Koloniale Gewalt

nach Frantz Fanon

Auch wenn formeller Kolonialismus heute kaum mehr existiert, bleiben Mechanismen, die im Zuge dieser gewaltsamen Unterdrückung und Ausbeutung von Menschen und Gebieten entstanden sind, weiterhin wirkmächtig. In diesem Lichte muss die Arbeit des französischen Psychiaters und postkolonialen Theoretikers Frantz Fanon (1925-1961) betrachtet werden: Auch wenn seine Überlegungen zu kolonialer Gewalt von den Verhältnissen der Kolonialherrschaft ausgehen, haben die beschriebenen Zusammenhänge kaum an Aktualität verloren. Fanon beschreibt in seiner als Hauptwerk geltenden Schrift „Die Verdammten dieser Erde“(1981) die von Gewalt geprägten Wechselbeziehungen zwischen Kolonialismus, der kolonialen Subjektbildung und dem Befreiungskampf der Kolonisierten (Kerner 2015: 302). Mit seinen Werken macht er die Auswirkungen von Gewaltstrukturen sichtbar, die sich in der aktuellen Zeit etwa in der Entfremdung marginalisierter Bevölkerungsgruppen äußern. Damit hat Fanon eine wichtige Grundlage für heutige postkolonialen Studien und Gewaltforschung gelegt. „Koloniale Gewalt“ weiterlesen

Frieden musizieren?!

Eine kritisch-musikalische Auseinandersetzung

von Niklas Balbon (Mai 2020)

Frieden ist ein wissenschaftlich umkämpfter Begriff, dessen unterschiedliche Verwendung weitreichende analytische und normative Folgen hat. Das Werk „Frieden musizieren?!“ verhandelt auf musikalische Weise drei prominente Friedensverständnisse und plädiert für eine methodologische Diversität. In Form eines Klarinetten-Quartetts verdeutlicht die musikalische Darstellung der „vielen Frieden“ die Wichtigkeit eines reflektierten Umgangs mit dem Friedensbegriff und bietet einen alternativen wie auch emotionalen Zugang zur Debatte.

Diskussion der „vielen Frieden“ und Partitur: Frieden musizieren?!

Aufnahme von „Frieden musizieren?!“, gespielt von Luisa Gehlen, Malte Jansen, Ivo Landmann und Jacob Niller:

Gewalt – eng oder weit?

Wortwolke, basierend auf Endress/Rapp (2017)

Skizzen einer Kontroverse

von Sven Chojnacki (Oktober 2019)

Gewalt ist historisch omnipräsent wie gesellschaftlich allgegenwärtig, zeigt sich so konkret wie ambivalent, tritt so offensichtlich erkennbar wie verborgen auf, wirkt so ordnungs(zer)störend wie ordnungsstiftend. Was Gewalt jedoch konkret ist, ob es einen inhaltlich klar bestimmbaren Kern gibt oder ob Gewalt mehrdimensional ausdifferenziert werden sollte, ist und bleibt Gegenstand kontrovers geführter Debatten. „Gewalt – eng oder weit?“ weiterlesen

Kulturelle Gewalt

Kulturelle Gewalt ist ein Phänomen, bei dem kulturell manifestierte Denk- und Deutungsmuster die Ausübung direkter und struktureller Gewaltformen innerhalb eines Kulturkreises als integralen Teil der betreffenden Gesellschaftsordnung und somit gewaltvolle Strukturen oder gewaltsames Handeln nicht als Ausdruck von Gewalt selbst erscheinen lassen; seitens Betroffener kann so kaum noch eine Differenzierung zwischen Kultur- und Gewaltform geleistet werden (vgl. Inhetveen 2005: 34 ff).

„Kulturelle Gewalt“ weiterlesen

Collage: Epistemische Gewalt

 

Deutsche Schule der Borromärinnen, Kairo Bildquelle: https://www.pasch-net.de/de/par/spo/afr/agy/3333756.html

von Radwa Khaled

Auf den Treppen des Goethe Instituts Beirut (Libanon) sitze ich und warte –  bis eine andere Person dasselbe macht: aus dem Vortrag rausgeht. Im Raum hinter mir erläutert ein deutscher Sozialwissenschaftler die vermeintliche Unfähigkeit junger arabischer Männer, sich „friedliche Perspektiven“ anzueignen, und erklärt, wie sie dadurch leichter Anhänger radikal-islamistische Gruppen werden würden. Auf dem Gebäude vor mir steht der Name einer Französischen Schule. Ich erinnere mich an meine eigene Schule in Kairo: die Deutsche Schule der Borromärinnen in Kairo, 1904 gegründet. Ich fühle wie die heiße Luft des Ärgers, der in meinem Magen wächst, sich nach oben schleicht… „Collage: Epistemische Gewalt“ weiterlesen

Strukturelle Gewalt

Strukturelle Gewalt verweist auf jene gesellschaftlichen Hierarchisierungen, asymmetrischen Machtpositionen und ungleichen Verteilungen von Ressourcen, die Formen sozialer Marginalisierung und Diskriminierung beinhalten, zu unterschiedlichen Lebenschancen führen und so für menschliches Leid oder Tod verantwortlich sind; sie wird über die Naturalisierung von Herrschaftsverhältnissen sowie ihre In- und Exklusionsmechanismen reproduziert und entzieht sich – teilweise – sowohl der direkten Wahrnehmung wie auch der konkreten Bestimmung von Täter*innen und Opfern (vgl. Imbusch 2017: 49).  „Strukturelle Gewalt“ weiterlesen