„Das ist ein Perpetuum mobile politischen Versagens.“

 

Stefan Evers, Generalsekretär der CDU Berlin, im Interview

Stefan Evers ist Generalsekretär der CDU Berlin. Prägnant und stichhaltig berichtend konnten wir ihn beim Interview im Henry-Ford-Bau unserer Freien Universität erleben. Überraschend ehrlich berichtete er über den Untersuchungsausschuss und seine Erkenntnisse und vor allem Lehren, welche man aus diesem ziehen sollte.

2011 gelangte die CDU in die Regierungsverantwortung. Evers war frisch gewählt, er hatte damals vor allem mit den Planungsvorhaben Berlins zu tun. Schon innerhalb der Koalitionsverhandlungen wurde der BER als wichtigstes Infrastrukturprojekt der Region vorausgesetzt. Unerwartet kam der Tag der Absage der Flughafeneröffnung, welcher nach Evers Wahrnehmung damals noch nicht absehbar war.

„Nach der Verschiebung hat sich relativ bald ergeben, dass die Tragweite deutlich größer ist als wir es am Anfang gesehen haben. Es ist ja eine kurze Verschiebung, dann eine Längere und dann wurde gar kein Eröffnungstermin mehr in den Raum gestellt und das war dann auch der Zeitpunkt, als klar war, wir werden uns in ganz anderer Art und Weise, nämlich in Form eines Untersuchungsausschusses mit dem Projekt auseinandersetzen müssen.“, so Evers.

Evers wurde bei der Einberufung des Untersuchungsausschusses im Jahr 2012 Obmann, er war Sprecher und übernahm die Koordination für die CDU-Fraktion in diesem Ausschuss. Der Ausschuss tagte bis zum Ende der Legislaturperiode, ganze vier Jahre befasste sich Evers mit diesem.

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Alfredo di Mauro: BER – das große Projekt mit viel Ärger (Teil II)

Reden ist Silber, Schweigen ist Gold?

Nicht treffender könnte die Lage am Flughafen BER durch den Dichter und Autoren Friedrich Löchner ausgedrückt werden; „Fast jede Kommunikation ist eine Kette von Mißverständnissen“.
Nur zu gerne ist der ehemalige Planer der Brandschutzanlage am BER, Alfredo di Mauro, mit unserer Studiengruppe am 28.05.2018 in Kontakt getreten, um Gehör zu bekommen, wo es ihm an anderer Stelle versagt wurde.
Beim Thema Technik steht vor allem eine Frage im Raum: wie konnte es nur zu all den Fehlern kommen? Ein zentraler Punkt war dabei die Kommunikation – mit eines der Einflussfaktoren für ein erfolgreiches Großprojekt.
Der Informations- und Kommunikationsfluss auf der Baustelle wird dabei vor allem durch den Projektsteurer beeinflusst, der das Vorgehen organisiert und Teams bildet, um bestimmte Anliegen zu diskutieren. Hierbei hätte man mehr auf die Stimmen zwischen den Hierarchieebenen hören müssen, um Fehler frühzeitig zu erkennen. Denn laut Alfredo die Mauro „brauche nicht jeder auf der Baustelle einen Doktortitel“ zu haben, um wichtige Erkenntnisse zu liefern und Gefahren zu erkennen und weiterzuleiten. Jedoch empfand der technische Planer die Kommunikation sehr einseitig, vor allem von oben herab statt auch Mitarbeitern zuzuhören, die direkt an der Praxis des Bauens beteiligt sind.
Weiterhin kritisiert di Mauro, dass Großprojekte von Fachleuten geplant und organisiert werden sollen. Im Flughafenmanagement waren und seien zu viele Leute, die „keine Ahnung haben vom Bauen“. Daraus folgernd wurden Entscheidungen getroffen, die die Einhaltung von Terminen unmöglich machten, Prozesse verlangsamten und veränderten. Es gab viele Entscheidungsträger, die primär ihre eigenen Interessen verfolgen statt der schnellen Fertigstellung des Flughafens. Vorzufinden sei ein „politisches Kräftemessen“, jeder sei beeinflusst von Meinungen von innen und außen, sodass auf der eigenen Baustelle nicht einmal mehr zusammengehalten wurde.
Hinzuzufügen zum Flughafenmanagement sei, dass der ständige personelle Wechsel fatal sei für die stetige flüssige und transparente Kommunikation auf der Baustelle. Ein kontraproduktiver Faktor sei da auch die Dokumentenvernichtung gewesen, die der Fast-Ingenieur selbst mitbekommen habe. Dabei wurden Unterlagen aufgrund von Platzgründen vernichtet – so hieß es in einem Auszug aus dem E-mailverkehr zwischen Herrn di Mauro und der Flughafenverwaltung.
Fraglich sei auch die Verteilung von Verantwortung an der Berliner Landesgrenze. Gerne wurden sowohl auf dem Flughafenboden sowie in den Medien Aussagen so gedreht und gewendet, sodass anderen Personen die Schuld zugesprochen wurde, um selbst seine Position unbefleckt beibehalten zu können.
Jedoch sollte es laut Alfredo di Mauro um Sachlichkeit gehen und alle ein gemeinsames Ziel vor Augen haben: das erfolgreiche Abschließen des Megaprojektes Flughafen BER. Die unzureichende, wenn nicht sogar fehlende Kommunikation zwischen relevanten Gruppen kommt dem Projekt jedenfalls nicht zu Gute.

Verfasst von: Teilgruppe 02a – Technische Fehler und Stakeholdereinfluss

Aus Fehlern der Großen lernen

campus.leben – Studierende des Fachbereichs Wirtschaftswissenschaft der Freien Universität Berlin untersuchen den Einfluss von Medien, Parteien, Experten und Bürgerinitiativen auf das Flughafenprojekt BER

https://www.fu-berlin.de/campusleben/lernen-und-lehren/2018/180628-ber-projekt-timo-braun/index.html

Air France-KLM: Stellung zum BER, Rolle im Planungsprozess und Auswirkungen der Verschiebungen (Teil II)

Das Projekt Flughafen BER wird heute überwiegend kritisch betrachtet. Verschiedenste Anspruchsgruppen wie Bürgerinitiativen und Lokalpolitiker äußern sich öffentlich negativ, Journalisten tragen durch ihre Berichterstattung zur Positionierung der unterschiedlichen Stakeholder und nicht zuletzt zu einer Beeinflussung der öffentlichen Meinung bei. Auffällig ist jedoch, dass sich die Fluggesellschaften in ihren öffentlichen Aussagen überwiegend bedeckt halten und eine klare Positionierung vermeiden. Wie stehen die verschiedenen Airlines zum Standort Berlin und zum BER?

Wir hatten die Möglichkeit im Interview mit Klaus Marx, dem Regional Station Manager Germany der Air France-KLM, mehr über die Einbindung von Fluggesellschaften in Planungsprozesse beim Großprojekt BER zu erfahren. Ebenso ging Herr Marx auf die aktuelle Situation des Flughafenstandorts Berlin und die Bedeutung dessen für Air France-KLM ein. Im Folgenden werden Ausschnitte des Interviews veröffentlicht, die sich vor allem konkret auf Air France-KLM als Holding Air beziehen. Über die genaue Einschätzung von Herrn Marx hinsichtlich der Flughafensituation in Berlin wird im Blogbeitrag der anderen Projektgruppe „Fluggesellschaften“ informiert.

Klaus Marx ist seit 1988 für Air France-KLM tätig und heute als Regional Station Manager für die Sicherstellung betrieblicher Abläufe über Sicherheitsmanagementsysteme, Performance Monitoring und Qualitätsmanagement verantwortlich.

Bereits im Voraus des Interviews stellte Herr Marx die Wichtigkeit der Kundenorientierung für Air France-KLM heraus. So arbeitet die Holding Air an neuen Technologien, um Passagiere besser zu informieren, den Check-In-Prozess zu erleichtern und die „Airport Experience“ für Reisende möglichst komfortabel zu gestalten. Der BER entspreche nicht wirklich den Anforderungen Air France-KLMs an einen modernen Flughafen, so gibt es aktuell keine Vorrichtungen für einen Check-In mit Mobilgeräten. Generell seien Self-Service Infrastrukturen am BER unterrepräsentiert. 

Schöne Check-In Schalter, allerdings noch keine Möglichkeiten zum komfortablen Self Check-in. (eigene Bildquellen)

Dementsprechend gering sei auch das bisherige Commitment. Herr Marx stellte klar, dass Air France-KLM, wie fast alle Fluggesellschaften außer Lufthansa und früher Air Berlin, bisher kaum in Planungsprozesse einbezogen worden sei. Dennoch werde der BER dringend gebraucht, da Berlin-Tegel nicht mehr fähig ist, sich dem aktuellen Flugverkehr entsprechend anzupassen und kein Potential für weiteres Wachstum besteht.

 

 

 

Herr Marx, Sie sagten bereits, dass der BER Ihren Bedürfnissen als Airline nicht wirklich entspricht und sie auch in Planungsprozesse am BER als Fluggesellschaft kaum eingebunden werden. Welche negativen Auswirkungen sind für Ihr Unternehmen durch die Verzögerungen und auch durch den medialen Diskurs entstanden?

Die negativen Auswirkungen, die wir jeden Tag erleben, sind das „Tegel-Erlebnis“. Für manch einen Passagier mag die kurze Distanz praktisch sein. Man ist nah an der Stadt, das ist sehr komfortabel.

Jedoch ist das Erlebnis des jeweiligen Fluggasts abhängig vom benutzten Terminal. Unsere Terminals variieren, da es auch Verschiebungen (Anmerkung: zu anderen Terminals) geben kann.  Dort findet man teils Infrastrukturen und Einrichtungen vor, welche nicht dem entsprechen, was man von einem Hauptstadtflughafen erwartet.

Wenn man bei Regen durch den Flughafen Tegel läuft und es in das Gebäude hineinregnet, man das Flughafengelände ablaufen muss, um zum Gepäckbereich zu gelangen… das ist ein negatives Erlebnis für die Flugreisenden. Zudem ist es aufgrund der hohen Fluggastzahlen in Berlin-Tegel für alle dort Arbeitenden schwer, den Flughafen „am Laufen“ zu halten. Wir haben also bisher nicht so viel Schaden durch die Nicht-Eröffnung des BER erfahren, viel eher durch die negative Erlebnisse der Passagiere am Flughafen Berlin-Tegel.

Sie erwähnten, dass Berlin als Standort sehr wichtig ist und, dass der BER in Zukunft dementsprechend wichtig sein wird. Wir fragen uns, warum die Airlines im Allgemeinen so widerwillig eine Stellung in Bezug auf den BER beziehen. Keine Airline äußert: „Ja wir wollen ihn, wir sind glücklich, dass er eröffnet wird…“

Wir äußern das durchaus. Wahrscheinlich nicht öffentlich gegenüber der Presse, aber wir haben für die deutschen Airlines den BDF (Bundesverband für Deutsche Fluggesellschaften) und den BARIG (Board of Airline Representatives in Germany), wo wir als Gruppe den BER unterstützen. Die Positionierung zum BER ist aber eine sehr empfindliche Angelegenheit. […] Wir wollen nicht zu den politischen Spannungen beitragen, die wir bereits haben. Deshalb arbeiten wir sehr wenig profiliert, aber auf einer intensiven und konstruktiven Basis.

Glauben Sie nicht, dass es dem Projekt helfen würde, wenn die Airlines eine stärkere, sogar öffentliche Stellung bezüglich des Flughafens BER beziehen würden? Oder sich stärker an Planungsprozessen beteiligen würden?

Ich glaube – und das ist ziemlich traurig- es wird nicht helfen. Es wird den Prozess nicht beschleunigen, weil das, was da seit so vielen Jahren vor sich geht, seine benötigte Zeit braucht.

Sind für Air France-KLM durch den BER große Kosten entstanden, also nicht nur indirekte Kosten, Sie haben uns von den Unannehmlichkeiten für die Kunden in Berlin-Tegel berichtet, aber irgendwelche direkten Kosten?

Nein, wir hatten Glück, dass wir nur Informationstechnik installiert hatten und für eine Weile bezahlt haben, als wir dachten er (Anmerkung: der Flughafen BER) würde ein paar Monate später eröffnen. Im Übrigen wollten wir unsere Infrastrukturen in Berlin-Tegel abbauen, um diese dann am BER aufzubauen. Aber da dies (Anmerkung: die rechtzeitige Eröffnung) nicht stattgefunden hat, sind wir nicht umgezogen und hatten deshalb eigentlich keine Kosten.

Andere Fluggesellschaften hatten dagegen deutlich höhere Kosten, weil sie bereits am BER in Infrastrukturen investiert hatten oder auch Büroräume außerhalb des Flughafens gemietet hatten. Während ein nicht eröffneter Flughafen keine Nutzungsgebühren verlangen kann, können dies normale Bürogebäude in Flughafennähe, bei unterzeichnetem Vertrag, selbstverständlich.

Gab es durch die Pleite Air Berlins irgendwelche positiven Auswirkungen für Air France-KLM, zum Beispiel freigewordene Kapazitäten?

 Wir hatten mehr Passagiere, aber keine zusätzlichen, ungenutzten Flugzeuge verfügbar, welche wir für Berlin-Tegel hätten nutzen können. Deshalb mussten wir mit unseren normalen Kapazitäten weiterarbeiten und haben lediglich unsere Auslastung ein wenig verbessert. Die war allerdings bereits vorher sehr hoch.

Kann demnach durch den Konkurs Air Berlins ein größerer Vorteil für Air France-KLM realisiert werden?

Wir haben sicherlich mehr Raum für Wachstum. Der gesamte Flughafen wurde jedoch für eine Fluggesellschaft wie Air Berlin gebaut, welche dort ihre Heimatbasis hat und diesen als Hub betreibt.

Heute sind die einzigen Fluggesellschaften, die eine Art Basis hier in Berlin haben, die Billig-Airlines.

Sie hatten bereits den BARIG erwähnt. Wie steht es um seinen Einfluss auf Projekte wie den BER? Ist es ihm möglich dort eingebunden zu werden?

Ja, der Einfluss des BARIG ist sogar größer als der der einzelnen Fluggesellschaften. Es handelt sich dabei um einen Interessenverband, welcher die Interessen seiner Mitglieder bündelt und diese gegenüber Politikern vertritt. […] So werden an vielen Flughäfen die Gebühren für die Nutzung mit dem BARIG und dem BDF verhandelt. Wenn man im Namen von 100 Fluggesellschaften spricht, ist gibt es einem eine deutlich größere bei Verhandlungsmacht. Deshalb ist es sehr hilfreich, ich würde sogar meinen absolut notwendig, um gehört zu werden.

Glauben Sie, dass die Verspätungen und die schlechte Gesamtsituation hätten verhindert werden können, wenn die Fluggesellschaften von Anfang an beteiligt worden wären? Und nicht nur Lufthansa und Air Berlin?

Vielleicht, da man früher hätte darauf aufmerksam machen können, was schieflief. Fluggesellschaften haben jedoch auch unterschiedliche Anforderungen an den BER, von daher lässt sich das nicht so pauschal sagen. Dadurch, dass die Planung nicht an einen Generalunternehmer übergeben wurde, lagen die Verantwortlichkeiten bei einer Vielzahl von Unternehmen. Selbst wenn die einzelnen beteiligten Unternehmen alles richtig geplant und durchgeführt hätten, so fehlte es doch an einer integrierenden, koordinierenden Abteilung.

Eine abschließende Frage: Könnten sie beschreiben, wie sich das Kundenerlebnis von Air France-KLM-Kunden am Standort Berlin in fünf bis zehn Jahren gestaltet?

Das hängt vom Passagier ab. Jeder Berliner, so scheint es zumindest, liebt Tegel. Andere Passagiere sagen, das habe ich selbst gehört, sagen: „Oh schau dir das an, ist das wirklich Berlin?!“ Nein wirklich, man erwartet nicht ein Flughafen wie Tegel für Berlin.

Wenn man noch nicht in Deutschland war, erwartet man Hochgeschwindigkeitszüge und schöne Bauten. Die Verbindungen von Tegel aus in die Stadt sind entweder per Taxi, per Bus oder zu Fuß. Das ist etwas, was man von kleinen Flughäfen in kleineren Städten erwartet. Es erfüllt einfach nicht die Erwartungen.

Also stellt der BER eine Chance für Berlin da.
Ja. Und er ist nicht nur eine Chance. Er ist verzweifelt gebraucht.

Flughafen BER: verzweifelt gebraucht, aber noch (lange) nicht fertiggestellt. (eigene Bildquellen)

 

 

 

 

 

 

 

Vielen Dank an Klaus Marx für das gegebene Interview, ebenso an Dr. Joris Ebbers für die Organisation. Das Interview wurde in Englisch geführt und für diesen Blogbeitrag übersetzt verschriftlicht.

Die wirtschaftliche Bedeutung des Flughafens BER für die Luftfahrtindustrie (Teil I)

Der Flughafen Berlin Brandenburg (BER) sollte für die Politik der Länder Berlin und Brandenburg ein Prestigeprojekt werden – ein Flughafen, der deutschlandweit einzigartig ist. So wurde der BER auch als „der modernste Flughafen Europas“ beworben. Heute ist diesem Projekt jedoch durch die massiven technischen wie baulichen Mängel sowie den daraus resultierenden mehrmaligen Verschiebungen des Eröffnungstermins kein Prestige mehr beizumessen. Fraglich bleibt jedoch zunächst, wie die neben den Ländern wichtigen Stakeholder, die Fluggesellschaften, zum Standort Berlin und zum künftigen Flughafen BER stehen. Bis dato zeigte sich der BER für die Manager des Flughafens und beteiligte Politiker gleichermaßen als Aufgabe an der man sich gehörig „die Finger verbrennen kann“, wie bereits einige prominente Beispiele gezeigt haben. Anzuführen sind hier insbesondere der ehemalige Deutsche Bahn AG-Vorstand Hartmut Mehdorn sowie ein Architekt des BER, Meinhard von Gerkan.

Hartmut Mehdorn – ehemaliger Vorsitzender der Geschäftsführung des BER

Insofern verwundert es nicht, dass sich die Fluggesellschaften aufgrund der anhaltenden Unsicherheit nicht eindeutig öffentlich Stellung pro BER beziehen, sondern sich eher bedeckt halten. Außer der mittlerweile insolventen Fluggesellschaft Air Berlin positionierte sich keine Fluggesellschaft klar zum BER. Vielmehr wurde der Flughafen Berlin-Tegel öffentlich unterstützt. Dies zeigt sich unter anderem am Engagement Ryanairs beim Volksentscheid über die Offenhaltung, den Investitionen easyJets in Berlin-Tegel und nicht zuletzt durch eine Aussage des Lufthansa Vorstands Thorsten Dirks: „Meine Prognose ist: Das Ding wird abgerissen und neu gebaut.
Ryanair hatte im Zuge der Volksabstimmung zum Verbleib des Flughafens Tegel am 24.09.2017 eine Kampagne mit der FDP gestartet und für Plakate 30.000€ bereitgestellt. Ryanair fliegt seit Juni 2018 neben Berlin Schönefeld auch vom Flughafen Tegel. Ebenso macht sich easyJet durch Investments in die Übernahme von Maschinen, Personal und Slots von Air Berlin weiter stark in Tegel. Das Unternehmen betont, dass Berlin-Tegel der zweitgrößte Standort von easyJet werden soll.

Flughafen Berlin Tegel

Die größten Fluggesellschaften des Luftfahrtstandorts Berlin sind die Lufthansa (inkl. der Tochterunternehmen Germanwings und Eurowings), Condor, Ryanair und easyJet. Bis zur Insolvenz Ende des Jahres 2017 zählte auch Air Berlin dazu.
Doch welche Bedeutung hat der Standort Berlin und künftig der BER für die deutsche Luftfahrt? Betrachten wir zunächst die Fluggastzahlen für Deutschland und seine größten Flughäfen. Im Jahre 2016 wurden in Deutschland 223 Millionen Fluggäste befördert. Die nach Fluggastzahlen größten Flughäfen Deutschlands sind absteigend der Flughafen Frankfurt mit 60,7 Mio. Passagieren, der Flughafen München mit 42,2 Mio. Passagieren und, bei gemeinsamer Betrachtung von Berlin-Tegel und Berlin Schönefeld, die Berliner Flughäfen mit 33,3 Mio. Flugreisenden. Der Flughafenstandort Berlin fertigt somit knapp 15% des gesamten deutschen Passagieraufkommens ab. Für eine Beurteilung des Potenzials ist ebenso das Wachstum der Fluggastzahlen in Berlin bedeutend. Im Vergleich zum Vorjahr sind die Zahlen 2015 um 5,54 Prozent gestiegen, 2016 um 11,43 Prozent und 2017 nochmals um 1,27 Prozent. Prognosen gehen von einer Steigerung der jährlichen Fluggastzahlen auf 47 Mio. in Berlin bis 2030 aus.
Insofern weist der Standort Berlin für die Fluggesellschaften strategisch wichtige Wachstumschancen auf, die es in einem eng umkämpften Markt zu nutzen gilt. Insbesondere das stark wachsende Geschäft der Low-Cost-Carrier, allen voran Ryanair und easyJet, dürfte von weiteren Kapazitäten am BER profitieren. Die Schließung des Flughafens Tegel scheint trotz des Volksentscheids, bei dem sich die Mehrheit der Berlinerinnen und Berliner sich für eine Offenhaltung ausgesprochen haben, bereits beschlossene Sache zu sein und es ist von einem einzigen „Hauptstadtflughafen“ auszugehen. Wann, und überhaupt ob, dies der BER sein wird? Das wird die Zukunft zeigen.

Ankunft des letzten Air Berlin Fluges in Berlin-Tegel

Zur weiteren Beurteilung des BER aus der Perspektive von Fluggesellschaften haben wir ein Interview mit Klaus Marx, dem Regional Station Manager Germany von Air France-KLM, geführt. Mehr dazu, wie er den Status Quo der Berliner Flughäfen, den BER und insbesondere die Einbindung von Airlines in Planungsprozesse einschätzt, könnt ihr in den kommenden Blogbeiträgen zum Interview lesen!

Tags: Air Berlin, easyJet, Lufthansa, Condor, Tegel, Ryanair, BER

Alfredo Di Mauro: „BER – das große Projekt mit viel Ärger“ (Teil I)

Wenn man an das Projekt BER denkt, dann ist Alfredo Di Mauro sicher einer der ersten Namen, welchen man hiermit in Verbindung bringt.

Der von den Medien als „falscher Ingenieur“ verschriene Gründer des Ingenieurbüros „TechnikConsult GmbH“ kam durch seine Beteiligung am BER in den Jahren 2007 bis 2014 zu ungewollter Berühmtheit.

Di Mauro war für die Planung eines Teils der Entrauchungsanlagen verantwortlich, seine fristlose Kündigung 2014 war ein schnell gefundenes Fressen für die Medien, die ihm nach der Eröffnungsverzögerung des Flughafens die Schuld für die Funktionsunfähigkeit besagter Anlagen zusprachen.

Zuvor war Di Mauro bereits an der Planung der Entrauchungsanlage im Shoppingcenter ALEXA in Berlin beteiligt, jedoch ist er auch in Sachen Skandale nicht ganz unerfahren: Bereits 2002 wurde er beschuldigt, beim Bau eines Ärztehauses in Offenbach gepfuscht zu haben.

Wir haben Herrn Di Mauro getroffen und uns von ihm seine Sicht der Dinge erklären lassen und ihn dazu befragt, wie es seiner Meinung nach zu den zahlreichen, vor allem technischen, Fehlern gekommen sei. „Alfredo Di Mauro: „BER – das große Projekt mit viel Ärger“ (Teil I)“ weiterlesen

„Reichsbürger und Thesenreiter“: Zwei Medienexperten im Vergleich  

Lorenz Maroldt, Chefredakteur des Tagesspiegels, und Michael Fabricius, Redakteur bei der Welt, haben sich beide bereits ausführlich mit dem Thema BER beschäftigt, beide haben davon berichtet und beide waren bei uns für ein Interview zu Besuch.
Doch auch wenn das Thema BER verbindet, scheint es Uneinigkeiten über die Darstellung zu geben. Während Fabricius der Berichterstattung des Tagesspiegels „Thesenreiterei“ vorwirft, bezeichnet Maroldt seinen Kollegen von der Welt als „Schwachkopf“, der ihn eher an „eine Art Reichsbürger“ erinnert.

Bei Einem sind sie sich jedoch auf jeden Fall einig: das Thema BER ist wichtig und obwohl es langsam Keiner mehr hören kann, bleibt es notwendig darüber zu informieren.

 

Humor ist dabei ein häufig genutztes stilistisches Mittel.

Laut Marold könne man sich zwar „BER-Witze erzählen […] bis es dunkel wird“, dürfe dabei aber nicht die Ernsthaftigkeit der Sache vergessen.
So hat der Tagesspiegel eine Art eigenes Ressort aufgebaut, in dem sich vier Mitarbeiter fast hauptberuflich mit dem Flughafen beschäftigen um ihre Leser regelmäßig auf den neusten Stand zu bringen.

Auch Michael Fabricius hat seinen amüsanten Artikel Irgendwann war ich nur noch der Typ aus der Einflugschneise“  erst nur widerwillig geschrieben, denn auch er möchte vermeiden, dass die Bedeutung der Debatte unterschätzt wird.

Auf diesen Artikel hätte damals mehr als die Hälfte der Leser „pampig“ reagiert und den Text falsch verstanden, doch die Reaktionen der Bevölkerung sind nicht die einzige Hürde für Journalisten.
Interesse und Desinteresse, Neugier und Überdruss des Publikums wechseln sich beim Thema BER ab. Maroldt sieht bei diesem wellenförmigen Verlauf bestimmte Ereignisse, wie die neuen Termine, neue Geschäftsführer oder Absurditäten wie die Notwendigkeit des Austauschens der Bildschirme, als Interesse weckende Schlagzeilen und erklärt, dass auf diese Dinge zwar eingegangen wird, der Tagesspiegel sich aber nicht nur nach der Meinung der Leser richtet. „Man versteht sich ja als Kontrollinstanz“, das heißt Artikel, die etwas anspruchsvoller sind, werden vielleicht nicht von ganz so Vielen gelesen, weswegen man die Berichterstattung aber nicht einstellen dürfe.

Ob Massenmedien die öffentliche Meinung beeinflussen, oder von ihr beeinflusst werden, kann uns keiner von beiden eindeutig beantworten, was darauf schließen lässt, dass es sich um eine Wechselbeziehung zwischen den Einflüssen handelt.

Auf unsere Frage, ob und inwiefern die Politik die Medien beeinträchtigen, streiten beide jeglichen Einfluss auf ihre Berichterstattung ab.

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Der ALB-Traum vom Eigenheim

Stellen Sie sich vor: Vor kurzem haben Sie und Ihr Mann geheiratet und nun wollen Sie als ersten Schritt Ihrer Familienplanung ein Haus für Ihre geplanten Kinder bauen. Sie hatten schon mal etwas von einem neuen Hauptstadtflughafen gehört, hatten damals allerdings das Thema aus den Augen verloren. Da Sie aber von Ihrer Familie in der Nähe eines potentiellen Standortes ein großes, wunderschönes Grundstück geerbt haben und dieses gerne bebauen wollen, erkundige Sie sich am zuständigen Amt, ob der Standort Schönefeld noch zur Diskussion stehen würde. Diese Frage wird Ihnen verneint. Somit steht dem Bau Ihres Traumhauses nichts mehr im Weg!
Doch falsch gedacht! Genau durch solch eine Geschichte wird der Traum Christine Dorns vom ruhigen Eigenheim schnell zum Albtraum!

“Jetzt wollen die Leute ihr Recht!”

Durch dieses Statement drückt Christine Dorn ihre Meinung über das Verhalten des BER Managements gegenüber den Bürgern aus. Die Vorsitzende des BVBB (Bürgerverein Brandenburg-Berlin e.V.) tritt für die Anliegen der Bürger Brandenburgs als auch Berlins ein: sie kämpft für die Rechte der vom Flughafenprojekt BER Betroffenen und ist ständig bemüht, diese die Öffentlichkeit betreffenden  Probleme zu lösen. Denn die Eröffnung eines Grossflighafens bedeutet eine enorme Einschränkung der Lebensqualität in der Region .

Einerseits gibt es das schon sehr diskutierte Thema der Flugrouten, die aber, wie Dorn sagt, betreffen vor allem Bürger, die weit weg vom Flughafen wohnen. Das wahre Problem ist der Fluglärm und der damit verbundene Aspekt des Nachtflugverbots. Besonders darüber hat die Vorsitzende des Bürgervereins, Diplom-Ingenieurin und Expertin für Schallschutz, viel zu sagen.

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