privateigentum und die von Constant verteidigten einhergehenden Bürgerrechte fußt. In dieser Denkweise unterscheidet sich Marx also drastisch von den Begründern der Moderne.
Marx sieht den Arbeiter zumindest theoretisch als enorm machtvolles Subjekt, das sich aus den Ketten des Kapitalismus durch Revolution selbst befreien kann. In dieser Schlussfolgerung können wir bereits direkte Kapitalismuskritik herauslesen. Kritik, die Karl Marx in seinen späteren Werken nur noch deutlicher äußert.
Weiterführende Literatur:
Nikolai I. Lapin 1974: Der junge Marx. Dietz Verlag, Berlin 1974
Filmkritik zu „Der junge Marx“ bei TitelThesenTempramente
„Aber auch die Gesetze müssen ihre Grenzen haben“ (Constant 1819)
Der Schriftsteller, liberal Politiker und Staatstheoretiker Benjamin Constant wurde 1767 in Lausanne (Schweiz) geboren und starb 1830 in Paris. Er untersuchte das in der Französischen Revolution aufgekommene problematische Verhältnis zwischen Staatsmacht und Individuum. Sein von uns betrachteter Vortrag „Über die Freiheit der Alten im Vergleich zu der der Heutigen“ wurde 1819 in seinem Werk „Politische Schriften“ veröffentlicht und behandelt die Entwicklung der Freiheit. Im folgenden soll nun weiter auf sein Werk eingegangen und wichtige Begrifflichkeiten betrachtet werden.
Rolle von Krieg und Handel
Wenn man den Freiheitsbegriff von Constant analysieren möchte, muss man die Rolle von Krieg und Handel betrachten. Beides ermöglicht einem zu bekommen, was man haben möchte, weshalb Handel auch als „Krieg mit anderen Mitteln“ betrachtet werden kann. „…Krieg und Handel sind nur zwei verschiedene Mittel, um zum gleichen Ziel zu gelangen, nämlich das zu besitzen wonach man verlangt“ (Constant 1819: 371). Constant ist der Meinung, dass Handel den Krieg ablösen müsste bzw. abgelöst hat, da Handel berechenbarer ist, während Krieg aus einem spontanen Antrieb entsteht und zu unvorhersehbaren Ereignissen. Das Bedürfnis der Menschen nach Sicherheit ist jedoch nun ein anderes als zuvor. Ein Überlegener würde keinen Handel betreiben, denn er könnte ale Dinge auch durch Gewalt erreichen. Die meisten sind jedoch nicht überlegen und erreichen daher ihre Ziele sicherer durch den Handel, der gleichzeitig die Völkerverständigung und den Drang zur Unabhängigkeit verstärkt. Handel zu betreiben macht den Einzelnen frei, führt zu einer ständigen Beschäftigung. Dies sieht jedoch Constant als Nachteil, da der Einzelne so weniger Zeit für politische Partizipation aufbringt. Der Handel mach die Staatsmacht unabhängig. Dennoch hat der Staat durch den Handel weniger Einfluss auf das Eigentum, es ist unangreifbar und mobil. da er jedoch Geld benötigt um zu handlungsfähig zu sein, erzeugt dies eine Abhängigkeit von privaten Geldern, also den Handel treibenden Bürgern.
Der „moderne Staat“
Nach Constants Verständnis eines „modernen Staates“ bzw. einer „modernen Politik“ darf die politische Unabhängigkeit niemals zugunsten der politischen Freiheit geopfert werden. Politische Freiheit – also auf die Regierung Einfluss nehmen – gewährleistet die persönliche Freiheit – also freie Meinungsäußerung, freie Wahl des Gewerbes, mit anderen zusammentreffen usw. Öffentliches Wohl basiert auf der Achtung von Verfahren, Rechtsgarantien und Gesetzen. „Aber auch die Gesetze müssen ihre Grenzen haben“ (Constant 1819: 383). Erziehung und Religion sind nicht mehr Angelegenheiten des „modernen Staates“, der Staat agiert zurückhaltend. Gewohnheiten, Neigungen und Unabhängigkeit des Individuums werden geachtet, Institutionen lassen Raum zur Selbstentfaltung. Diese Institutionen müssen die politische teilhabe erstrebenswert machen, sodass trotz der Ausübung politischer Rechte genug Zeit für Privatinteressen vorhanden ist. In einem „modernen Staat“ ist das Individuum vor Willkür geschützt und hat Möglichkeiten zur gerechten politischen Partizipation.
Der freie Mensch – Menschenbild
Insgesamt zeichnen sich die Ideen von Rousseau und Constant dadurch aus, dass sie sich mit dem Verhältnis zwischen Staat und Individuum befassen, ausgehend von der größtmöglichen Freiheit des Individuums. Das einzelne Individuum steht im Zentrum, befreit von äußeren Zwängen. Der Mensch ist von sich aus gut. Er strebt nach Selbstliebe, nach Constant inklusive der eigenen Nutzenmaximierung, ist geleitet von Mitleid und Vernunft. Das Bedürfnis des modernen Menschen ist die persönliche Unabhängigkeit und die Möglichkeit der Mitbestimmung. Der Mensch kann sich frei entwickeln und sich politisch beteiligen, ohne dabei auf seine persönlichen Freiheiten zu verzichten. Der moderne Mensch passt sich der Gesellschaft an, ohne dabei seine persönlichen Rechte aufzugeben. Abschließend lässt sich sagen, dass Rousseau und Constant für den freien Menschen als eigenständiges Individuum einstehen, welches sich jedoch politisch auf allen Ebenen beteiligen kann.
Weiterführende Literatur:
Quellen:
Constant, Benjamin: Von der Freiheit der Alten. In: Constant, Benjamin Werke in Vier Bänden (hrsg. von Axel Blaeschke und Lothar Gall). 4. Band. Berlin: Propyläen.
Ettlinger, Josef 1909: Benjamin Constant. Der Roman eines Lebens. via Projekt Gutenberg.