Wo kommt der niederländische Sprach- und Kulturraum mit anderen in Berührung? Wo gibt es gemeinsame Interessensgebiete der Niederlandistik und ihrer Nachbarfächer? Solche Berührungspunkte stellen wir in einer kleinen Serie vor.
Nein, Suriname, die seit 1975 unabhängige Republik (und vormalige Kolonie der Niederlande), grenzt nirgendwo am deutschen Sprachraum.
Kulturraum? Das ist schon ein anderes Kapitel! Dazu hier ein wenig mehr.
Landet man nach 10 Stunden Flug in Paramaribo und erwischt im Hotel Krasnapolsky ein Zimmer mit Blick auf den Suriname-Fluss… dann liegt da auf einer Sandbank die Goslar, die am 10. Mai 1940 (die Deutschen fielen in die NL ein) zum Sinken gebracht wurde und bis heute nicht sinken wollte.
Wir haben schon in einem Beitrag über Maria Sibylla Merian – und auch in anderen Beiträgen – darauf hingewiesen, dass es Verbindungen zwischen Deutschland und diesem Lateinamerikanischem Land, in dem die Amtssprache Niederländisch ist, gibt.
Es war der Deutsche August Kappler, der an der Marowijne die Stadt Albina gründete. Die Philologische Bibliothek verfügt über die deutsche wie über die niederländischsprachige Ausgabe seiner Erinnerungen.
Die Herrnhuter haben einen wichtigen kulturellen Beitrag geleistet, indem sie die einheimischen Sprachen dokumentiert haben, indem sie die einheimische Bevölkerung unterrichtet haben. Noch heute ist diese Kirche die größte des Landes. Ricardo Macnack verdankt dieser Kirche einen Aufenthalt in der DDR.
Auch sprachlich gibt es deutsche Reste. Fast alles zu Deutschen in Suriname erfahren Sie bei Carl Haarnacks Buku – Bibliotheca Surinamica.
Es geht mir hier aber um einen Kontakt in der Mitte des vorigen Jahrhunderts.
Der in Paramaribo geborene Lou Lichtfeld (Pseudonym: Albert Helman) war befreundet mit dem deutschen Autor Albert Vigoleis Thelen aus Süchteln an der Niers. Letzterer hatte (im Grenzgebiet geboren) ein großes Herz für die niederländische Literatur und die Niederlande (Der schwarze Herr Bahßetup zum Beispiel). Lichtfeld/Helman war nicht der einzige niederländische Schriftsteller, dem er verbunden war. Auch Menno ter Braak kannte er gut.
In seinem großartigen Roman „Die Insel des zweiten Gesichts“ kündigt Vigoleis Besuch aus den Niederlanden an: Albert (gemischter, auch indianischer Herkunft) Helman: „…west-indischer Rimbuadel, mit Wasserzeichen, handgeschöpft“ (S. 673)
Der große Wortkünstler Vigoleis übersetzte Lichtvelds populairwissenschaftliches Werk Suriname. Geboorte van een nieuw volk… – Surinam. Neues Leben auf alter Erde.
Die Philologische Bibliothek verfügt über beide Ausgaben.
In der blumenreichen Übersetzung Thelens verschwand gelegentlich der Ernst des soziologischen Werkes Lichtvelds. Heinz Eickmans hat darauf in einem sehr lesenswerten Aufsatz in Albert Vigoleis Thelen: Mittler zwischen Sprachen und Kulturen hingewiesen. Er kritisiert (aus gutem Grund) die Übersetzung, aber nennt dieselbe…
… eine veritabele Vigoleisiade!
Schauen Sie sich unsere Bibliotheksvitrine doch mal an! Dort gibt es auch ein paar Beispielübersetzungen.
Und was denkt dann der Vigoleis-fan, der Helmans Werk auch bewundert?
Schön, dass es das alles gibt!
Tags: Auf Deutsch, Berührungspunkte, Geschichte, Kultur