Korrespondentenbericht aus Finnland, Teil III.
Wir Westgermanischsprecher haben uns in unserem Wortschatz bislang von den Finnougrischsprechern wenig inspirieren lassen. Ein möglicher Grund dafür: Wir bilden unsere langen Wörter lieber selbst, anstatt uns finnische agglutinierte Wortmonstren auszuleihen. Statt Forschungszusammenarbeit oder onderzoekssamenwerking wäre tutkimusyhteistyö nicht viel praktischer.
Ein bewährtes finnisches Lehnwort – wenn nicht das finnische Lehnwort schlechthin – ist im Deutschen wie im Niederländischen die Sauna. Auf Niederländisch geht man damit unverkrampft um und bildet recht regelmäßig mit dem finnischen Material alles, was man sonst immer bilden kann: einen Plural sauna’s, ein Verb saunaën und auch den Diminutiv saunaatje – das schlägt jedenfalls der dicke Van Dale vor.
Was ist eigentlich ein saunaatje? Ist das eine kleine Sauna, die nur Platz für eine oder zwei Personen hat? Oder ist es eine kleine Sauna-Runde zwischendurch, die nicht besonders lange dauert und nicht besonders zelebriert wird? In Finnland wäre dann jeder Saunagang ein saunaatje. Übertriebene Rituale rund um die Sauna mit genau dreimaligem Schwitzen, vorgegebener Zeitdauer oder exakt eingestellter Temperatur ist eher deutscher Regelgläubigkeit geschuldet und kümmert die meisten Finnen wenig.
Wir Deutschsprachige möchten eben die Sauna als eine kulturelle Errungenschaft feiern und nicht einfach mal eben saunaën. Vermutlich deshalb bilden wir auch das Verb saunieren, das so tut, als sei es wie flanieren oder massieren ein Wort des französisch inspirierten Lebensgenusses. Ein kleines Saunalein kommt also gar nicht in Frage: Man schwitzt entweder regelkonform oder gar nicht.
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