Im aktuellen Wintersemester 2021/2022 – einem sogenannten Übergangssemster – habe ich wiederum die Möglichkeit, im Rahmen des Einführungs- und Orientierungsstudiums EinS@FU eine Lernwerkstatt anzubieten. Von der arabistischen Seite und vom Fachbereich Geschichts- und Kulturwissenschaften her in dieser Lehrveranstaltung diesmal mit einem Kollegen aus der Neueren deutschen Literatur (NdL) – Timo Sestu – zusammen, ein Fachgebiet, das an der Freien Universität Berlin am Fachbereich Philosophie und Geisteswissenschaften angesiedelt ist. Zumindest universitätsstrukturell gesehen kollaborieren damit zwei Dozierende aus unterschiedlichen Fachbereichen – ganz getreu dem Modultitel „Fachliche Orientierung Geistes- und Kulturwissenschaften“; man könnte fast von Interdisziplinarität sprechen …
Migration als Querschnittsthema
Die Lernwerkstatt trägt den Titel „Eure Heimat ist unser Albtraum – postmigrantische Literatur und arabische Diaspora“. Die Schnittpunkte scheinen eklatant: Viele deutschschreibende Autoren und Autorinnen mit einem Bezug zu arabischsprachigen Regionen haben Migrationserfahrung und verarbeiten diese auch in ihren Texten; so scheint es naheliegend, ihre Texte im Kontext der Idee einer postmigrantischen Gesellschaft zu lesen, wie sie etwa Naika Foroutan (2019) entwirft.
Autoren und Autorinnen deren Texte noch vor einigen Jahren als Migrationsliteratur bezeichnet wurde, verstehen sich heute als postmigrantisch. Dieser Begriff, entstanden im diskursiven Umfeld des Maxim-Gorki-Theaters und aufgegriffen von Soziologen und Soziologinnen wie Naika Foroutan und Erol Yildiz, fordert eine andere Sichtweise und betont Gemeinsamkeiten in der Erfahrung einer postmigrantischen Generation jenseits von Herkunft. In den Fokus rücken stattdessen auch soziale Herkunft, Sexualität und Geschlecht, und andere Erfahrungen von Marginalisierung. Der programmatische Ausruf an die sogenannte Mehrheitsgesellschaft lautet: Eure Heimat ist unser Alptraum.
Texte lesen und diskutieren
In dieser germanistisch-arabistischen Lernwerkstatt werden wir literarische und essayistische Texte lesen und diskutieren, die sich mit der Thematik von Identität und Identifizierungen, von Zugehörigkeit und Ausgrenzung auseinandersetzen. Ein Schwerpunkt liegt hierbei auf Texten, die mit Werken der arabischen Diaspora korrespondieren. Im Kontext der Globalisierung ist die arabische Literatur heute nur in ihrer internationalen und kulturellen Vernetzung zu verstehen. Migration und Exil sind dabei wichtige Themen. Darüber hinaus sind auch weitere Lektürevorschläge („nicht-arabischer“ Schriftsteller und Schriftstellerinnen) willkommen!
Die didaktische Herangehensweise ist zunächst einmal fast schon klassisch literaturwissenschaftlich: Texte – viele Texte, viel Text – lesen und diskutieren. Es wird sich zeigen, inwiefern wir mit unserer Studierendengruppe vielleicht auch aus diesen literaturdidaktischen – oftmals dozierendenzentrierten – Bequemlichkeiten heraus auch andere Lehr- und Lernformen erkunden.
In den nächsten Wochen und Monaten werde ich versuchen, meine Gedanken, wie sie im Rahmen des Lehrens in dieser Lernwerkstatt kommen und gehen, zu folgenden Fragen zu fassen und zu verschriftlichen – wie zuvor einfach als Archiv für meine Lehr- und Lernprozesse sowie gegebenenfalls als Anregung für Mitlesende:
Was ist Co-Teaching?
Was ist Team-Teaching?
Sind Arabistik und Neuere deutsche Literatur(wissenschaft) (NdL) zwei „Disziplinen“?
Ist die Lernwerkstatt in diesem Sinne „interdisziplinär“?
Welche Methoden teilen Arabistik und NdL?
Kann man im Duo noch problembasiert Lehren?
Wie läuft ein Wechsel von Campus- zu Online-Lehre mitten im Semester ab?
…
Ausblick auf die erste Sitzung …
… die ich demnächst in einer Rückschau reflektiere:
Nachdem ich gut in das kreative Sommersemester 2020 gestartet bin, wollte ich mich intensiver damit beschäftigen, wie im virtuellen Raum eine positive Lernatmosphäre gestaltet werden kann und wie Studierende auch in asynchronen Lehr- und Lernformaten aktiviert und begleitet werden können. Hierzu besuchte ich ein Webinar, das vom SUPPORT für die Lehre der Freien Universität angeboten wurde, zum Thema ‚Studierende online motivieren und begleiten‘.
Die Frage, die sich mir hier natürlich zunächst stellte, war, was überhaupt aus der On-Campus-Lehre in den virtuellen Raum übertragbar ist. Dabei stellte ich für mich fest, dass ich Live-Sitzungen zwar durchaus in ähnlicher Weise für Austausch und Diskussion nutzte, aber dass ich diesen Live-Sitzungen viel mehr ‚Sinn‘ geben wollte.
Ich wollte nicht einfach jede Woche eine synchrone Sitzung durchführen, in der ich Impulsvorträge gebe und wir dann in der Runde mit den Studierenden zum Austausch über Texte übergehen, die zuvor durchzuarbeiten waren. Überhaupt ist das eine Form des Lehrens, die mir selbst gar nicht so zusagt. Natürlich sehe ich den Nutzen im mündlichen Austausch über Primär- oder Sekundärtexte; und ich halte dies sogar für einen Kernaspekt des Studiums. Dies aber eins-zu-eins in den virtuellen Raum übertragen zu wollen, halte ich für eine Verschwendung des Potenzials, das Lehre und Lernen im virtuellen Raum bietet.
Das Potenzial des Lehrens und Lernens im virtuellen Raum sollte nicht verschwendet werden, indem man auf Biegen und Brechen versucht, das übliche oder ’normale‘ Präsenzstudium auf dem Campus einer Universität durch wöchentliche 90-minütige Live-Sitzungen zu übertragen.
Meine Meinung
Also versuchte ich, den synchronen Live-Sitzungen jeweils einen ‚Sinn‘ zu geben, und – zugegeben – bei manchen Lehrveranstaltungen empfand ich es als überhaupt nicht notwenig, eine Live-Session zu durchzuführen, wie ich es sonst in einem Unterrichtsraum tun würde. Dies war schlichtweg nicht der Ansatz, den ich in diesem Semester verfolgte – wie ich überhaupt meinen Unterricht selten so gestalte, dass ich wie ein Theaterschauspieler auf einer Bühne etwas präsentiere und die Studierenden nur zuschauen und konsumieren. Ich sehe Studierende nicht als bloße Konsumenten.
Studierende sind für mich nicht bloße Konsumierende, denen man Inhalte präsentiert als wäre man ein Schauspieler auf einer Theaterbühne.
Meine Meinung
Ich finde, Studierende sollten die Möglichkeit haben, ihr Studium mitzugestalten, das heißt in Lehrveranstaltungen nicht nur ‚aktiv‘ Arbeitsaufträge vollführen, um im Campus Management die aktive Teilnahme bestätigt zu bekommen und später die Modulprüfung erfolgreich zu absolvieren; nein, es bedeutet, die Lehrveranstaltung mit ihnen zu designen, sich auf die Studierenden einzulassen und mit der Erfahrung, die man als Lehrender hat, Kurse zu schaffen, die verschiedene Denkansätze eröffnen und kritisches Reflektieren ermöglichen, ohne auf eine bestimmte ‚Wahrheit‘ oder eine Reihe von Fakten hinzuarbeiten.
Aus diesem Grund tat ich mich mit den Methoden, die uns im Webinar ‚Studierende online motivieren und begleiten‘ geboten wurden, schwer, auch weil sie vor allem auf das Motivieren in synchronen Live-Sitzungen abzielten. Ich empfand meine eigenen Live-Sitzungen aber als purposeful genug, auch weil ich eher zu wenige als zu viele angesetzt hatte – jeweils mit konkreten Arbeitsaufträgen verbunden und eingebettet in den Ablauf der jeweiligen Lehrveranstaltung. Dies war vor allem in der sprachpraktischen Übung ‚Übersetzen aus dem Arabischen und ins Arabische‘ im Masterstudiengang Arabistik der Fall, wo die Live-Sessions jeweils dazu dienten, die Übersetzungen zu diskutieren. Die Frage der Motivation stellte sich aus meiner Perspektive hier gar nicht; Tools wie Mentimeter konnte ich hier nicht anwenden.
In andere Kursen, zum Beispiel im Seminar ‚Araber und Orient in Hollywood‘ im Bachelorstudiengang ‚Geschichte und Kultur des Vorderen Orients, Schwerpunkt Arabistik‘, waren eher sprechstundenartige Live-Sitzungen nötig; der Austausch fand intensiv und ausführlich in schriftlicher Form im Diskussionsforum in Blackboard statt. Auch hier stellte sich die Frage der Motivation nicht.
Dennoch denke ich, dass Tools wie Mentimeter oder Pingo eine gute Möglichkeit sein könne, überhaupt eine Session – egal ob on-campus oder online – abwechslungsreicher zu gestalten. Gerade bei Einführungskursen kann ich mir gut vorstellen, dass das Erstellen einer Word-Cloud mit hilfe von Mentimeter praktisch sein kann, um Vorwissen zu sammeln. Ich denke, dass ich dies einmal im nächsten Semester testen werde.
Sessions kleinteilig zu designen, hilft dabei, sich den Mehrwert von Formen der aktiven Teilnahme für die Studierenden zu vergegenwärtigen.
Meine Meinung
Abgesehen davon kann es durchaus sinnvoll sein, eine Session kleinteilig zu sezieren und zu designen – fast schon wie ein Drehbuch, wobei natürlich Spielraum für Spontaneität gelassen werden sollte. Sich mehr Gedanken über den Ablauf einer einzelnen Session zu machen, hilft aber auch, den Sitzungen und ihren Einzelteilen einen Sinn zu geben, etwa was das Erlangen von Kompetenzen oder das Vermitteln von Inhalten angeht.
Meiner Meinung nach muss es einem als Lehrender gelingen, den Studierenden den Mehrwert in Formen der aktiven Teilnahme, Aufgaben oder überhaupt in der Teilnahme an Live-Sitzungen zu vermitteln. Wenn einem dieser Mehrwert selbst nicht klar ist, sollte man überlegen, ob bestimmte Arten des Lehrens oder bestimmten Aufgaben überhaupt sinnvoll sind oder ob sie nur dazu dienen, dass man für sich selbst behaupten kann, man würde ‚lehren‘.
Ich für meinen Teil werde mich in Zukunft noch intensiver damit beschäftigen, wie ich Studierenden in meinen Kursen begreifbar machen kann, was ‚Studieren‘ überhaupt bedeutet und was aus den verschiedenen Aufgaben für sich mitnehmen. Das sind durchaus ’simple‘ Erkenntnisse wie dass es eine schier unschätzbare Kompetenz ist, ein Thema in einem eng abgesteckten Rahmen von 3000 oder 6000 Wörtern reflektiert zu betrachten und überzeugend zu argumentieren; ähnlich verhält es sich mit Wissens- oder Zeitmanagement.
Inspiriert vom Online-Workshop „Digitale Schreibaufgaben ‚mit Biss‘ zur Strukturierung meiner Online-Lehre“ von SUPPORT für die Lehre habe ich mir Gedanken darüber gemacht, ob es nicht gut wäre, wenn Studierende im Bachelorstudium einmal schriftlich ihre Recherchepraktiken zu einem Thema reflektieren würden und dabei gleichzeitig auch Formen des wissenschaftlichen Schreibens üben könnten.
Meine Überlegungen rühren daher, dass ich immer wieder merke, dass für Studierende vor allem das Recherchieren und Lesen von Quellen und Herausarbeiten von Informationen und Strukturieren dieser Informationen für die eigene Argumentation eine Herausforderung bildet. Aber ohne angemessene Recherche lässt sich keine schriftliche Prüfungsleistung à la Hausarbeit erfolgreich bewerkstelligen. Lesen und das Verarbeiten des Gelesenen bilden die Grundlage jeglicher schriftlichen Auseinandersetzung in wissenschaftlicher Form. Dabei geht es gleichermaßen um das Lesen von Primär- wie Sekundärquellen – und im Falle meines Seminars Araber und der Orient in Hollywood geht es sogar nicht nur um blanke Literatur, die gelesen wird, sondern auch um Filme, die gesehen werden. Dennoch gelten für Filme als zu bearbeitendes oder zu Rate zu ziehendes Material für eine schriftliche Studienarbeit dieselben Regeln: Ich komme nicht umher, tatsächlich Filme zu schauen, tatsächlich Texte zu lesen, um eine Hausarbeit in diesem Seminar erfolgreich schreiben zu können.
Recherchieren bedeutet Selektieren
Recherchieren bedeutet nicht nur, genau die Texte zu lesen, die ich dann tatsächlich für eine Hausarbeit brauche. Wenn ich für eine 10-seitige Hausarbeit am Ende vielleicht 10 Quellen verwertet habe, so habe ich weit mehr als nur diese 10 Quellen gelesen. Ich habe selektiert, vielleicht aus doppelt oder dreifach so vielen Quellen wie ich letztlich in der Arbeit verwende. Nicht alles erweist sich als zuträglich zu dem Thema, das ich in dem jeweiligen Moment bearbeiten will. Trotzdem ist das ‚Scannen‘ solcher dann ‚Ausschussware‘ ein Prozess, der das Reflektieren und Evaluieren von Quellen trainiert; er gehört zum wissenschaftlichen Arbeiten dazu.
Meines Erachtens kann dieser Prozess des Recherchieren noch mehr in den Mittelpunkt gerückt werden, wenn es darum geht, Studierende in das wissenschaftliche Arbeiten einzuführen. Denn das Schreiben steht eigentlich nicht am Anfang einer Hausarbeit. Oftmals nimmt die Recherche sogar mehr Zeit in Anspruch als das tatsächliche Schreiben – auch deswegen, weil Recherchieren ja selbst auch Formen des Schreibens beinhaltet, nämlich das Exzerpieren und gegebenenfalls das Zusammenfassen sowie das Herausarbeiten von Zitaten.
Die folgende Flow-Chart verdeutlicht diesen Prozess:
Aber wie kann dieser Prozess des Recherchierens auch schriftlich fassbar gemacht werden?
Meine Idee ist, Studierende ein I-Search-Paper schreiben zu lassen.
Die Geschichte der eigenen Recherche erzählen
Die Idee eines I-Search-Papers (Macrorie, 1998) ist es, die Neugier an einem Thema in den Vordergrund zu stellen und Studierende die Geschichte ihrer eigenen Recherche erzählen und damit reflektieren zu lassen.
Als Genre macht sich ein I-Search-Paper Formen von Metakognition zu Nutze: Studierende schenken den verschiedenen Schritten des Rechercheprozesses Aufmerksamkeit und formulieren diese schriftlich aus und reflektieren so über die Wichtigkeit dieser verschiedenen Schritte von der Themenfindung bis hin zum Entdecken und Verwerfen von Quellen.
Bestenfalls erfüllt ein I-Search-Paper damit einen doppelten Zweck:
Es schafft ein Bewusstsein über den Rechercheprozess und
es gibt Möglichkeit, Schreiben in einem weniger formellen Rahmen als den einer Hausarbeit zu üben.
Ein Charakteristikum eines I-Search-Papers ist es, das Interesse des Lesers für das eigene Thema zu wecken. Dabei wird die Ich-Perspektive akzentuiert – etwas, was sonst im wissenschaftlichen Schreiben kaum einen Platz hat. Dabei kann autorenzentriertes Schreiben durchaus bestimmte Blockaden lösen.
Schreiben, um Wissen zu schaffen
Manchmal berichten Studierende davon, dass sie das Gefühl haben, Hausarbeiten so schreiben zu müssen, dass es den Dozierenden ‚gefällt‘, damit sie die besten Noten bekommen. Dies führt zu allerhand Blockaden im Schreiben: Man übersieht interessante Ansätze, weil man nur darauf fokussiert ist, genau diejenigen Argumente zu finden, die Dozierende selbst verwendet haben oder aber die sie überzeugen werden.
Ich persönlich will aber gar keine Hausarbeiten lesen, in denen meine eigenen Meinungen über Themenstellungen und meine eigenen Antworten auf Fragestellungen nacherzählt werden. Ich muss nicht mit meinen Studierenden einer Meinung zu einem Hausarbeitsthema sein; mir muss nicht mal das Thema gefallen, geschweige denn die Antwort auf die Fragestellung. Was stimmig sein muss, ist die Argumentation – und nur daran messe ich erfolgreiche Hausarbeiten:
Ist die Fragestellung klar abgesteckt und ist der Weg zur Beantwortung dieser Fragestellung schlüssig argumentiert.
Und sollte es keine Antwort auf eine Fragstellung geben können: Wird deutlich gemacht, warum es im Rahmen dieser oder jener Hausarbeit keine abschließende Antwort auf eine Frage geben kann.
Nicht mehr und nicht weniger.
Ich bin der Meinung, dass ich gegenüber den Studierenden noch deutlicher machen kann, dass es beim wissenschaftlichen Schreiben tatsächlich darum geht Wissen zu schaffen. Und Wissen wird eben erst zu Wissen, wenn es kommuniziert wird und sich an anderem Wissen spiegelt – quasi in einen Diskurs tritt.
Ein I-Search-Paper verfolgt hier eher die Strategie der Selbsterkenntnis: Bestenfalls profitieren Studierende davon, sich ihre eigenen Rechercheprozesse bewusst zu machen und diese vielleicht auch zu evaluieren und für die nächste Hausarbeit oder gar die Abschlussarbeit gegebenenfalls anzupassen. Aber auch für mich als Dozierende kann das Lesen von studentischen I-Search-Papers erhellend sein: Bestenfalls erfahre ich etwas über die Recherchefähigkeiten der Studierenden und kann den Unterricht entsprechend gestalten. Insgesamt stelle ich mir den Prozess eines I-Search-Papers wie folgt vor:
Konkrete Schreibaufgabe: Themenfindung
Im Rahmen des Online-Workshop „Digitale Schreibaufgaben ‚mit Biss‘ zur Strukturierung meiner Online-Lehre“ von SUPPORT für die Lehre entwarf ich die folgende, eher einfache Schreibaufgabe, die lediglich der Themenfindung dient:
Formulieren Sie drei potenzielle Themen für ein I-Search-Paper. Ein Thema kann eine Aussage oder eine Frage sein, sollte aber nicht länger als ein Satz sein.
Wichtig ist, dass ein Thema Sie interessiert. Sollten Sie aktuell damit nicht weiterkommen, können Sie ein paar Strategien anwenden, um Themen zu generieren; zum Beispiel können Sie (a) Triggerphrasen nutzen wie: Ich wollte schon immer etwas zu diesem Film/dieser Serie herausfinden … ODER Ich wollte schon immer wissen, wie … ODER Ich bin auf diesen Film/diese Serie/diese Szene gestoßen und frage mich … (b) Sie können eine Bestandsaufnahme der Bücher machen, die Sie schon immer mal gern lesen wollten oder von Artikeln, die Sie in den vergangenen Wochen gelesen haben und die Sie interessieren. (c) Sie können eine Prioritätenliste anfertigen von Themen/Fragen/Gegenständen, die Ihnen besonders wichtig sind oder für die Sie sich interessieren und können diese Prioritäten dann mit den Seminarthemen vergleichen.
Machen Sie ein Brainstorming über so viele mögliche Themen, die Sie interessieren, bevor Sie sich entscheiden.
Ob dies eine Schreibaufgabe ‚mit Biss‘ ist, weiß ich allerdings nicht 🙂
Ich bin mir noch unschlüssig, ob ich den Studierenden im Seminar Araber und der Orient in Hollywood die Option geben werde, ein I-Search-Paper als Prüfungsleistung zu verfassen, denn eigentlich habe ich bisher nicht konsequent auf dieses Genre hingearbeitet. Nichtsdestotrotz halte ich die Form des I-Search-Papers für eine gute Möglichkeit, Studierende früh in das reflektierte Schreiben einzuführen, ohne Sie gleich mit den Formalia und Argumentationsstrategien einer wissenschaftlichen Hausarbeit zu konfrontieren. Ein I-Search-Paper kann einen Übergang zur zum wissenschaftlichen Schreiben bilden, da es einen seiner Hauptprozesse – nämlich das Recherchieren – explizit zum Thema macht und gleichzeitig ähnliche Strukturierungs- und Organisationsformen von Wissen und Erkenntnissen gebraucht.
Macrorie, K. (1998). The I-Search Paper: Revised Edition of Searching Writing. Portsmouth, NH: Heinemann-Boynton/Cook.
Interaktion ist ein Schlüsselelement für die Qualität des Online-Lernens. Austauschmöglichkeiten können beispielsweise durch ein asynchrones Online-Diskussionsforum geschaffen werden.
Ein solches richtet ich für mein Bachelorseminar Araber und der Orient in Hollywood in der Online-Lernumgebung Blackboard ein. Mein Ansatzpunkt war, dass sich durch Online-Diskussionsforum vielleicht Lernaktivitäten verstehen und durch die Transparenz des Schriftlichen durchlässiger gestalten lassen.
Nutzen von Online-Diskussionsforen – für Studierende
Die Vorteile schriftlicher Diskussion in einem Online-Forum bestehen meines Erachtens nach in zwei Dingen:
Die Studierenden haben Zeit, ihre Antworten auszuarbeiten und darüber nachzudenken, was für einen Beitrag sie in welcher Forum leisten wollen. Meiner Wahrnehmung nach neigen die Gespräche dazu, tiefer zu sein, was sicherlich damit zusammenhängt, dass schriftliche Beiträge als weniger flüchtig empfunden werden als Redebeiträge und die Studierenden ihren Antworten im Forum durch Recherche mehr Gewicht verleihen.
Der Aufbau von Wissen erfolgt im Austausch und wird direkt an den Gedankengängen der Mitstudierenden gespiegelt. So fungiert ein Forum auch als verbindendes Element.
Vorteile von Online-Diskussionsforen – für mich als Dozentin
Unabhängig vom Nutzen asynchronen Diskutierens für Lernerfolge, birgt der Einsatz eines Online-Diskussionsforums für mich als Dozentin mindestens zwei Vorteile:
Wissen wird schriftlich festgehalten. Alles bleibt auf der Plattform und ist über das gesamte Semester hinweg nachlesbar. Diskussionen in einem Online-Forum sind weniger flüchtig als face-to-face-Diskussionen im Unterrichtsraum, die ja auch meist in keiner Weise schriftlich festgehalten werden. In einem Online-Forum ist der gesamter Ablauf einer Diskussion transparent: wer mit wem interagiert, welche Personen nicht teilnehmen, welche Personen was für Wissen einbringen, und so weiter. Dies hat natürlich wiederum Vorteile für Studierende: Während eine mündliche Unterrichtsdiskussion für Personen, die an einer Sitzung nicht teilnehmen konnten, nicht nachvollzogen werden kann, schafft ein Online-Forum genau das: Gedankenaustausch unabhängig von Präsenzstunden nachvollziehbar zu machen, sodass alle Teilnehmenden einer Lehrveranstaltung davon profitieren können. Unter Umständen kann die Implementierung eines Online-Diskussionsforums also für mehr Flexibilität in der Teilnahme am Wissensaustausch zwischen den Studierenden sowie zwischen Studierenden und der Dozentin sorgen.*
Gedankengänge und Diskussionspunkte können visualisiert werden – und hiermit meine ich keine Darstellung in Graphen. Dadurch, dass die Interaktion zwischen den Studierenden schriftlich stattfindet, lässt sich für mich als Dozentin überblicken, welche Diskussionspunkte besonders häufig aufgegriffen werden, welche Terminologien dafür verwendet werden, auf welche Quellen besondern häufig zurückgegriffen wird, und so weiter. Solche Diskussionspunkte kann ich aufgreifen, in zusammenfassenden Beiträgen verdichten und kommentieren und so die Diskussion mit Blick auf Lernziele moderieren.
Zwischen Inaktivität und Nachrichtenflut – Schwierigkeiten der Betreuung
Vermutlich verfällt jede Lehrveranstaltung, die zum ersten Mal ein Online-Diskussionsforum als Teil der Lernaktivität implementiert in das ein oder andere Extrem: Es herrscht Austauschflaute oder es findet ein Über-Austausch statt. Beides kann durch dieselben Faktoren hervorgerufen sein, so kann zum Beispiel fehlendes adäquates Feedback der Dozentin dazu führen, dass nur ein geringes Maß an kognitivem Engagement vorherrscht und sich die Studierenden isoliert fühlen, was wiederum zu einem Mangel an Tiefe in der Diskussion führen kann, oder dass die Diskussion durch Eigendynamiken im Austausch unter den Studierenden übersteuert wird und weg vom Lernzielepfad führt.
Für mich als Dozentin ergibt sich vor allem bei einem Kurs mit vielen Teilnehmenden (aktuell knapp 40 in der Lehrveranstaltung Araber und der Orient in Hollywood) aus der Nachrichtenflut die Schwierigkeit der Begleitung und Betreuung. Es fällt schwer, mit allen Aktivitäten Schritt zu halten und zeitnah Feedback zu geben. Allerdings sehe ich es auch so, dass der Fortschritt einer Forumsdiskussion stark vom Beitrag der Dozentin abhängt – ebenso ist die Motivation der Studierenden, überhaupt am Forum teilzunehmen, an eine gewisse Präsenz der Dozentin geknüpft.
Präsenz der Dozentin ja, aber in Maßen
Wenn ich diesen Beitrag etwas überspitzt „Weniger Dozent, mehr Student“ betitele, so meine ich damit nicht, dass sich Dozierende in Online-Lehrveranstaltungen, in denen ein Diskussionsforum im Mittelpunkt steht, gänzlich aus der Wahrnehmung der Studierenden zurückziehen sollen. In Zeiten, in denen Distanz das bestimmende Element von Interaktion zwischen Studierenden und Dozierenden ist, gilt es, präsent zu sein.
Bevor ich dazu komme, was ich mit dieser Präsenz (in einem asynchronen Lehrformat) meine, möchte ich in Stichpunkten anführen, was sie für mich nicht bedeutet.
Präsenz in Online-Lehre bedeutet nicht
dass jede Sitzung eine synchrone Online-Sitzung sein muss, wenn eigentlich ein asynchrones Format für eine Lehrveranstaltung konzipiert wurde;
dass Dozierende mit Studierenden Einzelunterricht in one-on-one-Online-Meetings durchführen sollen;
dass den Studierenden im Online-Semester mehr Aufgaben gestellt werden, als sie im Rahmen eines Nicht-Online-Semesters bewältigen könnten;
dass Dozierende auf jeden Beitrag in einem Forum antworten;
dass Dozierende eine Forumsdiskussion mit eigenen Beiträgen dominieren sollen;
…
Qualität schlägt Quantität
Für mich geht es beim Präsent-Sein in Online-Lehre darum, die Präsenz bedeutungsvoll zu gestalten. Bedeutungsvolle Präsenz lässt sich kreieren, wenn man sich selbst eine Art ‚Skript‘ anlegt, nach dem das eigene Engagement abläuft; dies kann verschiedene Punkte beinhalten:
eine wöchentliche Ankündigung in Blackboard mit einer Übersicht über die Themen und Ziele der kommenden Woche und ein Recap der vergangenen Woche – ein Recap kann unter Umständen auch eine Form der aktiven Teilnahme durch Studierende sein;
eine Frage-Antwort-Sektion im Forum, in der Studierende explizite Fragen (auch technischer oder organisatorischer Natur) stellen können, die dann zeitnah von Dozierenden beantwortet werden können;
Online-Sprechstunden mit festen Zeiten;
quick and dirty Videobotschaften, in denen Missverständnis aus einer Forumsdiskussion geklärt werden können oder wichtige Punkte mündliche zusammengefasst werden können;
zeitnahe Rückmeldung zu Hausaufgaben;
in Online-Diskussionsrunden den Austausch mit den Studierenden suchen;
…
Konkret bedeutet dies für die Forumsdiskussion in meinem Seminar Araber und der Orient in Hollywood:
dass ich als Dozentin Diskussionsanreize schaffe (zum Beispiel durch Initialbeiträge) aber der Diskussion ansonsten ihren Lauf lasse und nicht auf jeden Beitrag antworte; Oberthemen für die kommenden Wochen sind festgelegt und Expertengruppen arbeiten sich jeweils in Oberthemen ein, sodass sie in der jeweiligen Woche qualitativ mehr Beitrag leisten können und die Diskussion mit ihren Beiträgen beleben können;
dass ich als Dozentin die Diskussionspunkte einer Woche zusammenfasse und sie innerhalb der Kurzziele verorte;
dass ich Möglichkeit zum Austausch mit den Expertengruppen biete, zum Beispiel durch eigens angesetzte Expertensprechstunden;
dass ich die Forumsdiskussion und die sich dort generierenden Informationen eng mit den Anforderungen der zu absolvierenden Prüfungsleistung (einer differenziert bewerteten Hausarbeit) verzahne;
…
Nicht Antworten, WIRKLICH NICHT
So lautete der Tipp aus einer Facebook-Gruppe namens Pandemic Pedagogy, als ich nachfragte, wie ich den Fokus einer Forumsdiskussion von meiner Person weg hin zu den Studierenden und ihrem Wissen und ihren Gedankengängen bewegen könne.
Dieser Tipp war wirklich wertvoll.
Denn ja, Dozierende mögen dazu neigen, alles ‚kontrollieren‘ zu wollen, um ja einen Kurs in die richtigen Bahnen zu lenken und sicherzustellen, dass Studierende Information X, Y, und Z wirklich verstanden und reflektiert haben. Daraus ergibt sich in einem schriftlichen Diskussionsforum nicht selten eine Dominanz der Dozierenden, die hemmend für den Fortschritt der Diskussion sein kann, weil die Aktivität der Studierenden dann immer vom Beitrag der Dozierenden abhängt.
Diese Abhängigkeit muss aber nicht sein; denn selbst, wenn ich als Dozentin mehr zu einem Thema weiß, geht es für mich nicht darum, mein Wissen als einzig richtige Wahrheit zu präsentieren und nur darauf hinzuarbeiten, dass Studierende reine Fakten meines Wissens rezitieren können. Mir geht es um Reflexionsvermögen und Recherchefähigkeit, auch um die Erkenntnis der Studierenden, dass sie selbst über Wissen verfügen oder sich solches aneignen können, das nicht weniger wert ist als das Wissen von mir als Dozentin.
Studere bedeutet ja ’sich eifrig bemühen‘ – und so sehe ich meine Aufgabe als Dozentin in der Begleitung und Betreuung eines Online-Diskussionsforums als Hauptaustauschplattform einer Online-Lehrveranstaltung darin, dieses Bemühen anzuerkennen, mit Anreizen zu füttern, Wege und Möglichkeiten aufzuzeigen, es schlichtweg zu ermöglichen und zu unterstützen.
*Wie es sich verhält, wenn ein Online-Forum nicht alleiniger Raum für Diskussionen in einer Lehrveranstaltung ist, sondern mit face-to-face-Diskussion im Unterrichtsraum kombiniert wird, wäre zu prüfen. Meine Gedanken entstehen aktuell aus der Situation heraus, dass das Online-Diskussionsforum im Kurs Araber und der Orient in Hollywood die Hauptaustauschmöglichkeit bildet, an die auch die Lernziele angegliedert sind.
Mir kamen heute einige Gedanken zu einer Art Code of Conduct oder Etiquette für Online-Meetings. Im Prinzip schließt sich das an meinen vorherigen Beitrag an.
Die folgende Hinweise beziehen sich auf alle WebEx-Produkte (Meetings, Trainings, Events) allgemein, vor allem aber auf WebEx Meetings; da, wo Komponenten in speziellen Produkten gemeint sind, wird explizit darauf hingewiesen.
Sie richten sich vor allem an diejenigen, die die Position von ‚Hosts‘ innehaben, also z. B. Lehrende. Wenn nicht explizit von Hosts die Rede ist, sind die Do’s und Don’ts selbstverständlich für alle Teilnehmenden gültig.
Die Liste wird ergänzt.
1. Vor einem Meeting
Achten Sie auf Ihr Umfeld, wenn Sie nicht die Möglichkeit haben, Ihren Hintergrund im Videoconferencing-Tool unscharf zu machen: Keine Betten (ungemacht oder gemacht) im Hintergrund, keine unordentlichen Räume oder offenen Schränke, wo jeder Ihr Durcheinander sehen kann, eine NSFW-Kunstwerke, etc.
Achten Sie auf andere Personen an Ihrem Umfeld, die vielleicht nicht im Hintergrund sichtbar oder aufgezeichnet sein möchten.
Überlegen Sie, ob alle Teilnehmenden sichtbar sein müssen; die Beschränkung der Besprechung auf einen einzigen Videostream kann Bandbreitenprobleme der Teilnehmenden verringern.
Stellen Sie sicher, dass sensible Gespräche nicht von Unbefugten belauscht oder beobachtet werden können.
Achten Sie als Hosts darauf, dass Teilnehmende, die sich per Telefon einwählen, nicht die gleichen Möglichkeiten wie User von Desktop- und Web-Apps haben.
Seien Sie mit den Features einzelner WebEx-Produkte gut genug vertraut.
Seien Sie sich darüber im Klaren, dass User Interfaces unter MacOS und Windows sehr unterschiedlich sind und gehen Sie ggf. auf entsprechende Fragen ein.
Geben Sie als Host keine Meeting-IDs und Passwörter in öffentlichen (digitalen) Räumen, z. B. in Sozialen Medien, weiter.
Verwenden Sie als Host Meeting-Access-Codes nicht mehrfach.
Beobachten Sie als Host die Liste der Teilnehmenden hinsichtlich ungewollter Gäste.
Schließen Sie ggf. Ihre persönlichen Räume nach Beginn einer Sitzung, sodass Teilnehmende, die zu spät kommen o. Ä. zunächst in der ‘Lobby’ landen.
Öffnen Sie als Host den Raum 10 bis 15 Minuten vor dem Meeting: Zeit zum Einfinden, Technik-Checken, usw.
2. Während eines Meetings
Generell: Machen Sie als Host deutlich, dass es sich bei einem Videomeeting in einem WebEx-Raum um einen ‚geschützten Ort‘ handelt.
Bei der ersten Sitzung
Führen Sie als Host die Teilnehmenden in die wichtigsten technischen Features ein: Chat, Hand-Heben, Poll, …
Diskussionen moderieren
Während Kinder und Haustiere liebenswert sein mögen (und eine dringend benötigte Ablenkung, wenn Sie sich überfordert fühlen), kann es eine Beeinträchtigung darstellen, über Nebengeräusche eines schreienden Kindes oder einen bellenden Hund sprechen zu müssen. Achten Sie also auf Lärm und …
schalten Sie Ihr Mikrofon auf stumm, wenn Sie gerade keine Beiträge geben oder präsentieren; als Host: schalten Sie Teilnehmende auf stumm, wenn Sie störende Geräusche vernehmen und die jeweiligen Personen gerade keine Rede- oder Präsentationsbeiträge haben.
Sollten Sie Geräusch- oder Lärmquellen nicht beseitigen können, weisen Sie mündlich oder schriftlich darauf hin.
Wenn eine Frage an die Gruppe gestellt wird, versuchen Sie als Teilnehmende nicht sofort zu sprechen, sondern aktivieren Sie Ihre „Hand hoch“-Funktion.
Als Host oder Moderator (letzteres in Trainings oder Events) sind Sie dafür zuständig, wer spricht; lassen Sie niemanden zu viel Zeit mit irrelevantem Geschwätz verschwenden. Unterbrechen Sie Gespräche, wenn Sie vom Thema wegführen (und achten Sie dabei auf Ihre Manieren).
Achten Sie auch als Teilnehmende auf Ihre Manieren. Fragen Sie, ob es in Ordnung ist, eine längere Idee zu teilen; stellen Sie sich vor, wenn andere Teilnehmende Sie nicht kennen, und entschuldigen Sie sich, wenn Sie versehentlich jemanden unterbrochen haben, und lassen Sie andere ihren Gedanken zu Ende denken.
Wenn Sie als Host Fragen von den Teilnehmenden zulassen, wiederholen Sie diese, um sicherzugehen, dass alle sie verstanden haben; lassen Sie sich dies ggf. im Chat kurz durch ‚ja‘ bestätigen.
Signalisieren Sie ggf., wenn Sie einen Redebeitrag zu Ende geführt haben, entweder als Wortbeitrag und/oder im Chat.
Signalisieren Sie als Teilnehmende, wenn Sie etwas nicht verstanden haben, z. B. auch durch ein simples Fragezeichen (?) im Chat.
Teilen von Inhalten
Schützen Sie vertraulicher Daten auf Ihrem Gerät: Vermeiden Sie die Weitergabe vertraulicher Informationen, die auf Ihren Bildschirmen sichtbar sind. Schließen Sie vor dem Teilen von Inhalten alle Anwendungen, E-Mail-Programme und Dokumente, die Sie in dieser Sitzung nicht verwenden werden.
Achten Sie als Host darauf, dass in WebEx Meetings die Voreinstellung besagt, dass alle Teilnehmenden Inhalte teilen können, also zu Präsentierenden werden können, einfach durch zwei Klicks. Jedes Teilen durch eine andere Person unterbricht aktuell laufende Screen-, Application- und Document-Sharing-Prozesse. Teilen Sie Inhalte nur nach vorheriger Rücksprache.
Deaktivieren Sie als Host ggf., dass alle Teilnehmenden Inhalte teilen können, wenn Sie sich als alleinige präsentierende Person in einem Meeting betrachten.
Chat
Während eines Videomeetings gibt es die Chat-Funktion, die es den Teilnehmenden ermöglicht, Fragen zu stellen und in einen Dialog mit anderen zu treten. Das Aufzeichnen, einschließlich Fotografieren, Bildschirmaufnahmen oder andere Kopiermethoden, von Chat-Nachrichten ist nicht gestattet, außer durch den Host.
Weisen Sie als Host Teilnehmende darauf hin, dass Chats, die an alle geschrieben werden, vom Host gespeichert werden können, z. B. um Antworten auf Fragen im Nachhinein auszuwerten.
Weisen Sie als Host die Teilnehmenden darauf hin, dass private Chat-Nachrichten von Ihnen als Host nicht gesehen werden können.
Achten Sie darauf, dass Chat-Diskussionen einen professionellen Ton beibehalten sollten.
Aufnahmen
Weisen Sie als Host darauf hin, dass nur Hosts Aufnahmen von Meetings starten oder die (technische) Erlaubnis dazu erteilen können. Achtung: Teams beruht auf dem Prinzip der ‘demokratisierten Meetings’, sodass hier alle Teilnehmenden die Möglichkeit haben, Aufnahmen zu machen, neue Gäste einzuladen, Teilnehmende auf stumm zu stellen etc.
Beachten Sie die Richtlinien der Freien Universität zum Aufzeichnen von Lehrveranstaltungen.
Aufmerksamkeitsindikator in WebEx Trainings
Weisen Sie als Host darauf hin, dass der Aufmerksamkeitsindikator lediglich besagt, ob bei Teilnehmenden andere Applikationen nebenbei oder vordergründig laufen; auch wenn die Teilnehmenden sich Notizen in einem Texteditor machen, wären Sie für WebEx Trainings demnach ‘unaufmerksam’.
Zum Ende eines Meetings
Kündigen Sie als Host an, dass das Meeting bald endet und behalten Sie den Raum noch ca. 10 Minuten offen: Zeit ‘zusammenzupacken’ oder Fragen zu stellen.
Achten Sie als Host bei Meetings darauf, dass Sie das Meeting beenden (nicht nur verlassen), wenn Sie wollen, dass das Meeting für alle Teilnehmenden beendet wird; wenn Sie den Raum noch offen lassen wollen, können Sie den Raum auch verlassen; die Presenter-Rolle geht dann auf verbliebende Teilnehmende über.
The WRITE Way to Communicate Online
C. Lewis‘ (2000) Ratschlag über den WRITE way der Kommunikation richtet sich eigentlich an Lehrende, ist aber nicht minder relevant für Studierende.
“The WRITE way involves communicating online in a manner that is (W)arm, (R)esponsive, (I)nquisitive, (T)entative, and (E)mpathetic.”
Warmth – “Being warm online is a way of reminding others (and you) that it is people who are engaged in communication, not software”
Responsive – “Try to return personal messages as soon as possible, and set up a regular rhythm of communication for other responses.”
Inquisitiveness – “Defensiveness is reduced if people ask questions rather than make statements.”
Tentativeness – “A question – framed in a tentative manner – reduces defensiveness and can also contribute valuable information (e.g., ‘Don’t you think it’d be better if we . . . ‘).”
Empathy – “. . . put yourself in the shoes of your audience.”*
*Lewis, C.. 2000. “Taming the Lions and Tigers and Bears: The WRITE WAY to Communicate Online.” In K. Anderson & B. Weight (Eds.), The Online Teaching Guide: A Handbook of Attitudes, Strategies, and Techniques for the Virtual Classroom (pp. 13-23). Needham Heights, MA: Allyn and Bacon.
Ein Online-Meeting ist angesetzt und für einige Teilnehmende ist es die erste Meeting-Erfahrung im virtuellen Raum. Sie betreten den Raum mit offenem Mikrofon und es entsteht eine fast unerträgliche Kakofonie aus Geraschel, Geklimper, Getippe, Geräusper, Hallo-Gerufe, Kann-man-mich-hören-? … Es erfordert durchaus Widerstandsfähigkeit, sich nicht die Kopfhörer von den Ohren zu reißen in solchen Momenten.
Nach solchen Erfahrungen mit Kollegen und Kolleginnen hatte ich mir überlegt, für die ersten Sitzungen mit Studierenden eine ‚Good-Practices‘-Folie zu erstellen, die ich am Anfang einer jeden Live-Session teile.
Meine Idee dabei ist, einen Online-Raum bereits 15 Minuten vor Beginn einer Live-Session zu öffnen und diese Folie zu präsentieren:
Good Practices
Ich setze meine Live-Sessions mit Studierenden ca. 45 Minuten an; diese Länge hat sich für mich bewährt, gerade dann, wenn Studierende zuvor bereits 90-minütige Live-Vorlesungen oder Live-Seminare bei anderen Dozierenden besucht haben;
als Zeiten sind meist volle Stunden angesetzt, also 10 Uhr, 14 Uhr usw.; da man nie weiß, wie es Teilnehmende mit Angaben wie ‚c.t.‘ und ’s.t.‘ halten, nehme ich die erste Viertelstunde (das akademische Viertel) als Zeit zum Einfinden, Technik-Checken, Vorbereiten, …;
das Betreten eines Online-Meeting-Raums mit stummgeschaltetem Mikrofon sollte eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein, aber trotzdem ist der Hinweis gut; notfalls kann man als Host die Mikrofone aller Teilnehmenden auf einmal stummschalten;
wer beitragen möchte, sollte das Handzeichentool in Cisco WebEx benutzen und auf das Signal der moderierenden Person warten; dies kann bei mehr als 10 Teilnehmenden aber schnell übersichtlich werden, da man sich als Host durch die Liste der Teilnehmenden scrollt, um zu schauen, wer sich gemeldet hat (ein Warnton signalisiert zwar, dass sich jemand meldet, aber praktisch wäre, wenn die Person in der Liste der Teilnehmenden dann nach oben rutscht);
Fragen an alle Studierenden können einfach und schnell im Chat beantwortet werden.
In einen leeren Raum reden
Wenn sich alle Teilnehmenden an die Good Practices des Mikrofon-stumm-Haltens halten (und meistens auch kein Video angeschaltet haben), fühlt man sich natürlich, als würde man in einen leeren Raum sprechen. Das ist ungewohnt und eventuell neigt man dann dazu, in Monologe zu verfallen.
Da kam mir die Idee, die Studierenden zu ermuntern, auch ohne konkrete Fragen von mir im Chat schriftlich ‘zuzunicken’ (mit so etwas wie „okay“ oder „verstehe“) oder halt ‘den Kopf zu schütteln’ („verstehe ich nicht“ oder „wie ist das gemeint?“).
Zwar wird es auch hier mit vielen Teilnehmenden schwierig, den Überblick zu behalten (gerade dann, wenn man keine Moderation an der Seite an), aber zumindest sieht man etwas Reaktion und Bewegung.
Feature-Checks am Anfang einer Sitzung
Da ich nicht weiß, wie viele und welche der Studierenden bereits zuvor an Live-Sessions teilgenommen haben, wo sie eventuell auch aktiv sein sollten (nicht nur zuhören wie bei Vorlesungen), hatte ich mir überlegt, am Anfang kleine Feature-Checks für Cisco WebEx Meetings einzubauen; im Detail:
Die Studierenden sollten schriftlich im Chat schreiben, ob sie mich hören können.
Sie sollten die Hand heben, wenn Sie mich sehen und meine geteilte Folie sehen können.
Sie sollten im Poll über „Harry Potter oder Herr der Ringe“* abstimmen.
So waren innerhalb von weniger als 5 Minuten alle wichtigen technischen Features ‘geklärt‘.
Am Ende einer Sitzung
Das Verlassen eines Online-Meeting-Raums geht meist schneller als gedacht; wenn man als Host das Meeting beendet, ist es für alle Teilnehmenden beendet; wenn man es nur verlässt, bleibt der Raum weiter für die Verbliebenen offen.
Um der Abruptheit etwas entgegenzuwirken, habe ich einen Puffer von 10 Minuten angesetzt, in dem noch Fragen gestellt werden können (mündlich oder im Chat), in dem die Studierenden den Raum aber auch einfach kommentarlos verlassen können.
Das ist quasi die Zeit, in der man sonst zusammenpackt und die Studierenden vielleicht noch nach vorn kommen, um kurze und schnelle Fragen zu an die Dozierenden zu stellen.
*Wahlweise kann hier natürlich auch nach „Kaffee oder Tee?“, „Hund oder Katze?“, „Pizza oder Pasta?“ gefragt werden 😉
Es besteht für mich kein Zweifel daran, dass es sich bei dem, was aktuell unter der Bezeichnung „Online-Semester“ von Lehrenden entwickelt wird, um eine besondere Form der Online-Lehre handelt.
In einem früheren Blog-Beitrag schrieb ich, dass „online“ keine Maske sein sollte, die einfach auf das Gesicht eines Kurses gelegt wird und die Präsenz aus dem Unterrichtsraum eines Hochschulgebäudes schlicht in den virtuellen Raum eines Videokonferenztools überführt – am besten verlustfrei was wöchentliche Sitzungen angeht, sodass möglichst wenig abgewichen werden muss vom üblichen Plan. Den Präsenzunterricht eins-zu-eins zu virtualisieren, ist eine Strategie, die man versuchen mag, um die aktuelle Situation zu bewältigen; und vielleicht funktioniert sie auch bei einigen Kursen. Vor dem heimischen Bücherregal eine 90-minütige Performance vor der Laptop-Kamera hinzulegen, ist meinem Verständnis nach aber eher keine „Online-Lehre“.
Unterschiede zwischen online teaching und remote teaching
„Online-Lehre“ ist ein eigenständiger Bereich mit eigener Forschung und eigenen best practices; im Bereich educational technology werden online education und distance education als Unterdisziplinen erforscht.
„Online-Lernen“ wiederum – die Perspektive der Studierenden – findet als Blended-Learning-Technik in Kombination mit einer Vielzahl anderer Lernstrategien Anwendung; online zu lehren und zu lernen baut dabei nicht weniger auf persönliche Interaktion als im Unterrichtsraum mit einer Gruppe Studierender einen Kurs durchzuführen. „Online“ ist sodann eine zusätzliche Möglichkeit – eine Design-Option –, um das Kurserlebnis sowohl für Lehrende als auch Lernende zu diversifizieren und damit den Studierende eine Vielzahl von Lernmöglichkeiten zu bieten.
Die aktuelle Situation aber zwingt Lehrende und Lernende in die Distanz. Im Sommersemester wird so oder so aus der Ferne gelehrt und gelernt. Online ist damit keine bloße Option mehr, die man wählt, sondern die einzige Möglichkeit, die es gibt. Es geht nicht darum, mit E-Learning-Techniken den Unterricht abwechslungsreich zu gestalten, sondern darum, Lerninhalte überhaupt nur online zu vermitteln und die entsprechenden Lernziele überhaupt nur online erreichbar zu machen.
Was gerade passiert, ist dann zumindest nicht gleich Online-Lehre im Sinne einer Äquivalenz. Eher schwebt der Begriff emergency online teachingim Raum, der natürlich den Notfallcharakter dieses Lehrens, das gerade geplant oder schon umgesetzt wird, betont.
Online-Lernen ist nicht minderwertig
Lehrende treten Themen wie E-Learning bisweilen grübelnd oder mit einer hochgezogenen Augenbraue gegenüber. Online-Lernen gilt manchen als minderwertig im Vergleich zum Lernen in Präsenzstunden. Die Rasanz, mit der Kurse nun vom Unterrichtsraum in den online meeting room gebracht werden, kann diese Vorverurteilung von der Online-Lehre als Lehre zweiten Ranges unter Umständen sogar noch bekräftigen, wenn diese Lehre immerfort als „Online-Lehre“ in aller Munde ist.
Dabei ist kaum jemand, der unter den aktuellen Umständen in den virtuellen Raum umsteigt oder einfach ein bisschen mehr auf das jeweilige Learning Management System zurückgreift, wirklich darauf ausgelegt, die Vorzüge und Möglichkeiten des Online-Formats voll auszuschöpfen. Die Bezeichnung baut eine gewisse Erwartungshaltung auf, an der man scheitern kann, die aber auch motivieren und inspirieren kann.
Online-Lernen ist kein Lernen zweiten Ranges; aber seine Effizienz und sein Erfolg ist das Ergebnis einer sorgfältigen Unterrichtsgestaltung, die momentan kaum möglich ist und die es angesichts der Strukturen der Studienprogramme, die jetzt ausschließlich online verwirklicht werden müssen, vielleicht auch nie war. Die Studiengänge und zugehörigen Module sind in keiner Weise systematisch für die reine Online-Vermittlung entworfen worden. Den Notfall-Online-Kursen fehlt der fachkundige Designprozess, den ein Online-Kurs durchläuft, bevor er implementiert wird.
Und selbst wenn noch etwas Zeit bleibt, die ein oder anderen Lehrveranstaltung als Online-Kurs zu planen:
Auch die Lehrenden werden nicht auf einmal zu Experten in Sachen Online-Lehre; kaum jemand hat das entsprechende didaktische Know-how oder überhaupt Erfahrung im Bereich der Online-Wissensvermittlung; manche Lehrenden entwickeln sogar eine Furcht vor dem, was da im Sommersemester ansteht:
Was ist, wenn ich mit der Technik nicht klarkomme?
Wie soll ich denn Sprache online unterrichten?
Ich fühle mich der Masse an Studierenden in meinem Kurs ja schon im Präsenzunterricht kaum gewachsen; wie soll ich das online schaffen?
Was ist, wenn sich die Studierenden besser mit der Technik auskennen als ich und mir der Online-Unterricht entgleitet?
Ich kann meinen Unterricht doch nicht ohne Bibliothekszugang gestalten!
Wie kann überhaupt online diskutiert werden?
Studierende lernen nicht allein durch schriftliche Anleitung!
Komme ich meiner Pflicht zu lehren überhaupt nach, wenn ich den Studierenden lediglich Aufgaben per E-Mail gebe?
Es sind so viele neue Tools …
Dies sind einige der Fragen und Gedanken, die sich wahrscheinlich in den Köpfen der Lehrenden abspielen.
Erfreulich ist in diesem Zusammenhang jedoch, dass die Menschen tatsächlich mit- und voneinander lernen und sich innerhalb der Abteilungen und darüber hinaus gegenseitig unterstützen. Im Schneeballsystem werden Anwenderkenntnisse weitergegeben und manche Wege sind digital kürzer als in Papierform.
Lehre als Teil eines Bildungsökosystems
Auch ist es ja auch nicht nur mit Online-Lehre getan. Natürlich, wenn man sich ein Semester betrachtet, so mach der Präsenzunterricht sonst sicher einen großen Anteil (nicht nur zeitlich) an so einem Semester aus; mit ihm verzahnt sind ja auch weitere Aktivitäten wie Sprechstunden, essen in der Mensa, lernen oder schreiben in der Bibliothek, mit anderen Studierenden in Aufenthaltsräumen abhängen, am Kletterkurs teilnehmen, und so weiter.
Lehre ist nur ein Aspekt in einer Art Bildungsökosystem, ob sie nun im Unterrichtsraum oder im online meeting room stattfindet. Wie viel Infrastruktur und Logistik besteht sonst rund um Präsenzlehre und macht das erfolgreiche Studieren überhaupt erst möglich: Da sind Beratungsangebote, Studien- und Prüfungsbüros, Bibliotheken, PC-Pools, Mensen, Career-Services, Studierendenwerk und so weiter.
Lernen von Angesicht zu Angesicht mit anderen Studierenden sowie mit Lehrenden ist ja nicht nur „erfolgreich“, weil die Präsenzlehre gut ist; die Präsenzlehre ist ein Knotenpunkt – sicher ein zentraler oder voluminöser – in einem Netzwerk aus institutionellen, informellen und sozialen Ressourcen, die Studieren überhaupt erst ermöglichen. Erfolgreich online lernen ist ebenso nur in einem entsprechenden Ökosystem von Unterstützungsangeboten möglich.
Verlust und Kompensation
Viele Teile dieses Ökosystems sind aktuell entweder zerstreut (Lehrende, Studierende, Fachkräfte im Bereich des Studierenden- und Prüfungsmanagements, und so weiter) oder lahmgelegt (Bibliotheken, Studierendenjobs, und so weiter). Die Aufgabe, der sich die Hochschulen, die ein Online-Sommersemester angesetzt haben, gegenübersehen, besteht nun einerseits darin, die zerstreuten Teile zu verbinden und zu motivieren und andererseits, die Arbeitsunfähigkeit anderer Teile zu kompensieren.
Der italienische Schriftsteller und Semiotiker Umberto Eco (gest. 2016) übertitelte eines seiner Kapitel in seinem übersetzungswissenschaftlichen Werk Dire quasi la stessa cosa (dt. ‚Quasi dasselbe mit anderen Worten‘) mit perdite e compensazioni, also dt. ‚Verlust und Kompensation‘. Es ist fast schon ein Urgedanke des Übersetzens, dass es beim Übertragen zwischen Sprachen zu Verlusten kommt; manche davon können kompensiert werden, andere nicht.
In diesem Sinne sehe ich auch die ‚Übertragung‘ des Sommersemesters in den virtuellen Raum als eine Art Übersetzung an, bei der Verluste geben wird, die zu Kompensationen führen, wobei nicht alles verlustfrei umgesetzt werden wird. Nicht alle Aspekte des sonstigen Bildungsökosystems mit Präsenzlehre an einer der zentralsten Stellen werden sich übersetzen lassen – schon gar nicht einfach oder auf die Schnelle.
Es muss aber auch nicht versucht werden, alles im virtuellen Raum zu replizieren.
Für mich als im Bereich der Lehre und Beratung Tätige steht an erster Stelle, Angebote zu schaffen, die Studieren ermöglichen. Es geht um die Teilhabe am Austausch von Wissen und darum, Zugang zum Erwerb von Qualifikationen und Kompetenzen zu gewähren.
Hier sind Flexibilität, Lösungsorientierung, Nahbarkeit und Transparenz geboten.
Nach einer Woche voller Online-Meetings ergibt sich für mich ein Gefühl der Erschöpfung. Zoom-Sitzungen, WebEx-Meetings und andere Video-Calls erschöpfen mindestens so viel Energie wie physische Treffen von Angesicht zu Angesicht, aber ohne die positiven physio-psychologischen Effekte eines persönlichen Gesprächs mit Personen in einem Raum, wo auch die haptische und olfaktorische Wahrnehmbarkeit einer physischen Realpräsenz eine Rolle spielt. Bei Videokonferenzen jedoch klebt förmlich vor dem Bildschirm und der Kamera, rutscht wahrscheinlich nicht mal auffällig auf dem eigenen Stuhl hin und her oder schaut in der Gegend herum; Gesichtszüge scheinen teilweise eingefroren (und damit meine ich nicht, dass die Videoübertragung eingefroren wäre) oder seltsam monoton. Vielleicht hängt das aber auch einfach mit der besonderen Perspektive eines solchen Online-Meetings zusammen.
Von der statuesken Performanz eines Nachrichtensprechers
Bei einem Online-Meeting mit 18 weiteren Personen bietet einem die Galerieansicht in einem Videokonferenzsystem wie Zoom auf kleinstem Raum (bei mir aktuell ein 13-Zoll-Bildschirm) einen Eindruck von 18 Gesichtern – so nah, wie man ihn in einem Treffen mit denselben Menschen in einem Raum nicht hätte. Selbst in der Active-Speaker-View, bei der nur die gerade sprechende Person groß in der Mitte ist, während die anderen Personen in einer Reihe darüber zu sehen sind, bleibt der Eindruck natürlich eher der einer Nachrichten-Live-Schaltung zu einem Korrespondenten in einem anderen Land.
Eine Stunde lang bewegt sich niemand großartig; Mimik und Gestik entsprechen eher der Performanz von Nachrichtensprechern – auch der Bildausschnitt ist ja meist ähnlich: von der Brust aufwärts, bei manchen auch eher vom Schlüsselbein aufwärts.
Das ist in der Wahrnehmung alles sehr starr, fast schon statuesk.
Das liegt zum einen natürlich daran, dass bei Online-Meetings die Personen nie in Gänze zu sehen sind; selbst wenn sie also bewusst oder unbewusst Gestik und Körpersprache nutzen würden, um sich auszudrücken, würden die anderen Personen im Online-Meeting diese gar nicht wahrnehmen können. Zum anderen verhalten sich Menschen in Online-Meetings vielleicht anders als bei physischen Treffen:
Wenn man sich die ganze Zeit auch selbst auf einem Bildschirm sieht, wird man sich der eigenen Mimik, Gestik und Körpersprache noch einmal mehr (oder überhaupt?) bewusst, was möglicherweise in Zurückhaltung und Statuenhaftigkeit resultiert.
Galerieansicht – ein flimmerndes Mosaik aus Köpfen und Büsten
Selbst wenn die beteiligten Personen weniger auf ihren Stühlen an ihren Schreibtischen klebten und mindestens die Beweglichkeit zeigten, die sie in der gleichen Situation in einem Besprechungsraum an den Tag legen würden, wäre das für die Einzelnen zwar wahrscheinlich als ‚lebendiger‘ wahrnehmbar; aber diese Lebendigkeit würde sich in der Gallery-View immer noch in 18 kleinen Fenstern auf einem Bildschirm abspielen, die alle gleichzeitig sichtbar sind – ein flimmerndes Mosaik aus Köpfen und Büsten, meist schlicht eine Flut von Reizen ist (bestenfalls nur eine Kakovision, wenn die Beteiligten verstanden haben, ihre Mikrofone auf stumm zu stellen, wenn sie gerade nicht sprechen).
In einem physischen Treffen würde man Mimik, Gestik und Körpersprache von 18 Menschen nie gleichzeitig wahrnehmen, wobei Präsenz im Raum sicher in gewisser Weise ‚spürbar‘ ist; eher verfügt man über die Freiheit, wen auch immer anzuschauen oder wo auch immer hinzuschauen. Im Online-Meeting scheint dies durch verschiedene Parameter wie Sitzplatz, Hardware, gewählte Ansicht im Meeting selbst, Aufmerksamkeitsspanne, und so weiter, eingeschränkt. Die Freiheiten oder Selbstverständlichkeiten eines physischen Treffens von Angesicht zu Angesicht in den virtuellen Raum eines Online-Meetings zu übertragen fordert natürlich auch das Selbstbewusstsein der Einzelnen.
Als könnte man nicht nebenbei einen Schluck Tee* trinken, eine Notiz machen, sich im eigenen Zimmer umschauen, oder sogar einmal aufstehen, um auf die Toilette zu gehen (idealerweise ohne das Equipment vom Tisch zu reißen, weil man vergessen hat, das man ein kabelgebundenes Headset nutzt …).
Den Blick schweifen lassen
Solch simple Aktivitäten wie den Blick schweifen lassen oder Teetrinken können natürlich eine Ablenkung für die Beteiligten sein:
Vielleicht trinkt man aus einer auffälligen Tasse oder im Gesicht ist deutlich ein Genussempfinden abzulesen. Vielleicht reagiert jemand aus der Gruppe im Chat darauf. Vielleicht sind die Chattenden dann im weiteren Verlauf des Online-Meetings nicht mehr so aufmerksam, weil sie sich quasi ausklinken. Aber ist das überhaupt schlimm? Und entspricht dies nicht eigentlich der Realität von sonstigen Meetings? Zwar kann ich mich nicht zu meinem Sitznachbarn herüberlehnen, um ihm einen Kommentar ins Ohr zu flüstern. Aber ich kann ihn direkt im Chat anschreiben, auch ohne dass die anderen Beteiligten dies mitbekommen. Und wenn ich von einem solchen Chat erheitert werde, dann ist es eventuell in der Kamera für alle sichtbar – eventuell schaut aber auch gar niemand hin, also was soll’s?
Gerade, wenn man eher in der Zuhörerposition in einem Online-Meeting ist, muss man nicht zu einer Statue erstarren. Sonst könnte man genauso gut ein Standbild von sich anzeigen lassen.
Lehren statt performen
Wahrscheinlich müssen die Beteiligten noch vertrauter mit der Interaktion und Wahrnehmung im virtuellen Raum werden – gerade, wenn sie andenken, auch ihre Lehre teilweise in Live-Sessions mit mehreren Studierenden abzuhalten. Es wäre einfach, in Frontalunterricht zu verfallen und eine Live-Session mehr performend als lehrend abzuhalten. Das mag für Vorlesungen sogar sinnvoll sein; bei austausch- und diskussionslastige Lehrformaten bilden aber die Studierenden den Mittelpunkt und dementsprechend kann auch eine Online-Sitzung mit Studierenden die Interaktion zwischen ihnen als peers ins Zentrum rücken. Welche Mittel und Tools sich dafür konkret eignen, darauf gehe ich in einem nächsten Beitrag ein.
Gemeinsam Tee trinken, und zwar online!
Um noch einmal auf Kollegiatstreffen zurückzukommen:
Überhaupt bin ich der Meinung, dass Online-Meetings mit Teammitgliedern nicht nur stattfinden sollten, wenn es Tagesordnungspunkte gibt. Wenn man sich im Kollegiat nur trifft – ob online oder offline –, um „Probleme“ oder Anstehendes zu besprechen, neigt man vielleicht dazu, die Beteiligten auch nur aus dieser Perspektive und in einem solchen Ambiente wahrzunehmen; und so etwas verankert sich im Bewusstsein. Ich möchte nicht den Begriff team building bemühen (was ich hiermit doch getan habe), aber das Korridorgespräch über einen Horrorfilm, den man am Wochenende geschaut hat, oder das Teeküchengespräch über einen neuen Wasserfilter gehört ebenso zum Arbeitsalltag wie die Arbeit selbst.
Sonst gehe ich vielleicht am Nachmittag mit meiner Teetasse zu einem Kollegen gehe, um einfach mal zu hören, wie der Tag so lief oder wie es so geht, und vielleicht gesellt sich noch jemand dazu, der auch etwas abschalten möchte. Warum dies nicht auch im virtuellen Raum praktizieren? Ein virtuelles Gespräch bei Tee über die letzte Unterrichtseinheit, einen Artikel, an dem man gerade schreibt, oder über Marvel-Filme, Wanderziele im Vereinigten Königreich, Lovecraft’sche Videogames und Brotbackrezepte.
*Aus Gründen der Lesbarkeit wird im Folgenden auf die gleichzeitige Nennung verschiedener Heißgetränke verzichtet; ‚Tee‘ steht an dieser Stelle für alle Heißgetränke; überall, wo vom Teetrinken die Rede ist, ist selbstverständlich auch Kaffee- oder Kakaotrinken gemeint. Da Trinkgewohnheiten aber fluide sind, können hier auch Kaltgetränke mitgedacht werden, Wein oder Spirituosen jedoch dann erst nach Feierabend.
Ein Gedanke, der mir im Verlauf des gestrigen Tages kam:
Für manche Kursformate oder Studiengänge kann es vielleicht sinnvoll sein, keinen harten Umstieg in die Online-Lehre zu wagen, schon gar nicht direkt im April. Oder vielleicht ist dies sogar ganz generell sinnvoll, eine „ruhige“ Form des Aus-der-Ferne-Lernens zu ermöglichen …
Tool-Flut
Alle, die jetzt anfangen, ihre Kurse für das digitale Sommersemester kreativ umzuplanen, oder schon damit angefangen haben, sind wahrscheinlich durchaus dankbar für die Technologie, die ihnen von Hochschulseite zur Verfügung gestellt werden (auch wenn das Gras auf der Seite jener fancy oder trendy tool, für die die Hochschule ausgerechnet keine Lizenz hat, natürlich immer grüner scheint …). Man schaut sich diverse Tutorials an und macht sich viele (mentale) Notizen zur Verwendung von Blackboard, WebEx, Jabber, Zoom, Slack, Discord, VoiceThread, Audacity, … die Aufzählung könnte unendlich weitergehen. Und nach stundenlanger Versunkenheit in die aufregende Welt der Cybertools, wägt man vielleicht ab, wie sinnvoll die Implementierung solcher Tools überhaupt ist und wie realistisch es ist, dass die Implementierung überhaupt für alle Seiten gleich gut klappt.
Feststeht, dass nicht nur die ersten Wochen des Sommersemesters ohne Präsenz ablaufen werden. Feststeht auch, dass sich Kurse, die sonst auf Präsenzstudium aufbauen, nicht mal eben in Fernstudienkurse umwandeln lassen geschweige denn in Online-Kurse, bei denen Lernziele von vornherein ohne Präsenzzeiten erdacht werden.
Manche neigen jetzt vielleicht dazu, die gewöhnliche Präsenz online imitieren zu wollen, indem sie schlicht 14 Online-Sessions ansetzen und sonst alles ablaufen lassen „wie immer“. Für manche mag das sogar funktionieren – für Lektürerunden vielleicht. Aber es wird nicht für alle Formen von Lehre funktionieren und von Lehrenden umsetzbar und von Studierenden rezipierbar sein. Studierende werden ja nicht nur einen einzigen Kurs online zu absolvieren haben, und so stelle ich mir aktuell vor, wie Studierende zum Anfang der Vorlesungszeit mit E-Mails und Benachrichtigungen überschwemmt werden. Die Überschwemmung wird schon allein aus der vermehrten Arbeit mit Blackboard resultieren, wobei es ja gut ist, wenn Lehrende auf eine Lernumgebung zurückgreifen, die an der Hochschule bereits verankert und den Studierenden bekannt ist. Aber ich stelle mir ebenso vor, dass sich Studierende dann auch mit vielen verschiedenen neuen Tools konfrontiert sehen, weil sich die Lehrenden vielleicht doch für die Verwendung von Zoom oder Slack oder Etherpad entscheiden.
Das schafft komplexe Situationen, die nicht für alle Studierenden gleichermaßen bewältigbar sind, was unter Umständen zu Demotivation führen kann, was wiederum Auswirkungen auf den Unterricht und damit Motivation und den Einsatz der Lehrkraft haben kann – und mittendrin will man dann vielleicht einfach nur den Stecker ziehen.
Ein Plädoyer für einfache Ankündigungen und Text-Dokumente
Möglicherweise kann es sich als gute Idee entpuppen, die Art und Weise, wie Kurse angeboten werden, zu vereinfachen. Ich denke daran, den Unterricht in mindestens einem Kurs ruhiger und eventuell sogar gänzlich entrückt von der vibrierenden Welt der Online-Lernplattformen, Videokonferenztool und Instant-Messaging-Services zu gestalten.
Natürlich ist es nötig, sich in irgendeiner Weise mittels Technologien mit den Studierenden zu verbinden, etwa über Blackboard, das den meisten Studierenden bekannt ist und womit sie eine gewisse Vertrautheit haben. Aber vielleicht muss diese Art der Verbindung nicht ungeheuer komplex oder bunt oder aufregend sein – vielleicht bietet die einfachste Möglichkeit eine Alternative, gar einen Rückzugsort von der dröhnenden, oft unübersichtlichen Welt der Online-Lehre zwischen YouTube und Twitch sein.
Was wäre, wenn man Studierende mittels schlichter Ankündigungen in Blackboard auf dem Laufenden halten würde (alternativ mittels eines simplen Text-Dokuments)? Ein paar Zeilen Skript oder lediglich Notizen zu einem Thema, vielleicht ein Witz hier und da, Links zu Artikeln oder Videos, am Ende Fragen, die die Studierenden in Blackboard beantworten können …
Auch in niedrigschwelliger Form mit wöchentlichen oder zweiwöchentlichen oder monatlichen Arbeitsaufträgen per Ankündigung in Blackboard kann ein Kurs gelingen; er ist dann eine Art strukturiertes Selbststudium unter Anleitung der jeweiligen Lehrkräfte.
Live-Sessions nicht als Bedingung für Lernerfolg
Natürlich machen solche bloßen Ankündigungen, bei denen auch die Formatierung limitiert ist, optisch nicht besonders viel her; aber vielleicht ist es genau diese Schlichtheit eine gute Komponente, etwa in Kombination mit Sprechstunden per Cisco WebEx. Aber solche Sessions können genauso gut optional sein und sie müssen keine Bedingung für den Lernerfolg bilden; sie können einfach als ein In-Kontakt-Bleiben gesehen werden.
Ich denke, dass es an der Freien Universität eine Reihe von trailblazers gibt, die über einen großen Erfahrungsschatz in Sachen Online-Lehre verfügen und gern in Austausch treten zu ganz konkreten Fragen wie „Wie kann ich eine sprachpraktische Übung digital umsetzen?“ oder „Wie viele Videokonferenzen sind für ein Hauptseminar in einem philologischen Masterstudiengang sinnvoll/nötig?“ oder allgemeiner „Wie bleibe ich mit meinen Studierenden in Kontakt?“ und „Wie ermögliche ich die Interaktion unter den Studierenden im virtuellen Raum?“. Vielleicht bietet sich sogar die Möglichkeit, bei Elementen von Veranstaltungen fachübergreifend zu kooperieren – etwa in Form von Team-Teachings – und so Kräfte zu bündeln und sich gegenseitig beim Erkunden der Online-Lehre-Pfade zu unterstützen.
Dabei richtet sich meine Ermunterung zum Austausch nicht nur an Lehrende, sondern gleichermaßen an Studierende. Was ist Euch in Sachen Online-Lernen wichtig? Worauf sollten Lehrende achten? Gibt es in Blackboard etwas, was Eurer Meinung nach besonders gut funktioniert und Euch beim remote learning unterstützt und Euch motiviert, die jeweiligen Lernziele zu erreichen?
In diesem Sinne verstehe ich mein Blog als Dialog – sei es mittels der Kommentarfunktion oder in Form von Gastbeiträgen.