Eine ethische Perspektive auf die Drohnendebatte 2022

Ein Beitrag von Lotte Littgen und Marvin Glatzer

Sie sind nahezu lautlos, unsichtbar und lassen sich aus weiter Entfernung steuern. Der Einsatz unbemannter Drohnen hat in aktuellen Konflikten starke Einflüsse auf das Konfliktgeschehen und verschiebt die Begriffe von Krieg und Frieden. Inwiefern führen ferngesteuerte Drohnen zu einer Entgrenzung des Kriegsgeschehens? Lässt sich durch diese Asymmetrie der Bedrohung noch der Begriff einer ethischen Kriegsführung anwenden? Oder werden durch unbemannte Waffensysteme Soldat:innen geschützt und der Krieg somit humaner? 

Die deutsche Verteidigungspolitik tat sich lange schwer mit einer Entscheidung zu unbemannten Waffensystemen und ethischen Grundverständnissen. Die Entscheidung des Haushaltsausschusses 2022, finanzielle Mittel für eine Bewaffnung der deutschen Aufklärungsdrohne Heron-TP freizugeben, entspricht somit auch einer Zeitenwende im gesellschaftlichen Verständnis des Kriegsbegriffes.

In dem Podcast „Drohnendebatte 2022“ setzen sich Charlotte Littgen und Marvin Glatzer im Rahmen der Friedens- und Konfliktforschung mit dem wissenschaftlichen Diskurs um unbemannte Waffensysteme auseinander. Mit Stimmen aus der Politikwissenschaft und Verteidigungspolitik werden neue begriffliche Verschiebungen erörtert und mögliche Konsequenzen eines Einsatzes der HeronTP eingeordnet.

Link zum Podcast

„Pull Faktor: Das Unfassbare. Wahrheit oder Fiktion?“

Eine Graphic-Novel von Melanie Czirr und Marina Rozanova

Spätestens seit 2015 steht insbesondere die Mittelmeerroute als Fluchtweg nach Europa im Fokus der Öffentlichkeit. Dabei kommt einer Akteursgruppe eine zentrale Rolle zu: den zivilen Seenotrettungsorganisationen, welche – durch Spendengelder finanziert – in Seenot geratene Flüchtende retten und in sichere Häfen bringen. Jedoch sehen sich diese Organisationen fortwährend schweren Vorwürfen ausgesetzt. Der wohl prominenteste dabei lautet: Seenotrettung ziehe eine Sogwirkung nach sich und veranlasse weitere Menschen dazu, nach Europa migrieren zu wollen. Warum die sogenannte „Pull-Faktor“-Behauptung falsch ist, warum die dahinterstehende Theorie längst überholt ist und warum bereits die Annahmen, auf denen der Vorwurf einer Sogwirkung beruht, unmoralisch sind, versucht diese Graphic Novel anschaulich und nachvollziehbar zu erläutern. 

Die Pull-Faktor-Argumentation wird von europäischen Politiker:innen gerne genutzt, um restriktive Maßnahmen zu legitimieren, sie führt zur Kriminalisierung von Seenotrettungsorganisationen und somit unweigerlich dazu, dass Menschen auf der Flucht sterben. „Pull Faktor: Das Unfassbare. Wahrheit oder Fiktion?“ will deshalb durch Aufklärung dazu beitragen, dass diese Behauptung schnellstmöglich als lückenhaft und unethisch entlarvt und verworfen wird.

Link zur Graphic-Novel.

Link zum Literaturverzeichnis.

Die Grenzen europäischer Solidarität

Eine Reflexion performativer Methoden in der kritischen Migrationsforschung

Podcast und schriftlicher Beitrag von Rani Lehmann-Abi-Haidar und Sissy Bloedorn

Die Grenzen europäischer Solidarität ist eine dreiteilige Podcastreihe, in welcher der Frage nachgegangen wird, welche Folgen die Migrationspolitik der Europäischen Union für geflüchtete und flüchtende Menschen hat. Thematisch liegt der Fokus dabei insbesondere auf der sog. libyschen Küstenwache und ihrer Zusammenarbeit mit der Grenzschutzagentur Frontex. Der Podcastreihe gehen insbesondere in der ersten Folge einige Definitionen und Erklärungen voraus, um den Zugang zu der Thematik möglichst niedrigschwellig und zugänglich zu gestalten.

Die Grenzen europäischer Solidarität – schriftlicher Beitrag von Rani Lehmann-Abi-Haidar und Sissy Bloedorn

Der Podcast ist sowohl auf SoundCloud als auch auf Spotify zu finden.
Soundcloud: Folge I & Folge II & Folge III
Spotify: Folge I & Folge II & Folge III

Poetry is not a luxury

Eine performative Analyse diasporischer und dekolonialer Widerständigkeit

von Fennet Habte

“Poetry is not a luxury. It is a vital necessity of our existence. It forms the quality of the light within which we predicate our hopes and dreams toward survival and change, first made into language, then into idea, then into more tangible action. Poetry is the way we help give name to the nameless so it can be thought. The farthest external horizons of our hopes and fears are cobbled by our poems, carved from the rock experiences of our daily lives.” Audre Lorde (2018, S. 2 f.)

„Poetry is not a luxury“ – Schriftlicher Beitrag von Fennet Habte

Epistemische Gewalt

von Luca Kluziak und Johan Schlüter

Einleitung

Insbesondere in der Tradition des Liberalismus und der (europäischen) Aufklärung werden Sprache, Wissen und Wissenschaft vor allem als Ausdruck von und Mittel zur Erlangung von Freiheit und Selbstbestimmung angesehen. Gewalt wird hierbei als etwas der Sprache und dem Wissen Äußerliches verstanden und nur selten mit ihnen in Verbindung gebracht (vgl. Dhawan 2012, 47-49 und Brunner 2015, 48). Mit diesem Verständnis bricht der aus der Feministischen und Postkolonialen Theorie stammende Begriff der epistemischen Gewalt (vgl. Dhawan 2012, 49-50). So bezeichnet epistemische Gewalt eben „jenen Beitrag zu gewaltförmigen gesellschaftlichen Verhältnissen, der im Wissen selbst, in seiner Genese, Ausformung, Organisation und Wirkmächtigkeit angelegt ist“ (Brunner 2015, 39).

„Epistemische Gewalt“ weiterlesen

Raum

von Gerdis Wischnath und Miriam Emefa Dzah 

Der Begriff vom ‚Raum‘ ist für Geograph*innen Kern ihrer wissenschaftlichen Identität und zentrales Konzept in geographischem Denken und Forschen. Auch in den Sozial- und Kulturwissenschaften spielen Aspekte der Raumbezogenheit von Gesellschaft, Politik und Kultur für viele Fragen eine wichtige Rolle. Was allerdings ‚Räume‘ ausmacht, wie wir sie begreifen und beschreiben können, bleibt dabei, wie so oft in der Wissenschaft, umstritten. Der folgende Beitrag greift die unterschiedlichen theoretischen Ansätze in ihren Komplexitäten und ihren Zusammenhängen auf, diskutiert grundlegende Deutungen und widersprüchliche Begriffsverständnisse und will so anregen, sich intensiver mit den politischen Dimensionen von Raum auseinanderzusetzen.

„Raum“ weiterlesen

Intersektionalität und Gewalt – Collage

von Anneke Kirsch und Hannah Fröhler

“The People in this country (USA) who are the most subject to violence – state violence, institutional violence but also individual violence – would probably be Trans Women of Color. Often times, when we are in institutions such as universities, we are taught to isolate and analyze and we forget, that when we engage in these processes of isolating a concept for the purpose of understanding it, we forget, that this is not how the real world works. We assume that what is in our head is out constituting social reality, but social reality is very messy. As someone who has been a teacher at the university level for many years, training PhD candidates, i can tell you that the hardest thing to teach is the difference between the tools that we use to learn how to understand the world and the way the world exists in its craziness and messiness. The social world always exceeds to fully comprehend it” (Angela Davis 2018: Min. 40, Sek. 40). „Intersektionalität und Gewalt – Collage“ weiterlesen

Koloniale Gewalt

nach Frantz Fanon

Auch wenn formeller Kolonialismus heute kaum mehr existiert, bleiben Mechanismen, die im Zuge dieser gewaltsamen Unterdrückung und Ausbeutung von Menschen und Gebieten entstanden sind, weiterhin wirkmächtig. In diesem Lichte muss die Arbeit des französischen Psychiaters und postkolonialen Theoretikers Frantz Fanon (1925-1961) betrachtet werden: Auch wenn seine Überlegungen zu kolonialer Gewalt von den Verhältnissen der Kolonialherrschaft ausgehen, haben die beschriebenen Zusammenhänge kaum an Aktualität verloren. Fanon beschreibt in seiner als Hauptwerk geltenden Schrift „Die Verdammten dieser Erde“(1981) die von Gewalt geprägten Wechselbeziehungen zwischen Kolonialismus, der kolonialen Subjektbildung und dem Befreiungskampf der Kolonisierten (Kerner 2015: 302). Mit seinen Werken macht er die Auswirkungen von Gewaltstrukturen sichtbar, die sich in der aktuellen Zeit etwa in der Entfremdung marginalisierter Bevölkerungsgruppen äußern. Damit hat Fanon eine wichtige Grundlage für heutige postkolonialen Studien und Gewaltforschung gelegt. „Koloniale Gewalt“ weiterlesen

Forschungsprojekt zu „Dual Use“ startet

von Sven Chojnacki und David Niebauer (Mai 2020)

Wie gehen wir als Wissenschaftler*innen damit um, wenn unsere Forschungsprojekte nicht nur für zivile Ziele genutzt, sondern auch für politische oder militärische Zwecke instrumentalisiert werden? Welche Verantwortung haben die Wissenschaften, wenn Projekte nicht nur innovative Entwicklungen anstoßen und nützlichen Wirkungen entfalten, sondern auch gesellschaftliche Schäden durch ihre missbräuchliche Nutzung hervorbringen – ohne, dass dies immer kontrolliert und unterbunden werden kann?

„Forschungsprojekt zu „Dual Use“ startet“ weiterlesen